Protocol of the Session on April 25, 2001

Insofern ist der von Ihnen gewählte Zeitpunkt und das lange Zuwarten Ihrerseits nun wirklich der Sache nicht dienlich gewesen, und dieses Gesetz ist unsinnig vor dem Hintergrund der Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes.

Ich komme nun zum Verbandsklagerecht.

(Antje Möller GAL: Da wollten Sie mehr!)

Sie haben das Verbandsklagerecht natürlich verstärkt. Sie haben die Einflußmöglichkeiten der Verbände – das haben Sie richtig gesagt – erhöht, aber Sie haben Ausnahmen in Paragraph 41 definiert. Diese Ausnahmen betreffen das Hafengebiet, also öffentliche und private Hochwasserschutzmaßnahmen, die Flugzeugproduktion und den Landeplatz in Finkenwerder sowie die A 252.

Dies ist in mehrfacher Hinsicht äußerst problematisch. Sie signalisieren insbesondere bei den beiden letzten Punkten, was den Wirtschaftsstandort Hamburg betrifft, daß es diesmal noch geht – die ersten Punkte sind von anderer Bedeutung –, aber ab April 2001 werden in Hamburg zukunftsweisende Technologien und Vorhaben nicht mehr ohne weiteres oder auf Dauer möglich sein. Dies ist ein fatales Signal für den Wirtschaftsstandort Hamburg

(Beifall bei der CDU)

und signalisiert eine schwere Niederlage unseres Wirtschaftssenators Mirow. Wir dagegen haben gesagt – das ist Ihnen im Anhörverfahren auch um die Ohren gehauen worden, aber vielleicht entwickelt sich das noch –, das Verbandsklagerecht ist bereits ein wesentliches Recht. Sie sprachen in Ihrer Rede von Grundrecht. Das ist ein bißchen mißverständlich, es geht um ein wesentliches Recht. In dem Augenblick aber, wo es sich um ein wesentliches Recht handelt, greift Artikel 19 Absatz 1 unseres Grundgesetzes, und demnach sind Einzelfallgesetze nicht erlaubt.

Mit anderen Worten: Sie haben die Gefahr eines verfassungswidrigen Gesetzes eingebaut. Genau dem ist der CDU-Vorschlag ausgewichen, indem er eine allgemeine Norm für eine Ausnahmeregelung für Vorhaben von übergeordneter Bedeutung bei privaten und öffentlichen – da haben Sie recht – Hochwasserschutzmaßnahmen hat.

(Antje Möller GAL: Wollen Sie die Privaten da weg haben?)

Ich warne Sie an dieser Stelle davor, und auch deswegen werden wir nicht zustimmen, abgesehen von dem fatalen

Signal für den Wirtschaftsstandort Hamburg, hier ein Gesetz zu formulieren, das eine Verfassungswidrigkeit eingebaut hat.

Ich will noch einen anderen Punkt bei den Eingriffsregelungen nennen, den wir auch diskutiert hatten; Senator Porschke fand ihn ja nicht so wichtig. Ich finde ihn dennoch wichtig, weil er wunderbar den Geist dieses Gesetzes an einem Beispiel demonstriert. Als Eingriff soll in Hamburg in Zukunft die Anlage von Weihnachtsbaumkulturen gelten, ganz abgesehen davon, daß der Weihnachtsbaum überhaupt kein botanischer Begriff ist. Er ist ein Begriff, der aus den Sitten und Gebräuchen unseres Volkes kommt, der sozusagen Bestandteil – wenn auch kein entscheidender – der deutschen Kultur ist. Natürlich wissen wir, aus welcher Ecke so mancher Umweltverband kommt, der diesen Begriff gerne verwendet. Sie mögen irgendwie diese Kultur nicht; ich bekenne mich zu den Weihnachtsbäumen. Hier steckt kein Umweltschutzgedanke dahinter, sondern eine Feindseligkeit gegenüber diesen Spießbürgern, die abends um den Weihnachtsbaum herumsitzen. Nichts anderes ist es, um das einmal deutlich zu sagen.

Es ist auch absurd. Die Verbände haben damit argumentiert, es gehe doch nicht, Bäume hochzuziehen und im jungen Zustand wieder abzuhauen. So ein Quatsch. Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß Sie Spargel essen, wenn er zwei Meter hoch gewachsen ist; auch dort beseitigen Sie junge Pflanzentriebe. Und ob jedes Spargelfeld eine Bereicherung unserer Landschaft ist, weiß ich nicht. Oder die Kartoffeläcker. Die Frühkartoffeln mögen Sie auch lieber, weil sie jung sind, da schmecken sie besser. Und noch eins kommt hinzu – bei den Rhododendron wird das auch beklagt –: Die Kartoffeln kommen ursprünglich gar nicht aus unserer Gegend. Sie sind also botanische Zuwanderer, und die Feindschaft, was botanische Zuwanderer betrifft, haben wir bei unseren Umweltschützern schon häufiger kennengelernt, zum Beispiel bei den Rhododendron. Diese Regelung ist schlicht und ergreifend ideologischer Quatsch.

(Beifall bei der CDU)

Im übrigen noch eine Bemerkung an die Adresse des Senats. Der Senat besitzt ein großes Waldgrundstück in der Nähe von Bad Segeberg in Alt-Erfrade. Das macht jedes Jahr 400 000 DM minus. Das Minus wird ein bißchen durch zwei Dinge abgemildert, erstens durch Schießen von Wild und zweitens durch die Anlage von Weihnachtsbaumkulturen. In Hamburg gilt die Anlage einer Weihnachtsbaumkultur als Eingriff in die Natur. Wenn das aber in Bad Segeberg stattfindet, dann darf der Senat dort schalten und walten, wie er will. Dies ist einfach absurd, das ist abstrus, genauso abstrus wie die Regelung.

(Antje Möller GAL: Sie haben nur die Hälfte ver- standen!)

Das habe ich sehr gut verstanden.

Letzte Bemerkung zu den Änderungen, die die CDU eingebracht hat. Wir haben insbesondere bei der Benennung von Naturschutzgebieten, Landschaftsschutzgebieten, Naturparks, Naturdenkmälern eingebaut, daß dies in Zukunft in der Regel per Gesetz gilt. Das hat folgenden Hintergrund: Wir wollen eine stärkere Mitwirkung der Parlamente, sowohl dieses Parlaments als auch der Ortsausschüsse und Bezirksversammlungen und auch in einer Information. Dies halten wir bei einer modernen, sich öffnenden Demokratie für unbedingt erforderlich, und das war auch früher Ihre Strategie. Sie wollen weiterhin Ver

(Hartmut Engels CDU)

ordnungen hinter verschlossenen Türen ausmauscheln, genau wie dieses ganze Gesetz. Dies lehnen wir ab. Wir wollen eine Öffnung der Diskussion in diesen Fragen.

Überhaupt kommt der Senat – das ist auch noch eine Unordentlichkeit in diesem ganzen Gesetz – mit Verordnungen nicht so richtig klar. Das Gesetz enthält zahlreiche Anlagen, die natürlich Bestandteil des Gesetzes sind. Und was wird in Paragraph 28 bestimmt? Dort wird bestimmt, daß der Senat per Rechtsverordnung die Anlagen ändern kann. Mit anderen Worten: Der Senat kann per Rechtsverordnung ein Gesetz ändern. Dies ist schlicht und ergreifend Schlamperei, und ich bedauere wirklich sehr, daß es dem Senat nicht gelungen ist, diesen Punkt zu ändern.

Als letztes fordert die CDU in Zukunft eine Ausschreibung für die Betreuung von Naturschutzgebieten oder Landschaftsschutzgebieten durch Verbände, um damit die Betreuung zu optimieren. Ihnen sind sicher – wie mir auch – einige Fälle bekannt, wo die Betreuung dringend erneuert und in andere Hände gegeben werden muß.

Aus diesen Gründen, insbesondere aus den letzteren, daß Sie sich der Diskussion und der Demokratisierung dieses Naturschutzgesetzes nicht öffnen wollen, lehnen wir den Gesetzesentwurf ab.

(Beifall bei der CDU)

Bevor ich nunmehr die nächste Wortmeldung erteile, habe ich festzustellen, daß die Abgeordnete Dr. Schaal zu Beginn der Rede des Abgeordneten Engels demselben einen sogenannten Vogel gezeigt hat. Ich rufe sie zur Ordnung.

(Dr. Monika Schaal SPD: Ich glaube, das haben Sie falsch bemerkt!)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Sudmann.

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt übernimmt den Vorsitz.)

Nach Vögeln, Weihnachtsmännern und Weihnachtsbäumen kommen wir wieder zurück zum Hamburgischen Naturschutzgesetz. Mit der Novellierung des Hamburgischen Naturschutzgesetzes gab es eine große Chance, den Naturschutz in Hamburg wirklich nachhaltig, um einmal ein modernes Wort zu benutzen, zu stärken; Rotgrün hat diese Chance vertan. Was Frau Möller als Kompromiß beschrieben hat – Frau Möller geht jetzt lieber –, bleibt weit hinter den Möglichkeiten zurück. Dieser Kompromiß entspricht eher der Esche 2001, die ganz dünn ist und irgendwie nicht so richtig zum Wachsen geeignet scheint.

Ich will das darstellen. Gerade bei den Projekten, Herr Porschke und auch Herr Mirow, bei denen die Eingriffe in den Naturhaushalt massiv sind, werden Sonderregelungen zum Nachteil der Natur geschaffen. So bleibt der Hafen weiterhin privilegiert. Frau Vogel sagte zwar, daß es ein erstes kleines Ankratzen der Privilegien gebe, es ist aber weiterhin so, daß bestimmte Maßnahmen, die außerhalb des Hafengebiets als Eingriff in die Natur angesehen werden und entsprechend auszugleichen sind, wenn man sie im Hafengebiet macht, nicht als Eingriff angesehen werden. Dummerweise, Frau Vogel, erkennt die Natur nicht den Unterschied zwischen Hafen und dem Rest der Stadt. Von daher gehört die Privilegierung des Hafens komplett abgeschafft.

Bei den Großprojekten im Hafen, aber auch außerhalb – Herr Engels hat sie aufgezählt –, wie zum Beispiel bei der EADS oder beim geplanten Bau der Hafenquerspange, wird den anerkannten Naturschutzverbänden das Klagerecht verweigert. Ich habe das Gefühl, daß der Senat seinen eigenen Planungen nicht zu trauen scheint, denn sonst bräuchte er keine Angst vor einer gerichtlichen Überprüfung zu haben. Die CDU würde das Verbandsklagerecht am liebsten ganz abschaffen. Es ist für Herrn Engels so etwas wie Teufelswerk. Ich verstehe das nicht ganz, Herr Engels. Sie sprachen davon, daß das Verbandsklagerecht eine Niederlage für Herrn Mirow wäre; das sehe ich überhaupt nicht so. Das Verbandsklagerecht mit der hier gemachten Einschränkung ist eine Niederlage für die Natur, und – ich weiß nicht, ob es die Grünen noch bewegt – es ist auch eine Niederlage für die Grünen, denn die Grünen haben immer dafür gekämpft, daß die Privilegien wegfallen und das Verbandsklagerecht wirklich für alle Planungen gilt. Ich kann nicht nachvollziehen, warum jetzt auf einmal die Großprojekte davon ausgenommen werden sollen; das ist wirklich ein Trauerspiel.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Im Umweltausschuß haben externe Sachverständige, auch solche, die sonst von Rotgrün gerne herangezogen werden, um andere Sachen zu belegen, darauf hingewiesen, daß dieses Naturschutzgesetz auch Mängel hat. SPDund GAL-Fraktion haben sich jedoch im Ausschuß als absolut beratungsresistent erwiesen, selbst da, wo der Senat gesagt hat – das ist echt interessant –, das sei überlegenswert. Es ging nämlich um die Frage, ob man nicht die Anfechtungsklage um eine Verpflichtungsklage erweitert. Das war eine Forderung der Verbände und auch eine Forderung, die von Herrn Professor Ramsauer unterstützt wurde.

Ich zitiere einmal aus dem Protokoll:

„Diesen Gedanken bezeichneten die Senatsvertreter/innen als interessante Anregung, die der Ausschuß weiter überdenken sollte.“

Der Senat hat also grünes Licht gegeben, daß SPD und GAL etwas tun dürfen; selbst das ist nicht gewagt worden. SPD- und GAL-Fraktion haben einfach nicht erkannt, daß wir als gesetzgebende Bürgerschaft durchaus Möglichkeiten haben, auch etwas zu gestalten. Das ist absolut nicht wahrgenommen worden. Dem Naturschutz haben Sie damit wirklich einen Bärendienst erwiesen. Das neue Gesetz ist damit nur zum zahnlosen Tiger geworden, und das hat der Naturschutz in Hamburg nicht verdient.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Wort hat Senator Porschke.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für Hamburgs Natur ist heute ein großer Tag, nicht nur, weil heute Tag des Baumes ist,

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ach!)

sondern weil wir mit dem Hamburgischen Naturschutzgesetz, wenn Sie es denn heute beschließen werden,

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Bonsai!)

(Hartmut Engels CDU)

ein wirksames Instrument haben, den Schutz der Natur in Hamburg deutlich zu verbessern und auch die Verhandlungsmacht der Naturschutzverbände, also der Bürger, die sich freiwillig ehrenamtlich für die Natur engagieren, zu vergrößern. Das ist ein zentrales Ziel der Naturschutzgesetznovelle, und wir haben dieses Ziel gut erreicht. Sie konnten dies an den beiden Positionen eben schon erkennen, wobei ich, ehrlich gesagt, den Eindruck hatte, daß die Kritik langsam in Richtung Weihnachtsmann-Niveau abglitt.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal SPD)

Es gibt halt eine Spanne; die einen sagen, es ist zu viel, die anderen sagen, es ist zu wenig. Wie kann man nun feststellen, ob es ein wirklich guter Fortschritt für den Naturschutz gewesen ist? Sie hätten sich die von Herrn Engels offensichtlich nicht richtig wahrgenommene Anhörung im Umweltausschuß, die zu einer maximalen Transparenz dieses ganzen Vorgangs beigetragen hat, genau vor Augen führen müssen. Dann hätten Sie feststellen können, daß es zu Anfang diese beiden Seiten Naturschutzverbände und Landwirtschaftskammer gab. Als die Naturschutzverbände allerdings merkten, daß mit dem Hinweis darauf, vielleicht kommt eine neue bundesgesetzliche Regelung und deswegen können wir die Sache noch mal verschieben, die Gefahr drohte, daß dieses Gesetz nicht beschlossen werden würde, haben sie natürlich sofort gesagt, das Gesetz muß auf jeden Fall kommen, denn die darin enthaltenen Verbesserungen sind so wichtig für den Naturschutz, daß die Hamburger Natur sie dringend braucht. Das ist für mich der beste Beweis dafür, daß wir hier einen wichtigen Fortschritt erreicht haben.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Verbandsklagerecht soll ja nicht dazu führen, daß die Verbände ständig vor Gericht ziehen, sondern es soll deren Verhandlungsposition verbessern. Und warum hat es Lücken? Sie haben dies genau genannt: Es gibt symbolüberhöhte Projekte in der Stadt, die ausgenommen sind. Ich glaube, daß man bei fast allen vernünftigen Projekten Verständigung finden kann, indem man eine vernünftige wirtschaftliche Entwicklung in der Stadt mit dem Ausgleich von ökologischen Interessen verbinden kann.

Es gibt aber natürlich symbolisch überhöhte Punkte, und wir haben in der Vergangenheit erlebt, daß es bei solchen Projekten besonders schwer ist. Und wenn das dann noch besonders zeitkritisch ist, dann kann ich schon verstehen, daß diejenigen, die für die Realisierung Verantwortung tragen, das zu einem für sie ganz wichtigen Punkt gemacht haben.