Protocol of the Session on November 30, 2000

Um die Bemühungen der Stadt deutlich zu machen und zu Ihrer Information, erhält die Stiftung der Öffentlichen Bücherhallen im nächsten Jahr eine weitere Million DMark, um die Internetkapazitäten in den Bücherhallenstandorten auszubauen. Eine Veröffentlichung im Internet – so lautet jedenfalls Ihre Pressemitteilung vom 27. November 2000 – reicht Ihnen nicht aus, Sie wollen noch die Druckmaschinen anschmeißen. Mein Motto ist: Was der Mensch kann, muß er auch selbst einbringen. Der Gang zur Bücherhalle ist den Leistungsempfängern, die gut zu Fuß sind, und erst recht den Trägern für die Beratungen, aus meiner Sicht, sehr wohl zuzumuten.

(Beifall bei der SPD)

Am öffentlichen Zugang von Entscheidungsgrundlagen der Sozialämter wird es künftig in Hamburg nicht mangeln.

Ab Punkt 3 wird Ihr Antrag wirklich abenteuerlich. So wie Ihre Forderungen formuliert sind, unterstellen Sie genau das, was Sie hier als beredtes Beispiel genannt haben, daß die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sozialdienststellen ihrem Beratungsauftrag nicht ausreichend nachkommen. Das ist für die fleißigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in den entsprechenden Sozialdienststellen arbeiten, eine maßlose Unterstellung, die ausdrücklich zurückgewiesen werden muß.

(Beifall bei der SPD und bei Anja Hajduk GAL – Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Weiter so, weiter so!)

Ich weiß nur nicht, wo Sie Ihre Erfahrungen her haben.

Seit 1991 arbeite ich in Steilshop an Informationsständen. Was ich dort erfahre, sind ganz andere Nachrichten als Ihre. Wenn Sie mir jetzt sagen, Sie hätten andere Nachrichten, dann kann es sein, wie ich meine, daß Sie von der

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke)

DKP und Ihren Kolleginnen und Kollegen aus dem Sozialausschuß im Ortsamt Bramfeld – den sozusagen übriggebliebenen Kämpfern für die SED und den Arbeiter- und Bauernstaat – informiert werden und diese aus ideologischer Verbrämung bis heute nur den Splitter im Auge anderer sehen, aber nicht den Balken im eigenen Auge erkennen.

Bis Mitte 1995 wurden alle Sozialdienststellen mit Computern ausgerüstet, was die Sachbearbeitung weniger zeit- und arbeitsaufwendig gemacht hat. Das muß festgestellt werden,

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Aber die Fallzahlen sind doch in die Höhe gegangen!)

denn es war das Ziel und es bedeutet in der Konsequenz eine individuellere Beratung und Bearbeitung von Anträgen.

Die Beratung ist jedoch keine Einbahnstraße. Eine Beratung über das, was das Sozialamt bereithält, ist wichtig und notwendig, aber eine Ausstattung der Antragstellerinnen und Antragsteller mit tabellarischen Übersichten,

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Warum nicht?)

so wie es in Ihrem Antrag unter Punkt 4 gefordert wird, ist keine Lösung, sondern man muß den Menschen aus der Armut heraushelfen und ihnen neue Perspektiven eröffnen, um damit ihr Selbstwertgefühl zu stärken. Das ist die Aufgabe der Beratung.

(Beifall bei der SPD, bei Andrea Franken GAL und bei Dr. Stefan Schulz CDU)

Lassen Sie mich Ihnen auch sagen, daß die Höhe der Ausgaben bei den Hilfen zum Lebensunterhalt kein Ausdruck richtiger Beratung sind. Vielleicht sollten Sie sich noch einmal die Subsidiaritätsgrundsätze in der Sozialhilfe vor Augen führen. Das heißt aus meiner Sicht ganz klar: Hilfe wird gewährt, wenn alles andere nicht mehr geht, also Hilfe zur Selbsthilfe oder du kannst, wenn du willst, und wir helfen dir dabei.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Das kann aber für einen Betroffenen nicht bedeuten, alles aus der Sozialhilfe herauszuholen, was er nur kann. Eine fachlich kompetente, aber individuelle Beratung erfordert natürlich einen Ermessensspielraum, sonst wäre eine einzelfallbezogene Behandlung praktisch gar nicht möglich; Sie können individuelle Hilfe nicht an einem Geldbetrag festmachen.

Den Einheitsbrei wie früher, als man in meinem jugendlichen Alter zum Haarschnitt ging, Topf drauf – bei mir könnte man sagen Schablone drauf –, ringsherum abgeschnitten und die Frisur stimmt,

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Es gibt kein Geld für Friseurbesuche!)

ist hier unangemessen. Diese Grundsätze in der Sozialhilfe zwingen aus meiner Sicht, Ihren Antrag entsprechend zu würdigen und abzulehnen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Das Wort hat Herr Kühn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Scheurell, ich stimme Ihnen prinzipiell zu, aber die Heftigkeit, mit der Sie hier argumentiert haben, erweckt den Eindruck, daß irgendwo ein wunder Punkt getroffen sein könnte.

(Petra Brinkmann SPD: Wenn man mit Zwi- schenrufen so gereizt wird!)

Meine Damen und Herren, bei der Diskussion dieser Vorlage sind meines Erachtens zwei zentrale Aspekte wichtig. Erstens: Es ist völlig klar, daß eine moderne Verwaltung transparent handeln muß. Berechtigte gegebenenfalls einklagbare Ansprüche dürften ebensowenig zurückgewiesen werden wie unberechtigte bewilligt oder gefördert. Grundsätzlich ist aber davon auszugehen, daß bei der Arbeit der einzelnen Beamten an der Basis Transparenz herrscht, auch wenn es sich um die BAGS handelt, die, wie uns gestern dargestellt wurde, eine Meisterin der fehlenden Transparenz ist.

Wir müssen aufpassen, daß wir in einem Antrag nicht Selbstverständlichkeiten betonen, denn dieses könnte in den einzelnen Sozialämtern zu Unrecht als Mißtrauen gegen die Beamten verstanden werden.

Zweitens: Grundsätzlich ist die Einstellung der Parteien und somit auch die der Gesellschaft zur Sozialhilfe zu betrachten. Sozialhilfe, das wurde schon angesprochen, ist eine Hilfe zur Selbsthilfe in Notlagen und sollte für die breite Masse der Empfänger kein dauerhaftes Transfereinkommen des Staates sein.

(Farid Müller GAL: Ach!)

Dieses ist in der Realität nicht mehr gegeben. An dieser Stelle müssen wir uns alle die sachliche Frage stellen, ob wir für jeden Empfänger eine Beratung durch die Behörde wollen, die es ihm ermöglicht, möglichst viel an Leistung zu beziehen. Hier bin ich der Ansicht, daß sich die Beratung auf Menschen konzentrieren sollte, die unter keinen Umständen in der Lage sind, sich selbst zu informieren. Denn die Verpflichtung zur eigenständigen Informationsbeschaffung korrespondiert mit unserem Wunsch, jeden einzelnen Menschen zur Eigenverantwortung zu führen. Daher ist es wenig sinnvoll, ihn dahin gehend zu beraten, wie er ohne zu arbeiten mehr erwirtschaften kann als viele seiner Mitbürger mit Arbeit.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ach, das glauben Sie doch selbst nicht!)

Wer immer dieser Vorlage ohne eine weiterführende Diskussion im zuständigen Ausschuß zustimmt, sollte neben den direkten und indirekten Kosten bedenken, welche Zeichen er bei den Empfängern und den Beamten setzt, denen indirekt unterstellt wird, sie würden gegen die Kunden der Behörden arbeiten. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Franken.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Scheurell, ich kann Ihnen sagen, woher die REGENBOGEN-Gruppe die Informationen hat, die sie hier heute verwendet hat.

Vor ein paar Wochen gab es nämlich von der Diakonie eine Veranstaltung, die sich „Fachgespräch Sozialhilfe“ nannte.

(Wolfhard Ploog CDU: Das stimmt!)

(Wolf-Dieter Scheurell SPD)

Da waren Vertreter der Beratungsstellen, eine Vertreterin der BAGS und auch ein paar Politiker anwesend.

(Wolf-Dieter Scheurell SPD: Und die können da nicht hingehen?)

Dabei habe ich allerdings das Gefühl, daß der REGENBOGEN und ich ganz unterschiedliche Eindrücke von dieser Veranstaltung mitgenommen haben.

Die REGENBOGEN-Gruppe war recht fleißig und hat so ziemlich alle Anliegen dieser Beratungsstellen in diesen Antrag hinein formuliert, ohne vielleicht doch ein bißchen zu hinterfragen, ob die Situation wirklich so ist, wie sie dort teilweise von einzelnen Rednern dargestellt wurde. Ich finde das ein bißchen fahrlässig.

Daher möchte ich gleich am Anfang meiner Rede deutlich sagen, daß ich es gerade nach der Pressekonferenz, die die REGENBOGEN-Gruppe veranstaltet hat, sehr bedenklich finde, wenn hier ein Eindruck entsteht, als würde Hamburg nicht seiner Informations- und Beratungspflicht nachkommen. Das ist nicht so; der gesetzliche Beratungsauftrag wird von Hamburg erfüllt.

(Beifall bei der GAL und bei der SPD – Dr. Ro- land Salchow CDU: Wieso klatschen die bei so was?)

Kommen wir zunächst noch einmal zu den Beratungsstellen, die auf dieser Veranstaltung vertreten waren. Alle diese Beratungsstellen sind im Postverteiler der BAGS. Aus diesem Verteiler heraus bekommen diese Beratungsstellen den Sozialhilfereport zugestellt und auch weitere Informationen, wie Fachliche Weisungen und Globalrichtlinien, die für die Fachöffentlichkeit öffentlich gemacht werden.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Wenn es sie denn gibt!)

Damit kommen wir zu dem entsprechenden Punkt. Zur Zeit sind wir in der Situation, daß es in einem sehr eingegrenzten Bereich der Sozialhilfegewährung keine Globalrichtlinie gibt; das ist richtig. Deswegen wird es natürlich ein wenig schwierig, in der Öffentlichkeit darzustellen, was dort geschieht. Die Beratungsstellen haben auf dieser Veranstaltung deutlich gemacht, daß sie derzeit den Eindruck haben, daß es unterhalb der öffentlich gemachten Entscheidungsgrundlagen der Sozialämter eine undurchschaubare Ebene von Entscheidungen gibt, die oft Weisungscharakter für die Sachbearbeitung hätten.

Ich denke, daß die Forderung nach Transparenz an dieser Stelle Sinn macht. Auch die Behördenmitarbeiterin hat an diesem Tag deutlich gemacht, daß die Situation zur Zeit nicht besonders zufriedenstellend ist und daß noch Wege gefunden werden müssen, wie man damit umgeht, daß es in einigen Bereichen noch keine Globalrichtlinien gibt. Derartige Aussagen hat es auf der Veranstaltung gegeben, und daran muß man denken.