Herr von Beust, meine Damen und Herren! Vermeiden Sie die Verunsicherung über die richtigen Prioritäten. Sorgen Sie dafür, dass so bald wie möglich eine schnelle Bahnverbindung nach Berlin realisiert wird. Die Weichen dafür sind bereits gestellt.
Die Handelskammer hat zur Wirtschaftspolitik eine Nachbesserung angemahnt; ich habe das schon erwähnt. Nachbesserungen brauchen wir auch dringend im Bereich der Gleichstellung.
Kein Wunder bei dieser eisernen Männerfreundschaft, dass der Blick für die Frauenperspektive verloren geht.
(Beifall bei der SPD – Horst Zwengel Partei Rechts- staatlicher Offensive: Das ist das einzige wahre Thema, was Sie haben!)
Was da an Sechziger-Jahre-Geschlechterrollen reproduziert wurde, ist Ausdruck männlicher Ignoranz gegenüber weiblichen Interessen.
Und nun haben Sie im Senat einen Frauenanteil von unter 10 Prozent. An dieser Stelle begrüße ich Frau Schnieber-Jastram noch einmal ganz besonders.
Wir wollen ja Positives sagen. Immerhin haben Sie im CDU-Fraktionsvorstand den Frauenanteil auf jetzt zwei Frauen verdoppelt. Glückwunsch!
Herr von Beust, Ihre Aussage in der „Welt“ vom 2. April dieses Jahres, „das ist ein Wermutstropfen, den ich sehr bedauere, aber schließlich kann ich mir die Frauen, die dann auch gewählt werden, nicht schnitzen“, ist eine Frechheit und ein Schlag in die Gesichter aller Frauen in Ihrer Partei.
Die Sache ist ganz einfach: Frauenpolitik und Geschlechterdemokratie sind in diesem Männerhaufen unwichtig.
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Herrenriege dieser Koalition entweder von Gender-Mainstreaming noch nie etwas gehört hat oder glaubt, es handele sich um einen Fluss in Schottland.
Den Frauen in der CDU, der FDP und der Schill-Partei kann ich da nur zurufen: Wir helfen Ihnen, wenn Sie den Paschas in Ihren Reihen ordentlich Feuer machen.
Beim Thema Kultur steht auf meiner Überschrift: Avanti dilettanti. Den kulturpolitischen Scherbenhaufen, den die drei Freunde angerichtet haben, habe ich bereits beschrieben. Der Gipfel war bisher die Weigerung, die Gedenkstätte Neuengamme auszubauen und die Vollzugsanstalt zu verlagern. Viel zu spät fiel Herrn Lange ein, dass diese Entscheidung nicht nur die noch lebenden Opfer verhöhnt, sondern alle 100 000 Opfer, die im KZ Neuengamme gearbeitet haben und in großer Zahl gestorben sind.
Er wurde gleich wieder zurückgepfiffen. Herr von Beust, Sie haben hier und heute die Chance, diesem unwürdigen Schauspiel ein Ende zu machen und ein anständiges Wort gegenüber den Betroffenen zu sagen.
Die Suche nach einer Kultursenatorin artete zu einem Stepptanz in Fettnäpfchen aus. Wir flehen Sie an, Herr von Beust, den eingeschlagenen Kurs durchzuhalten, sich Zeit zu lassen und den Rat der Fachleute anzunehmen. Es wird lange dauern, bis Sie das verloren gegangene Vertrauen wieder neu geschaffen haben; das ist am Ende Ihre Verantwortung.
Meine Damen und Herren! Hamburg ist das Tor zur Welt. Das gilt vor allem für die Offenheit der Stadt. Jeder sechste Einwohner Hamburgs hat keinen deutschen Pass und noch viel mehr Menschen haben einen Migrationshintergrund. Jeder, der die Geschichte dieser Stadt kennt, weiß, dass sie aus Zuwanderung und Weltoffenheit immer Stärke, lebendige Vielfalt und Wohlstand geschöpft hat. Die Bürgerinnen und Bürger haben in den vergangenen Jahrzehnten eine außergewöhnliche Integrationsleistung bewiesen. Gott sei Dank sind wir, anders als in anderen Städten Deutschlands, von schweren fremdenfeindlichen Übergriffen verschont geblieben.
Menschen unterschiedlichster Nationalitäten kommen aus religiösen, familiären, politischen, vor allem aber aus wirtschaftlichen Gründen nach Hamburg. Das zentrale Ziel muss sein, die Zuwanderung, Einbürgerung und Integration so zu regeln, dass sowohl den ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern als auch den hier lebenden Menschen Rechnung getragen wird. Hierfür steht die SPD.
Der einzige Kommentar in Ihrem Koalitionsvertrag zum Stichwort Ausländerpolitik lautet, dass ausreisepflichtige Ausländer konsequent abgeschoben werden. Das ist beschämend.
Meine Damen und Herren von der Koalition! Sie spielen uns eine unerträgliche Leichtigkeit des Seins vor, ein „Hauen-wir-auf-die-Pauke-Partystimmungsgeklinge“ von drei kräftigen Männern, die Hamburg schultern wollen und dabei die Hälfte vergessen. Ole von Beust hat einen Zweiten Bürgermeister, den er dringend braucht und dem er Zugeständnisse machen muss. Herr von Beust, passen Sie auf, dass gerade hier nicht der Schwanz mit dem Hund wackelt.
Wir warnen Sie vor einer Politik, die spaltet und ausgrenzt. Sie machen Stimmung gegen Arme, Sie treiben Benachteiligte und Langzeitarbeitslose in den Sozialhilfebezug. Gleichzeitig versprechen Sie Sicherheit total. Die wahre Politikkunst ist aber, Sicherheit zu garantieren und zugleich Bürgerrechte zu wahren.
Herr von Beust, Herr Schill, Herr Lange! Sie werden Ihren Katalog des Grauens – so hat ihn Michael Veit von der „taz“ beschrieben – mit Sicherheit umsetzen wollen. Der Wahn von der autogerechten Stadt, die Politik der sozialen Kälte und der harten Hände sind schließlich keine Lippenbekenntnisse.
Sie haben dieser Stadt durch Ihren Wahlkampf bösen Schaden zugefügt. Ich habe Verständnis, dass die Opposition laute und auch harte Kritik beim Thema Innere Sicherheit geübt hat.
Aber dass Sie Hamburg zur Hauptstadt des Verbrechens diffamiert haben, hat dem Image der Stadt sehr geschadet.
Wir Sozialdemokraten lieben diese Stadt. Unsere Leitidee ist und bleibt, dieses schöne Hamburg als weltoffene, wirtschaftsstarke, sozial gerechte und kulturell vielfältige Stadt zu bewahren. Daran werden wir unser Oppositionshandeln ausrichten. Wo Sie in diesem Sinne handeln, werden wir Sie unterstützen.
Unsere Babys, die großen Zukunftsprojekte, die von Henning Voscherau und Ortwin Runde auf den Weg gebracht wurden, haben Sie, Herr von Beust, bisher mitgetragen. Auch deshalb pflegen wir diese Vorhaben in Zukunft gemeinsam mit Ihnen. Eine Fundamentalopposition wird es mit uns nicht geben. Was die Regierung gut macht, werden wir unterstützen.