Protocol of the Session on February 11, 2004

Das Wort bekommt die Abgeordnete Dr. Freudenberg.

Herr Schinnenburg, wir sind für eine Budgetierung schon deshalb, weil die Ausgaben im Gesundheitswesen nur so davongaloppieren.

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Wie kommt das?)

Das kommt daher, dass die Ärzte verschreiben und verschreiben. Wenn wir immer mehr Ärzte haben, wird auch immer mehr verschrieben.

Keiner widerspricht der Tatsache, dass in Deutschland die Hälfte der Röntgenaufnahmen überflüssig ist.

(Ekkehard Rumpf FDP: Sie wissen aber nicht, welche!)

Ein Drittel davon ist technisch so schlecht, dass man damit nichts anfangen kann. Darum bleibt uns nichts anderes übrig, als Budgetierungen zu akzeptieren. Hoffentlich werden wir dann in unserem Verordnungsverhalten rationaler.

(Beifall bei der GAL)

Der Abgeordnete Rutter bekommt das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zum Thema der Praxisgebühr insgesamt.

Ich halte es für einen absoluten Unsinn, eine Praxisgebühr in dieser Form einzuführen. Aber wenn es jetzt um das Hausarztmodell geht, dann ist es deswegen umso schlimmer: Wenn beispielsweise ich wegen eines alten Bandscheibenvorfalls Rückenschmerzen habe, der einmal operiert worden ist, dann gehe ich sofort zum Orthopäden und lasse mir dort eine Spritze geben. Wenn ich aber zuerst zu meinem Hausarzt gehe, muss sich dieser das erst einmal ansehen. Dann setze ich mich zwei Stunden in sein Wartezimmer und warte darauf, dass ich endlich an die Reihe komme. Er sieht sich das an und schreibt dann eine Überweisung für meinen Orthopäden. Das ist Unsinn.

(Vereinzelter Beifall bei der Partei Rechtsstaat- licher Offensive – Dr. Dorothee Freudenberg GAL: Machen Sie lieber Rückengymnastik!)

Oder aber mir wird von meinem Hautarzt über einen Patienten berichtet, der an ihn vom Hausarzt überwiesen wurde mit der Begründung, dass eine Gürtelrose vorläge, die bestrahlt werden müsse, damit eine Linderung eintrete. Mein Hautarzt untersucht ihn und stellt fest, dass der Patient an Syphilis im zweiten Stadium leidet. Das sind doch Dinge, die es nicht geben darf. Welchen Nutzen hat ein solches Hausarztmodell, wenn man einen definitiven Befund hat? So etwas kann doch wohl nicht sein.

Zum Wettbewerb der Krankenkassen. Die Praxisgebühr ist für die Krankenkassen. Worauf beschränkt sich denn dieser Wettbewerb? Er ist einfach nur dazu da, dass man sich über die Beiträge gegenseitig die Mitglieder abwirbt. Dafür sind die Mitgliedsbeiträge der Krankenkassen nicht gedacht, sondern sie sind dazu da, dass den Patienten geholfen wird. Wozu brauchen wir 350 gesetzliche Krankenkassen? Hier muss man den Hebel ansetzen, wenn man Kosten im Gesundheitswesen sparen will.

(Beifall bei Rolf Kruse CDU)

Wir sagen ganz klar: Weg mit der Praxisgebühr, sie ist eine verschleierte Mehreinnahme für die Krankenkassen. Wir sollten einen richtigen Wettbewerb einführen, damit die Menschen merken, dass man zum Wohle der Gesundheit der Patienten die Kosten im Griff behalten muss.

(Beifall bei Gerd Hardenberg Partei Rechtsstaatli- cher Offensive)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Zunächst lasse ich über den Überweisungsantrag an den Gesundheitsausschuss abstimmen. Wer möchte dem Überweisungsantrag zustimmen? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das Erstere war die Mehrheit. Damit ist der Antrag überwiesen.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, gebe ich Ihnen das Wahlergebnis bekannt.

Bei der Wahl einer oder eines Deputierten der Justizbehörde sind 94 Stimmzettel abgegeben worden, davon waren 93 gültig. Auf Herrn Herbort entfielen 40 Ja-Stimmen, 48 Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen. Damit ist Herr Herbort nicht gewählt. Wir werden für die nächste Sitzung erneut die Wahl einer oder eines Deputierten der Justizbehörde vorsehen.

Ich rufe sodann den Tagesordnungspunkt 56 auf, Drucksache 17/4118: Zwischenbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Transparenz, Rechtmäßigkeit und Sachdienlichkeit von Personalauswahl und Personalentscheidungen des von CDU, Partei Rechtsstaatlicher Offensive und FDP gestellten Senats, insbesondere Justizbehörde, seit Beginn der laufenden Legislaturperiode.

[Zwischenbericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Transparenz, Rechtmäßigkeit und Sachdienlichkeit von Personalauswahl und Personalentscheidungen des von CDU, Partei

A C

B D

Rechtsstaatlicher Offensive und FDP gestellten Senats, insbesondere Justizbehörde, seit Beginn der laufenden Legislaturperiode – Drucksache 17/4118 –]

Das Wort wird gewünscht. Der Abgeordnete Frank hat es.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um das Ergebnis gleich an den Anfang zu stellen: Herr Dr. Kusch, Sie haben als Justizsenator Ihrer Mitarbeiterin Frau Dreyer gegenüber rechtswidrig gehandelt, Sie haben im Fall Städtler einen juristisch zweifelhaften Sonderarbeitsvertrag zu verantworten und Sie tragen auch die politische Verantwortung für die rechtswidrig erfolgten Zuwendungen an Herrn Städtler, und zwar in erheblicher Höhe,

(Vizepräsident Peter Paul Müller übernimmt den Vorsitz.)

die im Übrigen vom Hamburger Steuerzahler gezahlt worden sind. Ein Justizsenator, Herr Dr. Kusch, dem im Umgang mit einer Mitarbeiterin Rechtswidrigkeit nachgewiesen wird, hat sich disqualifiziert.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Ein Justizsenator, der an diesen Stellen der Amts- und Personalführung versagt, muss daraus Konsequenzen ziehen und den Senat verlassen.

(Michael Neumann SPD: Wo ist der Bürgermeis- ter? – Beifall bei der SPD und der GAL)

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, glauben, Sie könnten sachlich fundierte Berichtsteile der Arbeitsstabjuristen vor den Augen der Hamburger Öffentlichkeit juristisch einfach umbiegen, Herr Lüdemann,

(Frank-Thorsten Schira CDU: Da sind Sie ja Fachmann!)

dann dürfen Sie sich nicht wundern, dass dieses durchsichtige Spiel auf die Bürgerinnen und Bürger abschreckend wirkt und Sie am 29. Februar auch dafür die politische Quittung erhalten werden.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Der NDR hat Ihnen das in einem Kommentar sehr deutlich gesagt. Ich darf einmal zitieren:

"Beim Bürger wird sich angesichts dieses Verhaltens wieder einmal der ungute Eindruck verfestigen, dass die Politiker sich die Fakten und das Recht so lange hinbiegen, bis es für sie passt."

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Hört, hört! Unerhört!)

Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie haben die Wahrheit auf den Kopf gestellt. So ist es und das wird Ihnen ganz schlecht bekommen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Entscheidend ist der sehr fundierte Bericht des Arbeitsstabes. Dieser bestätigt unsere Vermutung, dass die von Herrn Kusch nachweislich betriebene Umsetzung von Frau Dreyer in die Untersuchungshaftanstalt rechtswidrig war. Herr Dr. Kusch, diese von Ihnen veranlasste Umsetzung verstieß gegen die Frau Dreyer nachweislich gegebene Zusage, die Leitung der Nesselstraße zu übernehmen. Selbst ihr Amtsleiter redete von einer quasi amtlichen Bekanntmachung und Sie wollen der Welt und den Juristen des Arbeitsstabes nun weismachen, dass das

anders zu bewerten ist? Das glaubt doch kein vernünftiger Mensch hier in Hamburg und es ist doch ohne Beispiel in dieser Stadt, dass ein Arbeitsstab einen Justizsenator in das Stammbuch schreiben muss, dass – ich zitiere:

"verkappte Straf- oder Disziplinarmaßnahmen, persönliche Animositäten oder andere unsachliche Motive niemals eine Umsetzung begründen können".

An dieser Stelle, Herr Dr. Kusch, nimmt man seinen Hut und geht mit Anstand, was denn sonst.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Herr Dr. Kusch, Sie haben mit Frau Dreyer ein Telefonat geführt. Weil es so widerwärtig ist, gebe ich es verkürzt wieder. Ich zitiere:

"Haben Sie gequatscht? Wie kommen Sie dazu zu quatschen? Kein Grund, in die Gegend rumzuquatschen. Wenn Sie in Ihrer Anstalt rumquatschen. Ich habe schon mal mit Ihnen über Ihr Gequatsche gesprochen. Allerletzte Verwarnung, noch mal so ein Gequatsche und Ihre Tage im Hamburger Strafvollzug sind gezählt."

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Waren Sie dabei?)

Starker Tobak. Das war mindestens ein Teil eines relativ kurzen Telefonats. Herr Dr. Kusch, das ist eines Senators wirklich unwürdig.