Protocol of the Session on January 28, 2004

[Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache: 17/3456: Gründung einer Marketing/ Wachsende Stadt GmbH Haushaltsplan 2003: Nachbewilligung gemäß § 33 LHO Haushaltsplan-Entwurf 2004: Ergänzung gemäß § 32 LHO (Senatsvorlage) – Drucksache 17/3622 –)

Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Maier.

Danke schön, Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Der Senat hat uns in dieser auslaufenden Legislaturperiode noch eine Drucksache vorgelegt mit dem Titel: Hamburg Marketing/Wachsende Stadt GmbH.

Nun ist es uns inzwischen allen gegenwärtig und im Kopf, dass das politische Logo dieses gerade gescheiterten Senats lautet: „Metropole Hamburg – Wachsende Stadt“. Das ist nicht etwa das Logo der Stadt, sondern das Logo dieses Senats, mit dem er …

(Bernd Reinert CDU: Der für diese Stadt steht!)

Dann darf ich doch sagen, dass es dieser Senat ist, der sein politisches Logo zum Namen dieser Gesellschaft gemacht hat. Das geht aber noch ein bisschen weiter.

Fragt man nach den Aufgaben dieser Gesellschaft und schaut in die Drucksache, so hat sie die Aufgaben, „die Idee der ‚Wachsenden Stadt’ in den Köpfen und Herzen der Menschen zu verankern“. Jetzt frage ich mich: Wo ist der Unterschied zwischen dieser Beschreibung und Regierungspropaganda? Das ist einfach die Beschreibung einer Aufgabe, dass die Gesellschaft dieses Logo, die Idee der „Wachsenden Stadt“, das Logo dieses gescheiterten Senats, in den Köpfen und Herzen der Menschen verankern soll. Das bekommen wir als bürgerschaftliche Drucksache vorgelegt. Das ist richtig dreist.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Noch dreister ist ein weiterer Punkt. In dieser Drucksache wird uns die Struktur dieser Gesellschaft dargelegt, die so aussehen soll: Es fließen jedes Jahr 5 Millionen Euro Steuern hinein. 800 000 Euro sollen für Betriebsmittel aufgebracht werden. Zu Beginn werden von der Stadt sieben Achtel, also 700 000 Euro, und von der Handelskammer 100 000 Euro aufgebracht. Am Ende wächst der Beitrag der Handelskammer dann auf 240 000 Euro. Das ist in etwa die Größenordnung, die die Bezahlung des Geschäftsführers kostet; dieser kommt dann auch gleich aus der Handelskammer.

Ansonsten haben wir hier den Fall, dass eine bestimmte Institution in dieser Stadt einen unmittelbaren Einfluss auf die Verausgabung von Steuergeldern in der Größenordnung von jährlich 5 Millionen Euro bekommt, um das Bild aller Hamburger zu prägen, und zwar so zu prägen, wie dies in dem Senatslogo ausgefüllt ist. Das ist ein Rückfall – das habe ich auch einmal öffentlich so genannt – in eine Hamburg-Vorstellung, in der es zwei Klassen von Hamburgern gibt. Zum einen die, die etwas zu sagen haben, und zum anderen die, die nichts zu sagen haben und rechtlich in einen zweiten Rang gebracht werden. Wer sind diese anderen?

(Zuruf)

Nein, nein, das ist nicht einfach diese Seite des Hauses. Diejenigen, die was zu sagen haben, werden ja beschrieben.

Es wird gesagt, im Aufsichtsrat wird es so sein, dass der Senat zwei Drittel und die Handelskammer ein Drittel der Sitze haben und der Geschäftsführer auch von der Handelskammer kommt. Dann wird beschrieben, was die anderen in der Stadt machen dürfen. Die sitzen in einem Beirat. Diese anderen sind: Alle „gesellschaftlichen Kräfte aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Kirchen, Kultur, Hochschulen, Sport, Umwelt- und Naturschutzverbänden, Wohlfahrtsverbänden und Medien in dieser Stadt.“ Das ist sozusagen der Rest. Und was darf dieser Rest im Unterschied zur Handelskammer? – Der darf unter Vorsitz des Ersten Bürgermeisters tagen und über Ziel- und Umsetzungsstrategien diskutieren. Der Rest darf diskutieren, die Handelskammer darf entscheiden. Das ist der Verfassungszustand von vor 1919.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich finde, das ist eigentlich noch dreister. Das ist erkennbar ein aus dem Hinterhaus bestelltes Projekt, dem das Vorderhaus, das Rathaus, sponseringmäßig gefällig ist, denn hier ist es jetzt mal nicht so, dass die Privaten ein öffentliches Interesse sponsern, sondern hier ist eine Idee drüben geboren und es werden öffentliche Mittel bereitgestellt, um die drüben geborene Idee zu sponsern und durchführen zu lassen.

Wenn man sich dann einmal die Gesamtmittel anschaut, die in der Drucksache angeführt sind, die der Hamburger Senat für Öffentlichkeitswerbung ausgibt, so beläuft sich die Summe auf 9,3 Millionen Euro. 8,5 Millionen Euro davon werden wieder eingespielt – so steht das zumindest in der Drucksache – durch die Flughafen Hamburg GmbH als deren Einnahmen, also im Großen und Ganzen ist das gedeckt. Jetzt sollen zusätzlich 5 Millionen Euro in die Hand genommen werden für diesen Zweck, Regierungspropaganda mit dem Rückenwind durch die Handelskammer. Dazu sagt der Vorsitzende der Hamburgischen Tourismus AG und ehemalige FDPSenator Rahlfs mit Recht, das sei Unsinn. Das sei Un

sinn, sagt er ausweislich der „Bild“-Zeitung vom 23. Januar 2004. Seine Gesellschaft ist mit Zuschüssen in der Größenordnung von 3 Millionen Euro gefüttert. Hier werden 5 Millionen Euro bereitgestellt und es wird installiert, dass eine kleine Gruppe innerhalb der Stadt, nämlich die zwangsgesellschaftlich organisierte Unternehmerschaft der Stadt, einen privilegierten Zugriff auf die Verausgabung öffentlicher Mittel hat. Das kann man als Bürgerschaft nicht machen, erst recht kann man das als Senat in der Situation nicht vorschlagen, wo man gerade grandios gescheitert ist. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Dobritz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Normalerweise sagt man in der Werbung und im Marketing: Tue Gutes und rede darüber. Der Senat hat in den letzten Jahren mehr nach dem Motto gehandelt: Mache Mist und rede darüber.

(Beifall bei der SPD und bei Christian Maaß GAL)

Bei unserem letzten Besuch bei der Handelskammer hatten wir den Eindruck, dass die dort den Eindruck hatten, dass man mit diesem Motto in der Tat Meinungsumfragen zwar beeinflussen kann, aber ihre Mitgliedsunternehmen national und international keine guten Geschäfte mehr machen können. Deshalb ist man der Meinung, es müsste eine neue Dachmarke her. Von der Grundidee finde ich es richtig.

Aber – was Wunder – was passiert? CDU/FDP-Senat und Handelskammer gründen am Ende dieser Legislaturperiode ein neues öffentliches Unternehmen. Hamburg hält 70 Prozent der Anteile. Es sind die Gleichen, die von der Staatsoper bis zu den Krankenhäusern sonst alles verhökern wollen, nicht staatsfern, sondern staatsnah und das alles mit der FDP.

In den nächsten drei Jahren sollen 17,4 Millionen Euro insgesamt fließen, 2,4 Millionen Euro für OverheadKosten, Geschäftsführer et cetera. Dies sind fast 15 Prozent, mehr als jede in diesen Tagen so gescholtene Krankenkasse an Verwaltungskosten hat. Auf städtischer Seite soll sich fast der gesamte Senat im Aufsichtsrat tummeln, Vorsitzender natürlich der Erste Bürgermeister. Aber auch unser Finanzsenator, der doch schon bei „Olympia für Hamburg 2012 Spiele GmbH“ das Controlling so glänzend geleitet hat, will dabei sein und dann natürlich unser Kleinster, Wirtschaftssenator Gunnar Uldall, hat ja auch wieder Zeit, wo er doch in so wichtigen Infrastrukturunternehmen wie dem Flughafen und der HHLA gerade sein Aufsichtsratsmandat abgegeben hat. Und zu guter Letzt die hochdotierte Stelle eines Geschäftsführers braucht nicht ausgeschrieben zu werden. Ich zitiere:

„Der Bürgermeister hat mich gefragt, ob ich mir vorstellen kann, die Aufgaben zu übernehmen“

so Dr. Wenzler, persönlicher Referent des Handelskammer-Geschäftsführers, Professor Schmidt-Trenz, in Hamburger Tageszeitungen.

Meine Damen und Herren, Sie merken, an diesem Marketing-Konzept ist nichts rund, sondern alles nur Murks.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Aber was berichtete uns der – ich darf ihn mal so geschätzt nennen – „rasende Reporter Jens MeyerWellmann“ am 2. Oktober – das ist also zwei Jahre nach Regierungsübernahme – im „Hamburger Abendblatt“ – ich zitiere:

„… soll die GmbH das bisher teilweise wenig konkrete Konzept der ‚Wachsenden Stadt’ mit Leben füllen.“

Und Schmidt-Trenz sagt, die Wirtschaft erwarte, dass nun alles:

„… zügig in konkreten Schritten umgesetzt werde. Es dürfe nicht bei ‚Werbesprüchen’ bleiben.“

Der Erfinder des Begriffs „Wachsende Stadt“, Finanzsenator Wolfgang Peiner, fordert:

„… endlich an die Umsetzung zu gehen. Sonst entstehe der Eindruck, es handele sich nur um eine Floskel.“

Dann kommt zu guter Letzt „Nobbi“ Frühauf – und in dem Punkt bin ich mal endlich mit ihm zufrieden – und meldet Diskussionsbedarf an:

„Zu überlegen sei aber, ob man Kosten sparen könne, indem die bereits bestehenden Marketinggesellschaften enger kooperieren. Davon“

so „Nobbi“ Frühauf –

„gibt es bereits fünf: die Wirtschaftsförderung, die Gesellschaft für Hafen und Standortentwicklung, die Hamburg Messe, die Hamburg Tourismus und die Flughafen GmbH. Jede dieser Gesellschaften hat einen gut dotierten Geschäftsführer.“

„Nobbi“ Frühauf hat Sonderapplaus verdient, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Also, was bleibt? Die Begründung ist spärlich. In der Drucksache findet überhaupt keine Schwachstellenanalyse statt, kein Konzept, keine konkreten Ziele. Meine Damen und Herren, ich nehme Ihnen ein bisschen der Anlaufkosten gleich ab. Eine neue Gesellschaft braucht immer ein Logo. Beim NDR war es das Maskottchen „Walrossdame Antje“. Ich würde für diese Marketinggesellschaft das Logo „Barney“ empfehlen. Mein Prototyp von Barney ist ungefähr so: Barney kommt im sportlichdynamischen Trainingsanzug daher, entworfen von dem international bekannten Designer Colani. Der Trainingsanzug ist nicht marineblau, sondern schwarzgrau. Auf seinen 14 Zentimeter langen Locken – er hat noch welche – trägt Barney ein achteckiges Mützchen, unter dem Anzug ein Turnhemd mit Hamburg-Wappen. Das Entscheidende bei Barney, sozusagen der Clou, ist, Barney ist ja engagiert und ist mit einem GPS-Satelliten ausgestattet, er kann sprechen und berichtet Messebesuchern und Touristen, unabhängig von ihrem jeweiligen Standort, per Voice-Message über Sehenswürdigkeiten, Museen und Musicals. Er berichtet auch über Bars und Restaurants, selbst solche, in denen man Tomatensuppe mit Bananen essen kann. Das ist bekanntermaßen das Lieblingsessen unseres Ersten Bürgermeisters. Ich finde, meine Damen und Herren, Barney sollte sofort in Serie gehen. Wenn Sie das machen, ersparen Sie sich viele Kosten.

Meine Damen und Herren! Die ganze Konstruktion dieser Marketing GmbH ist nicht nur Murks, sondern in ihr ist auch der Wurm drin. Deshalb heißt es nach der Wahl: Die

Idee ist gut, aber die Konstruktion muss geändert werden. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Mattner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Moderne Metropolen brauchen ein modernes Marketing. Hamburgs Ruf war lange nur noch Schall und Rauch und zerrte an den Pfründen der Vergangenheit. Hamburg, das Tor zur Welt. Neuere Impulse hat es nicht gegeben. Um es pointiert zu sagen: Hamburg dümpelte an der Grenze der Provinzialität

(Ingo Egloff SPD: Jetzt sind Sie über die Grenze rüber!)

und damit kommen wir zu den Ausführungen der Opposition. Wenn man Ihren Ausführungen folgt, müsste sich Hamburg in ein Loch verkriechen und darauf warten, dass es wie Dornröschen wachgeküsst wird.

(Beifall bei der CDU)