Protocol of the Session on November 30, 2000

(Dr. Michael Freytag CDU: Bemühen reicht nicht!)

Ich empfehle Ihrer Fraktion, eine Zielgerichtetheit zu präferieren und nicht der pauschalen vernichtenden Kritik das Wort zu reden.

Neben dieser Bemerkung zu Ihrer Rede möchte ich auf die beiden Hauptthemen des Rechnungsprüfungsausschusses eingehen. Das erste Hauptthema ist der finanzielle Handlungsspielraum Hamburgs.

Wir haben in diesem Herbst im Vorfeld der Haushaltsberatung auf Grundlage der Darlegung des Rechnungshofs den finanziellen Handlungsspielraum Hamburgs kritisch beleuchtet. Es hat den Fraktionen, mindestens den Regierungsfraktionen, gut getan zu sehen, der Handlungsspielraum ist weiter sehr eng. Wenn man die Zinssteuerquote nimmt, hat er sich nicht erweitert, gleichwohl – das sagt auch der Rechnungshof, das sagen nicht nur die regierungstragenden Fraktionen oder der Senat – ist in der Verschuldungspolitik insofern eine Wende erreicht worden, als wir den Betriebshaushalt 1999 ausgeglichen hatten. Noch besteht die Perspektive auf einen Ausgleich für das Haushaltsjahr 2000, aber schon an meiner etwas vorsichtigen Äußerung wissen Sie, daß wir da im Grunde nur am Rande sind. Das ist alles andere als erfreulich und beruhigend.

(Dr. Michael Freytag CDU: Was hat Betriebshaus- halt mit Verschuldung zu tun?)

Entschuldigung, der Betriebshaushaltsausgleich. Das war eine Ungenauigkeit von mir.

Aber diese kritische Betrachtung des Konsolidierungserfolges einerseits oder des engen Handlungsspielraums andererseits, der keineswegs eine Spielwiese darstellt, hat natürlich die Regierungsfraktionen davor bewahrt und wird sie im Dezember definitiv davor bewahren, bei den anstehenden Beschlüssen für das Jahr 2001 zu große Sprünge machen zu wollen. Und das ist auch richtig so. Wir müssen uns der zukünftigen und immer noch steigenden Neuverschuldungssituation stellen. Ich halte es für richtig, daß der Senat mit der Rückführung der Neuverschuldung von jährlich 200 Millionen DM eine Perspektive aufgezeigt hat, schon mit Beginn des nächsten Haushaltsjahres zu versuchen, diese bis 2004 zurückzuführen. Ob dies gelingen wird, hängt von vielen Risikofaktoren ab, beispielsweise Steuerreform, Rentenreform.

(Dr. Michael Freytag CDU: Das größte Risiko ist der Senat!)

(Wolfgang Marx SPD)

Das größte Risiko, sagen Sie, Herr Dr. Freytag, sei der Senat. Aber manchmal sagen Sie auch, das sei die schlechte Steuerreform.

(Dr. Michael Freytag CDU: Das kommt noch er- schwerend hinzu!)

Es ist paradox, daß Sie die Steuerreform für die finanzielle Situation Hamburgs erschwerend hinzukommend empfinden, obwohl Sie steuerpolitisch einer Partei angehören, die im Vermittlungsverfahren des Bundesrats im Sommer dieses Jahres noch ganz andere Wünsche einbringen wollte. Mir ist immer noch nicht klar, warum Sie da Ihre eigene Steuerreformvorstellung nicht viel offensiver verteidigen.

Ich möchte auf ein zweites Thema eingehen, und zwar auf die Verwaltungsmodernisierung. Dort haben wir eine wichtige zukünftige Debatte vor uns, die das Entlastungsverfahren betrifft. Wir kommen gleich dazu, den Senat für seine Haushaltsführung zu entlasten. Gegenstand dieses Entlastungsverfahrens ist die Haushaltsrechnung.

Bei der diesjährigen Beratung im Rechnungsprüfungsausschuß haben wir eine Diskussion geführt, ob die Haushaltsrechnung nicht zukünftig andere Bestandteile haben müßte. Der Rechnungshof hat uns Parlamentarier durch seine Diskussionsbeiträge darauf aufmerksam gemacht, daß zum Beispiel im Land Rheinland-Pfalz mittlerweile gesetzlich Komponenten, wie Leistungsaufträge, Gegenstand der Landeshaushaltsordnung sind und daß dort dann natürlich entsprechend die Überprüfung der Leistungsrechnung in solchen Kategorien dargelegt werden muß. Das gilt natürlich nicht für den kompletten Haushalt, sondern für die Teile, wo Organisationseinheiten mit Budgets arbeiten, was wir in Hamburg auch tun. Diese gesetzliche Vereinbarung und gesetzliche Aufnahme und Veränderung der Rechnungslegung, die analog unserer – in Neudeutsch gesagt – outputorientierten Veranschlagung entspricht, ist die richtige Richtung und fordert uns als Parlament auf, uns mit möglichen Änderungen selbst zu befassen.

Erste Schritte in die Richtung werden wir von Regierungsfraktionsseite weiter unternehmen. Wir haben zu den Haushaltsberatungen Ideen, die Berichterstattung des Senats auch in Form eines Produktberichts weiter auf den Weg zu bringen. Parlament und Senat sind sich darüber einig, daß das ein schrittweiser Prozeß ist. Das war eine sehr gehaltvolle Diskussion im Rahmen der ausführlichen und kleinen Ausschußarbeit im Rechnungshof.

Ich möchte noch auf das Thema Landesfeuerwehrschule eingehen, das Sie, Frau Ahrons, angesprochen haben. Da muß man konstatieren, daß da nicht nur ein „dolles Ding“ passiert ist, sondern die Landesfeuerwehrschule ein Pilotbereich nach dem Neuen Steuerungsmodell ist. Man muß anerkennen, daß bei denen die Anreizkomponente, neue Dinge zu machen, vor dem Hintergrund geschah, sich mit bestimmten Mitteln, die man zur Verfügung hat, auch einen Zweck zu erfüllen. Ich sage bewußt „einen“ und nicht „unseren“ Zweck erfüllen und werde das gleich erklären. Das ist einer Sache geschuldet, die wir mit dem Neuen Steuerungsmodell durchaus erreichen wollen, eine effiziente und leistungsstarke Verwaltungstätigkeit. Da das im Rahmen eines Pilotmodells geschehen ist, würde ich mit der Kritik an diesem Projekt nicht so weit gehen.

Sie wissen auch, es sind dort die richtigen Konsequenzen gezogen worden. Da die Landesfeuerwehrschule natürlich im hohen Maße durch öffentliche Mittel finanziert wird, ist kritisch zu fragen, ob sie ihren Leistungskatalog unzurei

chend ausgeweitet hat. Wie sich in der Beratung des Einzelplans 8.1 erwiesen hat, ist da auch eine Korrektur erfolgt. Insofern kann ich die von Ihnen geäußerte Kritik nur zum Teil unterstützen, und ich habe mich dort den Empfehlungen angeschlossen. Es ist aber auch ein interessanter Hinweis für uns, welche Prozesse man in der Verwaltung mit der Art und Weise von Budgetierung und neuer Steuerung lostritt, die wir durchaus für modern und effizient halten.

Im weiteren möchte ich noch auf zwei Beispiele eingehen, die uns der Rechnungshof unter anderem kritisch angeboten hat. Es ist dort wieder einmal – in langer Tradition – über das Philharmonische Staatsorchester gesprochen worden. Dieses Beispiel zeigt, daß wir durch Beratungen im Rechnungsprüfungsausschuß und auch im Haushaltsausschuß den Senat dringend unterstützen sollten, stärker weiterzuverfahren, darauf zu dringen, die Haushaltsmittel, die beim Philharmonischen Staatsorchester insgesamt in einer großzügigen Weise anfallen, so effizient und so sparsam wie möglich einzusetzen.

Nach wie vor wird die vollständige Auslastung der Musiker, wie sie nach dem Tarifvertrag vorgesehen ist, nicht praktiziert. Dafür gibt es Gründe. Nichtsdestotrotz hat diese eingehende Beratung im Rechnungsprüfungsausschuß deutlich gemacht, daß es nicht so leicht ist, durch Zwang eine Auslastung der Musiker – das heißt acht Dienste pro Woche – zu erreichen, sondern beispielsweise mit Teilzeit bei bestimmten Instrumentengruppen oder Jahresarbeitszeitmodellen weiterzukommen.

Ich erwähne das, weil die Diskussionen um das Philharmonische Staatsorchester regelmäßig die Kollegen im Kulturausschuß begleiten. Im Rechnungsprüfungsausschuß ist deutlich geworden, daß wir schon einige Schritte weitergekommen sind. Es konnte mittlerweile eine Verständigung mit dem Orchester erzielt werden, siebeneinhalb statt acht Dienste durchzuführen. So sind die Geiger sehr wohl ausgelastet, aber diverse Bläsergruppen zum Beispiel nicht.

(Dr. Monika Schaal SPD: Und was ist mit dem Tri- angel?)

Für die, die jetzt noch nicht genau wissen, worüber ich spreche und welches Problem ich anspreche: Man muß wissen, daß die Staatsorchester insgesamt in einem ziemlich rosaroten Wolkenreich leben, was die tarifvertraglichen Bedingungen im öffentlichen Dienst angeht. Dieses Parlament sollte das wissen und sollte auch die Aufmerksamkeit darauf legen, damit, ich hoffe, auch dem Orchester klar wird, daß dieses Parlament die besonders hohe künstlerische Leistung würdigt, die es für die Stadt erbringt, aber daß das Parlament auch sonst im öffentlichen Dienst in anderen Bereichen hohe Konsolidierungserfordernisse verlangt. Man kann das insofern auch von einem solchen Orchester verlangen.

Deswegen hoffe ich, daß der Senat gerade in diesem Bereich voranschreitet und die Praxis der Aushilfen, die dort ermöglicht wird, mehr eingeschränkt wird, daß sich beispielsweise Musiker von Diensten abmelden und dann teure Vertretungen bezahlt werden müssen. Ich bin aber sicher, daß wir das im Kulturausschuß weiter und kontinuierlich und streng verfolgen werden. Dazu hatten wir aufgrund unserer letzten Beratungen Anlaß.

Ich möchte abschließend einen Themenbereich aus dem Jahresbericht des Rechnungshofs erwähnen, nämlich die Zuwendungen an Drogenhilfeeinrichtungen.

(Anja Hajduk GAL)

Ich finde, daß der Rechnungshof sehr interessante Äußerungen gemacht hat. Interessant nenne ich sie deshalb, weil ich sie nicht uneingeschränkt teile. Das liegt daran, daß es sich nicht nur um eine Überprüfung handelt, ob der Senat die Steuern der Stadt sparsam und effizient genug eingesetzt hat, sondern der Rechnungshof darüber hinaus Empfehlungen ausspricht, ob zukünftig Ausschreibungen für Zuwendungsempfänger erfolgen sollen, ob sie grundsätzlich auch für laufende Projekte gelten oder nur für neue, wie weitgehend diese gewährt werden dürfen und wie Zuwendungen grundsätzlich zu befristen sind.

Diese Diskussion im Rechnungsprüfungsausschuß macht deutlich, daß wir uns dort keineswegs nur im engeren Sinne in einem Entlastungsverfahren oder einer Diskussion der Senatspolitik befinden, sondern auch in zukunftsgerichteter Art darüber beraten, wie dieses Parlament mit der Beauftragung Dritter umgehen möchte.

Dazu möchte ich für meine Fraktion sagen, daß wir einige Textziffern des Rechnungshofsberichts nur zur Kenntnis genommen und uns den Darlegungen nicht direkt angeschlossen haben, weil der Rechnungshof in einem weiteren Schritt die Ausschreibungen neuer Projekte nicht nur empfohlen, sondern sich offener für Befristungen allgemein ausgesprochen hat.

Ich finde die Argumentation des Rechnungshofs durchaus plausibel, glaube aber, daß der Anlaß für Ausschreibungen über abgeschlossene Leistungsvereinbarungen, die noch nicht überall vorliegen, erst einmal erzwungen werden müßte. Wenn es Leistungsvereinbarungen mit Zuwendungsempfängern gibt und man aufgrund dieser Vereinbarungen gewisse Qualitätsmerkmale nicht erfüllt sieht, wäre das ein Anlaß für eine Neuausschreibung. Die prinzipielle Befristung, die dort angelegt und diskutiert wurde, ist zumindest in unserer Fraktion noch ein Thema, dem wir weitere Diskussionen widmen werden.

(Uwe Grund SPD: Das ist richtig!)

Man kann nämlich auch darüber nachdenken, einen Zuwendungsempfänger nicht für eine Dauerfinanzierung vorzusehen, so wie es beim engeren und ureigensten Verwaltungsapparat üblich ist.

Insgesamt ist die Kritik des Rechnungshofs in diesem Fall einerseits eine Bestätigung der Senatspolitik gewesen und andererseits eine Herausforderung an das Parlament. Denn die parlamentarischen Ausschüsse haben den Senat in dieser Frage eher sehr kritisch kommentiert, und insofern war die Aufforderung des Rechnungshofs vielleicht an uns gerichtet.

Das war der letzte Punkt, den ich erwähnen wollte. Es gibt natürlich viele andere interessante Aspekte in diesem Bericht, aber es gibt ihn jährlich wieder, wie auch andere Feste. Heute betrifft es die Entlastung, demnächst ist es wieder ein Rechnungshofsbericht, und darüber hinaus gibt es auch noch andere Dinge. – Danke schön.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort erhält der Abgeordnete Hackbusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir merken an dieser Debatte, daß es schwierig ist, den Rechnungshofs

bericht zu diesem Thema zu diskutieren, weil sich bei der Besprechung der Fragen jeder die Rosinen herauspicken möchte und demgemäß die Aufmerksamkeit nicht besonders groß ist. Das wäre sicherlich anders, wenn diese Themen am Anfang der Sitzung debattiert würden, weil dann die einzelnen Beispiele, die genannt wurden, stärker im Zentrum des Interesses lägen.

Es gibt bestimmte Punkte, die man besprechen könnte – zum Beispiel aus den teilweise vorweggenommenen Haushaltsberatungen –, wobei der Rechnungshofsbericht im wesentlichen auf die Frage der Konsolidierung eingeht. Die politische Bewertung liegt meiner Meinung nach auch darin, inwieweit man in den nächsten Jahren Mehreinnahmen erreichen kann, die im Zusammenhang mit der Steuerreform zu diskutieren wären. Auf diese Debatte will ich mich aber nicht einlassen, weil sie hier keinen Sinn macht, sondern will mich auf zwei oder drei Äußerungen beschränken.

Erstens möchte ich in den Chor derjenigen einstimmen, die sagen, daß der Rechnungshof für diese Stadt sehr wichtig ist. Der Rechnungshof ist derjenige, der nicht nur direkt durch den Bericht wirkt, den er erstellt, sondern auch indirekt, weil sich jeder in den Behörden fragt, wann der Rechnungshof Nachforschungen anstellt. Ich glaube, daß das für die Stadt sehr wichtig ist.

Zweitens hat es, wie mir berichtet wurde, sehr wichtige und inhaltlich gute Debatten im Zusammenhang mit den Diskussionen gegeben. Diese halte ich für notwendig, insbesondere im Zusammenhang mit den Fragestellungen, die Frau Hajduk eben genannt hat, um einmal aus dem Alltagsgeschehen heraus auch im allgemeinen ein Stück weiterzukommen. Dafür hat man im parlamentarischen Tagesgeschäft kaum genug Zeit, und deshalb sind diese Debatten nach meiner Meinung sehr wichtig und die Anregungen gut.

Wie man sich vorstellen kann, bin ich nicht immer mit allen Anregungen, die der Rechnungshof vorschlägt, einverstanden. Einen wichtigen Punkt hat Frau Hajduk eben im Zusammenhang mit den Ausschreibungen der Drogeneinrichtungen genannt. Ich habe es damals als Fehler empfunden, daß der Rechnungshof einer Senatorin, die in einer heftigen politischen Auseinandersetzung zur Frage der Organisation von Ausschreibungen bei Drogeneinrichtungen stand, deutlich zugesprochen hat. Der Rechnungshof hat sich damit in eine politische Debatte eingemischt, und das hat mir nicht gefallen. Das möchte ich am Rande einmal deutlich machen.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Trotzdem ist die Debatte zu der Frage, wie Ausschreibungen zu gestalten sind, nützlich. Ich möchte dazu eine kleine Anregung geben, die mir in Vorbereitung meiner Rede eingefallen ist. Wir haben in dieser Stadt riesige Ausgabenposten, die der Rechnungshof in den letzten Jahren nicht so sehr beachtet hat; vielleicht geschieht das in den nächsten Jahren stärker. Dabei möchte ich im einzelnen an Strom- und Hafenbau und insgesamt daran erinnern, wie der Hafen organisiert ist. Ferner weise ich auf das hin, was gegenwärtig in Altenwerder passiert, wo öffentliche Gelder nicht nur in die Investitionen vor Ort fließen, sondern auch an ein öffentliches Unternehmen, das dort tätig ist. Drittens möchte ich an die EADS-Erweiterung erinnern, die in dieser Stadt geplant wird; an dieser Stelle wird eine hohe Aufmerksamkeit für die Stadt sicherlich von Nutzen sein.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

(Anja Hajduk GAL)

Das Wort bekommt Frau Senatorin Dr. Ingrid Nümann-Seidewinkel.