Protocol of the Session on December 12, 2000

Der Weg der Qualifizierung wird fortgesetzt. Durch das Programm sind bisher 1212 Polizistinnen und Polizisten vom mittleren Dienst in den gehobenen Dienst überführt worden; im Jahre 2001 sind 430 Überleitungen vorgesehen. Es werden dann insgesamt 1642 Beamtinnen und Beamte durch Qualifizierung im gehobenen Dienst sein; dafür gibt Hamburg rund 5 Millionen DM aus. In den Jahren 2002 bis 2007 sollen darüber hinaus 1066 Stellenhebungen zur begrenzten Anpassung der Stellenplanobergrenzen gemäß Bundesbesoldungsgesetz erfolgen. Das erfordert einen Finanzaufwand von 7,2 Millionen DM; auch dieser Betrag wird solide finanziert. Die Zahl der bürgernahen Beamten wird erhöht; zur Zeit sind es 241. Wir gehen die inneren Reformen der Polizei zügig an, um Personal für die Präsenz vor Ort freizubekommen. Ich verspreche Ihnen, daß Polizei und Feuerwehr ihre erfolgreiche Arbeit fortsetzen; der Haushalt 2001 bildet dazu eine gute Voraussetzung.

(Beifall bei der SPD)

Aber, meine Damen und Herren – Herr Vahldieck hat es vorhin schon erwähnt –, das hat nichts mit Rechtsradika

lität oder einer anderen Auffassung zu tun, aber bei den Debatten, insbesondere der gestrigen, hatte ich den Eindruck, daß es in Ihrer Partei ganz schön „Schill...ert“. Herr von Beust sollte etwas weniger „Kusch...eln“, dann wäre er mit Sicherheit gut beraten.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Mahr.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Vahldieck, es ist ein alter Taschenspielertrick,

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Aha!)

sich gegen Propaganda zu wehren und sie gleichzeitig zu betreiben; das ist irgendwie ein bißchen unredlich. Was Sie hier mit der Kriminalstatistik alle Jahre wieder betreiben – einen kleinen Ausreißer nach oben oder unten –, quasi den Zustand der öffentlichen Sicherheit zu beschreiben, das macht noch nicht einmal die Polizei. Bei jeder Kriminalstatistik finden Sie eine entsprechende Fußnote, die besagt, daß, bezogen auf die Kriminalstatistik, keine eindeutigen Rückschlüsse auf die öffentliche Sicherheit gezogen werden können.

(Dietrich Wersich CDU: Hinweise!)

Und Sonderkommissionen wurden schon gebildet, als die Polizei noch 428 Stellen mehr hatte. Es ist etwas ganz Normales, in besonderen Situationen auch Sondereinheiten zu bilden.

Unter Rotgrün hat sich nach Auffassung der GAL-Fraktion im Bereich der öffentlichen Sicherheit eine deutliche Akzentverschiebung ergeben.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Leider!)

Herr Ehlers, hören Sie zu. – Mehr als bisher wird den Themen Opfer- und Strafentlassenenhilfe, zivile Konfliktregelung und demokratische Kontrolle der Polizei Gewicht beigemessen, ohne dabei den Aspekt von Prävention und Repression zu vernachlässigen.

Nun der Reihe nach an die Adresse der CDU: Hamburg ist bundesweit führend, was die Sachausstattung der Polizei anbelangt. Die noch vor einigen Jahren zu Recht gerügte IuK-Technik – Herr Kleist hat das kurz angesprochen –, insbesondere die computerunterstützte Vorgangsfertigung COMVOR, hat mittlerweile allen anderen Bundesländern den Rang abgelaufen; das gleiche gilt übrigens für die Funkeinsatzzentrale.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das wurde auch höchste Zeit!)

Ich hoffe natürlich nicht, daß in Zukunft Maßstab ist, erst alles in die Grütze zu reiten, um dann das bundesweite Vorbild zu sein.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das wäre ja fast eine Franz-Josef-Strategie!)

Man muß allerdings, Herr Ehlers, den Status quo sehen, und da wird Hamburg um die IuK-Ausstattung bei der Polizei beneidet. Da wundert es dann schon, wenn man an einer Diskussion mit CDU-Vertretern teilnimmt, die dem Publikum weismachen wollen, die Hamburger Polizei quäle sich noch immer mit Uraltschreibmaschinen ab. Nur Pech, wenn sich dann ein hochrangiger Polizeivertreter auf dem Podium in Rissen veranlaßt fühlt, dieses klarstellen zu müssen.

(Ingo Kleist SPD)

Man kann sich ja darüber streiten, ob jeder Polizist mit einer Unterziehschutzweste ausgestattet sein muß, wie es die Bürgerschaft kürzlich beschlossen hat. Ich habe für meine Fraktion die Zweifel deutlich gemacht, aber auch hier ist Hamburg den CDU-regierten Ländern weit voraus. In den CDU-regierten Ländern werden notwendige Sparverpflichtungen als Argumente herangezogen, um entsprechende Schritte nicht einleiten zu müssen. So ist das eben, wenn man regieren will.

Auch bei der Fahrzeugausstattung kann Hamburg mit allen anderen Bundesländern hinsichtlich Qualität und Anzahl durchaus mithalten. Personaleinsparungen hin oder her, im Bundesvergleich steht Hamburg mit seinem Personalbestand bei der Polizei durchaus noch gut da – allen Unkenrufen zum Trotz.

Was macht man da als Opposition, der angeblich die bessere Kompetenz im Bereich der öffentlichen Sicherheit zugesprochen wird, die aber kein Bein auf die Erde bekommt? Man holt sich einen Fachmann, der die Defizite der Abgeordneten ausgleichen und die öffentlichen Stammtische bedienen soll.

(Rolf Harlinghausen CDU: Das war ein Volltreffer!)

Ist Ihnen das nicht manchmal peinlich, Herr Vahldieck, wenn die „Bild“-Zeitung, nicht gerade das Herz- und Hausblatt der GAL, Ihnen bescheinigt, daß Sie kaltgestellt worden seien, und das von Herrn Kusch, der lieber ein Jahr lang die Hamburger Verhältnisse still hätte beobachten sollen, bevor er uns mit seinen Weisheiten beehrt hätte, Weisheiten, die nichts anderes darstellen als blanken Populismus.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Aber, meine Damen und Herren von der CDU, Sie müssen viel Geld haben, Sie müssen selbst wissen, ob Sie das Geld zum Fenster herauswerfen wollen: Abgerechnet wird immer nach der Wahl. Und wer sich Herrn Schill zum Maßstab macht, der wird scheitern, da können Sie ganz sicher sein.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Einige kurze Anmerkungen zu Ihren polizeibezogenen Anträgen. Ich will nicht weiter auf Ihre abenteuerlichen Deckungsvorschläge eingehen, die uns Herr Freytag vorgestellt hat. Aber mal eben 428 Polizeistellen zu fordern, die den Haushalt mit etwa 25 Millionen DM zusätzlich belasten würden, ist schon ziemlich dreist. In keiner Koalition der Bundesrepublik würde es Ihnen gelingen, diese Forderungen im Haushalt unterzubringen, und das wissen Sie ganz genau. Fragen Sie einmal Ihre Kolleginnen und Kollegen, die in der Regierung sind.

Der andere Antrag zeigt zumindest, daß Sie etwas lernfähig sind. Sie fordern keine zusätzlichen Polizeidienststellen in jedem Stadtteil mehr, sondern jetzt sind es nur noch zwei, nämlich ein Polizeirevier und eine Außenstelle. Da reibt man sich verwundert die Augen und fragt sich, wie die CDU denn auf diese Lösung gekommen ist.

(Dr. Hans-Peter de Lorent GAL: Das war Kusch!)

Ist hier etwa eine signifikant höhere Kriminalität zu verzeichnen als in anderen Stadtteilen? Sind die anderen Stadtteile besser mit Polizeidienststellen versorgt als Lurup oder Eidelstedt? Was ist zum Beispiel mit dem Polizeikommissariat 38 in Rahlstedt, das größte Gebiet in Hamburg? Warum ist nach der Beurteilung der CDU in

Eidelstedt ein größerer Bedarf als in Rahlstedt? Fragen über Fragen, die unbeantwortet bleiben.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Das stimmt doch gar nicht!)

Die Lösungsansätze der CDU sind beliebig, Herr Warnholz, und schlichtweg unrealistisch, sie sind Unsinn, wir werden sie deshalb ablehnen.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Die rotgrüne Koalition setzt deshalb weiter auf den Ausbau von Polizeikommissariaten und hat hier deutliche Fortschritte erzielt; das wurde bereits ausgeführt. Die Arbeitsbedingungen der Beamten haben sich erheblich verbessert, und diesen Weg weiter fortzusetzen, ist der richtige Weg. Mit der mittelfristigen Finanzplanung sind bereits die notwendigen Pflöcke eingeschlagen worden.

Zum Thema Jugendkriminalität möchte ich nur wenige Sätze sagen, wir haben in der letzten Bürgerschaftsdebatte darüber ausführlich gesprochen. Rotgrün schafft auch jetzt die finanziellen Voraussetzungen für ein ressortübergreifendes Maßnahmenpaket, das sich sehen lassen kann. Damit ist das Thema nicht erledigt, sondern die Weichen werden richtig gestellt.

Zur Polizeikommission: Eine gut ausgestattete und angemessen bezahlte Polizei muß es sich gefallen lassen, demokratisch kontrolliert zu werden.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Hinzu kommt, daß die Befugniserweiterungen der Polizei, die ihr im Rahmen der Novellierung des Strafprozeßrechts und des Polizeirechts in den letzten zehn Jahren in extensiver Form zuteil geworden sind, eine zusätzliche Form der Kontrolle, wie wir sie in Hamburg modellhaft umgesetzt haben, geradezu unverzichtbar macht.

(Karl-Heinz Warnholz CDU: Eine heile Welt, un- glaublich!)

Sie haben eine heile Welt, Herr Warnholz, das ist das Problem.

Völlig unverständlich bleibt es mir, daß weder die CDU noch die Polizeigewerkschaft in den letzten zwei Jahren das Gespräch mit der Polizeikommission gesucht haben. Dies ist nichts anderes als Ausdruck ideologischer Borniertheit, höflicher läßt sich das leider nicht formulieren, sich bloß nicht mit seiner Auffassung in Frage stellen lassen, der andere könnte ja das eigene Weltbild gefährden und vielleicht recht haben. Hier paßt das geflügelte Wort: Sie reden hier wie der Blinde von der Farbe.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Ausgerechnet Sie Blind- fisch!)

„Die Polizei will geliebt werden“, hat Jan Philipp Reemtsma auf einer Tagung zum polizeilichen Gewaltmonopol treffend formuliert. Nur, das wissen Sie auch, Zuneigung gibt es nicht zum Nulltarif. Fritz Sack hat sich kürzlich auf einer Tagung grüner Innenpolitiker über die Dialogverweigerung der Kritiker beklagt und in netter Form eine Brücke zu schlagen versucht. Zitat:

„Kontrolle ist auch ein Ausdruck von Bedeutung.“

Recht hat er, und Demokratie lebt von Kontrolle, eigentlich auch eine Binsenweisheit.

(Ulf Lafferenz CDU: Das hat Lenin schon gesagt!)

(Manfred Mahr GAL)