Protocol of the Session on February 20, 2002

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Die Schule wurde stattdessen mit belegten Brötchen beliefert und inzwischen liegt dort auch die Genehmigung des Arbeitsamtes vor, dass die ABM-Beschäftigten aus dem Küchenprojekt den Brötchentransport durchführen können. Sagen Sie mal, was haben wir für eine Form von Berichterstattung in dieser Stadt?

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Stellen Sie sich bitte den Tatsachen und hören Sie auf, der Öffentlichkeit durch Ihre Äußerungen vermitteln zu wollen, der Senat würde eine soziale Kahlschlagpolitik betreiben.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Ich komme zurück zu meinem Haus und den Frauenprojekten. Es wird Kürzungen geben, wobei – und das habe ich immer gesagt – Präventions-, Beratungs- und Hilfsangebote für Mädchen und Frauen, die Opfer von sexueller Gewalt geworden sind, erhalten bleiben. Aber auch hier müssen wir zu Synergieeffekten kommen. Die Frauenhäuser werden weiter unterstützt. Hier wird lediglich auf die vom Vorgängersenat geplante Erhöhung von 100000 Euro verzichtet. Das Vorjahresniveau von 2436000 Euro bleibt erhalten und auch das ist kein Kahlschlag.

Im Bereich der Frauenprojekte soll mit Wirkung ab 2003 die Hälfte der Haushaltsmittel zur Förderung ihrer dann sicherlich reduzierten Arbeit erhalten bleiben. Das ist immer noch mehr, als in vielen anderen Städten in diesem Bereich je getan worden ist.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Deswegen würde mir eine Menge daran liegen, wenn sich Ihr hoffentlich ehrliches frauenpolitisches Engagement, das sich zurzeit gegen mich und meine Entscheidungen richtet, künftig verstärkt um die Besserstellung von Frauen im Berufsleben und auf die Vereinbarkeit von Familienund Erwerbsarbeit richtet.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Dr. Andrea Hilgers SPD: Das klären wir selber ab!)

Hier gibt es nämlich noch eine ganze Menge zu tun. Die Förderung der Familie – das will ich in diesem Zusammenhang vielleicht ganz altmodisch sagen und dazu stehe ich dann auch von Herzen gerne – will ich in den Fokus der Maßnahmen rücken. Eigentlich sollten Sie das begrüßen, denn die von Ihrer Partei getragene Bundesregierung hat das Thema – wenn ich nicht ganz falsch informiert bin – gerade für sich entdeckt. Denen werfen Sie eigenartigerweise nicht den Rückschritt in die Fünfzigerjahre vor.

(Beifall bei der CDU und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive – Glocke)

Frau Senatorin, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber gerne!

Frau Senatorin, ist es denn richtig, dass Sie die Familie nur als die komplette Familie verstehen? Das heißt, den Vater, die Mutter und die Kinder?

(Hartmut Engels CDU: Das ist eine typische Fünf- zigerjahre-Frage!)

Frau Dr. Stöckl, zu einer Familie gehört in der Regel ein Vater, ohne den es vermutlich keine Kinder gäbe, und eine Mutter, ohne die es auch keine Kinder gibt, sowie die Kinder. Ob die beiden sich nun vor dem Standesamt verbanden oder in sonst einer Form, darüber hat der Staat gar nicht viel mitzureden. Das ist die Entscheidung eines jeden Einzelnen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Die Frage, die Sie an der Stelle stellen müssten, ist die Frage an den Staat, woran er ein Interesse hat. Dazu sage ich noch einmal, dass der Staat ein hohes Interesse an einer verbindlichen Gemeinsamkeit von zwei Partnern hat; je verbindlicher desto schöner für den Staat.

(Beifall bei der CDU und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive und der FDP)

Alles andere, Frau Dr. Stöckl, ist immerhin Privatsache. Ich glaube, wenn Sie heute in der Tat meinen, es sei altmodisch, Familie zu sein oder zu haben, dann haben Sie den Zug der Zeit überhaupt nicht erkannt.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Fazit ziehen. Ich empfehle Ihnen wirklich sehr, ruhig Blut zu bewahren. Noch sind wir im Dialog mit den Trägern. Wenn Konkretisierungen feststehen – und irgendwer hat heute hier schon wieder unglaubliche Namen genannt – , dann wird dieses Haus auf dem gebotenen Wege davon erfahren.

(Dr. Dorothee Freudenberg GAL und Dirk Kien- scherf SPD: Wann denn?)

Bis dahin gilt die Devise – jetzt können Sie zuhören, denn ich zitiere – des SPD-Generalsekretärs Müntefering, der am Montag in der „Berliner Morgenpost“ vor dem Hintergrund der Einsparungen, die auch vom Bund von uns gefordert werden, gesagt hat:

„Wir sollen nicht schon heute ins Detail gehen und losspekulieren.“

Er meinte damit die Sparpläne des Finanzministers. Also spekulieren auch Sie hier nicht, sondern halten Sie sich an die Tatsachen. – Vielen Dank.

(Langanhaltender Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Meine Damen und Herren, Frau Senatorin, auch ohne die Zwischenfrage hat der Senat hiermit reichlich mehr als doppelt so viel Redezeit gehabt, als den Abgeordneten nach der Geschäftsordnung zur Verfügung steht.

(Senatorin Birgit Schnieber-Jastram)

Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kollege Scheurell, für Ihre Bemerkung gegenüber dem Abgeordneten Herrn Woestmeyer rufe ich Sie nachträglich zur Ordnung.

(Beifall bei der CDU und der Partei Rechtsstaat- licher Offensive)

Das Wort hat Frau Ernst.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Darf ich mich bei Ihnen entschuldigen, Herr Woestmeyer! – Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich eine Bemerkung zum Kollegen Woestmeyer machen. Wir begrüßen es sehr, wenn Männer hier zu gleichstellungspolitischen Fragen debattieren. Wir hatten nur den Eindruck, dass Sie ein wenig aus der Not eine Tugend machen. Ich denke aber, dass selbstverständlich zu diesen Themen auch männliche Beiträge erwünscht sind, wenn sie denn der Sache gerecht werden.

Sie haben bei Ihrem Einleitungsbeitrag ziemlich viel drumherum geredet, bis Sie zur Sache gekommen sind. Ich will einmal etwas zur Sache sagen. Die Kürzungen, die Sie im Frauenbereich vornehmen, sind sehr massiv. Alles Gerede von „nichts stünde fest“ halte ich für ein Ablenkungsmanöver, was mit den realen Aktivitäten Ihres Hauses, Frau Senatorin Schnieber-Jastram, überhaupt nicht übereinstimmt. Auch Sie gehen mit einem Haushalt

(Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vor- sitz.)

in die Haushaltsberatungen, bei dem die Neuverschuldung ausgeweitet wird. Um bei den Fakten zu bleiben, muss man einfach sagen, dass es der SPD und den Grünen in den letzten Jahren trotz erheblicher Anstrengungen im Konsolidierungsbereich gelungen ist, in diesem Bereich nicht derartig zu sparen, wie Sie es tun, sondern wir haben uns vorgenommen, die soziale Infrastruktur für Frauen in der Stadt zu erhalten, und das ist uns gelungen.

Insofern, finde ich, sollten Sie sich nicht herausreden. Sie haben in Ihrem Haus intern die Devise herausgegeben, dass prioritär im Frauenbereich gespart werden soll. Das ist eine politische Entscheidung und keine, die sich aus Haushaltskonsolidierungszwängen ergibt, Frau Senatorin.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Etwas anderes ist noch sehr bemerkenswert. Die Frauenpolitik hat in den letzten Jahren einen hohen Konsens gehabt, der bis weit in die CDU hineinging. Wir haben in vielen Ausschussberatungen über viele Bereiche debattiert und die Fundamentalkritik, die Sie hier äußern, müssen Sie in den letzten Wochen erfunden haben oder Sie haben sie uns vorher verschwiegen. Die Mitarbeit von Frau Koop im Ausschuss war davon geprägt, in den letzten Jahren eine hohe Akzeptanz der Frauen- und Gleichstellungspolitik mitzutragen, und so hat sie hier auch argumentiert. Daher muss ich ganz deutlich sagen, dass Sie einen Konsens zerbrechen, der bisher bei den Frauenpolitikerinnen, aber auch darüber hinaus gegolten hat.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Frau Senatorin Schnieber-Jastram, Sie lenken ab. Sie wissen ganz genau, dass das Senatsamt für die Gleichstellung keine Zuwendungsempfänger betreut, sondern dass es sich um eine ministerielle Aufgabe handelt. Dass in dem

Bereich nicht so viel gekürzt wurde, ist bemerkenswert, aber es ist auch nur ein sehr kleiner Bereich der Frauenund Gleichstellungspolitik in Hamburg und das wissen Sie auch.

Die Frauenpolitik des Senats hat aber nicht nur hier Zustimmung bekommen, sondern auch von vielen Frauen in der Stadt. Es führt zu Irritationen, dass dieser Konsens, der vorhanden war, von Ihnen aufgebrochen wurde. Deshalb hat es heute einen offenen Brief gegeben, der dem Ersten Bürgermeister Ole von Beust überreicht wurde. Namhafte Frauen, und zwar aus allen gesellschaftlichen Bereichen, möchten nicht, dass diese massiven Kürzungen in dem Bereich stattfinden. Sie möchten, dass Frauen auch weiterhin Schutz vor Gewalt bekommen, dass Kinder, die sexuell missbraucht werden, eine Anlaufstelle finden und dass Frauen, die arbeitslos sind, eine angemessene Beratung bekommen.

(Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Das bekommen sie doch!)

Die massiven Kürzungen – und das sind keine Peanuts –, die Sie vornehmen wollen, würden weite Teile auch der Präventionsarbeit gefährden.

(Karen Koop CDU: Haben Sie eigentlich zugehört, was Frau Schnieber-Jastram gesagt hat?)

Ja, Frau Koop, zu Ihnen kann ich auch noch mal etwas sagen. In der Opposition haben Sie unsere Frauenpolitik etwas weichspülerisch unterstützt. Ich glaube, es liegt wahrscheinlich daran, dass es in Ihrer Fraktion niemanden so richtig interessiert hat. Aber jetzt, da Sie in der Regierung sind, merkt man, dass Sie sich mit Ihrer Position nicht durchsetzen können. Sie haben eben damit argumentiert, dass Sie kurz gehalten werden. Ich weiß nicht von wem, ob es die Koalitionäre oder vielleicht auch die Männer in Ihrer eigenen Fraktion sind, gegen die Sie sich nicht durchsetzen können.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Elke Thomas CDU: Das ist ja unglaublich, was Sie sagen! – Nor- bert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das ist ja männerfeindlich!)

Als Abgeordnete möchte ich Ihnen einen Spruch sagen, den ich immer sehr schätze, der lautet: Wenn man durch den Kakao gezogen wird, soll man ihn nicht auch noch selbst trinken. Darüber sollten Sie einmal nachdenken.