Herr Präsident, meine Damen und Herren! Alle meine Vorredner haben schon festgestellt, daß der Verbraucherschutz in Hamburg bisher nicht in guten Händen aufgehoben war. Immer wieder gab es die Geschichten über Fleisch aus England – erst kürzlich wieder –, über die wir in den Ausschüssen geredet haben.
Nachdem wir es hier vehement immer wieder diskutiert haben, ist deutlich geworden, daß sich diese Erkenntnis in der Politik, bis in die Behörden hinein, nicht tatsächlich durchgesetzt hat. Trotzdem hat sich bisher nichts verändert. Ich bin gespannt, ob es sich nun dadurch verändert, daß die Kompetenzen zusammengeführt werden und es jetzt seitens der Behörden zum Thema geworden ist; viel zu spät, wie ich meine. Bisher kann ich aber nicht feststellen, daß durch diese Ankündigung eine Vertrauenswürdigkeit, die es bisher nicht gegeben hat, zurückgewonnen werden konnte.
Wer Verbraucherschutz will, kann das nicht nur auf Behördenebene erwarten; es muß sehr viel mehr passieren. Gerade weil die Behörde kein Ort des Vertrauens vieler gewesen ist, braucht es daneben noch andere starke Organisationen, die beim Thema Verbraucherschutz für Hamburgerinnen und Hamburger tatsächlich wirksam tätig werden können. Dazu muß es unabhängige Einrichtungen geben, das haben wir vor zwei, drei Monaten immer wieder angemahnt. Die Verbraucher-Zentrale ist eine derartige Einrichtung, die bei vielen Menschen sehr viel Vertrauen genießt, und trotzdem ist sie in den vergangenen Jahren in ihrer finanziellen Unterstützung konsequent zusammengestrichen worden. Sie hat – ich sehe die krause Stirn von Herrn Schmidt – in diesem Haushaltsjahr 40 000 DM weniger bekommen als im Jahr davor. Das haben wir schon in der Haushaltsdebatte behandelt, und Sie haben es unterstützt, daß die Verbraucher-Zentrale zusammengestrichen wird. Das war ein schwerwiegender politischer Fehler, wie wir Ihnen damals schon gesagt haben. Trotzdem haben Sie daran nichts verändert.
Wenn es in dieser Stadt tatsächlich einen unabhängigen Verbraucherschutz geben soll, dann muß auch die Verbraucher-Zentrale unterstützt werden.
Herr Abgeordneter, wie erklären Sie sich dann den Umstand, daß der Haushalt der Verbraucher-Zentrale aber insgesamt gestiegen ist?
Er ist insgesamt gestiegen, weil die Verbraucher-Zentrale auch noch aus anderen Quellen Zuschüsse bekommt. Aber der Anteil der Hansestadt Hamburg ist zusammengestrichen worden, und das, obwohl deutlich geworden ist, daß die Ausgaben der Verbraucher-Zentrale in der Vergangenheit ständig gewachsen sind. Deshalb wäre es notwendig gewesen, diese Kürzungen nicht zu exekutieren, sondern vielmehr der Verbraucher-Zentrale mehr Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie die Aufgaben, die abgearbeitet werden müssen, auch tatsächlich erfüllen kann.
Aber das Thema dieser Aktuellen Stunde ist die Frage nach den Folgen aus den Nahrungsmittelskandalen, der Agrarkrise und so weiter. Dabei, denke ich, kann man sich nicht nur beim Verbraucherschutz aufhalten, denn Verbraucherschutz heißt doch immer nur Symptombehandlung und Reparaturbetrieb für eigentlich vermeidbare Feh
ler. Und wenn es tatsächlich um die Folgen aus all diesen Krisen gehen soll, dann muß das Thema doch eigentlich Förderung der ökologischen Landwirtschaft heißen, dann muß es doch heißen, eine Agrarwende nach der Agrarkrise voranzubringen. Das wäre doch das erste Thema, um das wir uns immer wieder kümmern müßten. Denn eine artgerechte Tierhaltung und ökologischer Landbau ist der tatsächliche Schlüssel für eine vernünftige Entwicklung, die letztendlich auch den Verbraucherschutz wieder in den Blick bekommt. Hier muß es eine Wende in der Landwirtschaftspolitik geben.
Die Berliner Regierung hat jetzt eine einmalige Chance bekommen. Selten ist so deutlich geworden, welchen Rückhalt sie in der Frage hat, wie eine ökologische Landwirtschaft auch durchgesetzt werden kann. Selten ist vorher die Bauernlobby – immer der Wendegegner schlechthin – so klein gewesen wie bisher. Dennoch habe ich nicht oft gesehen, daß aus den Ankündigungen auch Taten hervorgegangen sind. Genauso müssen wir immer wieder feststellen, daß in Hamburg dieses Thema nicht wirklich vorangebracht wird. Wenn wir einmal die Haushaltspläne studieren, dann werden wir feststellen, daß der Umbau auf den ökologischen Landbau in Hamburg systematisch zusammengestrichen worden ist.
Wenn man es ernst nimmt, müssen unabhängige Verbraucherschutzeinrichtungen gestärkt werden, es muß aber auch der Umstieg in der Landwirtschaft in Hamburg mehr gefördert werden als bisher, meine Damen und Herren.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist in der Tat so, daß Skandale bei Nahrungsmitteln keine Neuerscheinungen sind. Es gab schon in der Vergangenheit zum Beispiel Glykol im Wein, es gab gepanschtes Olivenöl, es gab auch Antibiotikawerte in Hühner-, aber auch im Schweinefleisch, die nicht in Ordnung waren. Und das Problem war: Es gab immer nur kurzfristige Empörungen, aber leider keine nachhaltigen Veränderungen des Handelns und der Nachfrage. Ich meine, daß sich jetzt aufgrund der neueren Entwicklungen Veränderungen abzeichnen, und das ist gut so. Denn wir reden schon lange darüber, daß wir im Bereich der Lebensmittelherstellung eine Wende brauchen. Aber die Wende kann man nicht theoretisch herbeiführen, die muß man praktisch organisieren, vor allen Dingen auch von seiten des Verbrauchers. Denn eine Wende in der Agrarpolitik ist nicht möglich, wenn diejenigen, die damit befaßt sind, wissen, daß die Produkte nicht absetzbar sind, weil zum Beispiel ein höherer Preis nicht akzeptiert wird. Viele von denjenigen, die heute auf ökologischen Landbau umgestellt haben, sind aufgrund der Tatsache, daß der Preis noch sehr entscheidend ist, oft zur Selbstausbeutung bereit, weil sie nämlich genau diesen ökologischen Landbau wollen und ihn auch unterstützen. Insofern geht es auch darum, neben den staatlichen Rahmenbedingungen das Konsumentenverhalten so zu verändern, daß sich die Nachfrage ebenfalls entsprechend verändert.
Ich denke, wir sollten uns nichts vormachen. Diese Veränderung dauert leider länger, als wir es alle gemeinsam wollen. Denn obwohl in allen Umfragen klar gesagt wird, daß Massentierhaltung, zum Beispiel Käfighaltung von Hennen, abgelehnt wird, werden weiterhin derartige Produkte nachgefragt. Und obwohl die extensive Landwirtschaft auch die Landschaft schützt, hält es fast jeder von uns für normal, daß zum Beispiel das Brot und die Milch genauso viel kosten wie vor zehn und 15 Jahren. Außerdem sagen wir: Gesunde Ernährung ist auch für die Gesundheit wichtig. Ich habe heute die Stadtdiagnose vorgestellt und deutlich gemacht, daß es einen engen Zusammenhang zwischen Gesundheit auf der einen Seite und Ernährung auf der anderen Seite gibt. Und was ist das Ergebnis? Nach wie vor gibt es einen hohen Stellenwert von Fast food und von anderen Lebensmitteln, die, wie wir alle wissen, für die Gesundheit nicht verträglich sind. Von daher ist die Forderung nach einem besseren Verbraucherschutz zwar richtig und auch zu unterstützen, aber dazu gehört auf der anderen Seite auch der Konsument als Nachfrager, der dann diese ökonomische Wende tatsächlich zur ökologischen vollführt und nicht umgekehrt.
Die staatliche Gestaltungskraft ist natürlich auch gefordert, und die Rahmenbedingungen dazu müssen verändert werden. Ich bin froh, daß jetzt insbesondere auch durch die Berliner Regierung insbesondere im Bereich der Landwirtschaft, aber auch darüber hinaus im Verbraucherschutz selbst neue Akzente gesetzt werden. Es ist aus meiner Sicht wichtig zu begreifen, daß der Verbraucherschutz ein Querschnittsthema ist und alle Bereiche umfaßt, nicht nur, aber auch den Gesundheitsschutz. Von daher ist es aus meiner Sicht wichtig, auch die Kompetenzen in meiner Behörde zu bündeln, um schlagkräftiger zu werden, Frau Jürs, das ist richtig. Aber eine Neuorganisation ist nicht aus dem Hut zu zaubern, sondern dazu gehören Prozesse innerhalb der Behörde, Gespräche mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie die Abstimmung mit der Personalvertretung. Von daher müssen Sie sich noch ein bißchen gedulden, bis das so weit ist, aber es wird kommen. Die Bündelung der Verbraucherschutzaufgaben im Bereich des Amtes Gesundheit wird organisiert, und zwar auch unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes. Darüber hinaus wird es auch um das Thema Produkt- und Anlagensicherheit gehen, weil in diesem Bereich auch meine Behörde zuständig ist, beziehungsweise um die Fragen, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitsschutz insgesamt zu organisieren sind. Wir werden in meinem Bereich auf jeden Fall zu einer Bündelung der Themenfelder kommen, um auch dem Verbraucherschutz noch mehr Schlagkraft zu geben.
In bezug auf das Thema Verbraucher-Zentrale stimme ich Ihnen allen zu: Die Verbraucher-Zentrale hat eine wichtige Funktion der Verbraucheraufklärung und der Information, denn sie ist der Anwalt für die Verbraucher. Insofern unterstützt der Senat diese Arbeit, im übrigen auch durch ganz konkrete Projekte, zum Beispiel von unserer Seite aus im Rahmen der Patientenberatung, des Patientenschutzes und bei anderen Themen. Deswegen geht es nicht nur um die Grundfinanzierung, Frau Jürs, sondern auch um die Projektfinanzierung, die mitberücksichtigt werden muß, wenn man über die Unterstützung der Verbraucher-Zentrale spricht.
Summa summarum: Wir alle sind aufgerufen, dem Verbraucherschutz zum Durchbruch zu verhelfen. Daß wir es
in Hamburg tun und in der Vergangenheit schon getan haben, ist klar. Allerdings werden wir, auch mit Ihrer Unterstützung, noch weiter dazu beitragen, daß das Thema Verbraucherschutz auf der Tagesordnung bleibt. – Vielen Dank.
Ich rufe nunmehr die Tagesordnungspunkte 3 sowie 7 bis 9 auf, die Drucksachen 16/5506, 16/5635, 16/5637 und 16/5638. Danach sind diverse Wahlen vorzunehmen.
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl der Vertrauensleute und ihrer Vertreterinnen und Vertreter für die Ausschüsse zur Wahl der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht und beim Verwaltungsgericht Hamburg – Drucksache 16/5506 –]
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl von acht Beisitzerinnen oder Beisitzern und deren Stellvertreterinnen oder Stellvertretern für den Landeswahlausschuß für die Wahl zur Bürgerschaft – Drucksache 16/5637 –]
[Unterrichtung durch die Präsidentin der Bürgerschaft: Wahl von acht Beisitzerinnen oder Beisitzern und deren Stellvertreterinnen oder Stellvertretern für den Landeswahlausschuß für die Wahl zu den Bezirksversammlungen – Drucksache 16/5638 –]
Zunächst haben wir jedoch über den Buchstaben a aus dem Petitum der Drucksache 16/5635, Tagesordnungspunkt 7, abzustimmen. Hier bittet der Senat die Bürgerschaft um Zustimmung, den derzeitigen Vorsitzenden der Kommission für Bodenordnung, Herrn Senatsdirektor Ulrich Wittern, mit Ablauf des 31. Mai 2001 aus dem Amt abzuberufen. Herr Wittern tritt mit Ablauf des Monats Mai in den Ruhestand. Wer stimmt diesem Antrag zu? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieses bei einigen Stimmenthaltungen einstimmig so angenommen. Damit ist eine Ersatzwahl für die Zeit ab dem 1. Juni 2001 erforderlich. Diese werden wir gleich vornehmen.
Meine Damen und Herren! Die Fraktionen und die Gruppe haben vereinbart, daß die heute hier vorzunehmenden Wahlen in einem Wahlgang durchgeführt werden sollen. Auf Ihren Plätzen finden Sie daher insgesamt fünf Stimmzettel vor, und zwar für folgende Wahlen: Für die Wahl der Vertrauensleute und die der Vertreterinnen und Vertreter für die Ausschüsse zur Wahl der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter beim Hamburgischen Oberverwaltungsgericht und beim Verwaltungsgericht Hamburg. Dafür benutzen Sie die Stimmzettel orange und blau.
Die Wahl eines Vorsitzenden der Kommission für Bodenordnung. Dafür ist ein gelber Stimmzettel auszufüllen.
Die Wahl von Beisitzerinnen oder Beisitzern und deren Stellvertreterinnen oder Stellvertretern für die Landeswahlausschüsse für die Wahl zur Bürgerschaft und zu den
Die Stimmzettel enthalten bei jedem Namen je ein Feld für Ja-Stimmen, für Nein-Stimmen und für Stimmenthaltung. Kreuzen Sie aber bitte bei jedem Namen nur ein Kästchen an, mehrere Kreuze bei einzelnen Namen beziehungsweise weitere Eintragungen oder Bemerkungen würden zur Ungültigkeit führen. Ich bitte Sie, nunmehr Ihre Wahlentscheidungen vorzunehmen.
Ich stelle fest, Sie haben weitgehend vorgearbeitet. Dann darf ich die Schriftführerinnen und Schriftführer bitten, mit dem Einsammeln beginnen zu wollen.
Meine Damen und Herren! Darf ich Sie fragen, ob jetzt alle Stimmzettel ausgefüllt und auch abgegeben worden sind? – Das ist der Fall. Dann schließe ich die Wahlhandlung. Die Wahlergebnisse werden nunmehr ermittelt und im weiteren Verlauf der Sitzung bekanntgegeben.* Die Wahlhandlung ist geschlossen.