Protocol of the Session on April 25, 2001

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Möller.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist hochgradig peinlich, was durch den letzten Beitrag aus dieser Debatte geworden ist. Wenn dieses Niveau das der Opposition ist, sich so mit diesen Dingen der Stadt auseinanderzusetzen...

(Zurufe von der CDU – Glocke)

Meine Damen und Herren! Frau Möller, Sie sind für uns hier oben nicht zu verstehen.

(Ole von Beust CDU: Das macht doch nichts!)

Deswegen bitte ich um etwas mehr Ruhe.

Wir reden seit zwölf Jahren über das Thema. Die Senatorin hat mit einem historischen Abriß

(Ole von Beust CDU: Jaaa! – Dr. Roland Salchow CDU: Tief sachlich!)

sehr deutlich dargelegt, wie die Gemengelage in dieser Stadt gewesen ist. Die CDU ist nicht in der Lage zu akzeptieren,

(Unmutsäußerungen bei der CDU)

daß es Menschen mit anderen Lebensformen, Lebenszusammenhängen und anderen kulturellen Bildern gibt, die sie sich nicht im entferntesten vorstellen kann.

(Dr. Roland Salchow CDU: Das war gar nicht the- matisiert!)

Das war sehr wohl thematisiert. Sie können nichts anderes dazu sagen als: Räumen! Oder Sie machen die Angelegenheit lächerlich.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß mit diesem Verkauf, dem zum Glück mehrheitlich zugestimmt wird, die

Auseinandersetzung mit anderen Lebensformen und -vorstellungen und der Streit mit uns, dem Staat, noch lange nicht zu Ende ist. Wenn die CDU nicht in der Lage ist, überhaupt Alternativen für eine inhaltliche und konzeptionelle Vorstellung vorzulegen, die vom Abriß und von der Räumung abweicht, dann wissen wir, daß wir auch in Zukunft nicht mehr von Ihnen zu erwarten haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Die sehe ich nicht. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Ich lasse über den Dringlichen Senatsantrag 16/5761 abstimmen. Wer ihn annehmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. – Gegenprobe? – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Es bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu? –

(Der Senat gibt seine Zustimmung zu erkennen.)

Das ist der Fall. Gibt es Widerspruch aus dem Hause? – Das ist nicht der Fall. Wer will den soeben in erster Lesung gefaßten Beschluß in zweiter Lesung fassen, den bitte ich um das Handzeichen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist damit der Beschluß in zweiter Lesung und somit endgültig gefaßt worden.

Ich rufe den nächsten Tagesordnungspunkt auf. Tagesordnungspunkt 65: Drucksache 16/5887: Antrag der Gruppe REGENBOGEN zum Thema Zukunft des Hamburger Dorfes Neuenfelde.

[Antrag der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke: Zukunft des Hamburger Dorfes Neuenfelde – Drucksache 16/5887 –]

Die GAL-Fraktion beantragt eine Überweisung dieser Drucksache an den Wirtschaftsausschuß. Von wem wird das Wort begehrt? – Herr Hackbusch, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es geht bei diesem Thema um die Zukunft eines Hamburger Dorfes. Davon hat Hamburg nicht allzu viele, und dementsprechend sollte es sich schon um die Dörfer kümmern, die es hat.

Es geht um 5000 Menschen, die dort arbeiten, um über 400 Arbeitsplätze, und es geht um den Bereich – das Alte Land und Neuenfelde –, den wir den Obstgarten der Stadt nennen. Es geht um eine Kulturlandschaft, die es in dieser Stadt wegen ihrer Einzigartigkeit nicht noch einmal gibt. Außerdem geht es um das Dorf Neuenfelde, das sich insgesamt bedroht fühlt und dessen Menschen im Hinblick auf ihre Existenz verunsichert sind. Sie sind auch deswegen verunsichert, weil sie kein Vertrauen mehr in den Senat und seine Äußerungen für die Zukunftsperspektiven dieses Dorfes haben. Wir verlangen mit diesem Antrag, daß der Senat dazu Stellung nimmt, wie diese Zukunftsperspektiven aussehen.

(Vizepräsident Berndt Röder übernimmt den Vor- sitz.)

Bisher sind diese Äußerungen zu den einzelnen Bereichen, um die es geht, blumig, unvorsichtig und unklar gewesen.

(Karl-Heinz Warnholz CDU)

Es geht erstens um die Frage der Landebahnverlängerung. Wir haben hier darüber schon häufig diskutiert. Ich habe zuletzt mit dem Betriebsratsvorsitzenden der EADS gesprochen, der sicher davon ausgeht, daß die Landebahn verlängert wird. Die Frage ist nur, ob sie auf 3100 oder 3500 Meter in das Dorf Neuenfelde hinein verlängert wird.

Mir wurde berichtet, daß Herr Mirow in Neuenfelde ankündigte, daß schon in diesem Jahr das Planfeststellungsverfahren eröffnet wird. Eine auf 3500 Meter verlängerte Landebahn bedeutet, daß sie ins Dorf Neuenfelde hineingeht, daß aufgrund dessen die Kirche und viele Häuser im Dorfkern eigentlich nicht mehr bleiben können und dadurch die Existenz des Dorfkerns bedroht wird.

Der Senat hat bisher gesagt, daß er sich um diese Frage nicht gekümmert hat und er gegenwärtig dafür auch keinen Handlungsbedarf sieht. Aus Neuenfelde wird uns berichtet, daß es sehr wohl Handlungen des Senats geben würde. Sämtliche Häuser dieses Gebietes sind schon oder werden aufgekauft, das weiß jeder in dem Dorf. Es spricht nicht für die Glaubwürdigkeit des Senats, wenn er sagt, daß es keinen Handlungsbedarf geben würde, aber dort doch handelt.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das schafft zu Recht Mißtrauen.

Die zweite Frage betrifft die Ortsumgehung Finkenwerder, die – wie sie gegenwärtig dargestellt wird – relativ nahe an das Dorf Neuenfelde heranführt. Die entscheidende Frage bei der Planung lautet: Wie wird in diesem Zusammenhang mit der Landebahn umgegangen? Dieses Thema wurde überhaupt nicht angesprochen.

Wenn die Landebahn verlängert wird und EADS das Recht hat – so der Senator –, diese Landebahn zu bekommen, wird dies der früheren Planung nicht angemessen sein. Wir konnten bei der im „Hamburger Abendblatt“ vorgestellten Planung sehen, daß die Anbindung an die bisherige Straße nicht zu finden war. Dementsprechend ist diese Frage völlig unklar. Hier gibt es noch viel Aufklärungsbedarf durch den Senat.

Das betrifft auch den Bereich der A 26. Die Planung für die A 26 wird gegenwärtig von Niedersachsen aktiv vorangetrieben. Die Trassenführung verläuft in der bisherigen Planung – so wie wir es erkennen konnten – in der Nähe des Dorfes Neuenfelde. Damit würde das Dorf auch vom Süden her von einer Autobahn angegriffen werden. Die hat den heute mir bekannten Übergabepunkt am Hinterbracker Achterdieker, der einen Kilometer von Neuenfelde entfernt ist. Der offizielle Übergabepunkt zwischen Hamburg und Niedersachsen ist immer noch mitten auf Hamburger Gebiet.

Ich habe mit Interesse feststellen können, daß der Senat versucht, die Bevölkerung zu beruhigen. In einer gestrigen Erklärung der Staatlichen Pressestelle wurde – nachdem festgestellt wurde, daß die A 26 nicht, sondern statt dessen die Ortsumgehung Finkenwerder gebaut wird – folgendes sehr unklar ausgedrückt:

„Unter Umweltgesichtspunkten ist die Realisierung nur einer der beiden Trassen anzustreben.“

Es ist völlig klar, daß unter Umweltgesichtspunkten gar keine anzustreben ist, das liegt auf der Hand

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

und ist für jeden logisch nachvollziehbar.

Es ist aber wichtig, was überhaupt entschieden wird. Dazu sagt der Senat nichts. Statt dessen steht in dieser Presseerklärung:

„Dieser Aspekt wird nach Abschluß der Planungen zur Ortsumgehung Finkenwerder im Rahmen der endgültigen Entscheidung vom Hamburger Senat politisch zu bewerten sein.“

Wir erfahren nichts. Es ist ein Eiertanz sondergleichen, daß einem Dorf, das dort seit tausend Jahren existiert, keine Zukunftsperspektiven aufgezeigt werden. Es kann durch diese Bedrohung nur von einem zum nächsten Jahr planen, weil es keine Sicherheit hat, was in Zukunft geschehen wird.

Diese Unsicherheit hat dazu geführt, daß es mittlerweile schon zu großen Demonstrationen gekommen ist. Letzte Woche fand eine Treckerdemonstration vom Alten Land zum Hamburger Rathausmarkt statt. Das erinnert uns an das Wendland und an die in Frankreich laufenden Auseinandersetzungen mit den Bauern. Diese Auseinandersetzungen drohen in der nächsten Zeit auch hier, wenn der Senat nicht in der Lage ist, sich einigermaßen klar zu äußern.

Es reicht aber nicht aus, dieses Thema in irgendeinem Ausschuß zu besprechen, sondern wir verlangen zu den Perspektiven klare Aussagen des Senats. Wenn er sich so viele Gedanken darüber gemacht hätte, wie er es bei der Zukunft von Finkenwerder, der EADS oder des Flugzeugwerks getan hat, dann wäre es auch möglich, daß er sich dazu äußert, welche Zukunft er für den Obstbau im Alten Land und das Dorf Neuenfelde sieht. Denn die Erfahrungen, die wir im Zusammenhang mit Altenwerder gemacht haben, sitzen noch tief. Die Erbitterung darüber ist noch kräftig vorhanden. Ich verlange vom Senat, daß der dazu klar Stellung nimmt.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und bei Dr. Stefan Schulz CDU)