Protocol of the Session on March 5, 2003

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Ich weiß, dass ich mir bei der Verlagerung des Drob Inn der grundsätzlichen Unterstützung aller Fraktionen hier im Hause sicher sein kann. Ich appelliere an Sie deshalb mit Nachdruck: Begleiten und unterstützen Sie in den kommenden Wochen und Monaten den Aufbau des neuen Drogenhilfezentrums in St. Georg mit einer sachlichen und konstruktiven Haltung.

Auch bei einem anderen innerstädtischen Brennpunkt müssen und werden wir politische Entschlossenheit zeigen. Die Situation im Schanzenviertel, auch dieses wurde eben insbesondere von Frau Dr. Freudenberg angesprochen, muss verändert werden.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Die durch die Drogenszene belastete Situation darf nicht weiter, wie dies jahrelang der Fall war, mit der verklärten Sicht einer Multi-Kulti-Stadtteilromantik toleriert und letztlich tatenlos hingenommen werden.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Dank des konsequenten polizeilichen Handelns stellt sich das Dealerproblem in der Schanze heute in einer ganz anderen Größenordnung als noch vor einigen Monaten dar. Das hohe Aufkommen an Konsumenten, die gerade durch den FixStern permanent vor Ort gehalten werden, bedeutet weiterhin eine enorm hohe Belastung für die Bevölkerung im Stadtteil.

(Michael Neumann SPD: Deswegen wollen Sie den Standort Lagerstraße!)

In der letzten Sitzung des Dreizehner-Gremiums der Bezirke ist genau diese Belastung durch die Drogenszene wieder einmal drastisch deutlich geworden. Die Existenz des FixSterns mit seiner tolerierenden, den Drogenkonsum ausdrücklich akzeptierenden Haltung muss Probleme lösen, anstatt zu einer Verfestigung des Drogenproblems im Stadtteil zu führen.

(Michael Neumann SPD: Sie sprechen für unseren Antrag, nehme ich an!)

Allen Beteiligten ist deshalb klar, dass ein Verbleib des FixSterns am derzeitigen Standort keinen Sinn macht. Das wird selbst vom Betreiber nicht befürwortet. Eine einvernehmliche Verlagerung an einen anderen Standort wird es – soweit es heute der Sachstand ist – nicht geben.

(Michael Neumann SPD: Warum nicht?)

Deshalb kommt aus meiner Sicht und nach derzeitigen Überlegungen nur die Schließung infrage.

(Senator Peter Rehaag)

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Ich warne an dieser Stelle ausdrücklich vor leichtfertiger Panikmache, die in der hiesigen Drogenhilfe bei Schließung oder Verlagerung von Projekten leider schon eine traurige Tradition hat. Ich sage Ihnen ganz deutlich: Der Senat hat in seinem neuen Konzept die niedrigschwelligen Einrichtungen zur Erreichbarkeit der Zielgruppe ausdrücklich bejaht. Er hat zugleich aber auch festgeschrieben, dass Niedrigschwelligkeit nur Mittel zum Zweck und nicht Selbstzweck sein darf.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Es wird in Hamburg weiterhin niedrigschwellige Einrichtungen in einer Anzahl geben, die erforderlich ist, um diese Menschen an das Hilfesystem zu binden und sie von weiterführenden Angeboten profitieren zu lassen. Hierzu muss, wie überall im Medizinbetrieb, die Verweildauer in den Einrichtungen deutlich verkürzt werden. Mit einer mehrjährigen Warteschleife in Kontaktläden und Konsumräumen ist niemandem gedient, weder den Süchtigen noch den Therapeuten und zuallerletzt nicht dem Stadtteil und der Bevölkerung.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Die künftige Hilfe für Süchtige im Schanzenviertel muss nicht zwingend durch eine Einrichtung im Maßstab 1:1 zum FixStern erfolgen. Die Behörden arbeiten deshalb jetzt an einem Konzept, das sowohl Kompensationsmaßnahmen der Hilfe für Drogenabhängige enthält als auch das polizeiliche Vorgehen gegenüber der Drogenszene im Schanzenviertel festlegt. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es gelingen wird, auch für die Süchtigen im Schanzenviertel künftig eine deutlich stärkere Therapieorientierung zu erreichen. Diese Therapieorientierung ist in der dritten Säule des neuen drogenpolitischen Konzepts, nämlich Hilfe und Therapie, ausdrücklich auf neue Behandlungsmethoden für Suchtkranke bezogen. Zu nennen sind hier das Modellvorhaben Heroinbehandlung ebenso wie die Akupunkturbehandlung bei Alkoholabhängigkeit.

Wir wissen alle, dass Hamburg mit der Teilnahme an der bundesweiten Heroinstudie Neuland betreten hat. Als seinerzeit der damalige Bürgermeister Dr. Henning Voscherau die Größenordnung von ungefähr 300 Heroinprobanden in Hamburg in die Diskussion brachte, hätte bereits klar sein müssen, dass bei den hohen Anforderungen einer klinischen Arzneimittelstudie eine derartige Größenordnung nicht so einfach zu rekrutieren sein würde.

(Unruhe im Hause – Glocke)

Ich möchte gern für Ruhe sorgen, damit ich den Redner verstehen kann. Wer das nicht möchte, muss das Plenum verlassen.

(Beifall bei der SPD, der GAL und bei Dietrich Wer- sich CDU)

Aus den von Herrn Dr. Voscherau prophezeiten 300 Probanden wurden auf der Grundlage wissenschaftlicher und methodischer Berechnungen bekanntlich 230, die mit einem extremen personal- und kostenaufwendigen Prozedere den wissen

schaftlichen Beweis für eine Eignung der Substanz und des Behandlungskonzeptes antreten sollen. Ich nehme die Rekrutierungsprobleme am Högerdamm sehr ernst und weiß um die ungeheure finanzielle Last dieser Studie für Hamburg. Die Aussicht auf ein künftig zugelassenes und von der gesetzlichen Krankenversicherung anerkanntes Medikament ist jedoch riesig und rechtfertigt diese Anstrengungen.

Im Übrigen verweise ich auf den bundesweiten Zusammenhang. Die von den übrigen Kommunen in Deutschland im Vertrauen auf eine ordnungsgemäße Studiendurchführung getätigten Investitionen sind beachtlich. Es gilt für mich deshalb trotz aller Schwierigkeiten weiterhin der Grundsatz „pacta sunt servanda“.

(Ingo Egloff SPD: Das hat Franz-Josef Strauß auch immer gesagt!)

Das Ende der Fahnenstange ist bei der Rekrutierung längst nicht erreicht; das Verfahren läuft bekanntlich weiter. Dies bedeutet umgekehrt aber nicht, dass wir mit der Heroinstudie heute bereits bei einem Point of no return wären, wo ein Ausstieg kategorisch ausgeschlossen wäre. Ich werde deshalb in den kommenden Wochen sehr genau beobachten, ob ein solcher Punkt erreicht sein wird, an dem die erwarteten Perspektiven nicht mehr gegeben sind und deshalb politisch konsequent gehandelt werden muss.

Auf die veränderten Entwicklungen im Bereich der Sucht reagiert der Senat mit einer ausstiegsorientierten Reform und Weiterentwicklung der Hilfen für Suchtkranke. Schwerpunkt dieser Reform ist die stärkere Zielgruppenorientierung der Hilfen und ihre Anpassung an veränderte Bedarfslagen. Dieses Ziel wird zum Beispiel durch die ergänzenden Hilfen für Crack-Abhängige am Besenbinderhof umgesetzt.

Drogenpolitik ist ein schwieriges Geschäft, das eine sachliche und differenzierte Herangehensweise erfordert. Mit dem umfassenden Maßnahmenpaket des neuen Senats und seiner Konzeption in den Bereichen Prävention, Kriminalitätsbekämpfung und Drogenhilfe wird die Grundlage geschaffen, Drogennachfrage und -angebot dauerhaft und nachhaltig zu senken. Damit sind wir ohne Frage auf dem besten Weg – entgegen sämtlichen negativen Prognosen und Unkenrufen heute im Saal –, das langjährige Drogenproblem in Hamburg konsequent, effektiv und sachgerecht anzugehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Gibt es weitere Redewünsche? – Die sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Drucksache 17/2353. Wer möchte diese an den Gesundheitsausschuss überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das wurde abgelehnt.

Dann lasse ich in der Sache abstimmen. Wer will den Antrag aus der Drucksache 17/2353 annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mit Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zur Überweisung der Drucksache 17/2150 an den Gesundheitsausschuss. Wer möchte dieser zustimmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist somit mehrheitlich abgelehnt.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 17/2150 Kenntnis genommen hat.

(Senator Peter Rehaag)

A C

B D

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 47. Antrag der Koalitionsfraktionen: Cluster Medizintechnologie Hamburg/Lifescience.

[Antrag der Fraktionen der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP: Cluster Medizintechnologie Hamburg/Lifescience – Drucksache 17/2281 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 17/2348 ein Antrag der SPD-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der SPD: Cluster Medizintechnologie – Drucksache 17/2348 –]

Beide Drucksachen möchte die SPD-Fraktion an den Wirtschaftsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Hardenberg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Durch die Konzentration auf wenige, aber extrem wichtige Technologieschwerpunkte kann in der positiven Entwicklung der Wirtschaft Hamburgs viel erreicht werden. Wie der Antrag der CDU sehr richtig sagt, ist einer dieser Bereiche die Medizintechnologie.

Die weltweit circa 16 000 Hersteller von Medizinprodukten decken mit ihren Produkten ein globales jährliches Marktvolumen von über 160 Milliarden US-Dollar ab. Mit im Durchschnitt jährlichen Wachstumsraten von bis zu 10 Prozent liegt die Medizintechnologie noch vor den Steigerungsraten der Pharmaindustrie von circa 8 Prozent. In Nischen der Medizintechnologie werden sogar Steigerungsraten von über 20 Prozent erzielt.

Wenn allein in Hamburg circa 80 Betriebe in dieser Wachstumsbranche tätig sind, ist es sehr naheliegend, ein Cluster als regionalwirtschaftliches Erfolgsmodell anzustreben und Hamburg als Zukunftsstandort für ein führendes Medizintechnikzentrum zu etablieren. Hierbei sollte der Senat den Vorschlägen der von McKinsey verfassten HamburgStudie „Vision 2020“ folgen und die Medizintechnik mit den klinischen Spitzenforschungsinstituten verzahnen, die Spezialisierung, Technisierung, Qualitätsoffensive der Hamburger Kliniken vorantreiben und eine enge Zusammenarbeit der Kassen mit den Zulassungsbehörden zur Erhöhung der Behandlungsqualität und Effizienz durch Hightech erreichen.

Die Vorteile in der räumlichen Nähe Hamburgs wären die gemeinsame Nutzung der vorhandenen Infrastruktur, der Zugang zum branchenspezifischen Kapital und zu Fördergeldern, der gemeinsame Netzwerkzugang zum Arbeitsmarkt für spezialisierte Fachkräfte und ein intensiver Austausch von Unternehmen und Forschung. Mit diesen Maßnahmen fällt es zum Beispiel auch der HWF leichter, neue Firmen im Bereich der Medizintechnologie anzusiedeln, denn Vernetzung, Kooperation und der regionale Knowhow-Pool sind hierfür beste Argumente.

Mit der Schaffung des Clusters Medizintechnologie würde nicht ängstlich auf den Erhalt von Bestehendem geschaut, sondern würden mutig neue Wege beschritten, um den Wirtschaftsstandort Hamburg mit Innovation und einem breiten Wissensfundament weiter zu sichern. – Danke.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)