Protocol of the Session on November 11, 2004

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es ist heute schon gesagt worden: Sie wollen das Volk einfach kaltstellen. Sie wollen, dass es weniger zu sagen hat. Das ist ein Anschlag auf die Hamburger Demokratie.

Ihr verfassungspolitischer Sprecher hat es im "Hamburger Abendblatt" gesagt und heute noch einmal wiederholt: Wir wollen, dass es Volksinitiativen schwerer haben.

(Robert Heinemann CDU: Hat er nicht gesagt!)

Damit hat die CDU ihre Maske fallen lassen. Es ist vorbei mit den scheinheiligen Argumenten, dass die Neuregelungen billiger und effizienter seien. Die Demokratie ist keine Gesundheitsreform.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Michael Neumann SPD: Und selbst da geht es nicht!)

Wir verstehen, dass Sie Angst haben, an der Macht zu sein, aber trotzdem nicht unumschränkt herrschen können. So ist das jetzt in der Hamburger Demokratie. Es gibt keine unumschränkte Macht mehr. Die CDU selbst hat das so gewollt. Damals, als Sie noch in der Opposition waren, haben Sie mit uns Grünen das Modell der Mitbestimmung des Volkes durchgesetzt. Es hatte nicht den Zweck, es den Regierenden leichter zu machen. Im Gegenteil.

Seien Sie doch ehrlich: Sie wollten es damals der ewig regierenden SPD schwer machen. Eigentlich sollten Sie doch für die Volksgesetzgebung dankbar sein, denn wenn das Volk mitreden darf, wird es so schnell nicht zum letzten Mittel greifen: Der Abwahl.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Die Volksgesetzgebung ist deswegen regierungsfreundlich; davon bin ich sehr fest überzeugt. Aber Sie müssen natürlich auf das Volk hören. Deswegen ist der LBKVerkauf ein echter Sündenfall.

Niemand in der Stadt versteht die Selbstherrlichkeit, mit der sich König Ole der Erste über den Volkswillen hinwegsetzt.

(Michael Fuchs CDU: Von den Kosten reden Sie nie, Herr Müller! Warum eigentlich?)

Ich warne Sie davor, diese Volksgesetzgebung praktisch abzuschaffen. Sie werden damit beim Volk nicht durchkommen. Sie werden damit auch nicht beim Verfassungsgericht durchkommen.

Nur ein Beispiel: Artikel 50 Absatz 5 unserer Verfassung hat den klaren Zweck, Wahlen und Volksentscheidungen zusammenzubringen. Ich kann gerne noch einmal aus dem Ausschuss zitieren, in dem wir damals alle zusammengesessen haben. Der Ausschuss sprach sich einstimmig dafür aus, dass auch an Wahltagen Abstimmungen zulässig sein und lediglich in einem bestimmten Zeitraum vor dem Wahltag Abstimmungen nicht stattfinden sollen, sondern dann auf den Wahltag zu legen sind. Deutlicher geht es nicht und deutlicher wird das Verfassungsgericht diesen Punkt auch nicht beurteilen können.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Volk wird sich das, was das Verfassungsgericht von Ihren Vorschlägen übrig lässt, in einem Volksentscheid selbst vornehmen. Von Ihrer Volksinitiative wird dann nicht mehr viel übrig bleiben. Sie besteht aus an den Haaren herbeigezogene Argumenten. Sie haben damit die Bevölkerung empört und letztlich muss sich das Verfassungsgericht damit befassen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der CDU! Wollen Sie sich das wirklich antun? Seien Sie Patrioten!

(Wolfgang Beuß CDU: Und das aus Ihrem Mund!)

Leisten Sie der Hamburger Demokratie einen Dienst, lassen Sie diesen Unfug und ziehen Sie Ihren Antrag zurück.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Sabine Boeddinghaus.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Als Mitinitiatorin der Unterschriften

aktion "Bildung ist Menschenrecht" vor zwei Jahren kann ich Ihnen aus eigener Erfahrung sagen, wie wichtig es den Menschen ist, wenn sie einmal der Politik jenseits des Kreuzchenmachens alle vier Jahre ihre Meinung zurückmelden können.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das wird ja hierdurch nicht ausgeschlossen! Das können Sie nach wie vor!)

Das ist für die Menschen wirklich gefühlte Demokratie. Es ist gerade wichtig, auf der Straße auch mit anderen Menschen ins Gespräch zu kommen und dort der eigenen Meinung durch eine Unterschrift Gewicht zu verleihen. Warum haben Sie so viel Angst?

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Reinert.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist Zeit, aus den Argumentationen von SPD und GAL einmal die Luft herauszulassen.

(Beifall bei der CDU)

Was übrig bleibt, ist das, was üblicherweise passiert, wenn man aus einem Luftballon die Luft herauslässt: Es bleibt ein verschrumpeltes Etwas ohne viel Substanz.

(Beifall bei der CDU)

Aber wenn ich den Luftballon – insofern kann ich Sie voll und ganz verstehen – groß genug aufblase, kann ich wunderbar spielen und Dinge inszenieren. Genau das haben Sie hier versucht. Also geht jetzt die Luft heraus.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das ist ein schlechtes Bild, Herr Reinert!)

Ich will einen Satz von Herrn Neumann aufgreifen.

(Petra Brinkmann SPD: Sie sollen nicht immer nur einzelne Sätze herausgreifen!)

Soll ich das nicht tun, Frau Brinkmann? Es lohnt sich nicht, oder?

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Liebe Frau Brinkmann, es wäre nicht schön – zumindest aus meiner Sicht –, wenn ich noch einmal die ganze Rede von Herrn Neumann wiederholen müsste.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Petra Brinkmann SPD: Das war eine gute Rede!)

Herr Neumann hat gesagt, dass die Spielregeln der Demokratie nur im Konsens der Fraktionen verändert werden. Recht hat der Mann.

(Beifall bei SPD und der GAL)

Hier geht es nicht um konstitutive Spielregeln der Demokratie, sondern um simple Verfahrensanpassungen aufgrund der Erfahrungen seit 1998.

(Beifall bei der CDU – Dr. Monika Schaal SPD: Selten so gelacht! – Petra Brinkmann SPD: Och ne!)

Ihr weiterer großer Aufpuster in diesen Luftballon hinein lautete, dass wir die direkte Demokratie abschaffen wollen.

Halten wir bitte einmal Folgendes fest: Unverändert wird in Hamburg das Quorum für ein Volksbegehren bei 5 Prozent liegen.

Das ist bundesweit eines der niedrigsten Quoren,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das gefällt Ihnen doch auch nicht!)

es ist genauso hoch wie in Schleswig-Holstein und in Brandenburg. Es gibt keine niedrigeren. Hieran wird nichts geändert.

(Beifall bei der CDU)

Gehen wir zur Phase Volksentscheid. In Hamburg liegt das Zustimmungsquorum bei 20 Prozent. In den Nachbarländern Schleswig-Holstein sind es 25 Prozent, in Niedersachsen ebenfalls 25 Prozent und in MecklenburgVorpommern 33 Prozent.

(Christian Maaß GAL: Um die Quoren geht es hier doch gar nicht!)

Ich glaube, das ist in Bremen genauso, aber da bin ich mir nicht ganz sicher.