Auf der Demonstration wegen ihren Schulschließungen vor einigen Wochen stand auf einem Transparent: Statt Schulsenator Schuldiktator Lange. Und einer der Jugendlichen sagte: Lange will mir vorschreiben, was ich lernen soll, das ist ja wie in der DDR. Ist das die liberale Handschrift des Schulsenators, Herr Lange?
Nur wegen des geballten Protests auch in diesem Hause sind Sie zurückgerudert, nicht aus Einsicht. Mit dieser Haltung passen Sie gut in diese Regierung, denn die Koalitionäre haben Bevormundung statt Mitbestimmung auf ihre Fahnen geschrieben, zum Beispiel beim Bürgerbegehren in der Stresemannstraße. Dort haben die Anwohner – Sie
wissen es – Unterschriften gegen die Autoraserei gesammelt und eine Busspur und Tempo 30 gefordert. Erster Erfolg: Die gesetzlich vorgeschriebene Voraussetzung für ein Bürgerbegehren wurde erreicht. Was machen CDU, SchillPartei und FDP in der Bezirksversammlung Altona?
Sie stimmen dem Bürgerbegehren gegen ihre eigene Überzeugung zu und verhindern durch diesen Druck das weitere Verfahren. Sie, Herr von Beust, haben zugelassen, dass so demokratische Rechte der Bürgerbeteiligung verhöhnt werden.
Sie sind in diese Regierung gewählt worden, um etwas für die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt zu tun, aber Sie machen Politik gegen die Bürger.
Heftige Wortgefechte zwischen Ronald Schill und dem damaligen SPD-Innensenator Olaf Scholz gipfelten in Schills Vorwurf, Sozialdemokraten hätten Blut an den Händen; wir werden Ihnen das nicht vergessen. Mit diesem Vorsprechen hat sich Schill um die Rolle des Obersheriffs beworben. Jetzt hat er sie und wir sehen, wie er sie spielt. Sie haben viel versprochen, Herr Schill, und ich frage mich, welches dieser Versprechen Sie eigentlich noch nicht gebrochen haben.
(Dirk Nockemann Partei Rechtsstaatlicher Offen- sive: Sie können das alles beurteilen, das ist Ihr Problem!)
Weil es mit der Halbierung der Kriminalität nicht so richtig klappen will, lassen Sie laut darüber nachdenken, Großverfahren einfach nicht mehr zu erfassen; auch eine Methode, die Statistik schönzurechnen. Oder Sie verkünden launig, sie hätten ja nicht die ersten 100 Tage gemeint; wirklich witzig.
Statt der versprochenen 2000 Polizeibeamten sollen 350 Hilfskräfte nunmehr Sicherheit vorgaukeln. Dazu kommen unausgegorene Ideen für eine Bürgerwehr, für die sich schon organisierte Nazis beworben haben. Herzlichen Glückwunsch, das hat uns gerade noch gefehlt.
(Beifall bei der SPD und der GAL – Zurufe von der CDU: Na, na, na! und Zurufe von der Partei Rechts- staatlicher Offensive)
Mittlerweile gibt es erste Umfragezahlen. Der Schill-Kurs geht abwärts und das ist verständlich. Glänzende Auftritte haben Sie, Herr Schill, nur noch auf den Fotoseiten der Klatschblätter.
Herr von Beust, Sicherheit war auch Ihr Thema Nummer eins. Wirklich? Auch 166 Tage nach dem Regierungsantritt gibt es keine neuen Konzepte für mehr Sicherheit in der Stadt, nicht beim Kampf gegen Jugendkriminalität, nicht beim Problem der Drogensucht und bei der allgemeinen Kriminalität.
(Richard Braak Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Seid ihr blind? – Zuruf von der CDU: Das sehe ich aber anders!)
Inzwischen wissen wir auch, was es mit dem von Schill beschworenen neuen Geist bei der Polizei wirklich auf sich
hat. Einer der besten Hamburger Revierleiter wird ohne die anstehende Beförderung in ein Projekt abgeschoben. Der Leiter des Landeskriminalamts wirft die Brocken hin. Der Chef der Abteilung Organisierte Kriminalität, ein international geschätzter Beamter, muss wegrotieren. Und wenn die jüngsten Berichte stimmen, wird auch der Leiter der Bereitschaftspolizei auf Schills so genannter Abschussliste stehen. Wer seine eigenen Mitarbeiter so behandelt, wer ansonsten vor allem als „Senator Tatenlos“ auftritt, wer Hamburgs Besuch von 20 bayerischen Polizisten als Beitrag zur Sicherheit der Stadt verkaufen will, dem nimmt man die Rolle als Sheriff nicht einmal ab.
Bei Herrn Schill reicht es nicht einmal zum Schauspieler. Mit Ihrer kosmetischen Politik sind Sie in der Regierungstruppe der oberste Kulissenschieber geblieben, sonst nichts.
Es ist also alles andere als ein Lustspiel, was die Regierungstruppe in Hamburg aufführt. Wir sehen es als Drama und das meine ich jetzt ernst. Frauen zurück an den Herd schicken,
Jugendlichen die Zukunft verbauen, Arbeitslosen die Perspektive nehmen, Opfern von sexuellem Missbrauch die Hilfe streichen, das ist nichts anderes als schreckliche Politik, schrecklich für die Menschen in der Stadt in Hamburg.
Nicht vergessen dürfen wir, wer für diese Politik, für all das die Verantwortung trägt, das ist der Bürgermeister Ole von Beust. Sie, Herr von Beust, sind der Regisseur dieses Trauerspiels, Sie ziehen die Fäden, Sie bestimmen, was gespielt wird, zumindest sollte es so sein. Mit Ihnen hat auch Hamburg seit dem 23. September eine K-Frage, die Frage nach dem Können.
Zu einigen der Regierungsmitglieder habe ich mich schon geäußert, gerne hätte ich mich auch mit dem Ersten Bürgermeister und seiner Arbeit auseinandergesetzt,
wo war der Regisseur, als Bausenator Mettbach von der Schill-Partei mit unangemessenen Wahlverwandtschaften der Stadt sagte, was Filz ist? Da hat Herr von Beust sich erst eingeschaltet, als dem Senator schon das Wasser bis zum Halse stand. Wo war der Bürgermeister, als sein Innensenator – oder war es doch der Parteivorsitzende – mit dem Jet nach München flog? Wo war der Bürgermeister, als im Bundesrat über das Zuwanderungsgesetz abgestimmt wurde? Was war mit ihm, als die Kirch-Pleite nach Hamburg kam, wo doch immerhin Tausende von Arbeitsplätzen bedroht sind?
Wo ist der Bürgermeister, wenn der FDP-Koalitionspartner bei der Airbus-Erweiterung, einem der wichtigsten Zukunftsprojekte der Stadt, plötzlich rumeiert? Was Ihre Person, Herr von Beust, angeht, drängt sich der abgewandelte Theatertitel „Warten auf Ole“ auf.
Wer nichts hört, nichts sieht, nichts sagt, kann nichts falsch machen, mögen Sie denken. Oder wollen Sie sich, ganz
Theaterregisseur, Ihren Auftritt für den Schlussapplaus aufheben, wenn das Stück zu Ende ist. Das kann aber schneller der Fall sein, als Ihnen lieb ist.
(Beifall bei der SPD – Burkhardt Müller-Sönksen FDP: Wer nichts hört und nichts sieht, kann nur von der SPD kommen!)
Herr von Beust, füllen Sie endlich Ihre Rolle als Regierungschef in Hamburg aus. Hamburg braucht einen Gestalter für die großen Zukunftsaufgaben; das lassen Sie nicht erkennen. Stattdessen verkündigen Sie blumige Konzepte, um die Stadt nicht wachsen, sondern schrumpfen zu lassen, weil Sie vergessen haben zu sagen, wie Sie eigentlich jungen Familien helfen wollen, in Hamburg ihr Eigenheim zu finanzieren. Stattdessen verabschieden Sie sich klammheimlich von Ihren eigenen so genannten Zukunftsvisionen. Erinnern Sie sich, meine Damen und Herren, im Wahlkampf haben Sie von Hamburg gern schlecht geredet: Hauptstadt des Verbrechens hieß es da, provinzielle Stadt und so weiter. Als Rezept haben Sie Visionen angeboten, die alten Kamellen vom Flughafen in Kaltenkirchen oder einen neuen Standort für die HamburgMesse, und heute? Keine Rede mehr davon.
Das finden wir einerseits gut, denn die Vorschläge fanden wir nie besonders berauschend. Andererseits müssen wir jetzt mit ansehen, wie Sie sich mangels eigener Visionen mit denen Ihrer Vorgänger schmücken, von der HafenCity über die Airbus-Erweiterung und Olympia bis hin zur wachsenden Stadt, denn natürlich ist auch das keine Erfindung dieser Regierung. Hamburg ist in den letzten 15 Jahren um 150 000 Einwohner gewachsen. 80 000 Wohnungen wurden öffentlich gefördert und privat gebaut wurde für 120 000 Menschen.
Die großen Infrastrukturprojekte – ich habe sie gerade aufgezählt – liefern die Grundlage für wirtschaftliches Wachstum und mehr Arbeitsplätze; das ist die wachsende Stadt.
Der wirtschaftliche, soziale und kulturelle Aufbruch der Stadt darf nicht zum Label verkommen. Für Sozialdemokraten steht nicht nur die Quantität, sondern vor allem die Qualität der Lebensbedingungen für alle Hamburgerinnen und Hamburger im Vordergrund. Für Ausgrenzung und Spaltung, wie Ihre Politik sie betreibt, ist da kein Platz.
Bislang lässt der Senat ein Konzept für die wachsende Metropole vermissen und auch sonst fehlen die zukunftsweisenden Visionen.
Ich kann es abschließend wiederum mit einem Theaterzitat zusammenfassen, dieses Mal aus Goethes Faust. Dort heißt es: