Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Aus der letzten Debatte darf ich schließen, dass man froh ist, wenn alles wächst.
Bei der Betrachtung der Daten über die weitere finanzielle Belastung der Stadt, die in der letzten Woche veröffentlicht wurden, kann ich nur sagen: Es gibt Rekorde, auf die man verzichten kann. Die Einzahlung Hamburgs in den Länderfinanzausgleich beträgt mittlerweile 687 Millionen Euro. Das ist ein Rekord, auf den ich gern verzichtet hätte, weil er letztendlich die Haushaltslage dieser Stadt nicht gerade verbessert, sondern eher verschlechtert.
Auf die Bevölkerung umgerechnet sind das inzwischen 294 Euro pro Person. Allein zwischen Mai und November dieses Jahres hat sich die Entwicklung noch einmal mit 62 Millionen Euro, die mehr eingezahlt werden – also weniger Steuereinnahmen, die in Hamburg verbleiben – dramatisch verändert.
Es gibt in diesem Hause permanente Diskussionen über mögliche Finanzierungen der Kindertagesbetreuung und ähnliche Dinge. Bitte beachten Sie, dass in diesen wenigen Monaten allein 62 Millionen Euro zusammengekommen sind, die nicht in Hamburg bleiben. Das sind in der Summe 117 Millionen Euro, die zusätzlich in den Länderfinanzausgleich gezahlt werden, da die Finanz-, Steuer- und Wirtschaftspolitik – das ist die positive Seite der Medaille – in dieser Stadt erfolgreich ist. In diesen
117 Millionen Euro sind leider zusätzlich 55 Millionen Euro Steuern enthalten, die in dieser Zeit in Hamburg eingenommen wurden. Das heißt, man kann für Hamburg resümieren, dass eine erfolgreiche – das geben die Daten der letzten eineinhalb Jahre auch her – Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik gemacht wird. Hamburg koppelt sich mehr und mehr von der Entwicklung anderer Bundesländer ab. Das mag einen stolz stimmen und positiv in die Zukunft blicken lassen, insbesondere wenn man sieht, dass seit 2001 die Finanzkraft der Stadt noch zugenommen hat.
Im Jahr 2001 wurde gesagt, dass Hamburg circa 112 Prozent an Finanzkraft habe. In diesem Jahr kommt Hamburg auf 119 Prozent. Damit hat man Hessen überholt und ist hinsichtlich der Finanzkraft das stärkste Bundesland in der Bundesrepublik Deutschland. Das mag einen stolz stimmen, aber es ist sicherlich negativ, dass die Ergebnisse dazu führen, das mehr in den Länderfinanzausgleich eingezahlt werden muss.
Um eines gleich klarzustellen: Es gibt im föderativen System die Pflicht der starken Länder, die schwachen Länder zu unterstützen; das ist auch richtig so. Das ist auch nicht der Kritikpunkt. Es ist klar, dass sich Hamburg verpflichtet fühlt, wenn es finanzstark ist, schwächere Länder zu unterstützen. Allerdings war man einmal bei der Entwicklung des föderativen Systems davon ausgegangen, das mit der Frage der Struktur der Bundesländer zu verbinden: Strukturschwache Länder bekommen die Unterstützung von strukturstarken Ländern.
Wenn man sich die Haushaltspolitik einiger Bundesländer anguckt, kann man nur sagen, dass aus strukturschwachen und strukturstarken Ländern regierungsschwache und regierungsstarke Länder geworden sind. Hamburg ist ein regierungsstarkes Land; das machen die Daten ganz deutlich.
(Beifall bei der CDU – Michael Neumann SPD: So wie im Saarland, wo die Kita-Betreuungsgebühren abgeschafft worden sind!)
Es geht bei der Formulierung, wie sich das mit anderen Bundesländern verhält, nicht darum, einzelne Bundesländer herauszugreifen und negativ darzustellen. Aber wenn Hamburg zahlt, gibt es auch eine Verpflichtung und eine Solidarität der jeweiligen Nehmerländer, ihre Finanzen so auszugestalten, dass der Unterschied so gering wie möglich ist. Sie wissen ganz genau, welche Länder ich damit meine.
Nordrhein-Westfalen entwickelt sich dramatisch – die Perspektive ist für die gesamte Bundesrepublik Deutschland höchst gefährlich – und Berlin hat mittlerweile neue Rekorde erzielt. Das führt dazu, dass Berlin im Jahre 2003 – wenn man den Länderfinanzausgleich und die Bundesergänzungszuweisung nimmt – mehr als 5 Milliarden Euro aus diesen Töpfen bekommt.
Man muss fragen, was Berlin für seine eigene Finanzpolitik tut. Während wir in Hamburg jeden Cent sparen, hat beispielsweise der Gewerbesteuerhebesatz in Berlin mit 410 Punkten ein Niveau wie Detmold oder Minden und liegt unterhalb eines Niveaus einer Weltstadt wie Görlitz. Dazu kann ich nur sagen, dass sich einige Länder bei ihrer Finanzpolitik tatsächlich darauf verlassen, dass sie von anderen Ländern unterstützt werden.
Berlin hat sicherlich auch nicht dazu beigetragen, wenn man weiß, dass mit dieser Solidarität, die man gerne
zeigt und von ganzem Herzen kommt, Hamburger Unternehmen mit Subventionen nach Berlin gelockt wurden, die letztendlich – wenn man das einmal genau betrachtet – über den Länderfinanzausgleich finanziert wurden. Dadurch wird Hamburg geschädigt, Herr Neumann.
Kommen wir einmal zu Ihnen. Was hat eigentlich Ihre Bundesregierung getan, damit eine Reform der Gemeindefinanzen endlich auf den Weg gebracht wird? 1998 wurde großartig angekündigt, Herr Neumann , das war Ihr Bundeskanzler, dass endlich eine Gemeindefinanzreform kommt. Das zentrale Element ist nämlich die Veränderung der Gemeindefinanzierung – Herr Präsident, ich komme zum Schluss –, das heißt, neben den Problemen, dass Hamburg als starkes Land die schwachen Länder unterstützt, besteht das Problem, dass die Länder seit 1998 bei der Frage der Gemeindefinanzen allein gelassen werden. Es hat keine Reformvorschläge von der Kommission gegeben, sodass die Länder mit ihren finanziellen Sorgen allein gelassen werden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Weinberg, die Anmeldung eines Themas für die Aktuelle Stunde ist nicht immer so einfach, schon gar nicht, wenn man in der Regierungsverantwortung steht und es anscheinend eine der Hauptaufgaben ist, gewisse unbeliebte Themen zu umschiffen. Dann muss ab und zu wieder der Länderfinanzausgleich herhalten. Eine solche Debatte haben wir heute wohl.
Auch wir freuen uns, dass Hamburg stabile Steuereinnahmen verzeichnen kann. Hamburgs Wirtschaft und damit auch seine Steuerstruktur ist besser als die Mehrzahl der anderen Bundesländer. Das kommt aber nicht über Nacht, sondern das ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen guten Wirtschafts- und Strukturpolitik in Hamburg.
Den Strukturwandel vom Werften- und Industriestandort zu einer Dienstleistungs- und Handelsmetropole und auch zu einer Medienstadt haben nicht Sie, sondern Ihre sozialdemokratischen Vorgänger im Amt erreicht.
Den Boom im Hafen, den Aufstieg Hamburgs zu einem bedeutenden Standort der Luftfahrtindustrie hat auch nicht Herr Uldall erreicht, sondern das war im Wesentlichen das Werk von Thomas Mirow. Dafür, dass Sie das Projekt HafenCity weiterführen dürfen, erwarte ich immer noch ein lautes Danke. Ich habe es von Ihnen noch nicht vernehmen können.
Es ist klar, die hohen Zahlungen in den Länderfinanzausgleich belasten Hamburg. Auch das ist nicht erst seit gestern so. Für 2004 haben wir wieder Höchstzahlen erreicht; Sie haben die Zahl genannt: Circa 687 Millionen Euro. Den letzten Höchststand hatten wir im Jahr 2000 mit 555 Millionen Euro; 2002 waren es nur 173 Millionen Euro. Sie melden leider erst heute das Thema "Hamburgs erfolgreiche Politik wird bestraft" an und machen hier eine Lobhudelei auf den Senat. Das
haben Sie in der vorherigen Debatte getan und jetzt jammern Sie über die Zahlungen. Es ist eigentlich schade, dass Ihnen das nicht bereits im Jahre 2000 eingefallen ist, als diese Stadt noch sozialdemokratisch regiert wurde. Da hätte ich dann auch gern einige Worte dazu gehört, warum Hamburg eigentlich zahlen muss.
Das ist gar nicht so lange her. Denn Politik wird nicht in zwei Jahren geschaffen, nicht durch irgendwelche Leuchttürme oder Luftblasen, sondern Politik ist ein kontinuierlicher Prozess. Das werden Sie merken, aber vielleicht auch nicht, weil Sie beim nächsten Mal keine Gelegenheit mehr dazu haben werden.
Im Jahre 2002 gingen die Zahlen im Länderfinanzausgleich wieder runter. Eigentlich schade, dass Sie das Thema damals nicht angemeldet haben
und vielleicht von einer schlechten Politik und von schlechten Taten des von-Beust-Senats ausgegangen sind. Heute mussten wir uns etwas über eine erfolgreiche Politik anhören. Jedenfalls lautete die Überschrift dieser Debatte so. Sie haben leider nicht anhand Ihrer Überschrift debattiert, sondern über irgendwelche Strukturgeschichten über den Länderfinanzausgleich erzählt, die dieses Parlament nicht so richtig wachgerüttelt haben. Ihre schlechte Politik in dem Bereich und die niedrigen Zahlungen in den Länderfinanzausgleich haben sich insofern gelohnt, als wir weniger zahlen mussten.
Richtig interessant wird es aber, wenn man sich den Haushaltsplan-Entwurf 2005/2006 anschaut. Dort rechnen Sie wieder mit sinkenden Zahlungen in den Länderfinanzausgleich. Ihre erfolgreiche Politik scheint also Silvester von Sekt in Selters überzugehen. Oder wie erklären Sie sich den abrupten Abbruch Ihrer so erfolgreichen Politik über den kommenden Jahreswechsel?
Die Erläuterung ist relativ einfach. Da muss man sich nur die Presseerklärung der Finanzbehörde ansehen. Die Steigerung beim Länderfinanzausgleich 2002 ist allein die Folge von zwei steuerlichen Sondereffekten. Das hat also nichts zu tun mit toller Politik in Hamburg.
In den Folgejahren sollen die Zahlen nicht nur deshalb sinken, sondern weil Sie mit steigenden Einwohnerzahlen rechnen, die der Stadt beim Länderfinanzausgleich zugute kommen sollen. Ob sich das allerdings realisieren lässt, sei dahingestellt. Ihre Schulsenatorin arbeitet gerade daran, dass die Familien mit Kindern diese Stadt eigentlich nur noch verlassen können.
Ich rate Ihnen dringend – vielleicht kann sich Herr Tants in der folgenden Debatte entscheiden, falls er sie noch führen möchte –,
sich zu entscheiden, nun ob es Sondereffekte sind, die dem Länderfinanzausgleich zugute kommen, oder sind es strukturelle Effekte, die beim Länderfinanzausgleich zu veranschlagen sind. Wenn das der Fall ist, dann sollten
Sie Ihre für 2005/2006 prognostizierten Zahlen im Haushaltsplan-Entwurf richtig veranschlagen. Das führt natürlich dazu, dass Sie Ihren ausgeglichenen Betriebshaushalt 2006 wohl nicht erreichen können. Bekennen Sie hier Farbe, seien Sie ehrlich und sagen Sie uns, woran es liegt. Entweder sind es strukturelle Effekte – dann setzen Sie die Zahlen des Haushaltsplan-Entwurfs richtig fest – oder es sind Sondereffekte. Aber dann geben Sie zu, dass es nicht an Ihrer Politik liegt.
Dass Sie zu guter Letzt auch noch Ihre selbst gesteckten Ziele wieder einmal nicht erreichen, das sollte man hier auch noch benennen.