Sie erwarten von uns, dass wir Ihnen Ihre 325-MillionenEuro-Programme glauben? Ihre Bundesregierung ist, wenn es darum geht, den Bürgerinnen und Bürgern das Geld aus der Tasche zu ziehen und das Land in eine schwere Sozi-Depression zu stürzen, einfallsreicher als jeder Songschreiber. Was mir der Schröder gestern genommen hat, will er morgen in Hamburg in die Bildung stecken? Das glauben Sie nicht einmal selbst. Mal so eben 325 Millionen Euro drauflegen? – Sorry, das glaube ich Ihnen nicht.
Erinnern Sie sich an Ihren eigenen Spruch: „Law is a labour issue“? Dazu fällt mir ein: „Lie is a labour issue.“
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Woestmeyer, Sie haben sich gerade ein wenig abfällig über die Petenten geäußert. Ich möchte mich zunächst bei den Petitionseinreichenden in dieser Stadt für die demokratische Mühe bedanken, die sie sich gemacht haben.
Merkwürdigerweise glaubt dieser Senator, die Petition sei – dies sagte er in einem Interview in der „Welt“ am 23. November – zu seiner Unterstützung eingereicht worden. So viel Realitätsverlust ist schon bedenklich.
Die Ausstattung der Schulen verschlechtert sich, er kämpft nicht für sein Ressort. Die Senatorinnen und Senatoren dieses Ressorts waren Kämpferinnen und Kämpfer für die Schüler, Eltern, die Qualität und für die Ausstattung der Schulen. Herr Senator, Sie sind es nicht! Dieser Senator setzt einzig Kürzungen durch.
Die eigenen Ideen, egal wie man sie bewertet – Stärkung der Haupt- und Realschulen oder Abitur nach zwölf Jahren –, sind konzeptlos und nicht ausfinanziert. Wenn man den Vorsitzenden des Lehrerverbandes aus der heutigen „Hamburger Morgenpost“ zitiert, dann hat die Regierungskoalition behauptet, die Haupt- und Realschulen fördern zu wollen, doch bisher hat sie diese Schulform nur etwas weniger gerupft als die anderen.
Ihre Ideen bleiben auf dem Niveau von „Wünsch mir was“. Ich glaube, man kann Sie mit Fug und Recht als Minussenator des Jahres 2002 bezeichnen, ohne bildungspolitischen Esprit und ohne Durchsetzungsvermögen.
(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL – Dr. Wieland Schinnenburg FDP: Herr Schröder ist in Hamburg ja nicht Senator! Sonst wäre er es!)
Meine Kollegin Ernst hat bereits vom Unterrichtsausfall bis hin zur Abschaffung guter Schulversuche alles ausgeführt. Sie handeln nach dem Motto: Alles, was mit i anfängt, ist igitt. Sie kürzen die Mittel für Gesamtschulen mit der Absicht, Herr Drews, durch Qualitätsverschlechterung die Elternwahl zu beeinflussen. Sie kürzen die Ausgaben für Unterrichtsmittel, ohne ein Konzept vorzulegen. Außerdem ist Ihre Bildungspolitik zutiefst ideologisch motiviert. Ausgrenzung, Reduzierung und Kappung von Durchlässigkeit und zweiten Chancen sind die herausragenden Kennzeichen Ihrer Bildungspolitik.
Beim Thema „Verkammerung der Berufschulen“ mussten Sie schon zurückrudern; das ist die Wahrheit. Hoffentlich tun Sie es auch noch bei der Abschaffung der integrativen Regelklassen und der Fachoberschulen.
Schüler, Eltern und Lehrer sind zu Recht erbost und demonstrieren permanent gegen diese Maßnahmen des Bildungssenators. Über 40 000 Hamburgerinnen und Hamburger haben dies zusätzlich durch ihre Unterschrift bekräftigt. Das ist ein Armutszeugnis und keine Unterstüt
zung für Ihre Politik. Es deutet aber – das können Sie sich vielleicht einmal an den Spiegel heften – darauf hin, dass es in dieser Stadt ein hohes Interesse an Schul- und Bildungspolitik gibt. Das sollten Sie bei der Beratung der Schulgesetznovelle bedenken. Sorgfalt, Zeit und Beratungsoffenheit sind gefordert. Von alledem gab es bisher noch nichts.
Zum Beispiel gibt Ihre Behörde eine Broschüre „Den richtigen Weg wählen“ heraus, in der Sie die Ergebnisse der Schulgesetznovelle präsentieren, als seien Beratungen überhaupt nicht notwendig. Das ist nicht beratungsoffen, Herr Senator.
Sie sind – das sage ich noch einmal, das kann man nicht oft genug wiederholen – kein Bildungssenator, Sie haben keinen Esprit, Sie sind ein Bildungsabwicklungssenator!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Woestmeyer, es ist einfach nicht zu fassen! Sie behaupten, dass Sie die Bildung als erste Priorität auf Ihre Fahne geschrieben haben. Das ist einfach maßlos. Sie wissen genau – das kann man schallplatten- oder CD-artig wiederholen –,
Damit geben Sie es gerade zu. Und dann können Sie doch nicht sagen, dass Sie den Bildungsetat ausgeweitet haben. Das ist doch absoluter Kokolores.
Das 100-Junglehrerinen-Programm ist eine einmalige Sache und reicht nicht aus, in Zukunft die Verlässlichkeit des Unterrichts sicherzustellen. Sie versuchen aber, uns zu zeigen, dass dieses so ist. Im Gymnasialbereich wird zum 1. Februar kein einziger Lehrer eingestellt. Lassen Sie mich das an einer Zahl genau festmachen.
Sie haben für die Haushaltsberatungen 2003 vorgeschlagen, 410 Lehrer weniger auszubilden. Das ist natürlich eine geniale „Schwerpunktsetzung“, wenn 600 bis 700 Lehrerinnen durch die Pensionierungswelle ausscheiden werden. Wie wollen Sie eigentlich garantieren, dass Unterricht noch entsprechend stattfindet? Können Sie mir das sagen, Herr Woestmeyer?
Es ist ziemlich verantwortungslos, wenn Sie damit so umgehen. Ich kann die große Sorge der Eltern, der Schülerinnen und Schüler und natürlich auch die der Kolleginnen und Kollegen verstehen, die die Petition unterschrie
ben haben, weil sie nicht wollen, dass Sie die Schulpolitik so an die Wand fahren. Wir werden mit aller Kraft die Volkspetition unterstützen, und zwar nicht Hand in Hand mit irgendwelchen Organisationen, sondern Hand in Hand mit denen, die betroffen sind und die unter Ihrer Schulpolitik zu leiden haben. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine Bemerkung muss zu diesem Punkt doch noch gemacht werden.
Sie sprechen an, dass sich Herr Woestmeyer nicht so darstellen sollte, wie Sie es ihm gerade vorgeworfen haben. Ich muss Ihnen dann aber auch die Frage stellen: Frau Goetsch, warum haben Sie Ihren Einfluss in den letzten vier Regierungsjahren – Sie sind jetzt Fraktionsvorsitzende – bei Ihrem Kollegen Herrn Zuckerer und anderen nicht dahin gehend deutlich gemacht, indem Sie dem gesamten Parlament die festgestellten Lehrerbedarfe in dieser Stadt in den Haushaltsberatungen vorgelegt haben, damit diese solide finanziert werden?