Die Erfahrungen aus England sprechen bereits gegen eine Privatisierung. Ich will jedoch noch folgende zehn Argumente gegen die Privatisierung speziell der Hamburger Wasserwerke nennen:
private Hände. Der hamburgische Wassermarkt ist ein natürliches Monopol und eine Liberalisierung des Wassermarktes nach dem Vorbild der Strom- und Gasmärkte, wo sich die Kunden unter verschiedenen Anbietern einen aussuchen können und wo Wettbewerb herrscht, ist derzeit nicht in Sicht und wird auch zukünftig kaum realisierbar sein. Sprich: Der Verbraucher hat nicht die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Anbietern zu wählen, sondern er ist auf die Wasserwerke angewiesen. Es ist eine ökonomische Binsenweisheit, dass Monopole einer strengen Kontrolle unterliegen müssen, um Machtmissbrauch zu verhindern. Ein solcher Missbrauch kann aus meiner Sicht am besten verhindert werden, wenn der Staat wie bisher die volle Kontrolle über das Monopolunternehmen hat.
Damit bin ich auch bereits beim zweiten Argument. Private Monopolunternehmer haben Interesse an einem möglichst hohen Profit. Und da die Kosten in einem solchen Unternehmen eben nicht beliebig reduzierbar sind, geht es auch an die Einnahmenseite, sprich: Die Unternehmen haben ein Interesse, die Preise zu erhöhen, weil Sie keinem Wettbewerb ausgesetzt sind. Um es deutlich zu sagen: Die Wasserpreise müssen stabil bleiben, denn wir wollen keine Abzocke von Menschen mit dem Lebensmittel Nummer eins, nur weil der Senat glaubt, ein Monopol in private Hände legen zu können. Das hat es in anderen Städten zur Genüge gegeben und das wollen wir in Hamburg nicht, meine Damen und Herren.
Das dritte Argument gegen die Privatisierung liegt in der Sicherung der hohen Wasserqualität, die wir hier in Hamburg haben. Es gibt kaum Metropolen auf dieser Welt, die eine bessere Leitungswasserqualität vorweisen können, als wir sie hier in Hamburg haben. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht mag das durchaus unsinnig erscheinen, denn auch ohne viele teure und aufwendige Aufbereitungsverfahren ist es durchaus möglich, die gesetzlichen Vorgaben über die Trinkwasserqualität einzuhalten. Aber da privat geführte Unternehmen rein betriebswirtschaftlich handeln müssen, ist zu erwarten, dass die Wasserqualität auch bis an das Limit der gesetzlichen Grenzwerte herangeführt wird und sich die Qualität verschlechtert. Eine solche Panscherei des Wassers wollen wir den Hamburgern ersparen, denn wir sind der Ansicht, dass nur das beste Wasser für die Hamburgerinnen und Hamburger gut genug ist.
Das vierte Argument betrifft den sparsamen Umgang mit Wasser. Es gibt in England so marode Leitungsnetze, dass über ein Drittel des geförderten Wassers nicht beim Verbraucher ankommt, sondern aus den Leitungsnetzen schlicht versickert. Diese Netzverluste bewegen sich in Hamburg auf einem so niedrigen Niveau, dass die Wasserwerke auch hier zur Weltspitze gehören. Das liegt daran, dass das Leitungsnetz mit hohem Aufwand gepflegt und in Stand gehalten wird. Dies ist auch sicherlich aus übergeordneter umweltpolitischer Sicht sinnvoll. Eine solche Sichtweise ist jedoch nicht mit einer betriebswirtschaftlichen Sichtweise verbunden, die mit einer Privatisierung notwendigerweise einhergehen müsste, denn ein privates Unternehmen ist eben verpflichtet, sich betriebswirtschaftlich und nicht nach übergeordneten umweltpolitischen Überlegungen zu verhalten.
Wir sind nicht der Ansicht, dass man höhere Wasserverluste zulassen sollte, weil es betriebswirtschaftlich sinnvoller wäre als das Ausbessern der Rohrleitungen. Eine solche Haltung wäre bei rein betriebswirtschaftlich denkenden Unternehmen aber durchaus zu befürchten.
Ebenso befürchten wir, dass die derzeitigen Anstrengungen der Wasserwerke zur Überzeugung der Verbraucherinnen und Verbraucher, möglichst wenig Wasser zu verbrauchen, unter privater Ägide aufgegeben würden, denn das betriebswirtschaftliche Interesse der Hamburger Wasserwerke ist ja eigentlich nicht darauf gerichtet, weniger Wasser zu verkaufen, sondern mehr. Aber eben aus den übergeordneten umweltpolitischen Gesichtspunkten, die der Staat in die Wasserwerke als Eigentümer mit hineinbringt, verhalten sich die Wasserwerke hier volkswirtschaftlich sinnvoll.
Meine Damen und Herren, wir wollen, dass der Verbrauch der Ressource Wasser weiterhin sinkt. Das ist unsere Politik und diese scheint uns weiterhin sinnvoll. Sie muss gesichert bleiben.
Zum fünften Argument: Die Wasserwerke tragen derzeit dafür Sorge, dass unsere regionalen Wasserressourcen nachhaltig bewirtschaftet werden. Dies stünde bei einem privaten Unternehmen zu Disposition, weil nämlich der Fernleitungstransport von Wasser, sprich aus anderen Regionen, oder die Oberflächenwasseraufbereitung als betriebswirtschaftliche Substitutionsmöglichkeiten zur Verfügung stünden. Eine Aufgabe der vorsorgenden regionalen Wasserressourcen wäre das Ende einer weitsichtigen Gewässerschutzpolitik. Wir würden es im Interesse der Verbraucher und des Umweltschutzes für verkehrt halten, auf die Vereinbarungen der Wasserwerke beispielsweise mit der hamburgischen Landwirtschaft zu verzichten, nach denen die Wasserwerke die Landwirte dafür bezahlen, dass sie keine Pestizide in den Wassergewinnungsgebieten einsetzen. Ebenso wollen wir weiterhin den Schutz der regionalen Wasserressourcen durch Wasserschutzgebiete. Beides stünde zur Disposition, wenn ein privater Wasserversorger die Bewirtschaftung der hamburgischen Grundwasserressourcen verringert und durch Ferntransporte oder Oberflächenwasseraufbereitung substituiert.
Das sechste Argument betrifft den Erhalt von Arbeitsplätzen in Hamburg. Wir sind ja nach der Privatisierung der HEW und von Hein Gas in Hamburg gewissermaßen gebrannte Kinder, was den Erhalt von Arbeitsplätzen privatisierter Unternehmen angeht. Es wäre auch eine Illusion zu glauben, dass dieser Senat über bessere Vertragsgestaltung langfristig den Verlust von Arbeitsplätzen in Hamburg verhindern könnte, wenn er einen strategischen Partner an den Wasserwerken beteiligt, denn wie der Name schon sagt, wollen strategische Partner auch strategische Entscheidungen treffen und deswegen bündeln sie Know-how in der Hauptverwaltung und ziehen es aus den Außenfilialen, wenn man so sagen mag, ab. Man mag diesen Effekt über Vertragsklauseln sicherlich begrenzen und verzögern können, aber ich halte es für illusorisch, ihn
langfristig verhindern zu können. Ich habe den Anspruch, dass dieser Senat in der Frage der hamburgischen Arbeitsplätze langfristig denkt und nicht nur in Zeiträumen bis zur nächsten oder übernächsten Wahl. Dafür sind die Folgen einfach zu gravierend.
Siebtens möchte ich gegen die Privatisierung der Wasserwerke ins Feld führen, dass dieses Unternehmen für einen kontinuierlichen und sicheren Gewinnzufluss an den Hamburger Haushalt sorgt, denn von der Umsatzrendite der Wasserwerke können Unternehmen in der Privatwirtschaft nur träumen. Dieses Unternehmen ist so etwas wie eine Eier legende Wollmilchsau und man sollte solche Betriebe nicht einfach verkaufen, um einen hohen, einmaligen Effekt zu haben, der dann schnell verfrühstückt ist. Es fehlen dann nämlich zukünftig die stetigen Einnahmen aus der Gewinnabführung und der finanzielle Spielraum im Haushalt wird langfristig geschmälert.
Achtens ist zu bedenken, dass die Wasserwerke derzeit auch für die Unterhaltung der Schwimmbäder in Hamburg Sorge tragen. Eine solche Quersubventionierung einer sozialen, wichtigen Aufgabe kann es mit einem privaten Investor kaum geben. Dies hätte eben die Folge, dass die öffentliche Hand für die Kosten der Bäder aufkommen müsste. Machen wir uns keine Illusionen: Dies würde für zahlreiche Schwimmbäder in Hamburg das Aus bedeuten und es würde gerade sozial benachteiligte Stadtteile treffen. Auch dies ist eine Strategie, die wir ablehnen.
Neuntens bin ich der Meinung, dass Entscheidungen mit erheblicher und weitreichender Bedeutung für die Hamburger Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin hier in Hamburg getroffen werden sollten und nicht in Konzernzentralen in Düsseldorf, Essen, Amsterdam, London oder Paris, denn die grundlegenden Entscheidungen sollten von den demokratisch gewählten Vertreterinnen und Vertretern der Bürgerinnen und Bürger Hamburgs getroffen werden und nicht von Vorständen oder Aufsichtsräten global operierender Unternehmen, die einzig und allein dem Shareholder value verpflichtet sind.
Es mag einige unter Ihnen geben, die glauben, dass der Einfluss der Politik ja noch gewahrt werden könne, wenn man lediglich eine Minderheitsbeteiligung an den Wasserwerken veräußere. So argumentiert auch der Finanzsenator gelegentlich und ich habe dieses Argument auch schon einmal aus anderen Parteien gehört. Ich möchte dem zwei Dinge entgegensetzen und auf die Debatte zurückkommen, die wir letzte Woche hier zum LBK gehabt haben. Da haben Herr Schinnenburg und Herr Wersich gesagt, dass sich für größere mittelständische Unternehmen keine strategischen Investoren finden lassen, die lediglich das Geld geben, aber ansonsten nichts mitzureden haben. Wenn wir nach Berlin schauen, wo eben ein neunundvierzigprozentiger Anteil der Wasserwerke verkauft wurde, dann ist dieses Argument tatsächlich im Wasserbereich bestätigt worden, denn obwohl es sich nur um eine Minderheitsveräußerung handelt, ist im Gesellschaftsvertrag die Kontrolle über die operative Geschäftstätigkeit eben dem privaten Investor übergeben worden, sodass hier die politische Steuerungsfähigkeit abhanden zu kommen droht, auch wenn nur Minderheitenanteile verkauft werden. Deswegen: Wer die HWW auch nur zur Minderheit verkauft, gibt die Kontrolle über das Hamburger Wasser aus der Hand und er gibt sie in falsche Hände. Aus
unserer Sicht gehört das hamburgische Wasser in die Hände der Hamburger und sonst in niemandes Hände, meine Damen und Herren.
Ein zehntes und abschließendes Argument zur Expansionsstrategie des Geschäftsführers der HWW. Ich habe eingangs bereits auf diese Strategie hingewiesen, die unter dem Namen "Expansion" läuft. Es wird gelegentlich zum Ausdruck gebracht, die HWW müssten jetzt expandieren, um auf dem globalen Wassermarkt operieren zu können. Brauchen wir wirklich einen Globalplayer Hamburger Wasserwerke oder brauchen wir nicht eher ein solides, mittelständisches Unternehmen, das Wasser in bester Qualität zu günstigen Preisen für die Hamburger anbietet und jedes Jahr einen soliden Obolus an die Stadtkasse abliefert? Meine Damen und Herren, das mag etwas konservativ klingen, aber beim Wasser bin ich dies gerne, denn wer zocken und spekulieren will, der mag das gerne mit seinem Privatvermögen an der Börse tun. Aber er möge seine Hände von der Wasserversorgung dieser Stadt lassen, denn die Hamburger wollen keine Spekulation mit ihrem Wasser und sie wollen sie zu Recht nicht.
Meine Damen und Herren, die genannten Argumente wiegen aus unserer Sicht schwer. Deswegen stellen wir den Antrag, im Wassergesetz den Verbleib der Wasserversorgung bei der öffentlichen Hand zu regulieren. Hierfür bitte ich um Ihre Zustimmung.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wasser ist keine Ware, die auf beliebigen Märkten gehandelt werden kann. Das steht in den Wasserrahmenrichtlinien, die in Hamburg umgesetzt werden, und das hat der Deutsche Bundestag festgestellt und dabei auch betont, dass die Versorgung der Bevölkerung mit hygienisch einwandfreiem Trinkwasser eine Kernaufgabe der öffentlichen Daseinsvorsorge sei und in Deutschland vorwiegend von Unternehmen in öffentlicher Hand wahrgenommen werde. Dieser Auffassung hat sich jetzt auch die Innenministerkonferenz angeschlossen. Ob der Senat dahinter steht, ist noch unbekannt. Letzte Woche wurde auf der Umweltministerkonferenz hier in Hamburg bekannt, dass Deutschland im Rahmen der Dienstleistungsverhandlungen mit der World Trade Organisation keine Verpflichtung zur Liberalisierung der Wasserversorgung eingehen wird, so ein Bericht des Bundesumweltministeriums. Damit scheint die Liberalisierungsdebatte hierzulande wohl endlich vom Tisch zu sein. Die Entscheidung über die Zukunft der Wasserversorgung bleibt in der Hand der Kommunen. Darum muss der Senat jetzt Farbe bekennen, wie er es denn mit den Hamburger Wasserwerken halten will.
Die Privatisierung der Wasserwirtschaft in Großbritannien hat ernorme Preissteigerungen hervorgebracht und schlechte Wasserqualität zur Folge. Meine Damen und Herren, das wollen wir in Hamburg nicht haben.
In Potsdam hat man nach den schlechten Erfahrungen mit einem privaten Wasserversorger diesen wieder hinausgeworfen, trotz großer Verluste, die dabei in Kauf
genommen werden mussten. Solche Erfahrungen brauchen wir nicht. Unser Wasser in Hamburg hat eine exzellente Qualität, die Versorgung ist super und der Wasserpreis ist seit 1996 stabil geblieben. Doch damit könnte Schluss sein, wenn die Wasserwerke in die Hände von Großkonzernen geraten. Beispiel Berlin: Dort wurden die Wasserbetriebe 1998 zur Hälfte an E.ON und RWE verkauft.
Nach einem Preismoratorium sollen jetzt im nächsten Jahr die Preise um 15 Prozent ansteigen und es ist jetzt schon klar, dass die Preise bis 2010 um weitere 15 Prozent ansteigen werden. Ich bin überzeugt: Auch die Hamburgerinnen und Hamburger finden das keineswegs knorke.
Es kommt noch etwas dazu: Wasser ist kostbar und Wasserreserven müssen nachhaltig bewirtschaftet werden, da wir ja auch später noch sauberes Wasser haben wollen. Ein Konzern, dessen Politik am Gewinnstreben orientiert ist, wird sich aber kaum um Wassersparmaßnahmen kümmern und Wasserschutzgebiete unterhalten. Das muss aber sein, weil wir auch morgen noch sauberes Wasser haben wollen und müssen.
Da der Wasserverbrauch aber tendenziell rückläufig ist, kann das Unternehmensergebnis dann nur noch gesteigert werden, wenn die Kosten sinken. In einem Unternehmen mit einem hohen Fixkostenanteil, wie es bei Wasserwerken in der Regel der Fall ist, kommt man da sehr schnell an die Grenzen. Beim Personal ist heutzutage meist schon die Grenze ausgereizt. Dann wird eben an der Qualitätssicherung des Produktes oder an den Investitionen für die Netzinstandhaltung gedreht und gespart. Das darf nicht sein, meine Damen und Herren.
Im branchenweiten Benchmarking stehen die Hamburger Wasserwerke ganz vorne, nicht obwohl, sondern weil sie in öffentlicher Verantwortung agieren und nachhaltig wirtschaften. Im innerdeutschen Vergleich nehmen die Hamburger Wasserwerke hinsichtlich Produktqualität, Know-how, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit eine Spitzenstellung ein. Die Hamburger Wasserwerke sind ein außerordentlich profitables Unternehmen. Sie werfen jedes Jahr 25 Millionen Euro Gewinn ab. Davon werden zirka 17 Millionen Euro für die Hamburger Bäder aufgebracht und 8 Millionen Euro streicht der Finanzsenator ein. So ein Unternehmen ist natürlich auch für Private interessant, meine Damen und Herren, aber auch für die Hamburgerinnen und Hamburger. Ich sage nur: Eine Kuh, die man melken kann, darf man nicht schlachten und schon gar nicht verkaufen.
Aber all das hat sich offenbar im Senat noch nicht herumgesprochen, denn sonst hätte er ja schon längst einmal klarstellen können, dass die Versorgung der Bevölkerung mit sicherem, sauberem Trinkwasser von hoher Qualität und vor allen Dingen zu sozial
Im Gegenteil, der Senat hat ja die Spekulationen um einen möglichen Verkauf oder Teilverkauf der Wasserwerke durch widersprüchliche Äußerungen noch angeheizt. Der Finanzsenator hat – das war wohl im Februar – einen Teilverkauf der Wasserwerke nicht ausgeschlossen. Der Umweltsenator hat Ende 2001 zu Weihnachten – ich empfand es durchaus als Geschenk – davon gesprochen, dass die Wasserwerke nicht verkauft werden sollen, weil sie eben so profitabel und gut seien. Aber wenn es jetzt in der Debatte ernst wird, schweigt er – wie immer.
Wir fordern daher den Senat auf, den Spekulationen jetzt endlich ein Ende zu machen und von einem Verkauf oder Teilverkauf der Wasserwerke als Einrichtung der öffentlichen Daseinsvorsorge Abstand zu nehmen.
Meine Damen und Herren, die Hamburger Wasserwerke sind das größte, rein kommunale Wasserunternehmen in Deutschland. Sie gehören der Stadt und damit allen Bürgerinnen und Bürgern, die ihre Wasserwerke bereits seit Generationen über ihre Gebühren bezahlt haben. Darum darf der Senat die Wasserwerke nicht weggeben und schon gar nicht um eines einmaligen Kassenvorteils willen.