Protocol of the Session on May 7, 2003

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Schrader.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die zweite Runde lohnt zwar eigentlich nicht der Mühe; deshalb auch nur eine ganz kurze Anmerkung.

Vor das Verfassungsgericht kann man so einen Antrag nicht bringen, hochverehrter Herr Kollege, in den Rechtsausschuss kann man ihn nach der Gesetzeslage bringen. Ich hätte Sie hier einmal reden hören wollen, wenn wir es gewagt hätten, Ihr hehres Aufklärungsziel am Ende noch um einen Monat hinauszuzögern,

(Barbara Duden SPD: Ganz schön blöd!)

um die Verfassungsmäßigkeit dieses Antrags im Rechtsausschuss zu klären. Herr Senator Kusch hat alles Notwendige dazu gesagt. Es steht aufseiten des Regierungslagers nichts im Wege, im Ausschuss konstruktiv mitzuarbeiten. Wir Liberalen jedenfalls sind sehr gespannt darauf, in diesem Ausschuss von der Opposition einmal Filz vom Fachmann erklärt zu bekommen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall und Heiterkeit bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt? – Offensichtlich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer möchte den Antrag zur Drucksache 17/2545 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Somit ist der Antrag einstimmig bei vielen Enthaltungen angenommen.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, möchte ich Ihnen noch kurz das Ergebnis der Wahl mitteilen. Bei der Wahl eines Deputierten in der Justizbehörde sind insgesamt 107 Stimmzettel abgegeben worden. Davon waren alle gültig, also 107. Frau Constanze Zander-Böhm erhielt 83 Ja-Stimmen, 15 Nein-Stimmen und 9 Enthaltungen. Damit ist Frau Zander-Böhm gewählt.

Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 31, Bericht des Wissenschaftsausschusses zum Hochschulmodernisierungsgesetz und Zusatzantrag der GAL-Fraktion hierzu.

[Bericht des Wissenschaftsausschusses über die Drucksache 17/1661: Entwurf eines Hochschulmodernisierungsgesetzes (Senatsantrag) – Drucksache 17/2592 –]

[Antrag der Fraktion der GAL: Hochschulmodernisierungsgesetz – Drucksache 17/2647 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Dr. Schinnenburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der Hamburger Hochschulpolitik besteht dringender Handlungsbedarf. Die Hamburger Hochschulen sind Spitze, was die Ausstattung mit Beratungsgremien angeht. Umgekehrt sind die Hamburger Hochschulen höchstens Mittelmaß, was das wissenschaftliche Ansehen angeht. Gerade vor wenigen Tagen, im „Spiegel“ war es nachzulesen, gab es eine Untersuchung der Humboldt-Stiftung, in der Hamburg wieder mal unter „ferner liefen“ kam.

Hamburg muss wieder zu einem internationalen erstklassigen Hochschulstandort werden. Das geht nur, wenn die Steigerung der Qualität oberste Priorität erhält. Dazu muss man auch von einigen lieb gewonnenen Gewohnheiten Abschied nehmen.

Der erste Schritt wurde bereits getan, die Hamburger Hochschulen erhielten finanzielle Planungssicherheit bis zum Jahre 2005. Angesichts der Haushaltslage, die uns allen bekannt ist, zeigt dies doch, wie hoch die Bürgerkoalition die Wissenschaft einschätzt. Der zweite Schritt ist nun dieses Hochschulmodernisierungsgesetz und der dritte Schritt wird die Strukturreform sein. Hierzu liegen die Empfehlungen der Dohnanyi-Kommission als Diskussionsgrundlage vor. Die FDP-Fraktion unterstützt die Kernpunkte des Hochschulmodernisierungsgesetzes, die ich hier noch einmal aufführen möchte.

Erstens: Ein mehrheitlich extern besetzter Hochschulrat übernimmt die strategische Steuerung der Hochschule. Damit wird der durch die Gremienvielfalt verursachten Tendenz, sich viel mit sich selbst zu beschäftigen, entgegengewirkt.

Zweitens: Die Hochschulpräsidien und die Dekane werden gestärkt. Damit wird sichergestellt, dass weder auf zentraler Ebene noch auf der Ebene der Fachbereiche Einzelinteressen die Entwicklung der Hochschule insgesamt behindern.

Drittens: Die Hochschulen erhalten mehr Autonomie. Der Vorteil wird besonders deutlich bei den Berufungen. Bei allem Respekt vor den Deputationen darf man doch annehmen, dass die Hochschulen selbst am besten wissen, wer zum Professor taugt.

Viertens: Es wird künftig für Studenten finanziell nachteilig sein, wenn sie sich nicht um ein zügiges Studium bemühen. Dieser mittlerweile von fast allen Wissenschaftspolitikern und Fachleuten unterstützte Grundsatz wird mit diesem Gesetz mit einem überzeugenden Modell umgesetzt.

(Dr. Barbara Brüning SPD: Aber ziemlich unsozial!)

Einerseits ist die Grundformel einfach, kostenfreies Studium nur während der Regelstudienzeit zuzüglich vier Semester, andererseits gibt es einen langen Katalog von Ausnahmen in Paragraph 6 Absätze 8 bis 10, der dafür sorgt, dass keinem Studenten ohne eigene Schuld finanzielle Lasten auferlegt werden. Ich möchte Ihnen einige

(Christian Maaß GAL)

Beispiele nennen: Teilzeitstudium, Kindererziehung, Arbeit in den Selbstverwaltungsgremien der Hochschulen und, besonders wichtig, Studien- und Organisationsmängel wie fehlende Seminar- und Laborplätze. Angesichts eines solchen Katalogs von Ausnahmen zu behaupten, damit würden Studenten zwangsweise und ohne eigene Schuld finanzielle Lasten auferlegt, ist schlicht falsch.

Fünftens: Erhaltung der verfassten Studierendenschaft, allerdings klare Aufgabenkonturierung im Gesetz.

Meine Damen und Herren! Mit diesen Reformpunkten ist Hamburg vom gesetzlichen Rahmen her Spitze, jetzt sind die Hochschulen am Zuge.

In diesem Zusammenhang ist noch ein Vergleich interessant, der Vergleich des Hochschulmodernisierungsgesetzes mit der so genannten Agenda 2010 von Bundeskanzler Schröder. Es gibt hier drei wesentliche Unterschiede.

Erstens: Die Agenda 2010 wurde vom Bundeskanzler mit einigen Getreuen im Hinterzimmer zusammengeschustert und dann im Bundestag als unantastbar präsentiert. Nun soll sie auch noch mit ständigen Rücktrittsdrohungen durchgepeitscht werden. Umgekehrt wurde das Hochschulmodernisierungsgesetz bereits in einem ganz frühen Entwurfsstadium der Öffentlichkeit und den Betroffenen präsentiert. Im Laufe der Diskussion im politischen Raum, aber auch mit den Betroffenen, wurde der Entwurf in mehr als 20 Punkten zum Teil sogar substantiell geändert; das ist demokratisches Vorgehen.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Zweitens: Bei der Agenda 2010 handelt es sich um nichts anderes als um ein Reförmchen, das viel zu zaghaft ist, um die bestehenden Probleme wirklich zu lösen.

(Ingo Egloff SPD: Wozu reden Sie hier?)

Das Hochschulmodernisierungsgesetz dagegen ist eine mutige Reform, das mit lieb gewonnenen Gewohnheiten aufräumt und den Weg in die Zukunft weist.

Drittens: Die Agenda 2010 ist in den eigenen Reihen, gelinde gesagt, höchst umstritten. Das Hochschulmodernisierungsgesetz wird von der Koalition und den sie tragenden Parteien rückhaltlos und uneingeschränkt unterstützt. Das Hochschulmodernisierungsgesetz ist nicht nur für Hamburgs Hochschulen gut, es zeigt auch, wie man Reformen anpackt und durchsetzt. Gerhard Schröder sollte sich daran ein Beispiel nehmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Wer wünscht das Wort? – Frau Dr. Brüning.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Schinnenburg, Sie haben gefordert, Hamburgs Hochschulen sollten wieder Spitze werden als internationaler Wissenschaftsstandort. Das gilt aber nur für Männer, wenn es nach Ihrem Gesetzentwurf geht, denn die Frauen wollen Sie nicht mehr fördern, wie das die europäischen Grundsätze zum Gender Mainstreaming erfordern. Insofern ist Ihre Reform eher ein Rückschritt als ein Fortschritt.

(Beifall bei der SPD – Christian Brandes Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Das ist verkehrt, Frau Dr. Brüning!)

Ich möchte das im Einzelnen begründen.

Erstens: Gegen die Einführung von Hochschulräten hat niemand etwas in diesem Hause, wenn man sie als ein Instrument des Dialogs zwischen Hochschule und Gesellschaft begreift. Wenn Sie aber in Ihrem ach so neuen oder modernen Hochschulgesetzentwurf jetzt den Hochschulen vorschreiben wollen, wie viele interne und externe Mitglieder sie da hineinschicken dürfen, dann nicht mit uns. Das ist eine Bevormundung der Hochschulen und kein Fortschritt.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Willfried Maier GAL)

Wir sind dafür, dass die Dialogpartner selber bestimmen, wen sie in den Hochschulrat schicken, und wollen somit auch, dass die Hochschulen selbst bestimmen dürfen, ob sie interne oder externe Mitglieder hineinschicken. Das ist in unserem Sinne ein würdiger Dialog.

Zweitens: Sie haben ein Loblied auf die Studiengebühren gesungen, die Sie jetzt einführen wollen. Herr Dr. Schinnenburg, mein Kollege Jan Quast wird dazu noch etwas sagen, aber eins ist klar: Den Wissenschaftsstandort Hamburg werden diese Gebühren nicht befördern, denn der eine oder andere wird sich gut überlegen, ob er noch in Europa studieren kann, wenn er doch sehr schnell fertig werden muss und vielleicht an einer italienischen oder französischen Universität der Sprache wegen keinen Schein machen kann.

Wir haben das Studienkontenmodell vorgeschlagen, das eine selbstständige Organisation des Studiums zulässt, und das wollen Sie nicht. Insofern finden wir Ihre Regelung unsozial und auch antieuropäisch.

(Beifall bei der SPD)

Aber diese Punkte haben wir im Wissenschaftsausschuss besprochen. Dazu haben Sie eine andere Auffassung, die ich zur Kenntnis nehmen muss.

Was ich wirklich Spitze im umgekehrten Sinne finde, ist, dass Sie in Ihrem Änderungspetitum – Herr Brandes, ich glaube, das geht auf das Konto Ihrer Partei – den ASten einen politischen Maulkorb verpassen wollen; da werden wir nicht mitmachen.

(Beifall bei der SPD – Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Lesen Sie mal Gerichtsurteile durch!)

Wollen Sie wirklich im Ernst fordern, dass sich die ASten nur noch zu hochschulpolitischen Fragen äußern dürfen, Herr Brandes, also keine Antikriegsdemonstrationen mehr auf dem Campus, keine Anti-Irak-Kriegsdemonstrationen? Sie wollen doch nicht wirklich im Ernst fordern, dass Wissenschaft nur auf den Beruf bezogen sein sollte, aber keine gesellschaftliche Relevanz mehr hat.