Protocol of the Session on May 7, 2003

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe gedacht, bei diesem Antrag ginge es weniger kontrovers zu. Dass man das daraus machen kann, erstaunt mich allerdings sehr.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Vielleicht ist es ja so, dass ich unverdächtig bin, denn ich will weder etwas Kommerzielles noch sonst etwas. Ich möchte einfach dieses, was ich einmal gelernt habe in meinem Leben, ich habe nämlich mal Musik studiert, genau das möchte ich erreichen, dass in den Schulen etwas für die Musik getan wird. Deswegen stehe ich hier und nicht, um irgendwelche kommerziellen Dinge zu unterstützen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Zum anderen muss ich Ihnen sagen: Wenn Sie so angriffslustig sind, wäre es wirklich sehr dienlich – denn gerade in der Musik kommt es auf den richtigen Ton an, wie das Sprichwort schon sagt –, den richtigen Ton zu treffen. Ich glaube, der Ton war einfach falsch, es war disharmonisch.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Bei dieser Gelegenheit möchte ich einmal unseren Bundespräsidenten zitieren, der sich zugunsten der Musik geäußert hat. – Eine späte Erkenntnis, dass dieses Wort auch einmal in der Öffentlichkeit genannt wird.

„Die Musikerziehung in Deutschland muss auch in Zeiten knapper Kassen einen hohen Stellenwert behalten. Bildung ist mehr als PISA, musikalische Bildung erst recht. Wir brauchen musikalische Bildung jenseits von Nützlichkeit und Verwertbarkeit.“

(Wilfried Buss SPD: Sehr gut!)

„Wir müssen den Boden auf Kreativität bereiten. Wenn daraus später auch einmal Erfolge im ökonomischen Sinne wachsen in Euro und Cent, dann wird dies meine Freude nicht schmälern.“

Das kann ich nur hundertprozentig unterstreichen. Wenn ich an meine an Musik interessierte und auch Musik ausübende Familie denke und sehe, wie meine Enkelkinder jetzt an die Musik herangeführt werden, dann bin ich begeistert. Bei uns in der Familie musizieren alle. Vielleicht liegt es auch daran, dass wir in Harmonie leben, vielleicht spielt das eine Rolle.

Ich möchte hier Erfurt nicht wieder erwähnen, weil Sie alle wissen, was in Erfurt geschah, aber ich möchte in der Öffentlichkeit das Interesse wecken, dass wir auch die Aufgabe haben, unseren Kindern Interessen zu vermitteln.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

In dem Antrag beziehen wir uns insbesondere auf die so genannte Bastian-Studie. Herr Hardenberg hat bereits einiges dazu gesagt, aber ich möchte auch noch einmal unterstreichen: Es hat sich gezeigt, dass durch Musikerziehung die soziale Kompetenz eindeutig verbessert wird. Es gibt in den musikbetonten Schulen deutlich weniger ausgegrenzte Schüler – nach dem Motto: Den mag ich nicht, der gehört nicht zu mir –, dieses kommt sehr selten vor. Also, wir sehen, Musik verbindet und da möchte ich die SPD anschauen, denn vielleicht ist dies ein Grund, dass wir uns hier in dieser Sache verständigen können.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Kinder mit Musikerziehung verfügen über vielerlei Vorteile. Sie sind besser in der Lage, aus Erfahrungen zu lernen und diese auf Situationen des Alltags anzuwenden, sie besitzen also eine bessere soziale Urteilsfähigkeit. Es wurde weiterhin festgestellt, dass die Intelligenz gefördert wird und eine verstärkte Musikerziehung vor allem Schülern mit Konzentrationsschwächen hilft. Die Studie zeigte auch, dass sozial benachteiligte und wenig geförderte Kinder von einer erweiterten Musikerziehung profitieren.

Wenn wir das nicht unterstützen wollen und dies mit kommerziellen Dingen zu tun hat, weiß ich nicht, was Sie meinen.

Wir ziehen mit diesem Antrag notwendige Konsequenzen. Wir haben gesagt, wo wir dies einsetzen möchten – in der Kinderkrippe, im Kindergarten und in der Vorschule. Es soll ein Modellprojekt laufen und dieses Modellprojekt wollen wir beobachten, überprüfen und dann sehen, was daraus wird.

Ich fasse mich etwas kurz, damit Sie noch Ihren Kanzler hören können, wenn Sie es denn wollen.

(Bernd Reinert CDU: Wollte ich gar nicht!)

Ich nehme noch ein plastisches Beispiel aus dem Sportbereich, um die Musik noch einmal zu erklären. Kein Sportlehrer käme auf die Idee, seinen Schülern einen Fußball zu zeigen, ihnen die Fußballregeln zu erklären, ohne sie selbst Fußball spielen zu lassen. Im Musikunterricht ist dieses Vorgehen leider manchmal alltäglich.

(Rolf Kruse CDU: Sehr wahr!)

Das wollen wir ändern und deswegen sollten Sie diesen Antrag unterstützen. Das haben Sie zugesagt. Auch bei

(Luisa Fiedler SPD)

leeren Haushaltskassen bekommen wir das hin, wenn wir Sponsoren dafür begeistern können.

Das Fazit: Die Breitenbildung ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Sie fördert die Kreativität, die Konzentration, die Teamfähigkeit, die emotionale Stabilität und Intelligenz unserer Kinder. Das sollte uns etwas wert sein. Die Musik verbindet und verträgt, böse Worte passen nicht dazu. – Danke schön!

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort hat Herr Dr. Maier.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir begrüßen diesen Antrag und stimmen ihm aus zwei Gründen zu.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Hartmut Engels CDU: Das ist wirklich breite Bildung!)

Wir begrüßen erstens die gute Absicht, die darin steckt, und zweitens, dass Sie es mit diesem Antrag dem Senat nicht leicht machen, denn bei leeren Kassen zusätzlichen Musikunterricht zu geben – Kollege Lange hat schon das Problem mit dem Sport –, stellt ihn vor ein weiteres Problem.

(Heiterkeit bei Wilfried Buss SPD)

Nun muss ich zugeben, selbst kein Musik praktizierender Mensch zu sein, habe auch eine schlechte musikalische Ausbildung in meiner Schulzeit bekommen, glaube aber, dass es für Schulen ausgesprochen schwierig sein dürfte, gegen das wachsende Passivwerden des Musiklebens anzukommen. Denn wir konnten früher noch singen, ohne uns schämen zu müssen gegenüber der Perfektion der Platten.

(Beifall von Elke Thomas CDU)

Das ist natürlich heute schwierig und der Umstand, dass so stark aus der Konserve konsumiert wird, führt dazu, dass das aktive Musikleben zurückgeht. Wie Schulen dagegen ankommen sollen und können, ist noch nicht klar. Ich befürchte, dass es bei dieser Situation bleiben wird und nur diejenigen, die einen besonderen Draht, eine besondere Neigung oder Fähigkeit dazu haben, noch weiterhin aktiv dabeibleiben. Wenn die dann aber dazu beitragen, uns andere mitzuziehen, dann bin ich sehr damit einverstanden.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Woestmeyer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich werde meinen Beitrag weder musikalisch vortragen, noch werde ich singen,

(Christa Goetsch GAL: A capella! – Ingo Egloff SPD: Das wäre ja oberstark!)

auch wenn mir Herr Maier dazu Mut gemacht hat, indem er die intimsten Geheimnisse seiner musikalischen Sozialisation dargelegt hat. Offensichtlich würde er ganz gerne so leiern, wie die Platten damals leierten. Jetzt gebe es so modernes, technisches Gerät, gegen das man gar nicht mehr ansingen könne.

Die Debatte hatte auch ohne die musikalischen Beiträge einen Tiefpunkt – der Bass schlägt eher nach unten aus, um im Bild zu bleiben. Frau Fiedler, wäre der Saal nicht schon so leer zu Beginn Ihrer Rede gewesen, hätte er sich sicherlich geleert. Was Sie sich hier geleistet haben, ist wirklich eine Entschuldigung wert.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Eine Fraktion dieses Parlaments als Drückerkolonne zu degradieren, passt überhaupt nicht ins Bild, nicht zum Stil dieser Debatte und nicht zur grundsätzlichen Einigkeit, die wir bei diesem Thema haben. Wir haben das Zitat von Johannes Rau gehört. Vielleicht orientieren Sie sich einmal an der Rede und den Grundsätzen, die selbst unser Bundespräsident auf der GEMA-Festveranstaltung vor wenigen Tagen gehalten und vorgegeben hat. Das Engagement von privaten Anbietern dermaßen herabzuziehen und herabzuwürdigen, zu behaupten, hier würde sich eine Partei vor den Karren spannen lassen, das ist nun wirklich – aber das lass ich.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Luisa Fiedler SPD: Das ist kein Engagement, das ist Geschäft!)

Frau Fiedler, es ist doch gerade an dieser Stelle wichtig, was Herr Rau gesagt hat – Frau Thomas und ich haben es vorher gelesen, Sie haben es hier vielleicht zum ersten Mal gehört –,

(Luisa Fiedler SPD: Nein!)

denn wenn er von knappen Kassen spricht, impliziert dies die Aufforderung, dass wir die Privaten mit hinzugewinnen müssen. Wir müssen es auf eine breite Basis stellen, es darf nicht allein in der Schule stattfinden, es muss auch im außerschulischen Bereich stattfinden.

(Luisa Fiedler SPD: Es geht ja um die Instrumente! Sie haben gar kein Gesamtkonzept!)

Es muss eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein und dies kann uns nur mit den Privaten gelingen. Wir wollen die Privaten dabeihaben.