Protocol of the Session on June 4, 2003

ärztliche Behandlung in Anspruch zu nehmen. In fast allen Fällen erfolgt der Zahlungsfluss indirekt, nämlich von der Krankenkasse über verschiedene andere Gremien an Krankenhäuser oder Ärzte. Welch eine Einschränkung eigenständigen Lebens, die Sie mit zu verantworten haben.

(Barbara Duden SPD: Neoliberales Gesäusel!)

Viertens: Schauen Sie mal Ihre eigenen Mitarbeiter an. Wie viel von Ihnen zahlen denn die Gehälter Ihrer Mitarbeiter selber?

Ganz wenige. Die allermeisten bekommen das Geld direkt von der Bürgerschaftskanzlei bezahlt, ohne dass Sie es für sie verwalten. Welche eine Einschränkung des eigenständigen Lebens Ihrer Mitarbeiter, meine Damen und Herren.

Fünftens: Wir alle haben ein Recht auf freie Beförderung im HVV. Wer von Ihnen bekommt denn das Geld für die ProfiCard von der Bürgerschaftskanzlei ausgezahlt? Keiner. Das Geld wird direkt an den HVV überwiesen und Sie bekommen eine Bescheinigung darüber. Welch eine Einschränkung des eigenständigen Lebens der Abgeordneten dieses Hauses, meine Damen und Herren. Auch das haben Sie mit zu verantworten.

Sechstens: Der von Ihnen so geliebte soziale Wohnungsbau. Ist es denn da etwa so, dass alle Kosten der Mietkosten direkt dem Mieter in die Hand gegeben werden und an den Vermieter weitergehen? Nein. Über die vorhergehende Förderung wird ein Großteil der Mietkosten direkt vom Staat an den Vermieter gezahlt. Welch eine Einschränkung eigenständigen Lebens, meine Damen und Herren, in dem von Ihnen so favorisierten sozialen Wohnungsbau.

Siebtens, ein Lieblingspunkt von Ihnen und auch von mir: EADS. Hunderte von Millionen Euro nimmt diese Stadt in die Hand, um den Ausbau in Finkenwerder zu finanzieren. Bekommt etwa die EADS Hunderte von Millionen in die Hand gedrückt? Nein. Sie kriegt nur ein Grundstück in die Hand, das durch Aufschüttung des Mühlenbürger Loches geschaffen wurde, was die Stadt bezahlt. Welch eine Einschränkung, aber nicht des Lebens, aber immerhin des unternehmerischen Handelns von EADS. Sie haben sich massiv dafür eingesetzt.

Achtens: Die Kitas. Ist es etwa so, dass die Eltern das Geld für die Kitas in die Hand gedrückt bekommen? Nein. 85 Prozent werden direkt von der Behörde an die Kitas gezahlt. Welch eine Einschränkung des eigenständigen Lebens der Kinder oder deren Eltern.

(Ingo Egloff SPD: Haben Sie schon mal was von Äpfeln und Birnen gehört?)

Neuntens: Wir als FDP und auch unser Senator wollten wenigstens im Schulbereich ein bisschen mehr eigenständiges Leben einführen. Wir wollten erreichen, dass Schulbücher wenigstens teilweise von den Eltern selbst bezahlt werden. Nicht einmal das wollten Sie, meine Damen und Herren. Da haben Sie dafür applaudiert, dass es dabei bleibt, dass die Eltern kein Geld dafür bezahlen müssen. Das soll gerechterweise vom Staat bezahlt werden.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Meine Damen und Herren! Wenn Sie das zusammenzählen: Es sind über 50 Prozent bei der Zinssteuer. Über 30 Millionen Arbeitnehmer, über 90 Prozent sind GKVversichert, meine Damen und Herren. Es gibt niemanden in diesem Lande, der nicht gleich mehrfach unter Direktzahlungen "leidet" nach Ihrer Holzhammer-Denkweise.

Meine Damen und Herren, Ihr Ansatz ist grundsätzlich falsch und ich rate Ihnen nur eines: Gerade Sie müssten da mal Ihr Denken ändern. Herr Barth-Völkel hatte insofern vollkommen Recht. Es gibt halt Menschen, die nicht mit Geld umgehen können. Das ist einfach so und da muss man bestimmte Vorsichtsmaßnahmen ergreifen und das sollten Sie am besten wissen. Sie haben uns viele Jahre in Hamburg und immer noch im Bund vorgeführt, wie man nicht mit Geld umgeht, und es wäre besser gewesen, Ihnen das Geld nicht in die Hand zu geben. Deshalb soll man es übertragen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Meine Damen und Herren! Wir haben keine weiteren Wortmeldungen vorliegen und kommen zur Abstimmung. Die GALFraktion hat beantragt, dieses punktweise zu tun.

Wer möchte Punkt 1 des Antrages aus der Drs. 17/2777 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Es gibt eine Enthaltung. Eine größere Mehrheit hat sich dafür ausgesprochen.

Wer stimmt dem Punkt 2 zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Keine Enthaltung. Das ist mit einer größeren Mehrheit beschlossen worden.

Punkt 3. Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Wer schließt sich Punkt 4 an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Wer stimmt Punkt 5 zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Wer nimmt Punkt 6 an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Wer stimmt Punkt 7 zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch das ist mehrheitlich so beschlossen.

Wer möchte Punkt 8 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Letztere gibt es nicht. Das ist mehrheitlich so beschlossen.

Wer möchte Punkt 9 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Letztere gibt es nicht. Auch dies ist mehrheitlich so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 31 und 35 gemeinsam auf, Drs. 17/2697 und 17/2702, Anträge der SPD-Fraktion: Fortschreibung der Sozialberichterstattung, Armutsbericht und Transparenz in der Sozialhilfe wieder herstellen, Städtevergleiche komplett offen legen (Bench- marking) und Sozialhilfe-Report fortschreiben.

[Antrag der Fraktion der SPD: Fortschreibung der Sozialberichterstattung ("Armutsbericht") – Drs. 17/2697 –]

[Antrag der Fraktion der SPD: Transparenz in der Sozialhilfe wieder herstellen –

Städtevergleiche komplett offen legen ("Bench- marking") und "Sozialhilfe-Report" fortschreiben – Drs. 17/2702 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Bestmann, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist fast auf den Tag genau vier Monate her, dass wir das Thema Gerechtigkeit in der Sozialhilfe in diesem Haus diskutiert haben. Ich glaube, wir haben relativ einmütig festgestellt, dass zu den Aspekten der Gerechtigkeit und Effizienz auch immer die Transparenz gehört. Mit Letzterem befassen sich die von der SPDFraktion eingebrachten und jetzt zur Diskussion stehenden Anträge.

Zum einen wird der Senat ersucht, den so genannten Armutsbericht, der bereits in den Jahren 1993 und 1997 erschienen ist, fortzuschreiben. Zum anderen beantragt die SPD-Fraktion, dass der so genannte SozialhilfeReport weiterhin durch die Sozialbehörde erstellt und veröffentlicht wird.

Der Armutsbericht gibt Aufschluss über die Entwicklung von Armut, Obdachlosigkeit, Sozialhilfebedürftigkeit und die Hilfen zur Arbeit in unserer Stadt. Auf einstimmigen Wunsch der Bürgerschaft aus der vergangenen Legislaturperiode, also auch mit der Stimme unseres heutigen Bürgermeisters, sollte er erweitert werden um die Aspekte verdeckter Armut und Verteilung von Einkommen und Vermögen und erneut der Bürgerschaft vorgelegt werden.

Der Sozialhilfe-Report ist eine bis Juli 2001 regelmäßig erschienene Publikation der Sozialbehörde, die eine breite Basis an Informationen über den Bereich der Sozialhilfe, über die Leistungen der Sozialhilfe, über die Vermeidung von Sozialhilfebezug, die Vermittlung in Arbeit, die Steuerung der Sozialhilfeausgaben und letztendlich auch über den von Hamburg schon seit langer Zeit mitinitiierten Städtevergleich gab.

Beide Veröffentlichungen haben in Fachkreisen wie in der Öffentlichkeit jeweils großen Anklang gefunden und sehr zur Versachlichung des Themas beigetragen. Ich möchte im Folgenden darauf eingehen, warum die Fortführung dieser beiden Berichte so wichtig ist.

In der gesamten Bundesrepublik stehen die sozialen Leistungen zurzeit auf dem Prüfstand. Die Bundesregierung hat notwendige strukturelle Reformen angestoßen. In Hamburg hat der Senat, in erster Linie die Sozialsenatorin, angekündigt, den Bereich der Sozialhilfegewährung einer genauen Prüfung zu unterziehen und in diesem Bereich Einsparungen zu erzielen.

Nehmen wir uns nun das schöne Beispiel der Bekleidungspauschale, die wir vor vier Monaten diskutiert haben. Die Auswertung des Städtevergleichs hat ergeben, dass die Behörde es empfand, dass die Pauschale zu hoch sei. Prompt wurde sie mit großen Pressebrimborium abgesenkt. Alles war okay in Ihrem Sinne. Schön wäre es allerdings gewesen, wenn die Sozialbehörde den gesamten Städtevergleich der Bürgerschaft und damit auch der Öffentlichkeit zur Kenntnis gegeben hätte, zum Beispiel in Form der Veröffentlichung des ehemaligen SozialhilfeReports. Dann hätte sich nämlich zum Beispiel gezeigt, dass Hamburg überhaupt nicht Spitze ist – wie im Bereich der Sozialhilfegewährung immer behauptet wird –, sondern sich im Bereich der Metropolen befindet. Der Report hat eindeutig darauf hingewiesen, dass in den Metropolen

die Sozialhilfeleistungen natürlich höher sind, weil zum Beispiel die Mietzahlungen bei uns viel höher sind als in Dresden oder anderen Städten dieser Republik.

Ebenso unschön sind die Ergebnisse einer durchgeführten Mitarbeiterbefragung der Sozialämter. Auch die sind der Bürgerschaft – entgegen der Praxis vorheriger Senate – leider nicht zur Kenntnis gegeben worden. Warum? Man kann sich seinen Teil denken. Ich glaube, wir haben das Thema Personalausstattung und Arbeitszufriedenheit in den Sozialämtern eingehend in diesem Hause diskutiert. Wir wissen aber eines: Nur mit einer angemessenen Personalausstattung in den Ämtern ist es möglich, die Armut und die Sozialhilfe in Hamburg nicht nur zu verwalten, sondern auch entsprechend dem gesetzlichen Auftrag an der Vermeidung und Überwindung des Sozialhilfebezuges mitzuwirken. Die Sozialsenatorin sagt immer, wer unsere Hilfe in Hamburg benötigt, der bekommt sie. Aber ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, Frau SchnieberJastram, dass ich mir da nicht mehr so sicher bin.

(Doris Mandel SPD: In der Tat!)

Aber eine sachliche Informationsbasis ist die Grundlage jeder guten Politik. Wahrscheinlich aus genau diesen Gründen haben die CDU und mit ihr unser Bürgermeister und auch Herr Schira in der Vergangenheit der Weiterführung und Ausweitung der Armutsberichterstattung zugestimmt. Es wäre schön, wenn Sie jetzt zur Ihrer Auffassung stünden und die vorliegenden Anträge auch annehmen würden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat jetzt Herr Schira.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Geben Sie sich mal ei- nen Ruck!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte ein paar Worte sagen zu Ihrem Antrag, Drs. 17/2702: Transparenz in der Sozialhilfe, um das einmal Punkt für Punkt durchzugehen.

Im ersten Punkt sprachen Sie davon, dass zum Beispiel auch ein Erscheinen auf entsprechenden Internetseiten gewährleistet sein könnte. Ich glaube tatsächlich, dass im Internet Berichte abgebildet werden. Das sollte meines Erachtens machbar sein.

Im zweiten Punkt – und das ist wesentlich – hätten Sie besser recherchieren müssen, denn es gibt keine Mitarbeiterbefragung im Rahmen des Benchmarking der Großstädte, zumindest hat sich Hamburg daran nicht beteiligt, und was es nun einmal nicht gibt, kann der Senat folglich auch nicht vorlegen. Und warum gab oder gibt es diese Befragung nicht? Das müssten Sie schon Ihre Ex-Senatorin, Frau Roth, fragen, in deren Verantwortung es lag, dass sich Hamburg im Rahmen dieses Großstädtevergleiches in dieser Sache nicht beteiligt hat. Der rotgrüne Senat hat an dieser Mitarbeiterbefragung im Rahmen des Benchmarking der Großstädte nicht teilgenommen. Es gab in Hamburg eine Kundenbefragung durch die Bezirke Ende 2000 und zeitgleich wurde in den Bezirken eine Mitarbeiterbefragung auf freiwilliger Basis durchgeführt. Diese Ergebnisse wurden dann in den Bezirken aufgearbeitet. Punkt 2 Ihres Antrages ist also falsch. Rotgrün hat an der Mitarbeiterbefragung im Rahmen des

A C

B D

Städte-Benchmarking nicht teilgenommen. Es gab eine eigene Kundenbefragung und eine eigene Mitarbeiterbefragung in Hamburg und für diese Informationspolitik, die dann fälschlich in Ihren Antrag mit eingeflossen ist, ist Rotgrün verantwortlich.