Protocol of the Session on March 5, 2003

haben wir eigentlich nichts, aber mir fehlt der Glaube, dass es viel bringt.

(Beifall bei der GAL – Richard Braak Partei Rechts- staatlicher Offensive: Wie immer!)

Herr Woestmeyer, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich kann man der vernichtenden Kritik von Frau Dr. Freudenberg an den Anträgen der SPD kaum etwas hinzufügen.

(Beifall bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP und Richard Braak Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Gestatten Sie mir trotzdem, dass ich in meinem Redebeitrag nur auf zwei von vier vorliegenden Drucksachen eingehe, nämlich auf die, die sich explizit mit Schulpolitik befassen. Ich verstehe im Übrigen auch nicht, warum Sie vier Anträge, nur weil sie im weitesten Sinne das Wort Gesundheit im Titel tragen, zu einer Debatte zusammengefasst haben, dann aber merken, dass sich hier alle sehr differenziert zu Schule und Gesundheit äußern und Sie selbst haben dies auch vor. Ich weiß nicht, warum Sie daraus so mühsam eine dicke Debatte gezimmert haben. Vielleicht sollte dies lediglich Ihrer gestrigen Pressekonferenz dienen.

(Ingo Egloff SPD: Das nennt man Clusterbildung!)

Auch für das Thema Schule und Gesundheit ist die Antwort auf die Große Anfrage von Herrn Dr. Petersen sehr hilfreich. Ich bin im Gegensatz zu Frau Dr. Freudenberg – wie Sie sich vorstellen können – dem Senat dafür dankbar, dass wir eine umfangreiche und detaillierte Wiedergabe des Sachstandes über die medizinische Prävention von Kindern und Jugendlichen bekommen haben.

Ich komme zum Antrag von Herrn Quast, Drucksache 17/2278, der hier offensichtlich nicht selbst zu diesem Antrag redet. Oder wie ist das mit Ihrer Debattenanmeldung? Er bedeutet aber auch nur einen sehr kleinen, aber wichtigen Ausschnitt dieses Themas.

Die erste Hilfe ist ein Thema, von dem wir uns alle wünschen, dass wir alle kompetenter wären, weil wir fürchten, dass wir einmal der Inkompetenz unserer Mitmenschen ausgeliefert sind, wenn wir auf deren Hilfe angewiesen sein sollten. Trotzdem leiten leider die wenigsten von uns daraus ab, wenigstens sich selbst für andere kompetent zu machen. So scheint es im SPD-Antrag ein Leichtes zu sein, Menschen zu verpflichten – solange wir sie in der Schule dazu zwingen können –, diesen Erste- Hilfe-Unterricht über sich ergehen zu lassen.

Es geht hier aber mehr darum, sich in der Schule helfen zu können. Ich habe mir darüber auch so meine Gedanken gemacht, bin allerdings weniger vom Extrembeispiel des Vizepräsidenten Müller ausgegangen, sondern habe eher an mich selbst gedacht. Ich traue einem frisch in erster Hilfe ausgebildeten Drittklässler auch nicht zu, meine – zu seinen Gunsten abgerundeten – 90 Kilogramm Gewicht in eine stabile Seitenlage zu bringen.

Aber Lehrer müssen mit den ihnen anvertrauten Schülern umgehen und Schüler sich untereinander helfen können. Deshalb steht das Thema Unfallverhütung im Stundenplan der 3. und 4. Klasse und das Thema Sicherheitserziehung in der 5. bis 8. Klasse sowie in der 9. und 10. Klasse. So sehen es zumindest die Rahmenplanentwürfe vor, die von

der neuen Regierung an die Schulen weitergegeben worden sind.

Ganz ehrlich: Wir haben außer der ersten Hilfe viele weitere Anforderungen an das, was Schule leisten und vermitteln soll. Ich würde an dieser Stelle mit diesem Antrag wirklich keine weitere Ausweitung vornehmen. Wir wollen die Schulen damit nicht überlasten. Auch die Erstversorgung ist im Übrigen durch die hohe Qualifikation unserer Lehrkräfte in diesem Bereich gesichert. Noch etwas Positives aus diesem Bereich.

Hamburg hatte in Sachen Sicherheit einen sehr starken Partner, über den hier bisher kaum geredet wurde. Die Unfallkasse ist nicht nur ein verlässlicher Partner der Schüler und Lehrer, sondern sie ist auch sensibel für all das, was Schule außer der Sicherheit sonst noch ausmacht. Das hat sie sehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt, als sie ihre Jubiläumsveranstaltung im vergangenen Jahr unmittelbar nach den Ereignissen von Erfurt zu einer Diskussionsveranstaltung zum Thema Schule und Gewalt umfunktionierte.

Zur Drucksache 17/2280, Antrag der SPD-Fraktion: Wie Sie selbst in Ihrem Antrag bemerkt haben, fällt die Wahrnehmung der schulärztlichen Untersuchung in die Zuständigkeit der Bezirke. Das heißt mit anderen Worten: Die in Ihrer Aufzählung genannten Schulärzte und Schulärztinnen sowie die Schulzahnärzte und Schulzahnärztinnen – das ist eine Klippe meiner Rede – befinden sich nicht im Personalhaushalt der BBS. Ihre etwas maue Formulierung aus Paragraph 34 des alten Schulgesetzes haben wir mit dem neuen Schulgesetzentwurf deutlich aufgewertet. Das ist noch eine milde Formulierung dafür, dass Sie in dem Bereich in den vergangenen Jahren auf Kosten der Gesundheit unserer Schülerinnen und Schüler mächtig gekürzt und gespart haben.

Wir sagen, dass wir gerade hier noch etwas obendrauf legen. Erst mit der neuen Regierung wird es eine richtige schulärztliche Eingangsuntersuchung geben, und zwar rechtzeitig vor dem Schuleintritt. Gerade das Rechtzeitige macht doch eine Prävention aus.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

An dieser Stelle lohnt es sich darauf hinzuweisen, dass wir damit wieder einmal einen Teil des Koalitionsvertrages umsetzen. Ich kann nur sagen: Versprochen und gehalten. Ich sage das häufig, aber jedes Mal, wenn ich es sage, tue ich es mit etwas Stolz.

Im Gegensatz zu Ihnen. Sie wünschen sich – während wir handeln – mit Ihren fünf Punkten Ihres Antrages immer mehr, weil dies für Sie eine wichtige Sache sei. Aber Sie haben selbst nicht die Traute gehabt, dieses in den vergangenen Jahren entweder umzusetzen oder wenigstens jetzt für eine entsprechende Deckung zu sorgen. Wenn man möchte, dass auch die Regierungsfraktionen einmal einen Antrag überweisen – anstatt ihn gleich abzulehnen –, sollte man solche Grundgedanken auch mit berücksichtigen. Dies ist hier nicht geschehen. Deshalb werden wir einer Überweisung dieses Antrages auch nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Herr Barth-Völkel hat das Wort.

(Dr. Dorothee Freudenberg GAL)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der SPD, liest man Ihre Anträge und die Große Anfrage, dann meint man, in einer Stadt zu leben, in der schlimme Zustände herrschen.

(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: 40 Jahre!)

Liest man aber die Antworten des Senats auf Ihre Anfrage, dann weiß man, dass das Gegenteil der Fall ist. Hamburg ist bundesweit absolut vorbildlich in allen Fragen der Gesundheitsprävention.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP – Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Seit einem Jahr!)

Wir wissen, dass frühzeitige Erkennung von Krankheiten und Aufklärung über gesundheitliche Gefahren der beste Schutz vor späterer Krankheit ist. Wir haben deshalb ein umfassendes System der Erfassung und Betreuung von Kindern und Jugendlichen geschaffen.

(Ingo Egloff SPD: Das haben Sie aber nicht in den letzten Monaten geschaffen! – Petra Brinkmann SPD: Übernommen haben Sie das!)

Die Umsetzung des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst geht gut voran. Er bietet in Zusammenarbeit mit den Beratungseinrichtungen in den Bezirken eine breite Palette von Angeboten im Bereich der Prävention bei Säuglingen und Kleinkindern. Die Mütterberatungsstellen führen Untersuchungen durch, beraten die Eltern in Sprechstunden

(Petra Brinkmann SPD: Schon seit 44 Jahren!)

und Gruppen sowie sogar bei Hausbesuchen.

Zum 1. August 2003 wird eine Vereinbarung zwischen der Behörde und den Trägern von Kindertageseinrichtungen wirksam, die die Träger verpflichtet, die Eltern auf die Möglichkeiten der Gesundheitsvorsorge hinzuweisen. Dies ist jetzt schon weitgehend Praxis und in den Einrichtungen der Kindertagesbetreuungen Usus.

Der schulärztliche Dienst in den Bezirken führt die Untersuchungen der Schülerinnen und Schüler durch und erreicht damit auch die Kinder, die die für das fünfte Lebensjahr vorgesehene Untersuchung, U 9, versäumt haben. Darüber hinaus gibt es schulärztliche Sprechstunden, Beratungen für Eltern und Lehrer zu gesundheitlichen Fragen wie richtige Ernährung, Impfberatungen und Impfung bei Schülerinnen und Schülern.

Ein wichtiger Teil der schulärztlichen Dienste sind die Schulzahnärzte.

(Erhard Pumm SPD: Das ist alles schon gesagt worden! Aufhören!)

Um so früh wie möglich Zahnschäden zu erkennen und ihnen rechtzeitig vorzubeugen, werden durch die schulärztlichen Dienste der Bezirke Grundschülerinnen und -schüler beraten und betreut. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit den Elternschulen, den niedergelassenen Ärzten, Zahnärzten, der Landesarbeitsgemeinschaft zur Förderung der Jugendzahnpflege in Hamburg e.V. sowie den Krankenkassen.

Was den SPD-Antrag zur schulärztlichen Versorgung betrifft, liegt die personelle Ausstattung im Verantwortungsbereich der Bezirke und nicht bei den Landesbehör

den. Wir haben mit der Wiedereinführung der Schuleingangsuntersuchungen mit dem Neuentwurf des Paragraphen 34 Hamburgisches Schulgesetz das Unsrige getan. Tun Sie das Ihrige in den Bezirken mit rotgrüner Mehrheit.

Um einem inzwischen weit verbreiteten Problem bei Jugendlichen, nämlich dem Übergewicht, entgegenzutreten, gibt es zum Beispiel spezielle Angebote zum Themenbereich gesundes Essen und die Zubereitung gemeinsamer Mahlzeiten sowie Informationen über gesunde Ernährung. Ich habe gerade beim Elternsprechtag meiner Tochter gesehen – sie ist sieben Jahre alt –, dass in ihrer Schule ein großes Plakat hing, auf der eine Gesundheitspyramide abgebildet ist. Der Lehrer hat mich aufklärt, dass man so etwas Ökotrophologie nennt. Dieses Wort kannte ich noch nicht; das muss ich eingestehen.

Die Bewegungsförderung ist eine weitere Komponente, um das Übergewicht zu bekämpfen, zu der die Einführung einer dritten Sportstunde einen wichtigen Beitrag leistet. Alle in den Schulen angebotenen Leistungen zur Gesundheitsförderung sollen die Schülerinnen und Schüler darin unterstützen, einerseits ein Bewusstsein für die eigene Gesundheit und andererseits eine Einsicht für die eigene Verantwortung zu entwickeln.

Die verbindlichen Themen der schulischen Gesundheitsförderung sind somit Bewegungsförderung, Ernährungserziehung, Persönlichkeitsförderung und nicht zuletzt die Suchtprävention. Das Suchtpräventionszentrum fördert drogenpräventive Maßnahmen wie zum Beispiel den Wettbewerb „Be smart – dont start“. Das ist eine Einrichtung der Behörde für Bildung und Sport und soll nicht nur die Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in der Suchtprävention unterstützen, sondern auch suchtgefährdete Jugendliche ansprechen, um ihnen die Nutzung der bestehenden Hilfsangebote möglichst frühzeitig nahe zu bringen.

Dieser Senat hat außerdem das Landesrahmenprogramm „Gesunde und soziale Stadt“ ins Leben gerufen. Im Zusammenhang mit der Stärkung des allgemeinen Gesundheitsbewusstseins ist gerade in Bezug auf Alkohol und Nikotin die Suchtprävention eine der zentralen Aufgaben des Landesrahmenprogramms. Wir versuchen einerseits, die Menschen dort anzusprechen, wo sie bereits sind, und andererseits die unterschiedlichen Hilfs- und Beratungsangebote miteinander zu vernetzen. Natürlich richten sich diese Aktivitäten auf Kinder und Jugendliche.

Um die Immunschwäche Aids wirksam zu bekämpfen, werden vielfältige Maßnahmen durchgeführt, natürlich unter anderem gemeinsam mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Dieses Thema wird im Unterricht in den Schulen und bei Projektwochen behandelt. Aber um Kinder und Jugendliche anzuregen und zu unterstützen, sich auch in der Freizeit mit den Themen Liebe, Freundschaft, Schwangerschaftsverhütung, Aids auseinander zu setzen, werden die Cinemaxx-Kinotage veranstaltet.

Ich möchte zu Ihrem Antrag auf Erste-Hilfe-Unterricht in den Schulen kommen. Hierzu kann ich nur sagen, dass dies eigentlich eine gute Idee ist. Sie sind aber schlecht informiert und haben nicht zu Ende gedacht. Was Sie fordern, gibt es schon längst.

In den Lehrplänen der Jahrgangsstufen 3 und 4 der Grundschulen ist der Themenblock Unfallverhütung und Maßnahmen bei Verletzungen bereits eingeführt. Als Konsequenz sind Erste-Hilfe-Maßnahmen als verbindlicher

Unterrichtsinhalt im Rahmen des Themas „Ich und mein Körper“ für die Klassen 3 und 4 im Sachunterricht in der Grundschule vorgesehen. In den Jahrgangsstufen 5 bis 10 ist im Rahmen des Aufgabengebietes „Gesundheitsförderung für alle Schulformen“ ein Themenbereich „Sicherheitserziehung“ verbindlich festgeschrieben.