Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Lühmann.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin mir sicher, wenn ich Ihnen jetzt erklären würde, warum ich hier heute mit Hilfe einer Unterarmstockstütze stehe, würde mir Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zuteil werden. Das rührt mich in gewisser Weise, aber ich glaube, dass auch das von uns zur Debatte angemeldete Thema, der Antrag zu Quartiersgaragen, dieses Interesse verdient. Ich möchte Sie kurz in die Welt einführen, über die wir beim Thema Quartiersgaragen genau sprechen.
Wir sind tatsächlich im Wesentlichen mit den innerstädtischen, gründerzeitlichen Quartieren befasst.
Das ist jetzt wieder ein bisschen zu laut hier. Etwas mehr Ruhe wäre schön. – Ich bat um Ruhe und nicht noch mehr Bekundungen von der rechten Seite. Herr Lühmann, bitte.
Die dicht besiedelten, gründerzeitlichen Quartiere der Stadt haben das Bild von der Stadt für uns Hamburgerinnen und Hamburger geprägt. Das sind die Quartiere, in denen wir wirklich das Gefühl haben, dass wir in der Stadt sind.
Diese Quartiere sind in einer Zeit gebaut worden, in der das Auto noch nicht ein Massengut war und den Straßenraum noch nicht geprägt hat. Daher ist das einzige Problem dieser Quartiere, dass es im öffentlichen Straßenraum zu wenig Stellplätze gibt.
Das Merkwürdige dabei ist, dass diese Quartiere trotzdem hoch nachgefragt sind. Die Leerstände sind gering, die Mieten hoch, Verkaufspreise für Wohnungen weit über dem Hamburger Durchschnitt und trotzdem gibt es in der öffentlichen Wahrnehmung das große, schwere Problem der zu geringen Zahl öffentlicher Stellplätze im Straßenraum. Das ist ein bisschen schwierig.
Der Senat geht allerdings davon aus, dass hier einer der Hauptschwerpunkte sei, gegenzusteuern. Daher müssen Quartiersgaragen gebaut und nicht unerheblich gefördert werden. Hier werden bis zu 15 000 Euro für jeden Stellplatz als Fördermittel ausgegeben mit dem einzigen Zweck, die Mieten auf ein marktgängiges Niveau herabsenken zu können. Man muss sich doch fragen, was eigentlich der Erfolg dieser Strategie ist. Dieser Erfolg wird tatsächlich einzig und allein davon aufgezehrt, dass die Zulassungszahlen für Autos in der Stadt immer weiter ansteigen. Sie haben hier ein Fass ohne Boden, indem Sie jedem Stellplatz 15 000 Euro hinterherwerfen, ohne dass es einen nennenswerten Effekt für die Quartiere gibt.
Das Interessante dabei ist aber, dass genau in diesen Quartieren auch die Menschen wohnen, die den Schlüssel in der Hand haben, das Problem grundsätzlicher zu lösen. Hier wohnt nämlich die Klientel, die für Angebote des Carsharing ansprechbar ist. Die privat angeschafften Autos werden pro Tag im Durchschnitt 45 Minuten benutzt, ein Carsharing-Auto pro Tag acht Stunden. Wer also für 45 Minuten Benutzung pro Tag ein Auto anschaffen will, der wird mit 15 000 Euro pro Stellplatz auch noch gefördert. Das finde ich angesichts der leeren Kassen mindestens bedenkenswert.
Aber in diesen Quartieren leben auch die Menschen, die gut rechnen können. Bis 14 000 Kilometer Jahresleistung bei einem Auto lohnt sich Carsharing gegenüber Anschaffung eines privaten Autos. Die Durchschnittsleistung von Autos im Bundesdurchschnitt liegt bei gerade 12 300 Kilometern pro Jahr. Das bedeutet, dass für die Mehrzahl der Haushalte Carsharing eine interessante Alternative ist.
Carsharing stärkt den ÖPNV. Jeder fünfte CarsharingBenutzer verfügt über eine ÖPNV-Zeitkarte. Er hat sich teilweise sogar extra nur eine ÖPNV-Karte gekauft, weil er Carsharing macht. Daher unterstützt der HVV auch aktiv die Angebote des Carsharing und wirbt dafür auf seinen Internetseiten.
Carsharing entlastet die Umwelt. Wer Carsharing betreibt, benutzt das Auto nur dann, wenn er das wirklich braucht. Die Abwägung, ob ein Auto benutzt wird oder nicht, wird sehr viel strenger durchgeführt, wenn man kein eigenes Auto vor der Tür stehen hat und sich über die wahren Kosten des Autofahrens regelmäßig selbst betrügt. Wer ein Auto anfordern muss, wird nie und nimmer zum Zigarettenholen um die Ecke mit dem Auto fahren.
Auf diese Art und Weise lassen sich im nennenswerten Umfang Kilometerleistungen von Autos vermeiden und lassen sich bundesweit hochgerechnet mindestens 330 Millionen Liter Benzin jährlich einsparen. Das ist eine wirklich umweltrelevante Größe, von der wir hier reden.
Carsharing ist aber auch umweltfreundlich, weil wir es in der Regel mit sehr viel neueren Autos zu tun haben. Ein Carsharing-Auto hat ein Durchschnittsalter von drei Jahren, private Autos liegen bei sieben Jahren. Daran sehen wir, dass wir es mit Autos zu tun haben, die technisch auf dem neuesten Stand sind, dementsprechend leise, umweltfreundlich verbrauchsarm und besser gewartet sind, als die meisten privaten Fahrzeuge. Der umweltpolitische Effekt des Carsharing ist eindeutig.
Zu guter Letzt ist Carsharing auch sicher. Bezogen auf alle Wagen, die es im Carsharing gibt und unter Berücksichtigung ihrer Kilometerleistung wäre, rein statistisch betrachtet, im Jahre 2003 anteilig eine Anzahl von Verkehrstoten in Höhe von sechs zu erwarten gewesen. Tatsächlich waren es keine. Es ist kein einziger Mensch in Deutschland auf den Straßen in einem Auto gestorben, dass durch Carsharing benutzt wurde. Das ist ein nicht ganz zu verachtender Aspekt zur Erhöhung der Sicherheit auf den Straßen.
Aber wenn alles das, wie ich vermute, die CDUAbgeordneten nicht wirklich interessiert und nicht überzeugt, dann will ich auf den einen Punkt kommen, der ganz nahe an den Quartiersgaragen liegt. Vor ungefähr elf Jahren schätzten Wissenschaftler, dass ein Carsharing-Auto circa vier private Autos ersetzen könnte. Ein Realitätsbeispiel aus Dresden hat nachgewiesen, dass mit einem Carsharing-Auto sechseinhalb private Autos ersetzt werden konnten. Die wissenschaftlichen Studien gehen mittlerweile von einem Niveau von bis zu zehn ersetzbaren Autos aus.
Für jedes Auto, das nicht benutzt wird, brauchen wir auch keinen Stellplatz. Das bedeutet, dass wir nach den aktuellen Dresdner Zahlen davon ausgehen können, dass für zwei Stellplätze, die wir für Carsharing haben, 13 private Stellplätze einsparen können. Das ist ein nennenswerter Umfang, über den wir nachdenken müssen, wenn wir das Thema Stellplatznot in den innerstädtischen Quartieren lösen wollen.
Daher sollten Sie den Mut haben – ich weiß, dass die CDU den Antrag gestellt hat, unseren Antrag zu überweisen –, hier und heute zu sagen: Wenn das alles so gut ist und es ist tatsächlich so gut, dann fordern wir den Senat auf, hierfür konkret etwas zu tun. Wenn wir 15 000 Euro für jeden Stellplatz in einer Quartiersgarage als Fördermittel ausgeben, die dann verloren sind, dann könnten wir auch jetzt den Mut haben zu sagen, dass in jeder Quartiersgarage mindestens drei Stellplätze für CarsharingAngebote vorgehalten werden sollen.
(Frank-Thorsten Schira CDU: Vielleicht sagen Sie mal etwas zu den Arbeitsplätzen in Wolfsburg und bei Mercedes!)
Ich finde es viel komischer, dass Sie 15 000 Euro pro Stellplatz ausgeben. Hier muss man mal eine Gegenrechnung zulassen.
Die Ringe A, B und C? Die Kosten für eine dieser Karten beläuft sich auf 534 Euro im Jahr. Wenn Sie das jetzt dumm anstellen, könnten Sie sagen, Sie teilen die 15 000 Euro durch die 534 Euro, dann sind Sie mit 28 Jahren Förderung dabei. Jedem, der einen Stellplatz subventioniert bekommt, könnte ich 28 Jahre lang solch eine Karte geben. Aber Sie können das auch noch schlauer machen.
Zahlen Sie die 15 000 Euro in einen Fond ein und ziehen Sie 534 Euro ab. Wenn Sie das übers Jahr mit 3,7 Prozent verzinst bekommen, dann haben Sie am Ende des Jahres wieder 15 000 Euro und können nochmals diese Jahreskarten verschenken. Das wäre auch noch einmal eine Alternative.
Da es aber ohne Auto nicht geht, springen Sie über Ihren Schatten und helfen Sie jetzt wenigstens dem Carsharing, um zu einer multimodalen Mobilität für Hamburg zu kommen. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Lühmann, zunächst einmal gute Besserung. Ich fürchte, ohne jetzt böse sein zu wollen, die Geschichte mit Ihrem Bein hätte doch ein bisschen mehr interessiert und Aufregung versprochen, als dieser Antrag.
Es ist wirklich nicht böse gemeint. Wir verdanken Ihnen eine ganze Reihe interessanter Anträge und wirklich lebhafter Diskussionen. Aber dieser Antrag, glaube ich, bleibt weit hinter Ihren Möglichkeiten zurück.
Als ich den Antrag gelesen habe, habe ich mich auch gefragt, warum die GAL diesen Antrag überhaupt ange
Das war die weise Voraussicht des Wählers, der Ihnen hier die entsprechende Zahl gab, um nur einen einzigen Antrag anzumelden.
Ich habe diesen Antrag gelesen und mich tatsächlich gefragt, warum es gerade dieser Antrag ist. Vor kurzer Zeit habe ich bei Ihnen noch so kämpferische und mutige Reden gehört. Ich habe Aufschreie gehört, wie Filz und Untersuchungsausschuss. Da habe ich bei mir gedacht: Jetzt hatten wir diesen tollen Haushaltsausschuss und in der heutigen Sitzung wird die GAL bestimmt mit einem richtigen Knaller kommen und uns hier noch einmal deutlich machen, was sie in letzter Zeit alles herausgefunden hat.