Ich hoffe, dass wir mit dieser Mär ein wenig aufhören; das verträgt sich nicht. Ich will nicht sagen, dass man keine Aufgabenkritik machen sollte, aber dies als eine grundsätzliche finanzpolitische Marschrichtung auszugeben, halte ich auf unserer Länderebene für verfehlt.
Ich komme zur Bewertung der vom Senat vorgelegten Finanzpolitik. Ich möchte dabei die fünf früheren Eckpunkte der CDU voranstellen.
Erster Eckpunkt: Sie haben gesagt – nicht vor mehreren Jahren, sondern Anfang September, als schon die MaiSteuerschätzung vorlag und die Konjunkturentwicklung abgesehen werden konnte –: Wir müssen endlich die Verschuldungsspirale stoppen. Sie schrauben aber jetzt im Haushalt 2001 und auch im Haushalt 2002 – über den wir heute reden – die Verschuldungsspirale auf das Maximale. In der Rede von Herrn Zuckerer ist auch schon angeklungen, dass es dazu durchaus Alternativen gibt.
Ich will nicht behaupten, dass die Steuerschätzungen nicht auch zu einer höheren Neuverschuldung einer rotgrünen Regierung geführt hätte, aber ich wage zu behaupten, dass dies nicht in diesem Ausmaß geschehen wäre. Diesen ersten Eckpunkt halten Sie bei weitem somit nicht ein.
Zweiter Eckpunkt: Sie haben gesagt, es dürfe keine weitere Kreditfinanzierung geben. Das heißt, auch der Vermögenshaushalt muss ausgeglichen werden. Sie weiten aber die Kredite in einem viel höheren Ausmaß aus. Das korrespondiert mit dem ersten Punkt.
Dritter Eckpunkt: Sie haben angekündigt, es gebe eine Verschlankung von Regierung und Behörden. Sie haben, wenn man einmal die Senatsriege anschaut, einen Senator eingespart und einen Staatsrat draufgelegt. Zur Zeit sind noch einige Staatsräte mehr im Amt, aber das lasse ich der Übergangssituation geschuldet sein; das ist in Ordnung.
Aber die Verkleinerung des Senats – das war für Sie immer ein netter Punkt – haben Sie also nicht angepackt und die Behörden haben Sie auch nicht verschlankt. Wir haben gerade gehört, dass Sie den Personalhaushalt selbstbewusst ausweiten. Sie erfüllen Ihr eigenes Versprechen wieder nicht.
Vierter Punkt: Sie haben immer davon gesprochen, dass Sie Vermögensumschichtungen durch Teilprivatisierungen vornehmen wollen und dass man natürlich mit diesen Veräußerungserlösen keine Haushaltslöcher im Betriebshaushalt stopfen dürfe, was Sie uns immer vorgeworfen haben.
Sie werden das jetzt selbst in Anspruch nehmen. Wir werden sehen, wofür Sie – um ein Beispiel zu nennen – die Flughafenanteile in Höhe von 33 Millionen Euro im Haushalt 2002 gebrauchen. Sie werden sie auch gebrauchen, um den Betriebshaushalt zu stopfen.
Das zur Entzauberung Ihrer Argumente, weil Sie uns immer vorgeworfen haben, dass es etwas Schlechtes sei, wenn man ein Betriebshaushaltsloch stopfen muss. Vielleicht ist es das prinzipiell, aber Sie müssen sich auch über die Alternativen Gedanken machen. Damit fangen Sie hoffentlich jetzt einmal an.
Fünfter Punkt: Sie wollten den Haushalt mit den Erlösen entlasten, die Sie mit dem Verkauf von Vermögen erzielen. Hier hat bei Ihnen auch ein großes Umdenken stattgefunden.
Insofern ist festzustellen, dass Sie die fünf Eckpunkte, die uns Herr Dr. Freytag im September mit Vehemenz vorgetragen hat, bei weitem nicht erfüllen. Sie haben sich grundsätzlich von diesen haushaltspolitischen Versprechungen verabschiedet.
Nun kann man auch sagen – die November-Steuerschätzung habe ich schon angesprochen –, dass es auch einen Grund dafür gab, dies zu tun.
Wir hatten vor vier Jahren unter Rotgrün auch eine schwierige November-Steuerschätzung zu verkraften. Damit will ich sagen, dass wir auch mit großen Ausfällen rechnen mussten, hatten aber ein wenig Glück mit den tatsächlichen Steuereinnahmen später. Es bleibt abzuwarten, wie dies in 2002 für Hamburg laufen wird.
Ich will zu einem weiteren Punkt mein Unverständnis zum Ausdruck bringen. Wenn jetzt gesagt wird – das wurde in der Presse so zitiert –, Ole von Beust hätte nach dem durchgeführten Kassensturz erkannt, dass das Geld doch nicht mit vollen Händen ausgegeben werden könne, dann ist das eine Erkenntnis, die für Ihre Seite neu ist. Für Rotgrün möchte ich in Anspruch nehmen, dass wir vor der Wahl nie davon gesprochen haben, man könne das Geld wieder mit vollen Händen ausgeben. Im Gegenteil: Wir haben vor allzu großen Wahlversprechungen gewarnt.
Insofern frage ich mich auch – darauf hat auch Herr Zuckerer hingewiesen –, welche Bedeutung es hat, dass wir über diese Schuldenlegende reden müssen. Hier besteht ein ganz anderer Zusammenhang.
Mich beschleicht der Eindruck, dass die Diskussion über die Schulden und den Kassensturz von 12 Milliarden zusätzlichen Euro von Ihnen so aufgeblasen wird, weil Sie ein Ablenkungsmanöver brauchen, um deutlich zu machen, dass Sie Ihre Wahlversprechen nicht halten können.
Wahr ist, dass keine neuen Zahlen vorliegen und keine Korrekturen vorgenommen werden, sondern dass sich der neue Finanzsenator entschieden hat, in seiner politischen Bewertung des Schuldenstandes diese Kredite in den so genannten Schattenhaushalten ins Bewusstsein zu rücken. Aber wahr ist auch, dass Sie bei dem Schuldenstand weit weniger Konsequenzen ziehen, als wir getan haben.
Um deutlich zu sagen: Auch Rotgrün hätte aufgrund der November-Steuerschätzung den Haushaltsplan ändern müssen. Das gebe ich gerne zu. Ich möchte aber darauf verweisen – um meinen Vorwurf etwas zu verdeutlichen –, dass wir Ihnen auch eine ganze Menge hinterlassen haben. Das empfand ich angesichts der Steuerreform der Bundesregierung als Pflicht, die Steuermindereinnahmen zum Teil sowieso erwarten ließen.
Wir haben Ihnen einen – wie gesagt – prall gefüllten Grundstock, eine allgemeine Rücklage für Steuermindereinnahmen, hinterlassen, die sich in einem Bereich von knapp 800 Millionen Euro bewegt. Man kann von weiteren Handlungsmöglichkeiten sprechen, die Sie aufgrund von Optionen für Vermögensmobilisierungen haben.
Das bedeutet, dass Sie die von Ihnen beabsichtigte Neuverschuldung des Haushalts 2001 keineswegs an die Höchstgrenze hätten treiben müssen. Sie rechnen im Grunde den Haushalt 2001 künstlich schlecht, weil Sie die Bilanz zum 31. Dezember gern als Abschluss von Rotgrün sähen. Das werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen, weil die Entscheidung, die Sie Anfang dieses Jahres treffen, nämlich die Neuverschuldung für 2001 hochzuschrauben, in Ihre Verantwortung fällt.
Des Weiteren ist wichtig zu sagen – das hat auch Herr Zuckerer ausgeführt –, was wir in den Haushaltsberatungen herausgefragt haben. Herr Dr. Freytag hatte hier noch im Dezember behauptet, es sei eine Meisterleistung, dass das von Ihnen aufgelegte Sonderinvestitionsprogramm ohne Neuverschuldung finanziert würde. Sie können das so hinstellen, aber ich möchte, dass Ihre Fraktion weiß, was Sie wirklich tun. Nämlich:
Sie nehmen die 50 Millionen Euro in 2001 als zusätzliche Neuverschuldung, obwohl man diese eigentlich zum frühestmöglichen Zeitpunkt herabsetzen sollte. Sie sparen sich die 50 Millionen Euro, um sie offiziell in der Statistik 2002 als nicht verschuldungsfinanziertes Sonderinvestitionsprogramm auszuweisen. Das ist nur ein Trick und finanzpolitisch nicht gut. Aber noch schlimmer ist: Sie legen sich die finanzpolitische Latte extra niedrig. Das lässt nichts Gutes erwarten. Die finanzpolitische Latte in dieser Stadt sollte man angesichts der drastischen Minderung der Steuereinnahmen lieber etwas höher legen. Deswegen empfinde ich es als Problem, dass Sie dieses Sonderinvestitionsprogramm für sich künstlich günstig finanzieren.
Als weiteren Punkt nenne ich die Optionen für die Vermögensmobilisierung. Hier möchte ich Herrn Zuckerer deutlich in Schutz nehmen.
Herr Tants, Sie offenbaren uns hier eine Lernleistung der CDU, dass man – wenn man die Mehrheit hat – über zukünftige Vermögensmobilisierungen nicht öffentlich zu viel reden und dies schon gar nicht ankündigen sollte. Das ist ein Lernschritt, den wir Ihnen als Opposition nicht vorwerfen, sondern den wir außerordentlich begrüßen.
(Beifall bei der GAL und bei Walter Zuckerer SPD – Dr. Michael Freytag CDU: Das haben wir vorher auch nie gemacht!)
Sie haben gerade Herrn Zuckerer angegriffen, nur weil er Ihnen vorgerechnet hat, dass Sie Optionen haben, die ausverhandelt sind. Sie könnten ja behaupten, dass Sie das Geld nicht brauchen, weil Sie im Geld schwimmen. Aber bei diesen von ihm angeführten Beispielen geht es eben nicht mehr um Verhandlungspositionen, sondern um Ihren finanziellen Spielraum. Den nutzen Sie jedoch im Moment in Richtung Hochtreiben der Neuverschuldung aus. Das muss zum Argument von Herrn Zuckerer ehrlichkeitshalber gesagt werden.
Frau Hajduk, stimmen Sie mir zu, dass der Finanzsenator in den letzten beiden Sitzungen des Haushaltsausschusses genau zu diesen Fragen Ausführungen gemacht hat? Er hat nämlich gesagt, dass man zwar sofort manche Dinge ziehen könne, aber der Auffassung ist, dass die Verträge, obwohl sie nicht so gut ausgehandelt wurden, vielleicht durch weitere Gespräche und Verhandlungen noch zu optimieren sind. Stimmen Sie mir zu, dass der Finanzsenator dieses im Haushaltsausschuss gesagt hat?
(Krista Sager GAL: So ein Schwachsinn! – Werner Dobritz SPD: Sie reden so kompliziert wie Herr Stoiber!)
Es ist gut, dass Sie das fragen, Herr Tants. Er hat es bei den Beispielen, die Herr Zuckerer genannt hat, ausdrücklich nicht getan. Sie wissen noch nicht, dass die HEW in mehreren Teilen verkauft wurden.
Herr Zuckerer hat sich ausdrücklich auf die Teile der HEW bezogen, die jenseits der 25,1 Prozent liegen. Herr Peiner hat sich im Haushaltsausschuss zu den 25,1 Prozent geäußert, weil ich danach gefragt habe. Denken Sie noch einmal darüber nach, was Herr Peiner im Haushaltsausschuss gesagt hat, aber akzeptieren Sie das Argument von Herrn Zuckerer, dass Ihnen die ausgehandelten Optionen zur Verfügung stehen.
Da ich schon zu den Themen Neuverschuldung und Sonderinvestitionsprogramm gesprochen habe, komme ich zu einem gravierenden Punkt, der die Richtungsentscheidung des Senats zum Haushalt 2002 deutlich macht.
Es ist mir geradezu unverständlich, Herr Peiner, dass Sie vor diesem Hause sagen, Sie würden die Ausgaben des Haushalts nicht steigern. Das ist nicht in Ordnung.
Die bereinigten Gesamtausgaben Ihres HaushaltsplanEntwurfs steigen gegenüber dem rotgrünen Entwurf um über 60 Millionen Euro. Der größte Teil entfällt auf Investitionen mit circa 55 Millionen Euro; knapp 10 Millionen Euro betreffen aber die bereinigten Betriebsausgaben. Das ist eine Richtungsentscheidung, die ich angesichts der zu erwartenden Steuermindereinnahmen für völlig verfehlt halte.
Das ist jenseits der neuen Politik, die Sie machen, denn Sie wollen ja 37 Millionen Euro komplett umschichten.
Wenn Sie im Betriebshaushalt zum Beispiel Spielraum haben wollten, dann wäre dieses durch das bei den Zinsausgaben abgesenkte Zinsniveau möglich gewesen. Das ergibt sich auch aus unserem Haushaltsplan-Entwurf. Hier handelt es sich aktuell um 14 Millionen Euro.
Wenn Sie Akzente setzen wollen und vielleicht 20 Millionen Euro bräuchten, hätten Sie diese auch unterhalb ihrer Ausweitungsschwelle gefunden. Deswegen kann ich es noch weniger verstehen, dass Sie das so machen.