Protocol of the Session on February 25, 2004

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 17/4254 an den Schulausschuss zu? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das Erste war die Mehrheit. Somit wird der Überweisung der Drucksache stattgegeben.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf, Drucksache 17/3959, Neufassung, Große Anfrage der SPD-Fraktion: Unhaltbare Situation bei der Schuldnerberatung, hier: Zeitraum von Antragstellung bis zur Kostenzusage.

[Große Anfrage der Fraktion der SPD: Unhaltbare Situation bei der Schuldnerberatung (VII) – hier: Zeitraum von der Antragstellung bis zur Kostenzusage (II) – Drucksache 17/3959 (Neufassung) –]

Wer wünscht das Wort? – Das Wort hat die Abgeordnete Frau Brinkmann.

Vielen Dank, Herr Präsident. Ich würde mich ganz besonders freuen, wenn Sie auch die Senatorin noch heranbitten würden, denn ich würde eigentlich gerne die Senatorin anwesend haben wollen.

(Beifall bei der SPD – Frank-Thorsten Schira CDU: Nun reden Sie mal los!)

„Der große Bedarf an Schuldner- und Insolvenzberatung hat uns gezeigt, dass diese Hilfe noch wirksamer und zügiger gestaltet werden muss, um möglichst vielen Bürgern auch künftig eine kompetente und schnelle Beratung zu sichern.“

Das sind die einführenden Worte der Sozialsenatorin in ihrer Broschüre „Schuldenfrei leben“ zur Insolvenzberatung.

(Beifall bei Doris Mandel SPD)

Würde sich die Senatorin doch bloß an ihre Worte erinnern und hätte sie das doch bei der Umstellung der Insolvenzberatung im Hinterkopf gehabt, dann hätten wir heute nicht diese skandalösen langen Wartezeiten in der Hamburger Schuldnerberatung.

(Beifall bei der SPD)

Weil Herr Schira, mein Nachredner, gleich erzählen wird, dass hier ein Umsteuern und eine Privatisierung der Schuldnerberatung nötig gewesen sei, und es eben ein wenig Zeit bräuchte, bis die Umstellung greife, will ich neben der Verdoppelung der Wartezeit auf den Bruch einer Zusage der Senatorin hinweisen.

(Rolf-Dieter Klooß SPD: Hört, hört!)

Es wäre schön, wenn sie das selber auch einmal hören würde.

(Ingo Egloff SPD: Jetzt ist sie da! – Barbara Duden SPD: Sie ist gekommen!)

Gut, sehr schön, Frau Schnieber-Jastram.

Ich will Sie noch einmal auf den Bruch Ihrer Zusage hinweisen. Es wurde von Ihnen ausdrücklich zugesagt, dass der Abbau der bezirklichen, der staatlichen Beratung erst parallel zum Aufbau und dem tatsächlichen Arbeitsbeginn der privaten Berater erfolgen sollte. Wie der Senat aber selbst auf meine Große Anfrage einräumen musste, wurden schon zuvor in allen Bezirken, bis auf den Bezirk Mitte, keine Neuanträge mehr angenommen. Diese Verweigerung von Neuanträgen in den Bezirken bei einer Wartezeit von über einem halben Jahr ist verantwortungslos.

(Beifall bei der SPD)

Die Sozialsenatorin betont jeden Tag neu und ausdrücklich: Wer unsere Hilfe braucht, bekommt sie auch. Das Thema Schuldnerberatung ist das Paradebeispiel dafür, dass Frau Schnieber-Jastram dieses Wort nicht hält

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

und somit Menschen in unserer Stadt die Hilfe verweigert, was übrigens hohe Folgekosten haben wird.

Wie sieht die Lage für verschuldete Haushalte in Hamburg nun heute aus? Über 2000 Menschen warten durchschnittlich länger als ein halbes Jahr auf eine Beratung.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Die können lieber an der Kasse warten!)

Betroffen sind eigentlich noch viel mehr Menschen, da es sich meistens um Familien mit Kindern handelt.

Zu der tatsächlichen Wartezeit von über sechs Monaten kommen aber mindestens noch drei bis vier Wochen hinzu, die für die Kostenklärung vorab benötigt werden. Erst dann geht es in die Beratung. In Wandsbek wartet man heute schon ein Jahr und in Harburg gehen wir auch in diese Richtung. Das ist Rechtsverweigerung, Frau Senatorin.

(Beifall bei der SPD)

Es bedeutet auch, dass aufgrund nicht stattfindender Beratung die einzelnen Schuldenfälle immer schwerwiegender und komplizierter werden, die spätere Beratung langwieriger wird und vielen Menschen der dauerhafte Abstieg in die Sozialhilfe droht.

Diese unhaltbare Situation ist der Nährboden für unseriöse gewerbliche Kreditvermittler und so genannte Schuldenregulierer. Laut Auskunft der Staatsanwaltschaft könne man auf eine deutliche Zunahme dieser Angebote schließen. Allerdings seien die meisten dieser Angebote unseriös und laut Oberstaatsanwalt ist es hier – Zitat –:

„… immer häufiger zu Ermittlungsverfahren und Verurteilungen gekommen.“

Neu ist, das selbst Träger, wie die Verbraucherzentrale und die Diakonie, öffentlich Alarm schlagen. Auf ihrer Pressekonferenz haben sie auf ihre stark ansteigenden Beratungszahlen hingewiesen. Waren die Wartelisten dort bisher relativ klein – vor gut einem Jahr hatte die Verbraucherzentrale 55 auf ihrer Warteliste, die Diakonie 300 –, so sind die Zahlen heute bei der Verbraucherzentrale auf 400 und bei der Diakonie sogar auf 800 angestiegen. Natürlich hat die Verbraucherzentrale auch auf die Gefahr der unseriösen Schuldnerberatungen hingewiesen.

Fazit: Wer wirklich Hilfe braucht, bekommt sie in Sachen Schuldnerberatung von dieser Senatorin und diesem Senat nachweislich nicht.

(Beifall bei der SPD)

Statt Hilfe für die Betroffenen und deren Familien zu leisten, versucht sich der Senat im vornehmen Schweigen. Frau Schnieber-Jastram genau nach der Methode von Beusts: Läuft etwas nicht, will ich damit nichts zu tun haben.

Frau Senatorin, die SPD-Fraktion fordert Sie auf: Kümmern Sie sich endlich persönlich um diesen Bereich, wenn schon die Koalitionsfraktionen kein Interesse haben.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Dorothee Freu- denberg GAL)

Ganz gleich, wie der Senat nach dem 29. Februar hier aussehen wird, die SPD-Fraktion wird an der Seite derer stehen, die viel zu lange auf eine Insolvenzberatung haben warten müssen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Dorothee Freu- denberg GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Schira.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Brinkmann, bei Ihnen fällt mir des Öfteren auf, dass Sie immer,

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Die Wahrheit sagen! ich will jetzt nicht sagen zetern, aber immer alles kritisie- ren, aber dabei nie … (Glocke)

Herr Abgeordneter, ich belege Sie mit einem Ordnungsruf.

Bei Ihnen fällt mir auf, Frau Brinkmann, dass Sie des Öfteren kritisieren, aber nicht einen konkreten Lösungsvorschlag in die Debatte bringen.

(Beifall bei Henning Tants CDU)

Vor knapp zwei Jahren haben wir uns hier schon einmal über das heute von Ihnen angemeldete Thema unterhalten. Ich verstehe ja, dass Sie gerade in diesen Tagen den Versuch machen, das, was der Senat an sinnvollen Veränderungen bewegt hat, nicht für gut zu halten, aber Sie sollten dann schon bei den Tatsachen bleiben. Der

Grundsatz unserer Sozialpolitik ist, dass demjenigen, der sich selbst nicht helfen kann, unsere Unterstützung sicher sein muss. Bei der Schuldner- und Insolvenzberatung heißt das, dass es unser Ziel sein muss, zügig und effektiv zu einer Bestandsaufnahme der Verbindlichkeiten des Schuldners zu kommen, um danach eine Einigung mit Gläubigern zu erreichen beziehungsweise einen gerichtlichen Tilgungsplan zu erarbeiten.

Der Senat hat im Herbst 2002 ein neues Konzept zur Weiterentwicklung der Schuldner- und Insolvenzberatung beschlossen, mit dem die Leistungsfähigkeit des Beratungsangebotes erhöht wurde.

(Petra Brinkmann SPD: Die Wartezeiten sind dop- pelt so lange! – Wolf-Dieter Scheurell SPD: Das verschlechtert sich!)

Nein, das finde ich nicht. Aber was Sie sagen, muss doch nicht wahr sein, Frau Brinkmann. Das glaube ich nicht.