Protocol of the Session on September 3, 2003

Einen Tag nur ging es um die Fragen der politischen Ehre und der politischen Vernunft. Seither geht es nur noch um eines: Um den Machterhalt einer abgewirtschafteten Koalition,

(Rolf Harlinghausen CDU: Deswegen haben Sie den Fraktionsvorsitzenden ausgetauscht!)

die ihre Mehrheiten in diesem Parlament nicht mehr vollzählig organisieren kann.

(Lachen bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Darüber brauchen Sie nicht zu lachen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir werden sehen, wie die nächsten Abstimmungen laufen. Aber eines haben Sie, selbst wenn Sie Abstimmungen gewinnen, in keinem Fall: Sie haben keine politische und schon gar keine moralische Legitimation mehr für die Politik dieser Stadt.

(Buh-Rufe von der Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive – Beifall bei der SPD und der GAL)

Jeder weiß – Sie auch –, dass die Schill-Partei und die FDP um das politische Überleben kämpfen müssen. Diese Stadt hat große Herausforderungen zu bewältigen, die man nicht auf der Basis eines Notkartells für den Machterhalt lösen kann. Das hat diese Stadt nicht verdient.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Mit der Schill-Partei lässt sich keine Politik machen, die die Menschen in Hamburg zusammenführt, die den Zusammenhalt dieser Stadt stärkt, sondern nur eine Politik, die weiter polarisiert und auseinander treibt. Das wissen Sie alle.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Diese Stadt braucht eine Chance, nicht die Koalition braucht eine letzte Chance.

(Jens Pramann Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Die Schuldenmacher! – Beifall bei der SPD und der GAL)

Neuwahlen wären eine Chance.

Herr Bürgermeister, Sie hätten Größe bewiesen, wenn Sie den Hamburgerinnen und Hamburgern die Entscheidung überlassen hätten, wie sie regiert werden wollen. Aber diese so genannte Bürgerkoalition muss doch Angst davor haben, sich den Bürgern zu stellen.

(Lachen bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensi- ve)

Sie brauchen nicht zu lachen.

Wann auch immer gewählt wird – Neuwahlen wären jetzt nötiger denn je –,

(Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Neuwahlen in Berlin!)

diese Koalition wird keine Wahl überstehen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Dr. Freytag.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn ein Regierungschef den stellvertretenden Regierungschef in einer zugespitzten Situation ohne Vorbereitung entlassen muss, bedeutet dies für alle Regierungen der Welt den Super-GAU, den größten anzunehmenden Unfall. Ein solcher GAU hat aber auch Vorteile. Er hat eine reinigende Wirkung: Es trennt sich die Spreu vom Weizen

(Lachen bei der SPD und der GAL)

und es zeigt sich für die Regierung und die Opposition, ob man über echte Substanz und Qualität verfügt oder nicht.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Wie ist die Situation in Hamburg vor diesem Hintergrund zu bewerten? Ich komme zunächst zur Regierungskoalition.

Eine wesentliche Rolle spielt der Erste Bürgermeister Ole von Beust.

Er hat in einer Situation, auf die er sich nicht vorbereiten konnte,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Wie üblich! – Uwe Grund SPD: Dann hätte er aus dem Urlaub kommen müssen!)

herausragende Charakterfestigkeit und Führungsstärke gezeigt, die ihm weit über Hamburgs Grenzen Anerkennung gebracht haben.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Die Botschaft von Bürgermeister Ole von Beust ist eindeutig und hat in der gesamten Republik Zustimmung gefunden: Ein Hamburger Bürgermeister lässt sich nicht erpressen. Wir wollen keine Macht um jeden Preis.

(Michael Neumann SPD: Aha! – Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Auch an der politischen Spitze ist die persönliche Glaubwürdigkeit das höchste und kostbarste Gut. Wir sind stolz auf unseren Ersten Bürgermeister.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Auch für die Regierungsfraktionen war die Krise eine Herausforderung, die gemeistert wurde. Alle drei Fraktionen, insbesondere die Partei Rechtsstaatlicher Offensive, haben in schwerer See das Ruder in der Hand behalten. Wir haben bewiesen, dass wir auch in einer sehr schwierigen Situation innerhalb kürzester Zeit überzeugende personelle Alternativen aufbieten können. Wir haben vor allem auch in der Not zusammengehalten und uns nicht von Rotgrün auseinander dividieren lassen. Das ist für uns die positive Botschaft.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

In der Politik und im Parlament ist es entscheidend, dass man die Mehrheit hat. Wir haben sie. Olaf Scholz, der SPD-Landesvorsitzende, ist im Mai 2001 mit 60 Stimmen zum Innensenator der Freien und Hansestadt Hamburg gewählt worden. Die SPD/GAL-Koalition verfügte seinerzeit über 70 Stimmen.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Damals haben Sie sich nicht aufgeregt. Jetzt spielen Sie den empörten Parlamentarier; das nimmt Ihnen kein Mensch ab.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Wo viel Licht ist, ist auch Schatten. Den füllt die Opposition komplett aus.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Während die Regierungskoalition ein erfolgreiches Krisenmanagement zeigte, hat sich die Opposition ein Armutszeugnis ausgestellt. Eigentlich schlägt bei einem Super-GAU der Regierung die Stunde der Opposition. Wenn die Regierung in schwere See gerät, dann muss man als Opposition – wenn es sein muss – über Nacht einen alternativen Bürgermeisterkandidaten und eine

Senatsmannschaft präsentieren. Sie haben gar nichts. Sie haben kläglich versagt.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Die SPD ist nicht imstande, den Senat herauszufordern. Von Ihnen kommt nur viel Palaver, heiße Luft, keine Alternativen und irgendwann einmal findet eine Klausurtagung statt. Der Gipfel der Bemühungen der SPD war gestern die so genannte „Aktion Morgenröte“ in Form einer Verteilung von Flugblättern durch die SPD-Führung vor dem Hauptbahnhof. Das war 's.