tigt. Das geschah nicht zuletzt auch ausführlich im Rahmen der Enquete-Kommission „Jugendkriminalität und ihre gesellschaftlichen Ursachen“.
Aus den Empfehlungen der Enquete-Kommission ließen sich zentrale politische Leitlinien ableiten, und es ergaben sich konkrete Perspektiven für das politische Handeln. Entsprechend haben SPD und GAL im Rahmen der letztjährigen Haushaltsberatungen einen umfassenden Antrag eingebracht. Dieser hatte das heutige Thema „Die sozialräumliche Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung“ bewußt ausgespart, weil es eine alleinige Behandlung verdient und über den Rahmen der Enquete hinausreicht.
Was die Qualität und Quantität des Angebots im Leistungsbereich Hilfen zur Erziehung angeht, hat Hamburg nach der Heimreform in den achtziger Jahren ein gutes, ausdifferenziertes und weitgehend regionalisiertes Angebot. Hilfen zur Erziehung greifen, wenn eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung von seinen Eltern nicht gewährleistet werden kann und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Diese Hilfen sollen die Familie stützen, zum Teil müssen sie sie ersetzen. Auf diese Hilfe besteht nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz ein Anspruch. Hamburg gibt Jahr für Jahr circa 270 Millionen DM aus. Das bedeutet, daß über 5000 Hamburger Kindern und Jugendlichen und ihren Familien geholfen wird.
Zur Effizienz. Das Controlling ist verbessert worden, so daß wir im letzten Jahr die Auskömmlichkeit des jährlich veranschlagten Budgets erreichen konnten und keine Nachforderungen mehr hatten, die zum Teil auch schon im zweistelligen Millionenbereich lagen. Der Jugendausschuß hat dies durch kontinuierliche Befassung mit dem Thema aufmerksam begleitet.
Auch der Landesbetrieb Erziehung und Berufsbildung – LEB –, der in Teilen mit den Problemen der Unterauslastung kämpft, hat einen umfassenden Reform- und Reorganisationsprozeß eingeleitet, um sein Angebot auf die geänderten Bedarfe einzustellen. Der fallzuständige Allgemeine Soziale Dienst der Bezirke wurde durch LEB-Stellen und Konsolidierungserleichterungen als Konsequenz zum Beispiel aus der Evaluation der ambulanten Hilfen zur Erziehung besser ausgestattet.
Zu verschiedenen Leistungsbereichen der Hilfen zur Erziehung liegen uns mittlerweile profunde Erkenntnisse vor, die die gute Ausstattung grundsätzlich bestätigen, aber auch Hinweise für Weiterentwicklungen in diesem Bereich aufzeigen. In welche Richtung soll also die Weiterentwicklung gehen? An folgenden fünf Fragestellungen sollten alle Beteiligten – die Hamburger Träger, die bezirklichen Dienste und die Fachbehörde – ein gemeinsames Interesse haben:
Erstens: Wie kann der Anspruch einer gemeindenahen Erziehung in Hamburg durch Rückbau stationärer Hilfen bei auswärtigen Trägern und durch Verbesserung der milieunahen Unterbringung erreicht werden?
Zweitens: Wie kann das Instrument der Erziehungskonferenz durch Vereinfachung und Qualifizierung schlanker gestaltet werden?
Drittens: Wie können bereits bestehende Kooperationsbezüge zwischen verschiedenen Diensten der Jugendhilfe, angelegt in den Schnittstellenprojekten oder in der Kooperation von Schule und Jugendhilfe, intensiviert und institutionalisiert werden?
Viertens: Wie kann die Einbeziehung der Hilfen zur Erziehung in die bezirkliche Jugendhilfeplanung gewährleistet werden?
Fünftens: Wie können die Hilfeangebote und die pädagogischen Fachkräfte im Hinblick auf die Kontinuität der Betreuung und den Umgang mit Krisensituationen weiter qualifiziert werden?
Dies sind die anstehenden Aufgaben, die sowohl die Effizienz als auch die Qualität der Hilfsangebote für Kinder und Jugendliche weiter verbessern werden. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu diesem Antrag.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mittlerweile liegt uns jetzt der von Frau Rogalski schon während der letzten Bürgerschaftsdebatte für Anfang dieses Jahres angekündigte Antrag zur Umsetzung der Empfehlungen der Enquete-Kommission für den Bereich Hilfen zur Erziehung vor. Wer nun allerdings darauf gehofft hat, daß dieser Antrag den Empfehlungen der Kommission besser gerecht würde als der letzte, den Sie uns vorgelegt haben, wird abermals von SPD und GAL enttäuscht. Man sollte meinen, daß Sie seit der Vorlage des Abschlußberichts vor fast einem Jahr – am 30. Mai letzten Jahres – genug Zeit gehabt hätten, die gemeinschaftlich – das kann man gar nicht oft genug wiederholen – beschlossenen Empfehlungen der Enquete-Kommission richtig und vollständig abzuschreiben.
Aber offenbar geht Ihnen das nicht so leicht von der Hand. Ihre häppchenweise gelieferten Absichtsbekundungen, diese oder jene Empfehlung vielleicht einmal zu überprüfen oder den Senat zu ersuchen, sie in abgeschwächter Form irgendwann einmal umzusetzen, werden der fast zweieinhalbjährigen Arbeit der Enquete-Kommission nicht annähernd gerecht, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen.
Wenn ich die Übertragung des SPD-Parteitags noch recht in Erinnerung habe, Frau Rogalski, dann haben Sie sich dort mit den Worten vorgestellt, Sie möchten auch deshalb wieder in die Bürgerschaft, um gerade zu überprüfen, daß der Senat die Empfehlungen der Enquete-Kommission umsetzt. Um dieses zu machen, Frau Rogalski, empfehle ich Ihnen erst einmal, daß Ihre Partei den Senat auffordert, die Empfehlungen der Enquete-Kommission einzubringen.
Zu Ihrem ersten Punkt. Kommen wir zu Ihrem Antrag. Es ist zu bemerken, daß das Problem der verstärkten Unterbringung von Kindern und Jugendlichen außerhalb Hamburgs schon seit sehr langer Zeit bekannt ist. Das wird insbesondere aus einer Anfrage der Kollegin Dr. Freudenberg vom Juli 2000 deutlich. Bereits 1996 – also noch lange vor Einsetzung unserer Enquete-Kommission – waren die Zahlen der auswärtigen Unterbringung viel zu hoch. Die geforderten Maßnahmen, die Sie jetzt in Ihrem Antrag haben, sind schon lange überfällig.
Zudem wurde die verstärkte wohnortnahe Betreuung hilfsbedürftiger Kinder und Jugendlichen sowie die Reduzierung des Anteils auswärtiger stationärer Unterbringung zu
letzt von Frau Pawlowski in einem CDU-Antrag vom 12. Oktober gefordert. Den haben Sie, meine Damen und Herren von SPD und Grünen, abgelehnt.
Wie kann es angehen, kann man immer wieder nur fragen, daß Sie Forderungen der CDU ablehnen, um sie ein halbes Jahr später in die Bürgerschaft einzubringen und als eigene Forderung vorzulegen. Diese Praxis ist bei Ihnen häufiger festzustellen. Damit wird die Bürgerschaft unnötig zweimal mit dem Thema befaßt, nur weil Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht die Größe besitzen, CDU-Forderungen, die von allen als sinnvoll erachtet werden und gemeinschaftlich abgestimmt wurden, in der Bürgerschaft zuzustimmen.
Im Hinblick auf Punkt 2 Ihres Antrags sind gleich mehrere Unstimmigkeiten festzustellen. Zunächst wird die Auffassung der Enquete-Kommission in Ihrer Einleitung nicht richtig wiedergegeben. Es wird suggeriert, die Hauptkritik an Hilfeplanverfahren gelte der Erziehungskonferenz. Dies ist nicht richtig. Lesen Sie bitte auf Seite 178 des EnqueteBerichts noch einmal genau nach. Die Kritik galt dem Verfahren insgesamt. Dies spiegelt sich auch in der diesbezüglichen Empfehlung der Enquete-Kommission wider, denn dort heißt es auf Seite 180:
„Es sollte darauf hingewirkt werden, bei der Bewilligung eher niedrigschwelligerer Hilfen das Hilfeplanverfahren zu vereinfachen,“
Diese Empfehlung, Frau Hilgers, findet sich in dem bereits genannten und von Ihnen abgelehnten CDU-Fraktionsantrag unter Punkt 1d wieder. Sie hingegen berücksichtigen in Ihrem Prüfungsersuchen wieder einmal nur einen Teilaspekt. Warum Sie das machen, ist uns in diesem Fall allerdings auch bewußt, denn die Senatsvertreter haben am 28. September letzten Jahres im Jugend- und Sportausschuß erklärt, der Enquete-Forderung nach Vereinfachung des Hilfeplanverfahrens könne aus Sicht der BSJB nicht entsprochen werden, weil sie vom Gesetzgeber so nicht vorgesehen sei. Es werde aus fachlicher Sicht für die Beibehaltung der geltenden Regelung plädiert. Das kann man auch in den Protokollen nachlesen.
Nun gewinnt man angesichts Ihrer jetzigen Forderung, Frau Hilgers, nach Prüfung einer Vereinfachung und Qualifizierung der Erziehungskonferenz den Eindruck, als hätten entweder die Senatsvertreter beziehungsweise die BSJB nicht so genau die rechtlichen Möglichkeiten geprüft, denn anderenfalls müßten Sie dies heute als SPD und GAL nicht fordern. Da müssen Sie also erst einmal die Regierungsfraktionen, Ihren Senat, auffordern, seine Hausaufgaben richtig zu machen. Das ist hochgradig peinlich.
Zu Punkt 5 Ihres Antrags: Dort haben Sie abermals einen Aspekt der Enquete-Kommissions-Empfehlung unterschlagen, der vermutlich nicht ganz in Ihre ideologisch ge
prägte Auffassung von Jugendpolitik paßt. So heißt es in der Empfehlung der Kommission auf Seite 181:
„Hilfeangebote sind so zu qualifizieren, daß eine Kontinuität in der Betreuung auch in Krisensituationen und wenn die Jugendlichen sich der Hilfeleistung entziehen, gewahrt bleibt. Professionelle Verantwortlichkeit soll nicht auf der Ebene des Angebots stehenbleiben.“
„... die Hilfsangebote in Hinblick auf die Kontinuität der Betreuung insgesamt und insbesondere auch in Krisensituation weiter zu entwickeln.“
Diese magere Ausgabe der ursprünglichen Enquete-Empfehlung können Sie uns nicht als Empfehlung der Enquete verkaufen. Ihre Ankündigung, Frau Rogalski-Beeck, vom November letzten Jahres in der Bürgerschaftsdebatte, die zentralen Empfehlungen der Enquete-Kommission umzusetzen, werden mit diesem Antrag noch lange nicht erfüllt. In Ihren Anträgen bleiben wesentliche Empfehlungen sowohl aus dem repressiven als auch aus dem präventiven Bereich unberücksichtigt. Es reicht nicht aus, nur zu erklären, mit irgendwelchen Pseudoanträgen deutliche Zeichen setzen zu wollen. Sie müssen auch endlich etwas tun. Ihre Anträge zur Umsetzung der Enquete-Kommission haben lediglich Alibifunktion. Wie kann man sich sonst erklären, daß Sie in Ihrem Antrag dem Senat noch nicht einmal ein Datum vorgeben, wann er über die Ersuchen berichten soll? Offensichtlich trauen Sie Ihrem Senat nicht zu, Ihrem Ersuchen bis September nachzukommen. Mit anderen Worten: Erfahrungsgemäß wird es wohl auch hier nie zu einer Umsetzung kommen.
Ich hoffe nur, daß Sie unsere Zeit und Geduld künftig nicht weiter mit solchen Anträgen strapazieren, indem Sie uns Häppchen servieren und meinen, wir sollten diesen Anträgen zustimmen. Am interessantesten und am wenigsten zu verstehen war für mich das, was hier vor wenigen Minuten passiert ist. Sie sagten, Sie wollen heute unserem Präventionsantrag, der die Forderungen der Enquete-Kommission wortwörtlich wiedergibt, zustimmen,
aber unsere gemeinsam beschlossenen Forderungen zur Repression, die wir in der Enquete-Kommission beschlossen haben, die ich auch nur abgeschrieben habe, ablehnen. Ich hoffe, Frau Steffen, Sie werden gleich noch eine Erklärung liefern können, was plötzlich so schlecht an unseren gemeinsam getroffenen repressiven Forderungen und so toll an den präventiven Forderungen geworden ist. Wenn Sie konsequent sein wollen, meine Damen und Herren von SPD und Grünen, lehnen Sie beide Anträge ab und sagen Sie, wir stehen nicht mehr hinter dem, was wir gemeinschaftlich beschlossen haben. Oder überweisen Sie beide Anträge an den Ausschuß, um sie dort zu diskutieren.
Aus den von mir genannten Gründen werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können. Ich bitte Sie, beide CDU-Anträge sowie auch Ihren Antrag im Ausschuß gemeinschaftlich beraten zu lassen, damit wir dort noch einmal unsere gemeinsam beschlossene Position überdenken und zu gemeinsamen Empfehlungen kommen, damit wir den Senat prüfen können, wie Sie das möchten, Frau Rogalski, ob er unseren gemeinsamen Empfehlungen nachkommt. – Vielen Dank.