Protocol of the Session on February 28, 2001

langfristig ohne Ausgleichsmaßnahmen zugeschüttetes Mühlenberger Loch darf es nicht geben und muß unter allen Umständen vermieden werden.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Der zweite Aspekt: Wir wollen in Hamburg kein zweites Altenwerder oder zweites Moorburg. Das heißt, parallel zu der Realisierung der Grundlagen für die erweiterte Produktion bei der DASA muß die zukünftige Entwicklung des Alten Landes und seiner Dörfer als landwirtschaftlicher Entwicklungsraum und nicht als allgemeines Gewerbeflächenerwartungsland gesichert werden. Die Zuständigkeit für die Nöte der Obstbäuerinnen und -bauern wurde bisher zu sehr den Gegnerinnen und Gegnern des Projektes überlassen.

(Zuruf von Norbert Hackbusch REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Das Qualitätsprodukt „Obst aus dem Alten Land“ müssen wir uns erhalten; ich denke, das wollen auch alle.

Es wäre schlicht falsch zu behaupten, daß keine Bauern in ihrer Existenz betroffen sind. Aber der Senat muß sich insgesamt für die sichere Zukunft Neuenfeldes als lebendiges Dorf verantwortlich fühlen. Langfristige Pacht- und Mietverträge wären ein erstes Signal, eine Umsetzung des Konzeptes „Urbane Landwirtschaft 2010“ auch im Süderelberaum wäre ein weiterer Schritt.

Auch aus einem dritten Grund haben wir uns während der ganzen Bewerbungsphase und bis zur heute nun nähergerückten Realisierung nicht von der Euphorie anstecken lassen. Die auf die Stadt zukommenden Kosten sind schon in der ersten Abschätzung immens hoch und können nur mit großer Kraftanstrengung bewältigt werden. Sie unterliegen unter anderem in den nächsten Monaten noch etlichen Unwägbarkeiten – darauf habe ich hingewiesen –, da die späte Entscheidung von EADS den Zeitdruck immens verstärkt hat.

Es können aber auch technische Komplikationen dazukommen; der Senat hat zugesichert, dem Haushaltsausschuß entsprechend zu berichten. Ich hoffe, daß es nicht nur zu einer einseitigen Belastung des Haushalts, sondern zum Beispiel auch zu Überlegungen im Hinblick auf eine Vermögensmobilisierung kommt.

Dem kann die EADS – wie sie selbst sagt – nur 4000 Arbeitsplätze gegenüberstellen. Ich sage „nur“, weil die Auswirkungen auf die Ausbildung von Jugendlichen oder beispielsweise auch auf Umschulungsangebote für Langzeitarbeitslose und Neuansiedlungen von Betrieben im hamburgischen Raum Visionen sind, die wir uns wünschen, und Perspektiven, die man formulieren kann; sie müssen nur realisiert werden. Wir sollten das, was wir politisch dazu beitragen können, auch tun. Der Betrieb ist hier aber ebenfalls in der Pflicht.

Es bestehen nicht nur in der kritischen Öffentlichkeit Zweifel an der Belegbarkeit der Zahlen. EADS hat sich allerdings selbst mit der großen Unterstützungskampagne in den letzten Wochen mit den Arbeitsplatzzahlen in der Öffentlichkeit positioniert; daran sollte die Politik den Konzern dann auch messen.

Meine Damen und Herren! Heute haben wir den zwar nicht mehr virtuellen, aber noch nicht ganz flügge gewordenen Vogel konkreter zum Thema machen können. Es ist klar: Für Hamburg ist dies eine gute Stunde, es stehen aber noch viele Aufgaben zur Lösung an, die den A380 vor al

(Antje Möller GAL)

lem für die Natur und die Bewohner von Neuenfelde zu einem verträglichen Vogel werden lassen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Herr Hackbusch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Präsident des Senats! Diese Formulierung habe ich vorher noch nie gehört, deshalb möchte ich sie noch einmal wiederholen.

(Erster Bürgermeister Ortwin Runde: Schön, nicht? – Dr. Roland Salchow CDU: Darauf kommt man nicht so ohne weiteres!)

Die große Mehrheit des Parlaments mag diesen Tag feiern, ich feiere nicht mit. Und mit mir feiern auch viele Menschen in dieser Stadt nicht mit, die sehr wütend und ärgerlich über die Entscheidung sind, daß der Naturschutz völlig unter die Räder gekommen, das Dorf Neuenfelde bedroht und das Versprochene so nebulös ist, daß man nicht weiß, was man eigentlich bekommt.

Die Zahl der ablehnenden Menschen hat in der letzten Zeit zugenommen. Im Sommer letzten Jahres demonstrierten bei bestem Wetter 400 Menschen; bei der letzten Demonstration waren es 1200 bis 1400.

(Horst Schmidt SPD: Aschermittwoch!)

Ich bin mir sicher, daß sich diese Zahl in der nächsten Zeit noch erhöhen wird.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke – Horst Schmidt SPD: Das ist eine Dreisatzrech- nung!)

Die Reden von Herrn Runde und von Herrn Christier oder von den sonstigen Beklatschern zeigen doch im wesentlichen, daß die gefeierte Entscheidung durch nebulöse Darstellungen gekennzeichnet ist.

Wieder wurde die Zahl von 4000 Arbeitsplätzen genannt. Alle wissen, daß diese Zahl nicht stimmt,

(Antje Möller GAL: Daraus werden wir sie nicht ent- lassen!)

aber Rotgrün erwidert: Wir werden den Konzern schon dazu bringen. Der Konzern wird Ihnen etwas husten! Die Vertreter von Daimler-Benz haben gerade gestern auf der Pressekonferenz mitgeteilt, daß sie der rotgrünen Regierung für die letzte Steuerreform danken, denn sie müssen in diesem Land nun keine Steuern mehr bezahlen. Das ist die Art und Weise, wie Rotgrün Konzerne zwingen will.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Sie wird von diesem Konzern an einem Band durch die Gegend geführt; das war schon so beim Entscheidungsduell zwischen Hamburg und Toulouse. Er hat die zwei Standorte gegeneinander aufgeschaukelt und dann erfreut beide Subventionspakete genommen, und in Hamburg feiern dann alle den riesigen Erfolg.

Das Problem ist, daß der Senat und auch EADS immer noch nicht sagen können, was eigentlich passiert. Am Mittwoch, als das „Hamburger Abendblatt“ verkündete, daß nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts ein Teil des Mühlenberger Lochs zugeschüttet werden kann, wurde danach gefragt, was mit dieser Fläche eigentlich gesche

hen soll, die für circa 1 Milliarde DM zugeschüttet wird. Dort befänden sich die riesige Montagehalle für den A380, die Vormontagehalle und der große Bereich der Testhallen. Diese Hallen werden aufgrund der Produktionsentscheidung vom Sommer 2000 in Hamburg nicht mehr gebraucht, weil die EADS hier nichts mehr zusammenbaut. Und vor dem Hintergrund dieses kargen Informationsniveaus feiern Sie. Sie wagen es noch nicht einmal, die Stadt darüber zu informieren, was eigentlich los ist.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Dabei ist entscheidend, daß zum Ende des Jahres 2000 die Projektleitung für den A380 von Hamburg nach Toulouse umgezogen ist. Aber nein, diese konkrete Information könnte vielleicht das wohlige Gefühl stören.

Es ist falsch, daß 4000 Arbeitsplätze entstehen, Sie werden an der Nase herumgeführt. Der A380 wird nur aufgrund der großen Subventionen in Hamburg lackiert und innen ausgebaut, das ist alles.

(Zurufe von der SPD)

Sie wissen wahrscheinlich gar nicht, was das ist.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Sie ja auch nicht! – Petra Brinkmann SPD: Hauptsache, Sie wissen das!)

Ich weiß das sehr genau.

Der Innenausbau wird selbst nach Schätzungen der EADS vielleicht 200 bis 300 Arbeitsplätze – wenn überhaupt – schaffen, weil er natürlich nicht hier vorgenommen wird, sondern die Montage erfolgt im wesentlichen durch Zulieferfirmen. Sie wagen es nicht, sich damit auseinanderzusetzen, Sie vernebeln diese Tatsachen. Das ist Ihre Art der Politik.

(Dr. Andrea Hilgers und Wolfgang Baar, beide SPD: Sie müssen mal Ihre Brille putzen!)

Nun zu den einfachen, aber wichtigen Dingen. Was im Zusammenhang mit dem Naturschutz passiert, ist eine Katastrophe. Das Oberverwaltungsgericht hat gesagt, daß der Naturschutz in Hamburg nicht geprüft werden könne. Unter rechtlichen Gesichtspunkten sei zwar eine bedeutsame Fläche endgültig verlorengegangen, dies habe jedoch nicht in dem hier anhängigen Verfahren überprüft werden können, weil weder das deutsche noch das europäische Recht den Klägern Rechte verleihe, die sie gerichtlich geltend machen könnten. Das heißt, die Frage des Naturschutzrechtes ist nicht geklärt worden, weil es keinen Kläger gibt.

Das internationale und europäische Recht geht eigentlich davon aus, daß der Staat selbst dafür sorgt, die Naturschutzflächen, die als solche gekennzeichnet sind, auch zu schützen. Aber dieser Senat wird alles mögliche tun – das wissen wir –, um die Aufgaben des Naturschutzes nicht wahrzunehmen. Er wäre dafür die richtige Adresse, aber er hat völlig versagt.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Versagt hat in diesem Zusammenhang natürlich

(Antje Möller GAL:... auch die Grünen!)

meine alte Partei.

(Petra Brinkmann SPD: Ja, klar!)

Darin besteht überhaupt kein Zweifel. Es gab etliche Punkte, die man hätte klären können und bei denen selbst aufgrund der Koalitionsentscheidungen noch Veränderun

(Antje Möller GAL)

gen möglich gewesen wären. Das habe ich mehrfach ausgedrückt. Bei dieser Partei ist der Naturschutz nicht mehr gut aufgehoben. Ich schätze, es hat keinen Sinn mehr, daß noch irgendein Grüner diese GAL wählt; seine Stimme wäre für die Zukunft dort völlig falsch aufgehoben.