Protocol of the Session on October 29, 2003

Das Wort hat der Abgeordnete Weinberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erneut haben wir heute die Gelegenheit, wieder über das Kita-Gutscheinsystem zu debattieren,

(Petra Brinkmann SPD: Es wird immer schlimmer!)

wobei ich natürlich auch sagen muss, damit komme ich gleich auf das von Herrn Böwer Dargestellte, dass die erneute Berichterstattung auch bei uns sicherlich zu großen Irritationen geführt hat. Wir werden in den nächsten Tagen darauf drängen, dass die Zahlen, die Herr Böwer alle schon im Voraus kennt, bevor sie verifiziert sind, in nächster Zeit von der Behörde in den Gremien der Bürgerschaft und auch im Jugendausschuss dargestellt werden. Wir werden dann diese Zahlen, wenn sie auf dem Tisch liegen, besprechen und gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern in die Debatte eintreten, wie wir diese Zahlen bewerten und was wir machen müssen. Wir haben die Schwierigkeiten der Vergangenheit gemeinsam gemeistert und wir werden auch die Schwierigkeiten der Zukunft gemeinsam meistern.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das ist eine Drohung!)

Wir lassen uns von Ihnen, Herr Böwer, nicht vom Weg abbringen. Das können Sie sich schon mal schenken.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Die jetzige Debatte hat ja die Große Anfrage als Basis. Leider hat sich Herr Böwer nicht konkret zur Großen Anfrage geäußert. Das möchte ich dann ganz gern mal tun. Es gab im Vorhinein die Prognose der Opposition, dass die Kindertagesbetreuung zusammenbrechen und alles wesentlich schlechter werden würde.

(Petra Brinkmann SPD: Ist es ja auch!)

Heute haben wir wieder einmal die Gelegenheit, auch das klarzustellen.

Kommen wir doch mal in den einzelnen Punkten zu dem Tatsächlichen. Tatsache ist, dass 6008 Kinder keinen Kita-Gutschein bekommen haben. Davon, und das ist besonders tragisch, sind ungefähr 3900 berufstätige Eltern betroffen. Das sind zwar nicht die von Ihnen von vor einem Jahr genannten Zahlen, denn ich höre noch Ihre Sätze: 18 000 werden keinen Platz haben,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

dann waren es 15 000, danach 12 000. So sind die jetzigen Zahlen natürlich nicht. Trotzdem sage ich auch ganz ehrlich, dass diese 6008 Kinder zu viel sind. Der entscheidende Unterschied ist nur der, dass wir durch das Kita-Gutscheinsystem die genaue Analyse haben, wie viele es sind.

(Lachen bei der SPD)

Und, liebe SPD, kommen wir doch mal zur Frage der Ursache und der Wirkung. Diese fehlenden Kita-Plätze sind doch weder bei Regierungsantritt des jetzigen Senators zustande gekommen noch am 1. August mit In-KraftTreten des Kita-Gutscheinsystems.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Oh ja!)

Diese fehlenden Plätze sind die Wirkung Ihrer Ursache, das heißt Ihrer verfehlten Kita-Politik der letzten Jahre.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Christa Goetsch GAL: Nun ist es aber langsam gut!)

Da halte ich es für besonders dreist, wenn man weiß, und das wissen Sie ganz genau, wie in der Vergangenheit die Kindertagesbetreuung systematisch geregelt wurde.

Wenn wir jetzt mit dem Kita-Gutscheinsystem Transparenz in das System bringen, auch mit der Folge, dass wir jetzt konkrete, aber für uns auch unbequeme Zahlen haben, war es in der Vergangenheit so, das kann keiner abstreiten, dass Sie mit Ihrem nicht transparenten, vernebelten und auch undurchschaubaren System es immer geschafft haben, konkrete Bedarfszahlen zu verschleiern. Sie haben jahrelang in dieser Stadt eine Verschleierungspolitik betrieben.

(Petra Brinkmann SPD: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Jeder weiß es doch, die Eltern in dieser Stadt haben teilweise neun, elf oder 13 Monate auf einen Kindertagesplatz gewartet. In Hamburg hatten noch nie alle Eltern, die arbeiten, einen Kita-Platz. Das wissen Sie ganz genau, Frau Dr. Hilgers.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Sie können sich das Mahnen sparen!)

Wenn Sie die Antwort bei der Großen Anfrage des Senates auch genau betrachten, werden Sie auch zur Kenntnis genommen haben, welche positiven Elemente neu eingestellt worden sind. Ein Beispiel wäre das Konzept zur Qualifizierung der Tagespflegeperson, aber auch die Modellprojekte „Deutsch in Kindertagesstätten“. Wir haben jetzt auch den Nachweis, dass alle Anträge der Priorität eins bis vier positiv beschieden worden sind

(Dr. Andrea Hilgers SPD: 19)

und im Übrigen auch bei der Priorität fünf alle Anträge für den Hortbereich.

Eines möchte ich für die CDU-Fraktion noch ganz klarstellen. Bei allen Schwierigkeiten, die hier zurzeit debattiert werden, die Bedeutung der Kindertagesbetreuung als Institution der vorschulischen Bildung ist von uns erkannt worden.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das tröstet!)

Die CDU-Fraktion sieht in dem quantitativen und qualitativen Ausbau der Kindertagesbetreuung eine der wesentlichen gesellschaftlichen Aufgaben der Zukunft, gerade unter dem Gesichtspunkt der PISA-Debatte und der Jugendkriminalität. Unter der Grundsatzdebatte über die sozialen Veränderungen unserer Gesellschaft bekommt die Kindertagesbetreuung eine fundamentale Zukunftsbedeutung.

(Petra Brinkmann SPD: Hoffentlich!)

Trotz aller momentanen Diskussionen und Schwierigkeiten werden wir hier die bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Bedeutung der Vorschule als Bildungsinstitution aufnehmen und in den nächsten Jahren umsetzen.

Mit dem Kita-Gutscheinsystem haben wir den Bereich der Kindertagesbetreuung zunächst einmal systemisch vom Kopf auf die Beine gestellt. Diesem ersten Paradigmenwechsel muss jetzt in Zukunft der nächste Paradigmenwechsel folgen, nämlich, so können wir sagen, die Betrachtung der Kindertagesbetreuung unter dem Gesichtspunkt der vorschulischen Bildung als Teil des Bildungssystems.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Die arme Schule!)

Die derzeitige Verschwendung von Ressourcen der frühkindlichen Entwicklung ist gesellschaftlich nicht mehr

tragbar. Wir werden und wir alle müssen Vorbedingungen schaffen, die Fähigkeiten, Möglichkeiten und Begabungen von Kindern früher und gezielter zu fördern. Das wird sicherlich die Perspektive der nächsten Jahre sein. Über diesen Prozess der Diskussion können wir sicherlich konstruktiv debattieren, nur dann, liebe Frau Dr. Hilgers, müssen Sie auch zu dem stehen, was Sie tatsächlich veranlassen.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Machen Sie erst einmal Ihre Hausaufgaben!)

Wenn ich mir wieder Ihre Broschüre – Ihre Broschüre, das sage ich verantwortlich im Sinne des Parteiengesetzes –, der Initiative „Mehr Zeit für Kinder“ ansehe, da gibt es einen Thies Rabe und der wohnt in der KurtSchumacher-Allee 10.

(Petra Brinkmann SPD: Noch nicht!)

Suchen Sie einmal Herrn Thies Rabe in der KurtSchumacher-Allee 10. Herr Thies Rabe ist der Landesgeschäftsführer der SPD und dort ist die Landeszentrale der SPD. Warum sagen Sie es denn nicht den Menschen, warum schreiben Sie es nicht, dass es Ihre Initiative ist. Scheuen Sie sich, Ihren Namen zu benutzen?

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Oder haben Sie die große Sorge, dass, wenn Menschen lesen, dass es Ihre Initiative ist, sie sich weigern werden, dieses zu unterschreiben?

(Ingo Egloff SPD: Das werden wir ja sehen!)

Das, im Übrigen, könnte ich gut nachvollziehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat der Abgeordnete Müller.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ein schöner Abschluss, Herr Kollege Weinberg.

In der Tat, niemand kann begeistert sein in diesem Haus, wenn ein Haushalt nicht auskömmlich ist. Das ist gar keine Frage. Was wir allerdings auch immer wieder erwähnt und festgestellt haben, ist, dass im KitaGutscheinsystem auch gewisse Unbekannte sind, Herr Böwer.

(Dr. Martin Schäfer SPD: Ja, Kinder!)

Das wissen Sie und darüber haben wir im Haushalt auch gesprochen. Sie sollten auch wissen, Herr Böwer, es ist nach wie vor immer noch ein Unterschied, ob wir über 2000 Kinder und 2000 Plätze sprechen. Das ist ein ganz gewaltiger Unterschied. Sie wissen, Sie haben Plätze finanziert und wir haben Kinder finanziert. Deswegen ist das hier, wie man so schön sagt, Äpfel und Birnen miteinander vergleichen.