Protocol of the Session on February 23, 2005

Aber die eingestellte Werbekampagne war leider die einzig klare Antwort, die man von Ihnen in der Großen Anfrage erhalten hat. Ansonsten antwortete der Senat ausschließlich mit Verweisen auf Arbeiten der Behörde sowie Planungen und Absichten der Hochbahn. So beispielsweise zu der Anbindung von Steilshoop, die die Hochbahn plant. Genau heißt es da: Sie stellt sich einen Baubeginn 2009 vor. Vager kann man das wirklich nicht mehr formulieren. Die Hochbahn stellt sich etwas vor. Was hat der Senat damit zu tun? – Gar nichts. Im Übrigen heißt es wie immer krönend: Der Senat hat sich damit nicht befasst. Der Senat befasst sich also nicht mehr mit der Verwirklichung seiner eigenen Drucksachen.

Es ist auch schon merkwürdig, wenn man mal sieht, womit sich der Senat ansonsten befasst. Ich habe einmal gesucht und eine Schriftliche Kleine Anfrage der verehrten Kollegin Timmermann gefunden, die Drucksache 18/1642. Hierin kann der Senat wunderbar ausführlich darüber berichten, welche Tatbestandsnummern es aus dem Tatbestandskatalog der Bußgeldstelle gibt und benennt diese einzeln. Ehrlich gesagt, darf sich damit ein vielbeschäftigter Senat nicht befassen. Doch da war er voll auskunftsfähig. Wo allerdings eine viertel Milliarde Euro bleibt, das ist eine Kleinigkeit.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD – Dr. Andrea Hilgers SPD: Das ist Taktik!)

Zur U 4 weiß der Senat nichts. Das plant die U-Bahn. Die Strecke nach Wilhelmsburg und Harburg plant nicht einmal die Hochbahn. Hierzu gibt es Überlegungen der Behörde.

Der Senator überlässt jetzt das Planen den Fachleuten, nachdem er mit der Anbindung vom Rathaus so richtig reingefallen ist. Das ist auch gut so. Aber ihn interessiert nicht einmal mehr das Geld. Das heikelste Thema an der ganzen Geschichte ist, dass der Senat zu den 255 Millionen Euro, mit denen sie den Haushalt belasten wollen, nichts sagen kann.

Ich hatte vorhin schon gesagt, dass die neue Strecke ein Stückchen länger ist als die alte und genauso viel kosten soll. Das heißt, wenn die Strecke tatsächlich 255 Millionen Euro kostet – was wir hoffen –, dann sind die Kosten gleich. Die Fahrtzeit ist eine Minute länger. Das bedeutet, dass der Nutzen geringer ist. Daraufhin habe ich gefragt: Wie wollen Sie damit einen besseren Wert im standardisierten Bewertungsverfahren erreichen, um trotzdem förderungsfähig zu werden und Bundesmittel zu erhalten?

Die Antwort lautete: Die zuständige Behörde lässt eine standardisierte Bewertung durchführen. Der Senat hat keine Strategie und die Behörde lässt durchführen. Wir wissen nicht einmal, bei wem, nehmen aber an, dass die Prüfung durch Intraplan geschieht. Intraplan hat schon ganz viel gerechnet und in ihrem letzten Gutachten auch fast wörtlich geschrieben, dass man das vergessen sollte.

Sie können an den Stellschrauben dieser falschen U-Bahn-Entscheidung so viel herumdrehen wie Sie wollen, Sie werden diese nicht heilrechnen können. Jetzt soll sich aber Intraplan damit noch einmal befassen. Das wird richtig in die Hose gehen. Das schaffen Sie nicht. Es hilft nicht, wenn Sie sich einfach nur dahinter verstecken, dass der Senat sich damit nicht befasst habe.

Der Senator hat uns im Ausschuss immer wieder erklärt, dass er in dieser Sache gute Gespräche in Berlin führe. Das hat mich neugierig gemacht und ich habe mal in Berlin angerufen, um zu erfahren, mit wem der Herr Senator so spricht.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Oh Gott!)

Niemand konnte mir sagen, wer dem Senator tatsächlich eine Auskunft gegeben hat, die dieser so positiv bewerten könne.

(Beifall bei der GAL)

Das ist der gelebte Kalauer unter dem Motto: Sagen Sie, führen Sie gern Selbstgespräche? Ich liebe niveauvolle Gespräche. So ungefähr sieht das tatsächlich aus.

(Christian Maaß GAL: Selbstgespräche! – Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Dabei gibt es Alternativen. Es gibt zwei Alternativen, die wirklich groß im öffentlichen Raum diskutiert werden. Das eine ist die Hochbahnlösung. Diese wäre schon mal mindestens 50 Millionen Euro billiger,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Wer sagt das?)

auch nach Ihren Zahlen, Herr Hesse. Sie haben immer wieder behauptet, dass es "nur" 50 Millionen Euro wären. Sie können einmal Ihre alten Reden nachlesen, das war immer so. 50 Millionen Euro sind angesichts der desolaten Haushaltslage der Stadt für Sie offensichtlich nicht groß der Rede wert.

Jetzt frage ich mal: Was könnte man beispielsweise mit 50 Millionen Euro machen?

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Dolle Sachen, Kitas er- öffnen!)

Eine Schule weniger schließen, vielleicht für Fuß- und Radwege sorgen, die wirklich gefahrlos benutzbar sind.

(Jens Kerstan GAL: Schwimmbäder erhalten!)

Schwimmbäder erhalten.

Zugegeben, das ist alles unspektakulär, aber es nutzt den Menschen in der Stadt wesentlich mehr als Ihre albernen Leuchttürme.

(Beifall bei der GAL – Zuruf von Dr. Andreas Mattner CDU)

Der wesentlich größere Wurf – es ist schön, Herr Dr. Mattner, dass Sie mir zuhören – wäre natürlich die Schaffung eines gesamten Netzes an Stadtbahnen für die ganze Stadt.

Wir haben mittlerweile eine Initiative in der Stadt, die eine Broschüre herausgegeben und einmal konkret durchgerechnet hat, was das eigentlich alles kosten würde. Die Initiatoren sagen, dass man ein Stadtbahn-Grundnetz von 40 Kilometern haben könne, zuzüglich eines Betriebshofs und des gesamten Fahrzeugparks. Sie können sich wahrscheinlich nicht so gut vorstellen, was eigentlich 40 Kilometer bedeuten. 40 Kilometer bedeuten, dass wir außer der HafenCity Winterhude, Uhlenhorst, Steilshoop, Barmbek, die Universität, Grindel sowie Lokstedt anbinden und noch eine Querverbindung von Altona zur City Nord und weiter zur Lufthansa-Werft haben können. Das sind 40 Kilometer.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das ist ja wie Weih- nachten; ich habe auch noch Wünsche!)

Das alles zusammen kostet insgesamt brutto 600 Millionen Euro, die zu 50 Prozent bis 60 Prozent durch das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz förderungsfähig sind. Das bedeutet, dass für Hamburg 240 bis 300 Millionen Euro an Restkosten übrig bleiben. Das ist exakt das, was Sie für eine einzige U-Bahn-Station in der HafenCity ausgeben wollen. Wie eine vernünftige Abwägung dieser beiden Varianten allein vor diesem Hintergrund aussieht, erklärt sich von selbst. Für das gleiche Geld kann man zusätzlich die halbe Stadt besser erschließen oder eine U-Bahn-Station bauen; das müsste auch Ihnen aufgehen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wenn Sie es wirklich seriös versuchen wollen, dann würden Sie sich den Zukunftsaufgaben der Stadt stellen. Es gibt eine Umgebungslärmrichtlinie und in Bezug auf die Feinstäube kommt eine Schutzrichtlinie auf die Stadt Hamburg zu, die beide klagenbewährt sind. Alles das müssten Sie eigentlich versuchen zu regeln, und zwar so, dass Sie den Menschen jenseits des Autos Mobilitätsangebote geben. Das verweigern Sie einfach. Diese eine U-Bahn-Station – das hat Ihre eigene Bewertung ergeben – wird in keinem nennenswerten Umfang Fahrgäste in die U-Bahn bringen, sondern sie ergibt nur das bisschen Zuwachs, das direkt in die HafenCity gehen soll. Wir wollen die ganze Stadt erschließen und damit eine Entlastung der Verkehrsfolgen für die ganze Stadt erreichen. Das geht mit der Stadtbahn, aber nicht mit Ihrer U-Bahn. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Das Wort erhält der Abgeordnete Hesse.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Lühmann! Es wird Sie nicht verwundern, dass ich die Antwort des Senats auf die Große Anfrage etwas anders interpretiere und verstehe als Sie.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Doch das wundert mich jetzt!)

Ich habe mich auch nicht gewundert, Herr Lühmann – zu Ihnen komme ich später, Herr Neumann; das habe ich schon angekündigt –,

(Michael Neumann SPD: Beeilen Sie sich! Ich bin nachher weg!)

dass Sie hier plötzlich wieder die alten Klamotten herausgeholt und zum Schluss über die Stadtbahn gesprochen haben. Denn das, was als Antwort in der Großen Anfrage

steht, ist nicht so ergiebig, dass man es für eine Debatte in der Bürgerschaft anmelden müsste. Insofern habe ich diese Anmeldung nicht verstanden.

Mein lieber Kollege Lühmann! Ich komme zu den zwei, drei Punkten, die Sie genannt haben. Sie sagten, dass der Umbau des Jungfernstieg nicht abgestimmt sei. Ich frage mich, was nicht abgestimmt ist, wenn nicht der Jungfernstieg. Das war eher peinlich, was Sie gemacht haben.

Wir stellen den Jungfernstieg natürlich erst fertig und warten nicht zwei, drei Jahre, bis die Bautätigkeiten für die U-Bahn beginnen. Das wäre Unfug und Geld zum Fenster hinauswerfen; das können wir den Menschen in der Stadt auch nicht antun.

(Zuruf von Dr. Willfried Maier GAL)

Herr Lühmann, der Einzelhandel wird beim Bau am Alsteranleger gar nicht betroffen sein. Denn dort, wo die U-Bahn gebaut wird, gibt es keinen Einzelhandel. Der Einzelhandel wird in der Bauphase weiterhin stattfinden können.

Sie haben Steilshoop angesprochen. Das ist hier ein ganz bekanntes Thema. Wenn man einmal ein bisschen recherchiert, dann haben die Sozialdemokraten den Menschen in Steilshoop einen U-Bahn-Anschluss versprochen. Nichts ist daraus geworden, es wurde immer nur versprochen.

(Beifall bei der CDU – Volker Okun CDU: In Os- dorf auch! – Jörg Lühmann GAL: In diese Tradition reihen Sie sich jetzt ein!)

In der Antwort des Senats auf die Große Anfrage steht, dass man mit dem Baubeginn 2009 rechne. Was wollen Sie eigentlich noch mehr? Das ist eine klare Aussage, das ist ein Ziel. Der Senat sagt, wohin er will. Die CDU will sich – das haben wir den Menschen in Steilshoop und Bramfeld gesagt – für eine Verbesserung der verkehrlichen Situation einsetzen. In der Großen Anfrage steht dafür sogar ein Datum. Ich weiß also nicht, warum Sie das weiterhin in Zweifel ziehen wollen.

Herr Lühmann, Sie schreiben – das ist leider immer mehr mein Eindruck – Ihre Anfragen gar nicht mehr um herausfinden, wo bei der U 4 Unklarheiten bestehen, die der Senat doch bitte im Rahmen der Beantwortung einer Großen Anfrage klarlegen sollte. Sie stellen diese mit dem Ziel – das war ein Abklatsch dessen, was wir in der letzten Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses erlebt haben – der Verhinderung eines leistungsstarken Anschlusses der HafenCity um jeden Preis. Sie fragen in der Anfrage und im Ausschuss nach der U-Bahn, Herr Lühmann. Sie meinen aber ehrlicherweise – das ist eben wieder sehr deutlich geworden – Ihre Stadtbahn, die hier in Hamburg keiner will.

(Dr. Willfried Maier GAL: Sie sind doch nicht Ham- burg!)

Hatten Sie bei der Frage U 4 – ich spreche jetzt insbesondere einmal die Opposition an – eigentlich den Eindruck, dass der Senat bisher seine ganzen Entscheidungen und Informationen für sich behalten hat? Ich glaube, dass Sie diesen Eindruck nicht haben können. Denn wir haben mittlerweile zweimal im Rahmen der Selbstbefassungsangelegenheit im Ausschuss das standardisierte Bewertungsverfahren und die Variantenfindung vom Senat vorgestellt bekommen. In der nächsten Aus

schusssitzung werden wir uns wieder mit diesem Thema beschäftigen. Dieser Senat informiert ausführlich

(Dr. Andreas Dressel SPD: Lächerlich! – Petra Brinkmann SPD: Welchen Senat meinen Sie denn?)