Protocol of the Session on November 29, 2000

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und vereinzelt bei der CDU und Zurufe von der CDU: Bravo!)

Es ist die Aufgabe einer Gesundheitsministerin, die in diesem Land die Verantwortung für die Menschen in diesem Bereich trägt, deutlich zu sagen:Wenn wir diese Tests nicht haben, dann kann ich für die Gesundheit auch nicht einstehen. Sie kann es im Parlament vielleicht nicht durchsetzen, aber dieses zu sagen, liegt in ihrem Verantwortungsbereich. Sie hat es aber nicht getan, und deshalb muß sie zurücktreten!

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und vereinzelt bei der CDU)

Es ist notwendig, die politischen Konsequenzen zu ziehen, damit Politik wieder glaubwürdig wird und nicht von einer Bande Mafiosi beherrscht wird. Mit dieser Umgehensweise wird das Vorurteil nur noch bestärkt. – Danke.

(Beifall bei REGENBOGEN – für eine neue Linke und vereinzelt bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 20: Drucksache 16/5000: Bericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Vergabe und Kontrolle von Aufträgen und Zuwendungen durch die Freie und Hansestadt Hamburg“.

[Bericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses „Vergabe und Kontrolle von Aufträgen und Zuwendungen durch die Freie und Hansestadt Hamburg“ – Drucksache 16/5000 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 16/5136 ein Antrag der CDU-Fraktion vor.

[Antrag der Fraktion der CDU: Ergänzung des Petitums zum Bericht des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses (Band II, Ziffer E) – Drucksache 16/5136 –]

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das ist der Fall.Der Abgeordnete Frank bekommt es.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Am 28.April 1998 hat die Bürgerschaft den Parlamentarischen Untersuchungsausschuß „Vergabe und Kontrolle von Aufträgen und Zuwendungen durch die Freie und Hansestadt Hamburg“ eingesetzt.

Dieser Untersuchungsausschuß hat in der Sache sehr erfolgreich gearbeitet. Der Abschlußbericht ist eine Chance für das Parlament, politisch Einfluß zu nehmen, und eine Aufforderung an die BAGS, an andere Behörden und an den Senat, mit dem Bericht produktiv umzugehen und dort Änderungen vorzunehmen, wo sie notwendig sind.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der GAL)

Dieser Untersuchungsausschuß war einer der arbeitsintensivsten in der Geschichte der Hamburgischen Bürgerschaft. Er hat sich am 7. Mai 1998 konstituiert und in rund zweieinhalb Jahren den von der Bürgerschaft beschlossenen Untersuchungsauftrag von rund elf Untersuchungskomplexen mit 160 Fragen abgearbeitet.

Dabei ging es zentral um den Bereich der Zuwendungsvergabe und -kontrolle in der BAGS, verbunden mit Fragen der Interessenkollisionen, ob es Begünstigungen gegeben hat, zur Stiftungsaufsicht, der Gutachtenvergabe bis hin zu vier Einzelfalluntersuchungen betreffend die HAB/HWB, Ökotech, AJa und die Alida-Schmidt-Stiftung. In der Nach

(Norbert Hackbusch REGENBOGEN – für eine neue Linke)

kriegszeit ist keine Behörde so umfassend untersucht worden wie die BAGS von diesem Untersuchungsausschuß der Hamburgischen Bürgerschaft.

Dieser breit angelegte Untersuchungsauftrag war nur mit einer enormen Arbeitsleistung zu erfüllen. Ein besonderer Dank gilt zunächst dem gesamten Arbeitsstab, der in 30 Monaten mit seiner weit über dem Soll geleisteten Arbeit und seiner Kompetenz diesen Bericht erst ermöglicht hat. Ihnen allen noch einmal herzlichen Dank von dieser Stelle aus.

(Beifall im ganzen Hause)

Dank auch an die Journalisten, die mit uns in dieser Zeit die Freitagabende verbracht und unsere Arbeit berichterstattend begleitet haben. Auch Ihnen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, der CDU und bei REGEN- BOGEN – für eine neue Linke)

Meine Damen und Herren! Ihnen sind die meisten Dinge bekannt.Sie haben Teile – davon gehe ich einmal aus – des 2000 Seiten langen Berichtes gelesen.Ich möchte mich daher auf wenige Ergebnisse unserer Arbeit beschränken.

Dem Untersuchungsausschuß liegt es im übrigen fern, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BAGS in seinem Abschlußbericht diskreditieren zu wollen. Diese Mitarbeiter erfüllen für das Zusammenleben der Menschen in dieser Stadt existentielle Aufgaben.

Im Zentrum unserer Untersuchung stand bei jedem Komplex das Verwaltungshandeln in der BAGS. Das ist nichts Abstraktes, sondern in der alltäglichen und konkreten Ausgestaltung gibt es Maßstäbe, an denen die Qualität des Verwaltungshandelns gemessen und beurteilt wird. Ich nenne einige: Steuerungs- und Kontrollfähigkeit, Effizienz, Transparenz, Chancengleichheit, Rechtmäßigkeit, Kompetenz, Aktenführung und Verantwortung.

Das gilt generell und ist unabhängig davon, ob und wieviel Geld bewegt und verantwortet wird. Im Zuwendungsbereich sind es insgesamt rund 1,3 Milliarden DM, davon rund 340 Millionen DM allein in der BAGS bei mehr als 1500 Zuwendungen pro Jahr.

Wie hat sich das Verwaltungshandeln der BAGS in dem genannten Untersuchungszeitraum von 1990, teilweise von 1988, bis 1998 dem Ausschuß in seinen Untersuchungen dargestellt? Ich will es in sechs Punkten benennen.

Erster Punkt: Mangelhafte Steuerungs- und Kontrollfähigkeit der Verwaltung.

Insbesondere im Zuwendungsbereich hat sich gezeigt, daß die notwendige Steuerungs- und Kontrollfunktion der Verwaltung verlorengeht, wenn die Zuwendungssachbearbeitung ineffizient, nicht zeitnah und nur unter Regelverletzungen erfolgt oder erfolgen kann. Wenn vom Zuwendungsantrag bis hin zur Verwendungsnachweisprüfung zeitlich alles verspätet – teilweise erst Jahre später –, vorläufig oder gar nicht erfolgt, fehlt die Grundlage für die Steuerung und die Kontrolle der Zuwendungsvergabe sowie der Mittelverwendung.Hier sind insbesondere die Komplexe HAB und AJa zu nennen.

Zur Frage der Steuerungs- und Kontrollfunktion gehören auch die Aspekte der teilweise unzureichenden Kompetenz der Zuwendungssachbearbeitung und die – wodurch auch immer bedingte – mangelnde Wahrnehmung der Fachaufsicht durch das Fachamt beziehungsweise durch die Fachabteilung. Das läßt sich für den Bereich Stiftungsaufsicht

feststellen. Im Zusammenhang mit der AJa ist dies seitens der Fachabteilung AO 2 in eklatanter Weise erfolgt.

Zur Frage der Steuerungsfähigkeit gehört insbesondere im Zusammenhang mit der HAB/HWB, daß die notwendigen Grundsatzentscheidungen, die sich aus dem Spannungsverhältnis des Zuwendungs- und Handelsrechts ergaben, vom zuständigen Fachamt SR über Jahre hinweg nicht getroffen worden sind, obgleich dies möglich und notwendig gewesen wäre.

Der Untersuchungsausschuß fordert im Teil Konsequenzen ein Verfahrens- und Fachcontrolling, das diese Mängel beseitigt und sicherstellt, daß die fachlichen Vorgaben beziehungsweise der Zuwendungszweck erreicht werden. Dafür ist das von der BAGS eingeführte EDV-Programm INEZ unerläßlich.

Zweiter Punkt: Transparenz in den Haushaltsplänen.

Der Untersuchungsausschuß fordert im Zusammenhang mit den Zuwendungen eine wesentliche Verbesserung der einzelplanorientierten Informationen, um die Transparenz sowie die Kontrollmöglichkeiten für die Bürgerschaft zu erhöhen. Der Ausschuß hat sich ausdrücklich gegen einen jährlichen Zuwendungsbericht ausgesprochen, der nach Auffassung des Ausschusses nur ein zentralisiertes Zahlenwerk darstellt, aber die wichtigen Merkmale, auf die es ankommt, nämlich Qualitätssicherung, Erkenntniswert und Steuerungsrelevanz, nicht erfüllen kann. Gefragt sind dezentralisierte und outputorientierte Steuerungssysteme.

Die Ausschußempfehlung geht noch darüber hinaus. Die Bürgerschaft soll in Zukunft auch Kenntnis über Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit Zuwendungsempfängern sowie über den Grad der Zielerreichung bekommen können.

Dritter Punkt: Aktenführung.

Relativ bald wurde die in weiten Teilen sehr mangelhafte und völlig ungeordnete Aktenführung deutlich. Akten fungieren als Gedächtnis der Verwaltung, können dieses aber nur dann leisten, wenn sie a) existieren und b) wieder auffindbar sind. Akten haben zugleich eine Kontroll- und Schutzfunktion und dienen der Kontinuität. Der Untersuchungsausschuß fordert in seinem Abschlußbericht die BAGS auf, die Aktenführung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erheblich zu verbessern,

(Dietrich Wersich CDU: Und der Leitung!)

und ersucht den Senat, die Aktenführung in anderen Behörden zu überprüfen.

Vierter Punkt: Rechtsverstöße insbesondere gegen das Verwaltungsverfahrensgesetz.

Diese sind bei handelnden Personen im wesentlichen im Zusammenhang mit der über Jahre nicht oder nur unzureichend geregelten Frage der Interessenkollision entstanden, aber auch dadurch, daß wie beim Sammelbescheid für die HAB der Amtsleiter AO wegen seiner früheren Tätigkeit bei der HAB nicht hätte tätig werden dürfen, ebenso die frühere Sozialsenatorin, die als vom Verwaltungsverfahren ausgeschlossene Person für die Behörde ebenfalls nicht hätte tätig werden dürfen.

Der Untersuchungsausschuß kritisiert in seinem Bericht, daß die Frage der Interessenkollision im Untersuchungszeitraum keine rechtliche Lösung erfahren hat. Er fordert den Senat darüber hinaus auf, disziplinarrechtliche Ermittlungen aufzunehmen. Er fordert den Senat weiter auf, über die Erfahrungen mit den neuen Dienstvorschriften von Frau

(Günter Frank SPD)

Senatorin Roth zu berichten und die Hamburger Rechtslage bezüglich bestimmter Aspekte zu präzisieren.

Fünfter Punkt: Begünstigung.

Begünstigung im Sinne von Bevorzugung und Benachteiligung bei der Vergabe von Zuwendungen und auch Stellenbesetzungen durch sachfremde Kriterien, wie zum Beispiel die Parteizugehörigkeit zur SPD. Das wird weitläufig unter Filz verstanden.

Zu untersuchen war, ob es so etwas im Zusammenhang mit der Vergabe und Kontrolle von Zuwendungen im Untersuchungszeitraum von 1988 bis 1998 in den Bereichen gab, die uns die Bürgerschaft als Untersuchungskomplexe zugewiesen hat.

Der Untersuchungsausschuß kann nicht einen einzigen Fall nachweislich dokumentieren, wo die Vergabe von Geldern oder auch eine Stellenbesetzung durch eine Funktion oder Mandatsträgerschaft in der SPD begünstigt worden ist.