Wir werden uns aber über Ihre Punkte, da sie weitestgehend mit unseren identisch sind, im Verfassungsausschuss zu unterhalten haben und werden dies auch tun.
Hinsichtlich der Bildung eines Präsidiums an sich sind wir allerdings nicht bereit, den eingeschlagenen Weg zur Einsetzung dieses Kollegialgremiums, in dem alle Fraktionen dieses Hauses vertreten sein werden, in Frage zu stellen. Deshalb werden wir hierüber auch heute beschließen. Es wäre gut, wenn wir zu einem breiten Einvernehmen aller Fraktionen kommen.
Frau Alterspräsidentin, meine Damen und Herren! Herr Röder, was Sie mit dem interfraktionellen Antrag wollen, ist eigentlich eine Verfassungsänderung. Nur, an die trauen Sie sich nicht heran. Das ist das größte Problem dabei.
„Die Präsidentin oder der Präsident übt das Hausrecht und die Polizeigewalt in den von der Bürgerschaft benutzten Räumen aus; ihr oder ihm untersteht die Bürgerschaftskanzlei.“
In all diese Bereiche wollen Sie mit diesem Sammelsurium von Argumenten, die hier eben vorgetragen wurden, eingreifen. Sie wollen an der Stelle eine mehrheitliche Entscheidung schaffen, wo wir über ein Gremium reden, das alle Abgeordneten aus allen Fraktionen und alle Abgeordneten als Vertreter und Vertreterinnen des Volkes repräsentieren soll. Das ist das große Problem an dieser Geschäftsordnungsänderung.
Es ist überhaupt nicht akzeptabel, dass Sie diese Instanz, die vom parlamentarischen Selbstverständnis und von der Verfassung her alle Abgeordneten vertritt, zur Geisel der Mehrheitsmeinung machen wollen.
Sie blähen einen bürokratischen Apparat auf. Das hat bereits Herr Dr. Christier gesagt. Sie schaffen doppelte und dreifache Arbeitsgänge,
die noch durch Extradiäten belohnt werden, ohne dass es dahinter einen substanziellen Gehalt gibt. Das ist ein weiteres Problem.
ist vielleicht ein innovativer Einstieg in die Bürgerschaftsarbeit, aber nichts, dem man wirklich zustimmen sollte.
Wir haben uns erst zwei- oder dreimal getraut, eine Verfassungsänderung anzugehen, und zwar mit langwierigen Verhandlungen in den zuständigen Ausschüssen. Genau das muss mit dieser Geschäftsordnung geschehen. Möglicherweise brauchen wir keine Geschäftsordnungsänderung, sondern eine Diskussion über Artikel 18, vielleicht auch über Artikel 7; aber das fange ich jetzt nicht an. Diese Vorlage ist mit heißer Nadel gestrickt, ein Schnellgericht, das unverdaulich ist. Wir werden sie ablehnen.
Frau Alterspräsidentin, meine Damen und Herren! Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass es in der ersten Rede, die hier von der FDP nach acht Jahren Abwesenheit gehalten wird, um Substanz geht.
Sie zwingen mich jedoch mit Ihren unsachlichen Äußerungen zu einem völlig normalen Vorgang, nämlich der Änderung einer Geschäftsordnung, darauf zu antworten. Sie werden sich noch wundern, was Sie alles noch zu hören bekommen.
Herr Dr. Christier, Sie können hier erzählen, was Sie wollen, aber wenn die SPD nach 44 Jahren nicht von den Fleischtöpfen weggehen will und ganz normale Dinge nicht wahrgenommen werden sollen...
(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Petra Brinkmann SPD: So etwas Peinliches!)
Sie sprechen von zehn Diäten. Das hatten wir noch nicht einmal ausgerechnet, aber Sie waren wieder schnell dabei. Diejenige, die diesen Platz einnehmen wird, wenn es zu dieser Änderung kommt, hat erklärt, dass sie diese Diät für wohltätige Zwecke spenden wird. Das hat es bei Ihnen noch nie gegeben.
(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Werner Dobritz SPD: Ach, die Frau muss nach oben!)
Es ist eine Chuzpe, mit der Sie hier arbeiten. Hier ist die Rede vom Hausrecht der Präsidentin. Dazu sage ich Ihnen etwas sehr Skandalöses. Sechs Monate hatten Sie Zeit, sich darauf einzustellen, dass es höchstwahrscheinlich zwei neue Fraktionen geben wird. Über die Größenordnung und Zusammensetzung waren wir mit der PRO-Partei unterschiedlicher Auffassung, aber dass zwei neue Fraktionen in die Bürgerschaft kommen, konnten Sie sich seit sechs Monaten ausrechnen. Vor 17 Tagen mussten Sie leider diese bittere Wahrheit zur Kenntnis nehmen. Daran können Sie sich immer noch nicht gewöhnen. Wie erklären Sie sich sonst, dass die für das hohe Haus zuständige
Stelle in 17 Tagen nicht in der Lage ist, den sechs FDPAbgeordneten und den Mitarbeitern mehr als 8 Quadratmeter Raum zur Arbeit zur Verfügung zu stellen?
Es ist von der Frau Alterspräsidentin – Gott sei Dank – gesagt worden, dass wir schnell in die Puschen kommen sollen und dass wir unsere Arbeit aufnehmen wollen. Wir werden jedoch systematisch daran gehindert, arbeitsfähig zu werden, weil Sie nicht von den Fleischtöpfen weg wollen, weil die GAL und die SPD sich nicht darauf einigen können, wo sie hinziehen. Das ist Faktum und das muss hier gesagt werden.
Frau Alterspräsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Lange, Sie haben jetzt noch ein bisschen mehr aus dem – salopp gesagt – Sack gelassen. Wenn es so ist, dass die Geschäftsordnungsänderung den Geist trägt, dass Sie Kritik an der Amtsführung in diesem Hause haben, dann ist das eine ganz neue Botschaft. Die haben Herr Röder und die CDU immer von sich gewiesen. Dann bestätigen Sie ein Argument, dass es Mehrheiten und nicht der Einigung bedarf, um zwischen uns Parlamentariern in diesem Hause eine vernünftige Arbeit zu organisieren.
Ich gehe aber noch weiter. Ich halte Ihnen einmal zugute, dass bei Ihnen die Enttäuschung nur ein bisschen durchgegangen ist, dass etwas mit den Räumen nicht geklappt hat.
An dem Punkt kann ich Sie verstehen. Aber dann müssen Sie auch einmal bereit sein, hinzugucken, woran das liegt, denn daran sind ein paar mehr beteiligt. Sie haben uns hier erwähnt. Wir müssen umziehen.
Wir haben immer zugestanden, dass wir das auch tun. Aber das sind doch Einigungsprozesse. Sie müssen umziehen, die SPD muss Räume abgeben, die Schill-Partei muss einziehen können, aber damit, dass Sie das hier als Streit darlegen, entwürdigen Sie eigentlich das, was wir hier tun müssen, nämlich uns eine Geschäftsordnung geben, auch eine Präsidentenwahl zu organisieren, die eigentlich in diesen Dingen nicht mehrheitlich, sondern einvernehmlich entscheiden soll. Bitte, überlegen Sie bei zukünftigen Argumenten, die Sie in diesem Hause bringen, und bei zukünftigem Selbstbewusstsein, Ihre Mehrheit anzuwenden. Wenn wir unsere Arbeit unter uns organisieren, besinnen Sie sich bitte wieder und sorgen Sie dafür, dass das einig passiert und dass nicht dieses mehrheitliche Durchziehen stattfindet. Sie wollen anscheinend im Ausschuss noch über das eine oder andere nachdenken. Ich glaube, dazu haben Sie mehr als nur einen Anlass.