Protocol of the Session on April 25, 2001

Wer darauf setzt und derartige Zündeleien vornimmt, ist als Ansprechpartner für diese Stadt immer weniger brauchbar

(Senatorin Dr. Lore Maria Peschel-Gutzeit)

und schadet seinen eigenen zukünftigen Projekten. Das ist nicht in Ordnung. Mit der Hafenstraße hat das nichts zu tun.

Ich bedauere im übrigen allerdings, daß sich einige aus dem Bereich der Roten Flora aufgrund dieser Schreiben haben instrumentalisieren lassen. Das war völlig überflüssig. Man sollte sich lieber seinen eigenen Kopf machen.

Im übrigen ist es so gewesen – damit das klar ist –, daß seit Aufbau des Zeltes alle Bewohner der Hafenstraßenszene die Möglichkeit hatten, den Aufbau zu begleiten. Sie wurden eingeladen, es wurde ihnen alles erklärt. Nach meiner Kenntnis ist hervorragend von denen, die die historischen River Kasematten mit großem Aufwand restaurierten, und anderen in die Szene hinein kommuniziert und vermittelt worden. Es ist der Beweis dafür, daß aus diesem Raum keine Veranlassung für derartige Auseinandersetzungen bestand.

Ich komme zum Schluß. Ich habe mir gesagt, daß ich vor meiner heutigen Rede und dem zu beschließenden Verkauf den Käufer, der dann auch etwas tun soll, einmal besuchen will. Wir beschließen hier den Verkauf, keiner kennt den Käufer, aber alle reden von ihm.

Ich habe Herrn Kretschmer heute angerufen und gefragt, ob er Zeit habe. Er antwortete, daß ich auf eine Baustelle am Holstenwall kommen müsse, die nicht beheizt sei. Dort bin ich hingegangen und habe mich mit ihm eineinhalb Stunden unterhalten, um sicher zu sein, ob sich hinter dem Mann nicht ein verkappter Investor versteckt oder wir uns in ihm täuschen. Das kann man natürlich nicht ausschließen.

Das Ergebnis meines Gespräches ist, daß dieser Verkauf mit einem seriösen Partner geschlossen wurde.

(Helga Christel Röder CDU: Was soll er auch sa- gen!)

Ich bin sehr guten Mutes, daß die Zielsetzung, die er eingegangen ist, und die gegebenen Versprechen auch eingehalten werden. Ich möchte gern von dieser Stelle aus den Betreibern der Roten Flora zurufen, daß dieses Vertrauen ihrerseits auch vorhanden sein sollte.

Ich komme zum Schluß noch einmal zu der Frage einer Doppelfunktion von Rechtsstaat und Eigentümer und warum ein solcher Verkauf auch getätigt werden sollte. Es gibt immer wieder Situationen, in denen der Staat eine Doppelfunktion hat, indem er sozusagen die Pflichten des Rechtsstaates ausführt und gleichzeitig Eigentümer ist. Dann ist es besser – wie in diesem Fall und in anderen Fällen –, diese Funktionen zu trennen. Von daher ist der Verkauf in Ordnung. Ich bitte um Ihre Zustimmung. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Warnholz.

(Heiterkeit bei der SPD)

Sie freuen sich immer, wenn ich komme, oder?

(Ja-Rufe bei der SPD)

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Verkauf der Roten Flora ist unter sicherheits- und haushaltsrechtlichen Gesichtspunkten für die Hansestadt Hamburg nur nachteilig.

Die Hansestadt Hamburg verkauft ein 1770 Quadratmeter großes Grundstück in Innenstadtlage für nur 209 DM pro Quadratmeter. Allein der vereinbarte Kaufpreis von lediglich 370 000 DM – und nicht 720 000 DM, wie es uns Bürgermeister Runde noch in der Pressekonferenz vom 20. März dieses Jahres glauben machen wollte – ist ein Indiz für einen wenig vorbereiteten Notverkauf eines in Sicherheitsfragen orientierungslosen Senats.

(Beifall bei der CDU – Unmutsäußerungen bei der SPD)

Nachdem sich der Senat im Rahmen der Maikrawalle des letzten Jahres seines Gewaltmonopols im Schanzenviertel entledigt hatte, mußte unbedingt eine Lösung für das Wahlprogramm der SPD her, koste es, was es wolle.

(Beifall bei der CDU)

Das ist die Wahrheit.

Zunächst wollte der Senat denen einen Mietvertrag anbieten, die dort ein halbes Jahr zuvor mit Brandsätzen und Steinen auf Polizeibeamte warfen. Vergessen wir das nicht!

Als dieses scheiterte – das hat die Frau Senatorin schon gesagt –, kam der Senat auf die Idee, die Rote Flora an einen befreundeten Immobilienmakler zu einem sogenannten Freundschaftspreis zu verkaufen.

(Walter Zuckerer SPD: Oh!)

Um kein zusätzliches Störfeuer aus der linken autonomen Szene zu erhalten, Frau Senatorin, bekamen die lieben, guten Floristen

(Dr. Martin Schmidt GAL: Champagner!)

noch einmal einen vertraglich zugesicherten zehnjährigen Bestandsschutz der Roten Flora.

Die Bewohner der Roten Flora lassen sich nicht kaufen, Herr Bürgermeister. In wenigen Tagen werden Sie wieder erleben, wie teuer Sie dafür bezahlen müssen.

(Beifall bei der CDU)

Mit Recht und Gesetz ist leider auch der Zeitpunkt des avisierten Verkaufs wenig vereinbar. Mit dem Verkauf der Roten Flora verfolgt der Senat weder haushaltsrechtliche noch stadtentwicklungspolitische Motive. Einzig und allein die Schützenhilfe des Senats für die Hamburger SPD im bevorstehenden Wahlkampf bestimmen das Handeln des Senats.

(Beifall bei der CDU – Barbara Duden SPD: Das ist doch Quatsch!)

Eine solche Parteinahme – und das auch noch mit öffentlichen Mitteln – zugunsten einer politischen Gruppierung ist mit den Aussagen unserer Verfassung nicht vereinbar.

Das Bundesverfassungsgericht hat in einer grundlegenden Entscheidung im Jahre 1977 erklärt, daß bei Maßnahmen nach dem Zeitpunkt der Bekanntmachung eines anstehenden Wahltermins – jedoch zumindest ein halbes Jahr vor einer Wahl –, die geeignet sind, einer politischen Partei einen Vorteil zu verschaffen,

(Heiterkeit bei der SPD und der GAL)

äußerste Zurückhaltung gewahrt werden muß. Ansonsten besteht die Gefahr, daß der Staat mit Hilfe öffentlicher Mittel in den politischen Wettkampf eingreift. Der Wahltermin für Hamburg steht seit Dezember des letzten Jahres fest.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Ja!)

(Werner Dobritz SPD)

Wir befinden uns in der sogenannten heißen Phase, das wissen Sie alle.

(Barbara Duden SPD: Heiß ist da noch gar nichts!)

Für euch nicht, aber wir kriegen euch!

(Glocke)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe im Plenarsaal.

Wenn der Senat nunmehr am Notverkauf festhalten will, verletzt er unter Berücksichtigung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zumindest die Regeln der politischen Fairneß und des parlamentarischen Miteinanders. Herr Bürgermeister, denken Sie aufgrund meiner Ausführungen bitte an Ihren Amtseid.

(Zurufe von der SPD und der GAL)

Wir werden diesem Vertrag – das hat schon unser Fraktionsvorsitzender gesagt – niemals zustimmen.

(Barbara Duden SPD: Niemals!)

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)