Protocol of the Session on April 25, 2001

(Dr. Holger Christier SPD: Das hat auch nicht ge- holfen!)

Sie sagen natürlich zu Recht, auf Mord – die Aufklärung beträgt aber nicht 46 Prozent, sondern 93 Prozent – werde ein besonderer Schwerpunkt gelegt. Bei der Schwerkriminalität wird natürlich erheblich mehr Aufklärung betrieben als in einfachen Kriminalfällen, die alle über die Bank weg in einem Rutsch in der Statistik genannt werden.

(Ole von Beust CDU)

Noch eine Bemerkung zu der Frage, wie man in diesen Dingen mit der Polizei umgeht. Nicht der Innensenator, nicht die sozialdemokratischen Politiker, die nach Ihrer Auffassung nicht genügend Stellen zur Verfügung stellen, die den Haushalt konsolidieren müssen, sondern die Polizeibeamten sind es, von denen die Bürger erwarten, daß sie ihre Arbeit machen. Und sie tun es unter Einsatz ihres Lebens in Hamburg in hervorragender Art und Weise, um das einmal sehr deutlich zu sagen.

(Beifall bei der SPD)

Sie erklären uns, daß sie anscheinend dazu nicht in der Lage sei. Der Rückkehrschluß ist nämlich, daß Sie der Hamburger Polizei nicht zutrauen, mit den vorhandenen Mitteln vernünftige Arbeit zu leisten.

(Elke Thomas CDU: Das ist doch Unfug!)

Und noch etwas. Sie stellen immer wieder schnelle Anträge zu den Haushaltsberatungen, welche staatlichen Grundstücke oder Vermögen man noch verkaufen kann, damit Geld in die Staatskasse kommt. Das hat der Senat inzwischen auch getan, weil wir anders gar nicht in der Lage wären, damit umzugehen. Wir bekommen nicht genügend Steuern, und wenn der Steuerzahler in dieser Stadt nicht mehr hergibt – in Anführungsstrichen –, dann hat man einen Haushalt, mit dem man auskommen muß.

(Barbara Ahrons CDU: Der hat nichts mehr an Steu- ern!)

Der hat nicht mehr, aber der Staat hat damit auch nicht mehr Einnahmen. Dann müssen Sie mit den vorhandenen Ressourcen umgehen.

Lassen Sie mich noch eine abschließende Bemerkung machen, Herr von Beust. Es scheint Sie als Haushälter richtig nervös zu machen. Sie machen immer nur dicke Backen, haben aber nichts dazugelernt und laufen immer nur mit der Abrißbirne im Kopf durch die Gegend. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat Herr Mahr.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr von Beust, etwas hat mich doch nachdenklich gemacht.

(Ole von Beust CDU: O Gott!)

Daß Sie in Frage stellen, daß man die Kriminalität im häuslichen Bereich hier erwähnt...

(Ole von Beust CDU: Habe ich doch gar nicht!)

Doch, das haben Sie, Sie haben die häusliche Gewalt mit anderer Kriminalität verglichen.

(Barbara Ahrons CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Herr von Beust, die Schicksale hinter den vier Wänden in dieser Stadt sind schlimmer als in vielen anderen Bereichen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Haben Sie die verprügelten, die mißhandelten Frauen gesehen, die allein gelassen werden, weil die Polizei ihnen auch nicht helfen kann? Die Frauen in dieser Stadt werden es Ihnen ob dieser Bemerkung danken.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Frauen sowieso!)

Das wird Ihnen noch vor die Füße fallen, da können Sie ganz sicher sein.

Herr Salchow, Sie haben gesagt, wir würden nichts für die Opfer tun. Es fängt doch bei den Frauen an. Da muß etwas getan werden, damit die überhaupt erst einmal in ihrer Situation gestärkt werden, und Sie bagatellisieren und verharmlosen Familiengewalt. Das finde ich ein starkes Stück.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Dr. Roland Sal- chow CDU: Sie sind ein Quatschkopf, Herr Mahr!)

Sie haben gesagt, wir sollten uns erst einmal damit auseinandersetzen, was Menschen bei Gewalt empfinden. Was soll diese blöde Polemik?

(Ole von Beust CDU: Das haben Sie doch eben selbst getan!)

Die Frauen zum Beispiel sind Opfer, und damit setzen wir uns auseinander. Durch die eingeleiteten Maßnahmen aufgrund der Enquete-Kommission setzen wir uns mit den Opfern von Jugendgewalt auseinander, und Sie reden davon, wir würden nichts für die Opfer tun. Das ist blanker Populismus und einfach dummbatzig; anders kann man das nicht mehr sagen.

(Dr. Stefan Schulz CDU: Das mußt du gerade sa- gen! – Beifall bei der GAL und der SPD)

Ein letzter Satz: Für uns sind nicht die Zahlen in einer Statistik entscheidend,

(Dr. Stefan Schulz CDU: Ihr guckt nur auf die Bil- der!)

die Menschen sind das Entscheidende. Entscheidend ist, wie wir den Menschen in dieser Stadt helfen können, und nicht, was wir mit der Kriminalstatistik anfangen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Thema der Aktuellen Stunde? – Das ist nicht der Fall.

(Ole von Beust CDU: Dummbatzig ist keine parla- mentarische Ausdrucksweise!)

Sie haben eben das richtige Stichwort gegeben, Herr von Beust. Ich bitte – bei den nachfolgenden Debatten ist es aber wahrscheinlich eher nicht zu erwarten –, in den Redebeiträgen und auch in den Zwischenbemerkungen, Herr Professor Salchow, wieder zur parlamentarischen Sprachweise zurückzukehren.

Dann rufe ich das zweite Thema der GAL-Fraktion auf:

„Sterbebegleitung statt Tötung auf Verlangen?“

Frau Dr. Freudenberg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Woher kommt die Forderung nach aktiver Sterbehilfe? Wird in unserer Gesellschaft genug getan, um das Sterben so erträglich wie möglich zu machen? Mit diesen Fragen muß sich jeder auseinandersetzen, ganz gleich, wie man sich zur Euthanasie, so wird die Tötung von Patientinnen oder Patienten bezeichnet, stellt.

Auch wir als Parlamentarierinnen müssen uns endlich intensiver mit dem Thema Sterben befassen. Nach einer Umfrage des Allensbacher Instituts für Demoskopie spre

(Ingo Kleist SPD)

chen sich zwei Drittel der deutschen Bevölkerung für die aktive Sterbehilfe aus. 64 Prozent der befragten Westdeutschen und sogar 80 Prozent der befragten Ostdeutschen stimmten folgender Aussage zu:

„Ein schwerkranker Patient im Krankenhaus soll das Recht haben, den Tod zu wählen und zu verlangen, daß der Arzt ihm eine todbringende Spritze gibt.“

Dieses Umfrageergebnis ist ein erschreckendes Mißtrauensvotum für uns Ärztinnen und Ärzte und für unser gesamtes Gesundheitssystem, vor allem für die Krankenhäuser, in denen die meisten Menschen sterben. In den Krankenhäusern wird der Tod bekämpft. Die Lebenserhaltung steht in unserem Gesundheitssystem an oberster Stelle, auch dann, wenn kaum Aussicht auf Heilung besteht. Diese Prioritätensetzung müssen wir überdenken. Viele Patienten fürchten nicht den Tod, sondern sie fürchten ein quälendes, elendes Sterben und möchten, daß die Ärzte ihnen da zur Seite stehen, sie davor bewahren.

(Beifall bei Anja Hajduk und Antje Möller, beide GAL, und bei Elisabeth Schilling SPD)

Erst wenn wir akzeptiert und verstanden haben, wie die Wünsche der Patienten sind, können wir uns damit auseinandersetzen, was die Forderung nach aktiver Sterbehilfe bedeutet.

(Glocke)