Aus meiner Sicht ist es angezeigt, dieses Thema zur genauen Überprüfung an den Bau- und Verkehrausschuss zu überweisen. Es hat sicher interessante Aspekte, man sollte nur im Einzelnen sorgfältig abwägen, ob der Bedarf und die entstehenden Kosten in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Deswegen wird die FDP-Fraktion einer Überweisung an den Bau- und Verkehrsausschuss zustimmen. – Vielen Dank.
Die CDU möchte die Drucksache 17/1277 an den Bau- und Verkehrsausschuss überweisen. Wer möchte dies so beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit einstimmig so beschlossen worden. Im Übrigen hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.
Ich rufe nun die Punkte 46, 49 und 50 auf: Anträge der SPD-Fraktion: Barrierefreier Ausbau der Schnellbahnhaltestellen, Beratungsstellen für körperbehinderte Menschen und Internationaler Malwettbewerb zum Europäischen Jahr für Menschen mit Behinderungen.
[Antrag der Fraktion der SPD: Barrierefreier Ausbau der Schnellbahnhaltestellen – Drucksache 17/1271 –]
[Antrag der Fraktion der SPD: Beratungsstellen für körperbehinderte Menschen – Drucksache 17/1374 –]
[Antrag der Fraktion der SPD: Internationaler Malwettbewerb zum Europäischen Jahr für Menschen mit Behinderungen – Drucksache 17/1375 –]
Die FDP-Fraktion hat beantragt, die Drucksache 17/1271 federführend an den Bau- und Verkehrsausschuss und mitberatend an den Sozialausschuss zu überweisen.
Für die Drucksache 17/1375 liegt ein Überweisungsantrag der CDU-Fraktion an den Sozialausschuss vor.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Heute liegen der Bürgerschaft drei Anträge der SPD-Fraktion zur Behindertenpolitik vor. Wir verbinden damit drei Ziele.
Erstens: Die Schaffung verbindlicher Pläne zur weiteren Verbesserung der Mobilität behinderter Menschen.
Zweitens: Die Abwendung drohender schmerzhafter Einschnitte bei der Beratung körperbehinderter Menschen.
Drittens: Vor dem Hintergrund des bevorstehenden Europäischen Jahres für Menschen mit Behinderungen 2003 die frühzeitige Einbindung von Hamburgs Schülerinnen und Schülern.
Die Beratung dieser Anträge erfolgt auch oder gerade vor dem Hintergrund des heutigen Datums 19. September. Denn – Herr Schira, hören Sie bitte ganz genau zu – vor genau einem Jahr – am 19. September 2001, vier Tage vor den Bürgerschaftswahlen, also zur Hochzeit des Wahlkampfes – war es die CDU-Fraktion, die in einer groß angelegten Pressekonferenz unter dem Motto „Barrieren abbauen – Integration fördern“ den Menschen viele Dinge versprochen hat.
Doch heute, genau 365 Tage später, müssen die Menschen in dieser Stadt feststellen, dass Ihren vielen vollmündigen Ankündigungen, Herr Schira, keine Taten gefolgt sind.
So zum Beispiel beim ÖPNV. Der barrierefreie Ausbau des ÖPNV ist gerade bei mobilitätseingeschränkten Menschen, Senioren, aber auch bei Eltern mit Kleinkindern ein unverzichtbarer Bestandteil einer verantwortungsvollen und zukunftsweisenden Verkehrspolitik. Denn nur so kann dafür Sorge getragen werden, dass möglichst alle Menschen am Leben in unserer Stadt angeschlossen werden oder dass die Bewältigung von schwierigen Wegen für sie nicht unnötig erschwert wird.
Vor diesem Hintergrund hat die Bürgerschaft Anfang der neunziger Jahre die Aufstellung des so genannten Senatsprogramms zum behindertengerechten Ausbau des Schnellbahnnetzes beschlossen. Durch die erheblichen Kraftanstrengungen des letzten Jahrzehnts konnten bis heute circa 40 Prozent aller Haltestellen behindertengerecht oder behindertenfreundlich ausgebaut werden. Hinzu kamen die enormen Investitionen im Busbereich, wo Niederflurbustechnik mittlerweile zum Standard gehört. Sie haben uns im vorherigen Beitrag schon bestätigt, wie gut wir in diesem Bereich sind.
Die jetzt noch laufenden Umbauten beziehungsweise in Kürze beginnenden Vorhaben entstammen dem Programm des SPD-geführten Vorgängersenats.
Wie es danach konkret weitergehen soll, darüber wird beharrlich geschwiegen. Damit dieser Ausbau aber nicht ins Stocken gerät, bedarf es angesichts der langen Vor
laufzeiten und der zunehmend ungünstiger werdenden Rahmenbedingungen verbindlicher Entscheidungen. Obwohl der Bedarf – das sage ich besonders vor dem Hintergrund des hoffentlich bald eingereichten Hamburger Landesbehindertengleichstellungsgesetzes – deutlich wachsen wird, bricht zum einen eine wichtige Finanzierungsquelle – die Stellplatzablöse – weg, zum anderen werden auf der Ausgabenseite Milliardenbeträge für wenige zusätzliche Schnellbahnkilometer langfristig gebunden, die den Verkehrsetat in einem enormen Umfang belasten. Aber diesen Unsinn haben wir bereits gestern debattiert.
Damit in dieser Situation der barrierefreie Ausbau nicht hinten herunterfällt, fordern wir für die nächsten vier Jahre eine Aktualisierung der so genannten Prioritätenlisten sowie die Aufstellung eines verbindlichen kurz- bis langfristigen Maßnahmenplanes.
Letzteres ist entscheidend, denn eine isolierte Aktualisierung der Prioritätenliste, die uns mittlerweile vom HVV und der HHA in der Sitzung des Sozialausschusses zugesagt wurde, führt natürlich nicht automatisch zum Umbau oder auch nur zu einer einzigen weiteren Haltestelle.
Nun kann man sich fragen, warum Sozis bei allen Ankündigungen immer so skeptisch sind und warum es uns immer nur ums Geld geht. Dazu kann ich Ihnen nur antworten: Wie ich eingangs sagte, wurde dieses von Frau Blumenthal und Herrn Schira am 19. September, genau vor einem Jahr, öffentlich gefordert. Sie haben damals die Situation – also inklusive der noch anstehenden Umbaumaßnahmen – als völlig inakzeptabel gebrandmarkt und die Vorlage eines Ausbaumasterplans für fünf Jahre gefordert. Aber nur vier Wochen später – am 19. Oktober – haben Sie einen Koalitionsvertrag geschlossen, in dem im Verkehrsteil, der immerhin 58 Punkte enthält, dieses wichtige Thema nicht mit einer Silbe erwähnt wird.
Warum haben Sie heute – genau elf Monate nach Ihrem Koalitionsvertrag – dieses Thema hinten herunterfallen lassen? Dass die Menschen misstrauisch werden, kann man ihnen nicht verübeln.
Daher sind wir gespannt, ob Sie am heutigen 19. unserem Antrag zustimmen oder ob Sie weiterhin Ihre Wahlversprechen brechen werden.
Nun zu den Beratungsstellen. Sie und der Senat haben es auch politisch zu verantworten, dass heute viele körperbehinderte Menschen verunsichert sind, weil sie nicht wissen, ob sie auch in Zukunft vor Ort eine qualifizierte staatliche Beratung erhalten können. Denn die Pläne, die Hälfte dieses gesetzlich verankerten Beratungsangebots zusammenzustreichen, zeigen, dass das Versprechen von Frau Senatorin Schnieber-Jastram, im Behindertenbereich nicht zu sparen, und auch die Ankündigungen des Bürgermeisters keinen Bestand haben.
Auch wenn die Senatorin nicht für die Bezirke zuständig ist – wie sie in der letzten Sitzung des Sozialausschusses gesagt hat –, hat sie die politische Verantwortung. Bei einer solchen politisch brisanten Frage muss sie sich einmischen. Das haben Sie versäumt, Frau Senatorin; dafür tragen Sie die Verantwortung.
Es bedurfte des massiven Protestes der Betroffenen und Behinderten-Verbände, damit in der Sommerpause keine vollendeten Tatsachen geschaffen werden konnten. Stattdessen soll eine Arbeitsgruppe die Auswirkungen prüfen. Die SPD und die Betroffenen sind sehr daran interessiert, die Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe in den nächsten Sitzungen des Sozialausschusses zu hören.
Für eine große Zahl betroffener Menschen in dieser Stadt sind verbindliche Weichenstellungen für den weiteren barrierefreien Ausbau des ÖPNV, keine überhasteten und überzogenen Einsparungen zulasten von Menschen mit Behinderungen und die Unterstützung der Aktivitäten zum Europäischen Jahr der Behinderten wichtige Ziele für eine verantwortungsvolle Politik.
Insbesondere vor dem Hintergrund des 19. September 2001 muss es endlich auch in Hamburg heißen: Es ist Zeit für Taten. – Vielen Dank.