Frau Dräger, Sie kritisieren auch, es gebe kein Lagebild. Welches Lagebild vermissen Sie denn tatsächlich? Dieses Lagebild, das Sie sich vorstellen – ich komme gleich im weiteren Verlauf noch dazu – ist eine teure, personalintensive Veröffentlichung mit schönen bunten Bildern und Grafiken. Daran sitzen dann eine Menge Leute und arbeiten viele Stunden und Tage, Wochen und Monate.
Meine Damen und Herren von der Opposition, wissen Sie, wann das schön layoutete Lagebild zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen – um das einmal ganz konkret zu machen – zur Lage 2003 herauskam? Da hatten wir schon fast das Jahr 2005. Mit solch einer Veröffentlichung, die eineinhalb Jahre zu spät kommt, kann niemand etwas anfangen.
Solch ein Lagebild, das nur Kosten verursacht und Ressourcen frisst, ist, mit Verlaub, großer Unsinn. Wir brauchen ein solches teures, schön gelayoutetes Lagebild mit vielen schönen bunten Bildern und Grafiken – ich darf das noch einmal betonen – nicht. Unser Landeskriminalamt erstellt jede Woche ein Lagebild zur Wirtschaftskriminalität, um zeitnah agieren und reagieren zu können. Außerdem gibt es natürlich einen Überblick über die monatliche und die Jahreslage. Ohne Lagebild kommen wir also nicht aus. Aber das, was Sie fordern, braucht man nicht. Wir brauchen diese wöchentlichen, zeitnahen Lagen, um zügig Personal, zum Beispiel Ermittlungsgruppen, einsetzen zu können. Ein Lagebild, das zwar formschön ist, aber sonst nur Geld kostet und vom Erscheinungsdatum her eher ein geschichtliches Werk ist, bringt unsere Polizei nicht weiter.
In diesem Zusammenhang wurde vorhin auch kurz das Stichwort "Kredit- und Scheckkartenkriminalität" angesprochen. Das geisterte in den letzten Tagen auch durch die Medien. Meine Damen und Herren, in diesem Bereich ist die Hamburger Polizei sehr erfolgreich. Dabei gehört die Ermittlung bei Kartenbetrug zu den aufwändigsten, die es gibt. Allein im Jahre 2004 hat das Landeskriminalamt Hamburg rund 10 000 Belege ausgewertet und mehr als 120 Tatverdächtige herausgefiltert. Das ist auch im
Zum Stichwort KUNO, um das noch einmal aufzugreifen: Beim Kartenbetrug wollen wir die Wirtschaft allerdings nicht ganz aus ihrer Verantwortung entlassen. Die Einführung der Zahlung ausschließlich per PIN wäre eine Möglichkeit, die Sicherheit erheblich zu steigern. Frau Dräger, auch Ihr Ruf eben nach diesem bestimmten System bringt keinen absoluten Schutz, zum Beispiel, wenn der Kartenverlust erst nach einigen Tagen festgestellt und gemeldet wird.
Ich möchte KUNO nicht von Grund auf ablehnen, aber darauf hinweisen, dass das System sehr viel Personal bindet und sich die Täter auch über kurz oder lang auf dieses System einstellen werden. Mir ist wichtiger, dass wir prinzipiell in diesem bargeldlosen Zahlungsverkehr nur noch ausschließlich mit PIN arbeiten. Hier ist eben der Appell an die Wirtschaft, ein sicheres Kassensystem zu betreiben, wirkungsvoller. Ich kann Ihnen auch eines sagen: Weite Teile unserer Wirtschaft verfahren bereits so.
Lassen Sie mich ein letztes Beispiel dafür nennen, warum Hamburg ausgesprochen gut aufgestellt ist: Unser Landesamt für Verfassungsschutz arbeitet im Rahmen des gesetzlich vorgeschriebenen Geheimschutzes in der Wirtschaft mit 130 Unternehmen zusammen.
Weitere 50 Unternehmen, Kammern und Verbände unterhalten engste Kontakte zum Referat Geheim- und Sabotageschutz beim Verfassungsschutz. In puncto Prävention gibt es außerdem eine enge und intensive Zusammenarbeit mit dem Airport Hamburg und den HEW. Dabei existieren seit vielen Jahren die engsten Kontakte zwischen unseren Spezialisten und den Experten in den jeweiligen Unternehmen. Um das noch einmal zu unterstreichen: Gerade in der vergangenen Woche hatte unser Verfassungsschutz wieder 100 Unternehmen aus ganz Deutschland zu Gast. Diese Veranstaltung findet regelmäßig jährlich zum Informationsaustausch und zur Prävention statt. Das ist eine Veranstaltung unseres Amtes, die bundesweit Modellcharakter hat.
Meine Damen und Herren, es ist dieser Senat, der das Personal bei der Polizei aufgestockt hat und auch gerade beim Landeskriminalamt, das sich mit Wirtschaftskriminalität befasst. Es ist dieser Senat, der die Sicherheitsbehörden, die Polizei und den Verfassungsschutz, im Kampf gegen die Wirtschaftskriminalität und Sabotage auch in Zukunft personell und materiell unterstützen wird. Und es ist dieser Senat, der dafür sorgt, dass Hamburg auch in Zukunft gut aufgestellt ist. Und das wissen die Bürger in unserer Stadt. – Ich danke Ihnen.
die Polizei 10 000 Belege ausgewertet, Belege, in denen Menschen missbräuchlich – ich nehme an, dass Sie das gemeint haben – Kredit- und EC-Karten anderer gebraucht haben. Sie sagen, dass sei eine erfolgreiche Arbeit. Ich ziehe den Hut vor dem Fleiß der Beamtinnen und Beamten in dieser Angelegenheit.
Sie waren sicherlich auch erfolgreich dabei. Das ist auch gut. Ich sage Ihnen auch: Die Kritik richtet sich nicht gegen die Hamburger Beamtinnen und Beamten, sondern sie richtet sich gegen Sie, Herr Senator Nagel.
Wäre es nicht besser gewesen, wenn nicht zumindest der Teil der 10 000 Belege, von denen Sie sprechen, die ohne PIN entstanden sind, erst gar nicht hätte entstehen können, weil der Betrug nämlich bereits im Laden entdeckt worden wäre? Wäre das nicht viel besser gewesen, zum einen für die Unternehmen, die gewusst hätten, dass sie es mit einem Betrüger zu tun haben, und zum anderen auch für den EC-Kartenbesitzer, der dann im Anschluss nicht die Prozedur durchmachen muss, die er heute durchmachen muss, nämlich seinen Kontoauszug prüfen, herausfinden, wer das war, die Lastschrift widerrufen, sich mit dem Unternehmen auseinander setzen, eventuell noch mit drei oder vier Inkasso-Unternehmen, die dieses Geld eintreiben wollen, der sich ständig rechtfertigen muss? Es wäre besser, wenn Hamburg da ein Präventivsystem hätte wie andere Bundesländer es haben. Sie haben völlig Recht, das Verfahren mit PIN ist sicherer, keine Frage. Nur wird auch das andere eingesetzt. Kein EC-Kartenbesitzer kann sich davor schützen, dass dieses vollkommen legale System in dieser Stadt und in der ganzen Bundesrepublik eingesetzt wird. Dann können Sie das andere System nur verbieten, wenn Sie das denn wollen. Es ist ein legales System, es ist nicht so sicher wie das andere, aber das darf doch am Ende nicht den Kunden treffen, der diesen ganzen Ärger durchmachen muss und sich irgendwie als potenzieller Betrüger vor zig Unternehmen rechtfertigen muss.
Herr Kollege Frommann, es ist schön, dass Sie die Arbeit des Hauptzollamtes bei der Kontrolle von Schwarzarbeit loben. Von 100 auf 1500, ganz prima. Das ist übrigens eine Bundesbehörde und diese verstärkten Kontrollen sind Teil des Programmes der Bundesbehörde zur Bekämpfung von Schwarzarbeit. Prima, dass Sie das auch anerkennen. Ich finde, die Leute dort machen eine tolle Arbeit.
Auf eine Sache möchte ich zum Schluss noch eingehen: Es ist nicht wirtschaftsfeindlich, über Wirtschaftskriminalität zu reden.
Das ist eine Position, die die CDU schon einmal in den Fünfziger- und Sechzigerjahren vertreten hat, als man sagte, man rede nicht über Wirtschaftskriminalität, das sei eine Beiform von Wirtschaft, am besten diskutiere man das nicht, das schade alles nur, am besten halte man das alles unter der Decke, das müsse man mit akzeptieren.
Ich kann Ihnen gern die Debatten aus dem Bundestag aus den Fünfziger- und Sechzigerjahren holen. So ist das da diskutiert worden.
Über diesen Punkt sind wir längst hinaus. Wirtschaftsfeindlich ist der, der die ehrlichen Unternehmer hier in der Stadt im Regen stehen lässt. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Da dieses Thema in den Wirtschaftsausschuss überwiesen wird, ist es sinnvoll, dass ein Mitglied – neben Frau Dräger, die in beiden Ausschüssen sitzt – des Wirtschaftsausschusses jetzt etwas dazu sagt, auch wenn das keiner von der Regierungsfraktion für nötig hält.
Ich glaube, dass dies ein wichtiges Thema ist. Ich habe Herrn Senator Nagel zugehört, der geschildert hat, wie seine Beamten fleißig ermitteln und wie erfolgreich sie sind, für ihn scheint damit alles in Ordnung zu sein.
Wenn man diesem Senator glaubt, dann stellt die Wirtschaftskriminalität in dieser Stadt kein Problem dar. Dass Sie dazu klatschen, ist wirklich ein Armutszeugnis.
(Beifall bei der GAL und der SPD – Wolfhard Ploog CDU: Sie unterstellen, dass die Beamten Kriminelle sind!)
Sprechen Sie doch einmal mit der Wirtschaft, die Sie hier doch immer vertreten wollen. Schauen Sie einmal in die Statistik, die Herr Nagel in der Anfrage aufgeführt hat. Dort sehen Sie ganz deutlich, dass alle zwei Jahre größere Wirtschaftskriminalitätsfälle aufgedeckt werden. Sie haben dort in einzelnen Bereichen eine Steigerung der Fallzahlen um mehr als 10 000 Prozent. Für die nächsten zwei, drei Jahre sind dann die Beamten fleißig und engagiert damit beschäftigt, diese Fälle abzuarbeiten. Da aber die Kapazitäten in diesen Abteilungen nicht ausreichen, neben diesen großen Fällen auch noch weitere zu ermitteln, findet in den nächsten Jahren in diesem Bereich kaum weitere Aufklärungsarbeit mehr statt. Sie können Ihrer eigenen Statistik entnehmen, dass die Fallzahlen dann dramatisch sinken.
Das zeigt, dass es hier einen riesigen Dunkelbereich gibt. Das ist keine Kritik an der Verwaltung, Herr Nagel. Das ist eine Kritik an der Schwerpunktsetzung dieses Senats in einem Bereich, in dem er die Mittel ganz offenkundig nicht ausreichend konzentriert. Er lässt die Wirtschaft allein und verwendet seine Mittel woanders.
Es mag sein, dass Sie die Mittel im Bereich Wirtschaftskriminalität um 10 Prozent erhöht haben, aber Ihre eigenen Zahlen zeigen, dass dieses nicht ausreicht. Angesichts des riesigen Schadens, der dort entsteht, kann man nur sagen, dass noch Weiteres notwendig ist.
Aber wenn man Herrn Nagel hört, läuft alles bestens, wir sind überall vorn und Hamburg ist bundesweit anerkannt.
Nein, meine Damen und Herren, Herr Nagel hat kein einziges Wort über zusätzliche Anstrengungen gesagt, die getroffen werden müssen. Herr Nagel hat auch kein einziges Wort zur Prävention gesagt, damit es gar nicht erst zu weiteren Fällen kommt. Das ist zu wenig, Herr Nagel.
Es wird notwendig sein, dass wir im Wirtschaftsausschuss darüber reden. Es wird allerdings notwendig sein – ich glaube, das hat diese Debatte ganz deutlich gezeigt –, auch im Innenausschuss über dieses Thema zu reden. Auch der Innensenator sollte dieses Thema wesentlich ernster nehmen, als er dies eben in seinen Ausführungen getan hat. – Vielen Dank.