Protocol of the Session on April 10, 2003

Was man tun kann, um mehr für die Umwelt herauszuholen, sagt die SPD in ihrem Zusatzantrag. Vor allen Dingen brauchen wir gerade in schwierigen Zeiten nachprüfbare Zielsetzungen, die durch konkrete Maßnahmen und Projekte umgesetzt und auch mit den Unternehmen ausgehandelt werden. Was man nicht braucht, sind Standardabsenkungen im Umweltschutz.

In dem vorgelegten Konzept müssen außerdem viele offene Fragen und Andeutungen klargestellt werden. Dazu gehört auch, dass man die Haushaltsauswirkungen von manchen Teilen dieses Vertrages beziffert und Mittel dafür einwirbt. Auch ein Gebührenerlass ist haushaltswirksam.

Mit unserem Zusatzantrag wollen wir der Umweltpartnerschaft Konturen in Richtung Umwelt verleihen. Lassen Sie uns deshalb im Ausschuss darüber reden und einiges nacharbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort hat Herr Engels.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben dieses Thema, „Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft“, im Zusammenhang mit der Umweltpolitik bereits oft diskutiert. Insofern möchte ich mich auch aus Gründen des Ressourcensparens, in diesem Fall Ihrer Zeit, auf wenige Ausführungen beschränken, aber insbesondere auf das, was Sie gesagt haben, Frau Dr. Schaal.

(Peter Lorkowski Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Natürlich ist es Aufgabe und Recht der Opposition, die Regierung kritisch unter die Lupe zu nehmen. Aber Sie wissen ganz genau, dass die Vorlage dieser Drucksache ein Riesenerfolg sowohl für die Wirtschaft als auch für die Umweltpolitik ist. Ihre Ausführungen bestanden im Grunde genommen aus, so habe ich den Eindruck, etwas neidischen, herumnörgelnden Miesepetereien. Und das ist eben keine konstruktive Oppositionsarbeit.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Wolf-Dieter Scheurell SPD: Oh!)

Das gilt im Übrigen auch für den Antrag – Frau Dr. Hilgers, Sie sprachen das an –, bei dem fast nur die Überschrift stimmt. „Umweltpartnerschaft“, das ist ja der Titel der Drucksache, Doppelpunkt: „Mehr für die Umwelt rausholen.“ Genau das ist die Aufgabe und das Ziel dieser vorgelegten Drucksache, schönen Dank.

Das Besondere ist, dass ja bereits sehr viele Maßnahmen, im Übrigen auch von Ihrem Senat, in der Vergangenheit gestartet wurden, die die Zusammenarbeit der Wirtschaft mit der Umweltpolitik als Ziel hatten. Aber gleichzeitig wurde diesmal eine über 40 Punkte und acht wichtige Kapitel getroffene Vereinbarung zwischen der Handwerks-, der Handelskammer und dem Industrieverband Hamburg und auf der anderen Seite dem Senat erzielt, und zwar im Sinne einer nachhaltigen Förderung der Wirtschaft und mit sehr, sehr vielen – nicht, wie Sie das hier ausgeführt haben –, sehr konkreten Punkten und sehr konkreten Zielsetzungen. Aus einem mehr kritischen – das war mehr Ihr Punkt gewesen –, sich gegenseitig belauernden Verhältnis in Sachen Ökologie zwischen Staat und Wirtschaft ist nun eine Partnerschaft geworden und dies ist das wirklich positive und gratulierenswerte Merkmal dieser Vorlage.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Wie tief Sie, Frau Dr. Schaal, im alten Umweltschutz denken – der Staat leistet sozusagen die guten Ökovorgaben, die guten Wünsche, die Wirtschaft hat dem unter Ableisten hoher Zahlungen zu folgen –, zeigt bereits der zweite Satz Ihres Antrages, im Übrigen auch die anderen Sätze, die damit in Zusammenhang stehen. Ich zitiere diesen Satz:

„Allein durch freiwillige Beiträge der Hamburger Wirtschaft werden vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten keine Verbesserungen beim Klima- oder Ressourcenschutz erreichbar sein.“

Im Umkehrschluss ist das doch eindeutig folgende Aussage: Sie versprechen sich Klima- und Ressourcenschutz weitgehend beziehungsweise ganz überwiegend aus staatlich zu treffenden Maßnahmen und Zwängen und dies ist schlicht und ergreifend, Frau Dr. Schaal, die falsche Sichtweise. Nein, der Sinn der Umweltpartnerschaft, auch in Hamburg, besteht doch gerade in der Förderung freiwilliger Maßnahmen aus der Erkenntnis heraus, dass nachhaltiger, wirtschaftlicher und ökologischer Erfolg miteinander verbunden sind und eine enge Beziehung haben. Diese richtige Sichtweise lässt auch Ihre Rede völlig vermissen.

Erfreulich ist im Übrigen, dass ein wichtiges Ziel der Vereinbarung – und auch das haben Sie ja kritisiert – eine Deregulierung und Effizienzsteigerung der Genehmigungsverfahren ist. Gerade von den Betroffenen nicht einsehbare Verfahren fördern doch die Verdrossenheit an Umweltschutzmaßnahmen. Wir wollen doch mit dieser Vorlage genau das Gegenteil erreichen. Ihr Satz, beson

dere Leistung aus der Deregulierung und Effizienzsteigerung für die Umwelt seien aus dieser Vorlage nicht zu erwarten, ist schlicht und ergreifend falsch. Wir wollen gerade auch ein gelöstes Verhältnis unserer Wirtschaft und unserer Unternehmen zu ökologisch sinnvollen Maßnahmen, die dann auch wirtschaftlich sinnvoll sind.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

In die gleiche Kategorie gehört auch Ihre Befürchtung, dass bei Bedarf, also in Konfliktfällen, die Interessenvertretung der Wirtschaft den Dialog mit der Verwaltung führen soll. Das hat doch aber etwas mit Chancengleichheit zwischen Unternehmen und Wirtschaft zu tun und nicht, wie Sie schreiben, mit mangelnder Chancengleichheit zwischen Umwelt und Wirtschaft. Das ist doch völliger Unsinn. Nein, der Sinn der Drucksache ist doch: Eine nachhaltige Ökologie ist gleichzeitig ein Stück Zukunft für die Wirtschaft und im Übrigen auch umgekehrt.

Sie kritisieren schließlich zu guter Letzt, dass die Drucksache noch zu viele nicht ausführlich beschriebene Punkte enthalte. Bei dem einen oder anderen Haushaltspunkt könnte ich Ihnen möglicherweise nicht widersprechen, das könnten wir im Ausschuss noch einmal diskutieren, und deswegen sind wir auch bereit, die Drucksache zu überweisen. Aber ansonsten beruht doch der Charme der Vorlage auf deren Flexibilität, also gerade nicht auf der Festlegung und Kanalisierung ganz bestimmter Ziele, denn das wäre schon wieder eine Vorgabe und das wäre gerade falsch. Dadurch würde eben nicht der beste Weg in die Zukunft gefördert, sondern eher verbaut. Daher ist Ihre Kritik, was das betrifft, nach meiner Auffassung ebenfalls nicht besonders sinnvoll.

Die letzte Bemerkung, meine Damen und Herren: Die Vorlage fasst eine Fülle von Maßnahmen zur Verbesserung der Umweltbilanz, zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung, zur Verzahnung von Umweltschutz und wirtschaftlichem Erfolg,

(Vizepräsidentin Rose-Felicitas Pauly übernimmt den Vorsitz.)

zur Reduzierung von Verwaltungsaufwand zusammen und ist damit ein ganz wichtiger Bestandteil der Förderung der Lebens- und Standortqualität unserer Stadt. Und zur Standortqualität gehört eben auch das Grüne in unserer Stadt. Meine Damen und Herren, die Koalition wird daher dieser Vorlage nach der Diskussion im Umweltausschuss mit großer Freude zustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP)

Das Wort bekommt Herr Maaß.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Senat hat ja bei der Präsentation der Umweltpartnerschaft den Mund recht voll genommen. In der Pressemitteilung des Bürgermeisters heißt es:

„Mit der Umweltpartnerschaft schlagen wir ein neues Kapitel in der Hamburger Umweltpolitik auf.“

Es handele sich um einen historischen Tag für die Umwelt im Norden. Es ist hier ganz schön leer in Ihren Reihen für so einen historischen Tag, wenn Sie den hier abfeiern. Das liegt an Ihrem Desinteresse.

(Hartmut Engels CDU)

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Sie will keiner hören!)

Aber Sie haben doch hier die Debatte angemeldet. So sieht es doch aus!

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Es finden sich in den Ausführungen des Senats ja auch noch weitere goldene Worte. Von der Verbesserung der Kooperation zwischen Stadt und Wirtschaft ist die Rede, nachhaltigem Wirtschaften, Verzahnung von Umweltschutz und wirtschaftlichem Erfolg, Reduzierung des Verwaltungsaufwandes, Stärkung der Eigenverantwortung et cetera. Aber was steckt jetzt im Einzelnen dahinter?

Ich möchte das anhand der konkreten Instrumente überprüfen, die in der Umweltpartnerschaft stecken. Es gibt aus meiner Sicht in dieser Umweltpartnerschaft zwei Kategorien von Instrumenten. Die erste Kategorie, darunter fallen die meisten Instrumente, stößt bei uns durchaus auf Zustimmung, aber mit einem gewissen Achselzucken, da wir das eigentlich für selbstverständlich halten, während eine andere Kategorie bei uns eher auf Unverständnis stößt.

Zur ersten Kategorie, also zu dem, was eigentlich wirklich eine gute Sache, aber nicht wirklich etwas brillant Neues ist: Ich will nur vier vom Senat benannte zentrale Punkte nennen. Da ist das Programm „Ökoprofit“. Da geht es um die Ausnutzung von so genannten Win-Win-Situationen, in denen unternehmerisches Handeln eben von Nutzen für die Umwelt und gleichzeitig für das Unternehmen ist. Es ist richtig, dass dieses schon seit Jahren bekannte Programm weitergeführt wird. Man sollte dieses Programm natürlich von Zeit zu Zeit evaluieren. Aber natürlich ist es richtig, da haben Sie unsere Unterstützung, wenn dieses Programm weitergeführt wird. Das Gleiche gilt auch für das Programm „Unternehmen für Ressourcenschutz“. Auch hier ist eine Evaluierung erforderlich, denn es geht uns ja nicht nur darum, die Umwelt zu schützen, sondern auch darum, das auch für möglichst wenig Geld zu tun, die Umwelt also möglichst effektiv zu schützen.

Dann ist noch das „CO2-Monitoring“ zu nennen. Auch das ist ein begrüßenswerter Schritt, dass in Unternehmen tatsächlich die Datenlage für die Kohlendioxidbilanzen verbessert wird und damit auch die Unternehmen auf die Teilnahme am internationalen Handel mit Kohlendioxid-Emissionszertifikaten vorbereitet wird. Auch hier befindet sich ja der Senat auf den Pfaden, die der Vorgängersenat bereits angelegt hat. Herr Lorkowski, ich stimme Ihnen da auch vollkommen zu: Bei allem politischen Streit, den wir hier haben, dürfen wir nicht vergessen, dass das übergeordnete Ziel, der Klimaschutz, tatsächlich eine Existenzfrage ist, gerade auch für die Küstenregion, und dass wir hier noch etwas tun müssen, ist klar. Aber ich denke, dass wir uns in Deutschland mit der von der rotgrünen Bundesregierung doch zu verantwortenden, weltweit einmaligen Reduzierung im Kohlendioxidausstoß durchaus sehen lassen können. Frau Dr. Schaal hat die Gründe für die Entwicklung in Hamburg schon genannt. Aber Sie haben vollkommen Recht: Wir müssen uns hier in Hamburg anstrengen und zwar alle gemeinsam und das schließt auch Sie ein.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ich möchte viertens noch auf das Ziel der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren eingehen, auf den so genannten Hamburger Standard für Genehmigungsverfah

ren, wie es jetzt etwas großspurig in der Drucksache heißt. Auch die Beschleunigung von Genehmigungsverfahren ist ein ehrenwertes Ziel, aber es relativiert sich tatsächlich, wenn man sich die Zahlen, die Frau Dr. Schaal bereits referiert hat, anguckt, dass wir nämlich in Hamburg bereits bundesweit an der Spitze liegen.

Als Zwischenergebnis für diese Kategorie von Ergebnissen möchte ich festhalten, dass es sich um die Fortführung bereits laufender Programme handelt, und gegen die Fortsetzung unserer Politik haben wir nichts einzuwenden. Wir begrüßen das, aber wenn man das dann als großes, neues, historisches Kapitel bezeichnet, dann überschreitet das doch aus meiner Sicht, gelinde gesagt, die hier eigentlich angebrachte, hanseatische Bescheidenheit ein wenig.

Zur zweiten Kategorie von Instrumenten, die bei uns eher auf etwas Unverständnis stoßen: Ich will da drei Punkte aufgreifen. Der erste, vom Ziel her ja auch vollkommen unstrittig, ist die Verpflichtung des Senates zu einer sparsamen Flächennutzung. Das Ziel ist, wie gesagt, vollkommen richtig, denn der Flächenverbrauch ist eine der wesentlichen Ursachen für den Rückgang der Artenvielfalt und eines der ganz zentralen Umweltprobleme, die wir nicht nur in Hamburg haben. Aber bei den konkreten Maßnahmen sehe ich, ehrlich gesagt, nur eine Beschreibung des Status quo in dieser Drucksache. Der Senat möchte weiterhin im bisherigen Umfang Altlasten sanieren. Daneben finden sich eben nur unverbindliche, schöne Worte. Das Problem wird richtig beschrieben, aber in der realen Politik – und das ist doch das, auf was es letztendlich ankommt – kümmert sich der Senat überhaupt nicht um dieses hehre Ziel der Verlangsamung des Flächenfraßes, denn weiterhin werden die Grundstücke in Hamburg zu Spottpreisen vermietet, anstatt Anreize zum Flächensparen zu setzen. Es gibt eine in Hamburg nie da gewesene Jägerzaunpolitik zur Förderung des Einfamilienhausbaus anstatt flächensparend urbane Lebensformen zu fördern. Damit bricht, in den Walddörfern zumindest, der Bürgermeister ja auch sein Wahlversprechen.

(Petra Brinkmann SPD: Wohl wahr!)

Denn im Wahlkampf von Ole von Beust hieß es ja: „Ich schütze die grünen Walddörfer.“ Und jetzt geht dieser Senat gerade in den Walddörfern dazu über, eine Betonorgie durchzuziehen, wie sie diese Stadt noch nicht erlebt hat. Das ist schlichter Wahlbetrug auf Kosten der Umwelt und auf Kosten der Betroffenen und das lässt sich auch nicht durch goldene Worte zur Flächenverbrauchverminderung in dieser unverbindlichen Umweltpartnerschaft kaschieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der GAL)

Nun zum zweiten Punkt, der Deregulierung und Effizienzsteigerung. Ich möchte angesichts des aktuellen Umgangs der regierenden Parteien zu Bürgerbegehren im Umweltbereich und auch zur Planung von Mobilfunkmasten, um zwei Beispiele zu nennen, vor einer Entwicklung warnen: Wenn die Effizienzsteigerung für die Regierungsfraktionen die Missachtung der Bürgerbeteiligung bedeutet, dann wird Ihnen diese Art von Effizienzsteigerung irgendwann um die Ohren fliegen. Dieser Senat nennt sich ja gerne „Bürgersenat“.

(Elke Thomas CDU: Das sind wir!)

Aber was wir in der Realität sehen, ist eine grobe Missachtung der Bürger auf der Ebene ihrer Beteiligung, denn die Bürgerbegehren werden auf kaltem Wege ausgehebelt.

(Christian Maaß GAL)