Protocol of the Session on September 3, 2003

Nun ist der Bürgermeister nicht mehr da. Offensichtlich ist es mit der Würde des Parlaments, die Frau Koop angemahnt hat, die auch schon nicht mehr da ist, nicht so weit her.

(Frank-Thorsten Schira CDU: Er wusste, dass Sie reden!)

Wenn hier von der Würde des Parlaments gesprochen wird, wo war dann die Würde des Parlaments, als Herr Schill uns hier Sozialdemokraten vorwarf: „Sie haben Blut an den Händen.“

Wo war die Würde des Parlaments gerade eben, als Herr Schinnenburg herumgehetzt hat? Nirgendwo war sie.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Gunnar Buten- schön Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Fassen Sie mal einen klaren Gedanken!)

Ich möchte ganz kurz etwas zum Thema Neuwahlen sagen. Wenn es so toll ist, dass Frauen und Kinder heute keine Kita-Card bekommen, wenn es so toll ist, dass wir über 20 000 Arbeitslose mehr haben, wenn es so toll ist, dass Hamburg die niedrigste Aufklärungsquote im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung in ganz Deutschland hat, dann stellen Sie sich doch der Wahl. Wenn Sie so sicher sind, dass Sie gewinnen, wagen Sie das Risiko. Sie glauben es doch selbst nicht.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Elke Thomas CDU: Das stimmt ja nicht!)

Zur großartigen Leistung unseres Ersten Bürgermeisters.

(Elke Thomas CDU: Das war großartig!)

Er fährt in Urlaub,

(Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Of- fensive: Gehen Sie nicht in Urlaub?)

erklärt vorher, mit Herrn Wellinghausen sei alles in Ordnung und an den Vorwürfen sei nichts dran. Während des ganzen Urlaubs ist er offensichtlich nicht erreichbar und kann keine Zeitung lesen. Wir haben ja gehört, er segelte auf einem sehr engen Boot und es hat ihm dort an Bord sehr gut gefallen.

(Zurufe von der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Dann kommt er zurück, prüft innerhalb eines halben Tages die gesamten Unterlagen,

(Zurufe: Pfui!)

die von Herrn Wellinghausen vorher nicht beigebracht wurden, und verkündet uns dann, dass er Herrn Wellinghausen entlassen musste.

(Zurufe von der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Bis heute ist völlig ungeklärt, warum Herr Wellinghausen entlassen worden ist. Der Bürgermeister hat bis heute nicht erklärt, ob die Vorwürfe gegen Herrn Wellinghausen berechtigt waren oder nicht. Er hat ihn in den Ruhestand versetzt, mehr wissen wir bis heute nicht.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Wollen Sie der größere Scharfmacher sein?)

Ich möchte auch noch über die Wortbeiträge des Kollegen Frühauf sprechen. Auch der Kollege Herr Mettbach nimmt die Würde des Parlaments nicht mehr ganz so wichtig.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Ich wiederhole, Herr Prä- sident, er ist ein Ferkel! – Glocke)

Herr Abgeordneter Karl-Heinz Ehlers, für diesen Ausdruck bekommen Sie einen Ordnungsruf.

Herr Neumann, bitte fahren Sie fort.

Dass Herr Mettbach hier erklärt hat, er sei stolz, ein Schillianer zu sein, ist mir klar. Dass jemand, der durch drei Parteien gezogen ist,

durch die CDU, durch die Statt-Partei und jetzt endlich in der Schill-Partei eine Heimat gefunden hat, seinen Dienstwagen im Grunde dem Wahlerfolg von Herrn Schill zu verdanken hat, so etwas sagt, ist klar. Ohne Herrn Schill wäre er nichts geworden in dieser Stadt. Er ist in der CDU nichts geworden, er ist in der Statt-Partei nichts geworden und er wäre ohne Herrn Schill auch nichts geworden.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Ekkehard Rumpf FDP: Das ist wie mit Herrn Schily!)

Dass dieser Mann darauf natürlich stolz ist, ist klar. Wir haben schon von Herrn Maier und auch von meinem Fraktionsvorsitzenden gehört, wie attraktiv Dienstwagen und entsprechende monatliche Bezüge sein können.

(Gunnar Butenschön Partei Rechtsstaatlicher Of- fensive: Erzählen Sie mal, was Sie besser ma- chen! Ich möchte zu guter Letzt noch etwas zum Wahlergebnis des heutigen Tages sagen. (Joachim Lenders CDU: Das ist so niveaulos!)

Gut, dass Sie mich daran erinnert haben, niveaulos ist ein guter Hinweis.

Eine Frage an den Bürgermeister und vielleicht wird Herr Nockemann diese Entscheidung zurücknehmen. Es gab in der Hamburger Polizei einen Arzt, der zum Leiter des Ärztlichen Dienstes der Polizei und der Feuerwehr ausgesucht wurde. Er ist dann aufgrund seiner bekennenden Homosexualität nicht zum Leiter gemacht worden. Es ist sogar noch von Herrn Schill und von Herrn Wellinghausen entschieden worden, diesen Ärztlichen Dienst aufzulösen. Wo war denn da der Bürgermeister, als es um die Ehre dieses Arztes ging, zu sagen, dass er diskriminiert wird? Dort gab es keine Ehrenerklärung.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Deshalb hoffe ich – Herr Nockemann hat die Gelegenheit dazu –, dass einige Personalentscheidungen in der Innenbehörde wieder geradegezogen werden. Aber das Ergebnis des heutigen Tages macht deutlich – es gab auch schon andere Wahlergebnisse, sei es die Bestätigung von Frau Horáková oder selbst die Bürgermeisterwahl –, dass dieser Senat einen Tod auf Raten erleidet.

(Glocke)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Drews?

Es ist absehbar, dass es in diesem Senat – früher hätte man von den „Zehn kleinen Negerlein“ gesprochen – immer weniger werden.

(Leif Schrader FDP: Ha, ha, das sagt die SPD!)

Es ist absehbar und für Sozialdemokraten ganz entspannt anzusehen, dass wir, wenn es jetzt keine Neuwahlen gibt, sie spätestens im Frühjahr bekommen werden, weil Sie die Koalitionsreihen nicht geschlossen halten können.

(Karl-Heinz Winkler Partei Rechtsstaatlicher Of- fensive: Wovon träumen Sie nachts?)

Sie hatten beim Airbus keine Mehrheit, Sie hatten bei Horáková keine Mehrheit und Sie hatten bei Nockemann keine Mehrheit.

(Beifall bei der SPD und der GAL – Zuruf von Karl- Heinz Ehlers CDU)

Herr Abgeordneter Ehlers, ich erteile Ihnen für diese Äußerung einen zweiten Ordnungsruf. Was nach einem dritten Ordnungsruf passiert, wissen Sie. – Danke.

Das Wort hat der Abgeordnete Rutter.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn man in Gefahr ist, auf seiner eigenen Schleimspur auszurutschen, sollte man nicht versuchen, das Profil anderer Leute anzuknabbern.

(Dr. Verena Lappe GAL: Wer im Glashaus sitzt, …!)

Wenn man mit dem Kopf durch die Wand will, nimmt in aller Regel die Wand keinen Schaden, es sei denn, man bricht Steine aus der Mauer heraus, um sie demjenigen hinterherzuwerfen. Warum bricht man die Steine heraus? Damit man durch die Lücken wieder in seinen Sessel hineinkommen und da weitermachen kann, wo man einmal aufhören musste, weil die Bevölkerung es satt hatte, nämlich die Stadt mit Zuckerwatte zuzuspinnen. Wenn Sie es geschafft haben, den Leuten klarzumachen, gute Hanseaten würde man daran erkennen, dass man nicht handelt, dass die, die handeln, bestenfalls Hansestädter sind, aber keine Hanseaten, dann mögen das die Leute eine ganze Weile ruhig mit angesehen haben, aber irgendwann hatten sie die Nase voll.

Sehen wir uns an, wie wir die Stadt vorgefunden haben, als wir in die Regierung gekommen sind:

Es war ein Paradies für Drogendealer, die einen Freibrief zum Handeln hatten, weil sie in Hamburg keinerlei Repressalien ausgesetzt waren.

(Zurufe von der SPD und der GAL)