Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Dann stelle ich fest, dass die Große Anfrage, Drucksache 18/1559, besprochen worden ist.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Um des gleich vorwegzunehmen: Ich möchte auf diesem Wege Senator Dräger entschuldigen, der in Bonn beim Kartellamt weilt wegen der Thematik Landesbetrieb Krankenhäuser. Ich denke aber, seine Position in dieser Frage der Studiengebühren ist Ihnen hinlänglich bekannt, sodass ich glaube, dass wir diese Debatte auch untereinander führen können.
Das Bundesverfassungsgericht hat vor wenigen Wochen den Weg frei gemacht, die Einführung von Studiengebühren zu genehmigen. Die Positionen im Hause sind relativ klar. Rotgrün lehnt Studiengebühren ab und die eigene Position – der Fraktion und auch meine – hat sich in den letzten anderthalb Jahren erheblich geändert. Vor ungefähr fünf Jahren – der Staatsrat sitzt dort – war Herr Salchow hochschulpolitischer Sprecher unserer Fraktion.
Es war eine Zeit, in der Studiengebühren zum ersten Mal richtig in die Diskussion kamen. Wir haben damals als
Fraktion und auf seine Anregung hin entschieden, uns gegen die Einführung von Studiengebühren auszusprechen. Ich persönlich habe sie damals als unsozial und auch ungerecht empfunden.
Woher rührt nun dieser Wandel? Sie in der Oppositionsrolle haben es sich sehr kommod gemacht. Da lässt es sich gut fordern. Ich kenne das alles ja selbst noch aus der Zeit. Da kann man sagen, wir müssen umschichten und so weiter und so fort. Regieren, meine Damen und Herren, bedeutet aber, auch Verantwortung zu übernehmen
Was war die Realität, als wir vor zwei Jahren die Hochschulpolitik, die Sie uns hinterlassen haben, vorgefunden haben? Die Hochschulen waren ein halbes Jahrzehnt im Würgegriff rotgrüner Sparpolitik. Wer hat denn da eigentlich wen zu welcher Zeit geschrumpft? Das waren Sie nämlich von der heutigen Opposition. Sie haben 15 Prozent Spardiktat verkündet bei gleichzeitigem Erhalt der Ausbildungskapazität. Die Folgen waren so: Jede zweite Professorenstelle an der Universität wurde nicht mehr besetzt. Wir haben bei den Gebäuden einen Millionensanierungsstau vorgefunden. Die Ausstattung der Fachbereiche war katastrophal. Ein wissenschaftlicher Mittelbau fehlte gänzlich. Und wir haben eine hohe Abbrecherquote unter den Studenten, weil sie eben keine vernünftige Betreuung und Beratung gehabt haben. Das, meine Damen und Herren, ist das Ergebnis Ihres Schrumpfungsprozesses über ein halbes Jahrzehnt an den Hamburger Hochschulen gewesen.
Senator Drägers Zukunftspakt mit den Hochschulen hat einen ersten Lichtblick an den Hamburger Universitäten geschaffen. Wir haben den Wissenschaftshaushalt eingefroren und den Hochschulen damit zum ersten Mal seit Jahrzehnten wieder eine Planungssicherheit gegeben. Aber dies alles reicht nicht, um die Hamburger Hochschulen wirklich in eine vernünftige, qualitativ hochwertige Einrichtung mit Top-Ausstattung zu verwandeln. Dies aber ist unser Ziel: die Hochschulen fit zu machen für die Herausforderungen der Zukunft.
Diese Erkenntnis, meine Damen und Herren, hat sowohl in meiner Fraktion als auch bei mir zu diesem angesprochen Bewusstseinswandel geführt. Der Sozialdemokrat Gustav Heinemann hat einmal gesagt:
"In einer sich so schnell verändernden Welt muss man selbst zu Veränderungen bereit sein. Wer nichts verändern will, wird am Ende auch all das verlieren, was er unbedingt bewahren möchte."
Da, meine Damen, sollten Sie sich einmal fragen, wer hier eigentlich die Konservativen im Hause sind, Sie oder wir. Sie verweigern sich der Zukunft, Sie sind rückschrittlich in Ihrer Haltung in der Frage der Studiengebühren.
Sie handeln in dieser ganzen Angelegenheit in dieser Frage nach dem Motto: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass.
Angesichts der Probleme ist diese Haltung unverantwortlich und unseriös. Mit dieser Haltung gehören Sie genau dort hin, wo Sie sind, nämlich auf die Oppositionsbank.
Welche Vorteile haben Studiengebühren? Studiengebühren haben den Vorteil, dass die Hochschulen in Zukunft jährlich 40 Millionen Euro mehr einnehmen können. Aufhebung von sozialer Ungerechtigkeit wird der Fall sein, und zwar, wenn man sieht, wie der Anteil der Arbeiterkinder zurzeit an den Hamburger Hochschulen ist – er liegt bei 12 Prozent – …
Den steigern wir durch Studiengebühren. Darauf wette ich. Fakt ist, dass Australien und Kanada Studiengebühren eingeführt haben und der Anteil der Arbeiterkinder dort inzwischen bei 20 bis 25 Prozent liegt. Das, finde ich, ist ein ganz großer Vorteil und eine ganz große Errungenschaft.
Länder mit Studiengebühren haben eine höhere Bildungsbeteiligung. Das heißt, man studiert schneller, ökonomischer und das ist ein Riesenvorteil für alle zusammen. Studiengebühren schaffen mehr Gerechtigkeit, weil Studenten sich nämlich das Studium vom Elternhaus unabhängig finanzieren können. Studiengebühren sind daneben kundenorientiert. Der Student, der für etwas bezahlt, kann auch einen Anspruch auf die Ware erheben, die er erhält. Und wenn ihm diese nicht passt, dann hat er auch ein Recht zu sagen, so geht es hier nicht, warum fallen hier Vorlesungen aus, warum erhalte ich keine Beratung? Sie werden also die Qualität der Ausbildung erheblich steigern. Und – last, but not least – Konkurrenz unter den Hochschulen wird auch zu einer weiteren Qualitätssteigerung in der Bundesrepublik führen, die wir zurzeit so nicht haben, weil die meisten Hochschulen als graue Mäuse vor sich her dümpeln.
Was sind die vorläufigen Eckpunkte für Studiengebühren? 500 Euro pro Semester und, was mir ganz wichtig ist, eine Zweckbindung. Das Geld, das durch die Hochschulgebühren eingenommen wird, darf nicht in den allgemeinen Haushalt versickern, sondern muss ausschließlich den Hochschulen zur Verfügung gestellt werden. Dabei möchte ich ein transparentes Verteilverfahren haben, an dem unter anderem auch die Studenten beteiligt sind. Wir wollen im Wissenschaftshaushalt keine Kompensation durch Studiengebühren, Herr Lein. Ich werde als Fachsprecher ein ganz erhebliches Augenmerk
auf diese Problematik richten. Elternunabhängige Auszahlung wird es in Zukunft geben. Das heißt, nicht mehr der Verdienst des Elternhauses zählt, sondern es zählt der Anspruch darauf, dass man gern ein Studium in dieser Stadt und an einer Hamburger Hochschule absolvieren will. Und soziale Verträglichkeit: Es soll nämlich ein System sein, das nachgeordnet abgezahlt wird. Das heißt, erst, wenn jemand mit dem Studium auch wirklich fertig ist, wenn er ein vernünftiges Einkommen hat, wird er zurückzahlen. Ich lasse mir von Ihnen nicht etwas einreden nach dem Motto, da würden die Leute an den Schuldenpranger gestellt werden. Nein, ich finde, wer vom Staat, von unserer Gesellschaft, öffentliche Gelder bekommen hat, um ein Studium finanziert zu bekommen, der muss auch, wenn er gut verdient, anschließend einen Teil dessen, was er vom Staat erhalten hat, wieder an die Gesellschaft zurückgeben, damit Hochschulen besser ausgestattet werden können.
Senat und Fraktion werden jetzt ganz unaufgeregt darüber abstimmen, wie die weiteren Modalitäten in dieser Frage geregelt werden, damit wir im Jahr 2006 Studiengebühren einführen können.
Ich persönlich, meine Damen und Herren, habe mir die Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht, um mich umstimmen zu lassen.
Aber ich stehe aufgrund der Argumente, die ich Ihnen versucht habe deutlich zu machen, hundertprozentig dahinter.
Ja, dass Sie mich nicht verstehen, Frau Hilgers, das glaube ich, aber darauf lege ich auch keinen Wert.