Protocol of the Session on February 20, 2002

Ich habe lernen dürfen, dass dieses Verfahren, nämlich die Gemeinnützigkeit nicht festzustellen, sondern einfach per Gesetz zu beschließen, in Deutschland durchaus nicht unüblich ist. Es gibt eine Reihe von sehr guten Gründen, die das Vorliegen der Gemeinnützigkeit unterstreichen.

Einer der wichtigen Gründe ist für mich natürlich, dass die Deutsche Airbus AG sehr wohl hätte entscheiden können, den Airbus in Toulouse zu bauen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das ist ja ein Ding!)

Damit wäre Hamburg als Luftfahrtstandort auf Dauer gefährdet und meines Erachtens überhaupt nicht zu erhalten gewesen.

Es gibt weitere Argumente dafür, dass die Interessen der Stadt überwiegen. Die Entscheidung bewirkt, dass die vorhandenen Arbeitsplätze am Standort Hamburg für die Luftfahrtindustrie erhalten bleiben und mit dem Ausbau des Finkenwerder Geländes neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Ich will überhaupt nicht über die Zahlen diskutieren, nur feststellen: Es werden neue Arbeitsplätze nicht nur bei Airbus geschaffen, sondern auch bei der Zuliefererindustrie.

Es werden sich um Airbus herum viele neue Zuliefererbetriebe ansiedeln können. Das wäre auch ein Thema für die heute verpasste Mittelstandsdebatte gewesen. In Hamburg den Mittelstand zu fördern, ist ein wichtiger Punkt.

(Anja Hajduk GAL: Das haben wir alles vorange- bracht!)

Wichtig ist dieses Projekt auch für den Hochschulstandort. Das von uns angestrebte Ziel einer Kooperation zwischen der Luftfahrtindustrie und den Hochschulen wird sich zugunsten von Ausbildungsplätzen in der Luftfahrtindustrie und den Hochschulen intensivieren. Diese Zusammenarbeit ist hervorragend.

Herr Dobritz, ich habe mich natürlich genauso wie der Senator über Ihre Presseerklärung gefreut. Es ist schön, zu dem zu stehen, was bisher gemacht wurde, und wir stehlen uns auch dann nicht aus der Verantwortung, wenn es Schwierigkeiten gibt. Diese wird es geben, denn natürlich erzeugt dieses Projekt Widerstände. Belastungen entstehen für diejenigen, die im unmittelbaren Umfeld leben, wohnen und arbeiten. Ich freue mich, dass Sie, wenn diese Belastungen kommen, noch zu Ihren eigenen Entscheidungen stehen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: So sind wir!)

Herr Dobritz, sosehr ich diesen Aspekt der Presseerklärung begrüße, so halte ich doch in diesem Zusammenhang Ihre Erklärung zum Thema Ortsumgehung Finkenwerder für ziemlich unnütz.

Lieber Herr Dobritz! Wir kennen uns schon etwas länger, Sie wissen also: Das Thema Ortsumgehung Finkenwerder wird schon seit annähernd 30 Jahren diskutiert; es wurde verschleppt. Von wem ist es denn verschleppt worden?

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

(Senator Gunnar Uldall)

Die Verschleppung hat doch einen Namen. Dieser Name heißt Eugen Wagner; das ist doch in der Stadt allen bekannt.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Meine Damen und Herren! Die Verhältnisse sind nun, wie sie sind, es gibt keine Ortsumgehung Finkenwerder.

(Krista Sager GAL: Ja, warum denn nicht?)

Wir können aber auf der anderen Seite das Alte Land nicht mit Straßen zupflastern, das macht die FDP nicht mit.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und bei Christian Maaß GAL)

Deshalb haben wir im Koalitionsvertrag festgelegt, dass im Alten Land nur eine Trasse gebaut wird. Ich erwarte, dass diese Bedingung des Koalitionsvertrages eingehalten wird, auch wenn es darüber zum Streit kommen sollte.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das ist mein ganz persönliches Anliegen.

Wo immer die A 26 verläuft, sie wird die Entlastung für Finkenwerder bringen. Diesem kann man auch nachhelfen, indem man den Ortsteil Finkenwerder für den Schwerlastverkehr sperrt. Dann müssen alle die Umgehung, also die A 26, benutzen,

(Barbara Duden SPD: Die gibt es doch gar nicht!)

sodass es auch die Entlastung für die Finkenwerder Bürger geben wird.

(Auf der oberen Zuhörertribüne wird ein Transpa- rent entrollt. – Glocke)

Ich bin am Ende, Herr Präsident. – Vielen Dank.

Ich möchte die Damen und Herren auf der Tribüne bitten, ihr Transparent sofort wieder einzupacken. Sonst muss ich Sie gewaltsam entfernen lassen.

Meine Damen und Herren! Ich komme zu den Tagesordnungspunkten 3 und 4. Mir liegen nach Auszählen der Stimmen die Wahlergebnisse vor.

Zur Wahl von acht ehrenamtlichen Mitgliedern und deren Vertreterinnen oder Vertretern der Kommission für Bodenordnung kann ich Ihnen mitteilen, dass alle vorgeschlagenen Personen gewählt worden sind. Ich gehe von Ihrem Einverständnis aus, dass die umfangreichen Wahlergebnisse im Einzelnen zu Protokoll gegeben werden.

Das Gleiche gilt für den Tagesordnungspunkt 4: Wahl von drei Mitgliedern für den Vergaberat der Norddeutschen Stiftung für Umwelt und Entwicklung. Es haben alle vorgeschlagenen Personen die benötigten Stimmen erhalten und sind somit gewählt worden. Auch hier gehe ich von Ihrem Einverständnis aus, dass die Ergebnisse im Einzelnen zu Protokoll gegeben werden.

Wir fahren jetzt mit der Debatte fort. Das Wort für fünf Minuten hat der Abgeordnete Dobritz.

Ergebnisse siehe Seiten 375 und 376.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie bestimmen die Redezeit von SPD-Abgeordneten nicht.

(Beifall bei Anja Hajduk GAL)

Es ist ein Wunsch der Fraktion, dass ich eine gewisse Länge nicht überziehe, was ich kaum schaffen werde. Aber ich werde mir Mühe geben.

(Thomas Böwer SPD: Von daher war das ein wich- tiger Hinweis!)

Herr Senator Uldall! Es freut uns Sozialdemokraten: Sie sind in dieser Frage angekommen. Wer sich Ihre Wortbeiträge aus den Jahren 1976 und 1977 vor Augen hält, als Sie Abgeordneter der Hamburgischen Bürgerschaft waren und sich vehement gegen das Engagement Hamburgs bei MBB stemmten, wo sozusagen die Urzelle des Aufbruchs auf Finkenwerder lag, der hätte nicht gedacht, dass Sie das schaffen. Aber Sie sind ein lernfähiger Mann und heute angekommen. Ihre Position wird geteilt und wir bedanken uns dafür bei Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte kurz zum Begriff Gemeinnützigkeit Stellung nehmen, weil sich dies natürlich auf den ersten Blick schwer erschließen lässt. Der Begriff Gemeinwohl wäre hier richtiger, denn denken wir an die Gemeinnützigkeit, denken wir immer an die Abgabenordnung im Steuerrecht. Dort wird ein als gemeinnützig anerkannter Verein nach Paragraph sowieso geführt, der keine Steuern mehr zahlen muss. Ich wollte nur vorbeugen, dass das nicht gemeint ist. Wir gehen weiterhin davon aus, dass an diesem Standort alle Unternehmen Steuern zahlen.

Worum geht es hier? Es geht in mehreren Urteilen um die Aussage des Bundesverfassungsgerichts, dass es auch möglich ist, dass ein privatnützig tätiges oder privatrechtlich organisiertes Unternehmen über den Unternehmenszweck selbst oder über die mittelbaren Folgen einen sehr hohen Beitrag zum Gemeinwohl leisten kann. Damit sind wir beim Grundgesetz angelangt.

Das Bundesverfassungsgericht sagt, ob Gemeinwohlinteresse vorliegt, hat der Gesetzgeber durch Gesetz zu bestimmen und nicht die entsprechende Regierung durch eine einfache Verordnung. Deshalb liegt dieses Gesetz jetzt auch vor. Es ist völlig unstrittig, Frau Pauly, dass dieses Gesetz dem Ziel dient, den weiteren Planungsverlauf des Projektes zusätzlich mit abzusichern. Hier wird auch nicht drum herum geredet. Den Vorwurf von Herrn Rumpf, den ich heute in der „Welt“ lesen konnte, dass alles ordnungsrechtlich ganz schlimm sei, kann ich darum nicht nachvollziehen.

(Ingrid Cords SPD: Der hat ja auch gar keine Ah- nung!)

Denn im Zuge der deutschen Einheit sind zum Beispiel sämtliche Projekte – von der A 20 bis zum Transrapid –

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Das sollten Sie besser nicht erwähnen!)

auf eine eigenständige gesetzliche Grundlage gestellt worden mit dem Ziel, den Planungsablauf aufgrund des hohen Gemeinwohlinteresses besser umsetzen zu können.

Frau Pauly, Ihren Hinweis, dass Airbus selbst ein blendendes Beispiel für aktive Mittelstandsförderungspolitik ist, teile ich außerordentlich.

(Beifall bei Wolf-Dieter Scheurell SPD)

(Rose-Felicitas Pauly FDP)