Ich denke, es ist ein wunderbares Beispiel dafür, warum man ab und zu mal zwei, drei oder auch vier Jahre zurückgucken muß, um daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen.
Wir haben jetzt folgendes gelernt: Da ist ein Investor, der gibt irgendeine Zusage, die er nicht einhält. Der Senat wäscht seine Hände völlig in Unschuld. Es ist derselbe Senat, der den Bezirk angewiesen hat, diesem Investor diese Bebauung zu ermöglichen.Wenn wir jetzt ein bißchen nach vorne denken, so sind wir zur Zeit in Hamburg in der Diskussion über einen anderen Investor, der Hamburg 4000 Arbeitsplätze verspricht, die der Senat natürlich nicht versprechen kann. In drei, vier oder zehn Jahren werden wir sehen, daß der A3XX uns keine 4000 Arbeitsplätze gebracht hat, auch keine 2000, und der Senat wird sagen:Wir haben die Zusage nicht gemacht, wir waschen unsere Hände in Unschuld. Genau deswegen, Frau Möller, ist es wichtig, so etwas zu diskutieren und auch darüber nachzudenken, ob wir es akzeptieren können, daß der Senat durch eine Pressemitteilung ganz eindeutig sagt, hier werden voraussichtlich 200 neue Arbeitsplätze geschaffen, aber der Senat sagt dann ganz klar, es ist zugesichert, daß 100 Millionen DM ausschließlich für Hamburger Firmen ausgeschrieben werden.
Es ist doch ein Armutszeugnis, dann zu sagen, wir haben damit nichts zu tun, und dann auf einmal die Handelskammer und Handwerkskammer vorzuschieben, die das gerne wollten, und zu sagen, denen folgen wir blind.Ich finde, das ist wirklich ein Zeichen dafür, wie Politik hier in Hamburg abläuft. Was ich zu Anfang gesagt habe, Wirtschaftspolitik in
Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Damit ist die Große Anfrage 16/4754 besprochen.
Ich rufe die Tagesordnungspunkte 16 und 51 auf: Senatsmitteilung zur Darstellung der Abschiebungspraxis und den Antrag der Gruppe REGENBOGEN zum ärztlichen Dienst beim Einwohner-Zentralamt.
[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 1./2. März 2000 (Drucksache 16/3930) – Darstellung der Abschiebepraxis – – Drucksache 16/4911 –]
[Antrag der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ärztlicher Dienst beim Einwohner-Zentralamt – Drucksache 16/4976 –]
Zu der Senatsmitteilung liegt Ihnen als Drucksache 16/5051 ein Antrag der Gruppe REGENBOGEN vor: Mindestanforderungen im Verfahren gewährleisten.
[Antrag der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke: Mindestanforderungen im Verfahren gewährleisten – Drucksache 16/5051 –]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Uns liegt endlich eine Drucksache vor, die ein halbes Jahr zu spät gekommen ist.
Im April sollte sie eigentlich vorliegen – das war verabredet –, und deswegen ist sie zu spät gekommen.
Am Tag der Senatsbefassung und der öffentlichen Verlautbarungen darüber in der Landespressekonferenz geschahen viele Dinge gleichzeitig. Es gab am selben Tag der Veröffentlichung den Fall einer Abholung aus einer Unterkunft, der so, wie er sich darstellt, den Gedanken nahelegt, daß hier gleich am ersten Tag noch einmal nicht analog der beschriebenen Vereinbarung, über die wir jetzt reden, gearbeitet wurde. Der Fall liegt im Eingabenausschuß. Von daher will ich das nicht weiter im Detail bewerten, nur andeuten, daß das am selben Tag passiert ist.Gleichzeitig hat der Innensenator erklärt, der Senat legt eine Drucksache vor, die die bisherige Arbeit der Behörde bestätigt und keine Veränderungen beinhalte. Heute und hier ist es Zeit, darüber zu reden, warum zum Beispiel auch der Bürgermeister an fünf Sitzungen teilnimmt, die in einer Koalitionsrunde stattgefunden haben, um den Entwurf einer Senatsdrucksache zu besprechen, der dann „völlig unverändert“ rausgeht. Ich kann es mir einfach nicht vorstellen, daß er dieses tut.
Die GAL hat an dem Tag gesagt, der Handlungsrahmen und die Ermessensspielräume der Behörde sind nun konkretisiert, der Interpretationsrahmen ist eingeschränkt worden, und es gibt Handlungsweisen, die ab heute nicht mehr stattfinden und nicht mehr zulässig sind. Seit gestern gibt es öffentlich – intern gab es die schon eher – laute Proteste von Flüchtlingsinitiativen und den Kirchen. Ich zitiere zwei Sätze daraus. In einer mehrseitigen Vorlage, die zu diesen öffentlichen Protesten verteilt worden sind, wird folgendes gesagt:
„Es ging bei der Beschlußfassung der Drucksache nicht um notwendige Kompromisse, sondern um die Aufgabe einer an der Menschenwürde und Menschenrechten orientierten Flüchtlingspolitik. Es ist die Unterwerfung unter das Diktat des Regierungspartners, der stets für seinen überaus ruppigen Umgang mit Flüchtlingen bekannt war.“
Soweit die Reaktionsbandbreite auf eine Senatsdrucksache. Ich möchte gerne den Versuch machen, inhaltlich über die Drucksache zu reden, aber auch darüber zu reden, was diese Drucksache in unserer politischen Landschaft – Rotgrün noch ein dreiviertel Jahr – in dieser Legislaturperiode bedeutet. Es ist bekannt, daß hier inhaltlich und redaktionell nachgebessert wurde. Die Haupterkenntnis für die GAL-Fraktion bleibt die, die wir schon zu Anfang der Legislaturperiode hatten: Es bedarf einer generellen Umstrukturierung der Innenbehörde, vor allem in dem zentralen Bereich, der für die Abschiebung zuständig ist.Diese Forderung haben wir nie aufgegeben. Wir haben versucht, sie ansatzweise in unseren Verabredungen mit dem Koalitionspartner umzusetzen, um es ganz deutlich zu sagen. Die Erkenntnis ist nämlich schlicht und einfach die, sich dieses Gesamtprojekt noch einmal in dieser Legislaturperiode vorzunehmen, ist politisch nicht zu schaffen, ist auch nicht sinnvoll in kurzer Zeit. Politisch ist das in dieser Legislaturperiode nicht mehr umsetzbar.
Es bleibt die Ersuchensantwort, die uns jetzt – öffentlich nachlesbar – vorliegt.Sie beschreibt die Verfahren und Vorgänge der Abschiebungspraxis in Hamburg und macht sie zum ersten Mal in dieser Deutlichkeit öffentlich, zu Recht zum Vorteil all derjenigen, die die Flüchtlinge unterstützen oder die aufgrund von Institutionen, in denen sie arbeiten oder wir als Parlament, die für sie verantwortlich sind. Öffentlich ist auch, welche Verabredungen es im letzten Sommer unter den Koalitionspartnern neu gegeben hat. Ich möchte einige Stichworte davon nennen.
Klar geregelt ist in der Drucksache noch einmal, daß die Amtsärzte die letzte Instanz bei der Bewertung von ärztlichen Attesten sind. Die von der Ausländerbehörde angestellten Ärzte führen diese abschließende Bewertung nicht durch.
Weiterhin wird nicht nur formuliert, sondern es bleibt auch die Aufgabe, so zu handeln, Familien grundsätzlich nicht getrennt abzuschieben. Es ist noch einmal ausführlicher nachzulesen, daß Eingaben grundsätzlich aufschiebende Wirkung haben und endlich auch nicht mehr mit dem Tenor als lästiges Hindernis für die Behörde auf dem Weg, auf dem sie ihre Arbeit tun möchte, angesehen werden.
Die frühmorgendliche Abholung der Polizei – Sie wissen alle, daß die sich in den Monaten vor der Sommerpause in teilweise skandalierbaren Fällen sehr deutlich in der Öffentlichkeit auch dargestellt hat – ist beschränkt auf diejenigen Fälle, in denen sonst auf Grundlage juristischer Kriterien Abschiebehaft verhängt worden wäre. Tatsächlich
kann man darüber streiten – wir haben das intern auch schon getan –, ob es zulässig ist zu sagen, diese Maßnahme ist ein minderschwerer Eingriff in die Freiheit der Familien, der Personen, auf die sie zutrifft, als das Verhaften und das In-Abschiebehaft-Nehmen. Wir sind der Meinung, dieses ist ein milderes Mittel.
Die Behörde setzt sich zum ersten Mal – und das ist in diesem Text nachzulesen – dafür ein, daß Flüchtlingen, die von einem Rechtsanwalt oder einer anderen Person begleitet werden wollen, wenn sie zu Sammelinterviews in die Behörde zitiert werden, diese Begleitung auch ermöglicht wird.Vielleicht ist es trotz aller grundsätzlichen Kritik an den Sammelinterviews möglich zu verstehen, daß hier ein aktives Handeln der Behörde formuliert wird.
Was es in dieser Stadt nicht mehr geben wird – das findet man nur in einem kleinen Nebensatz, ist aber Ergebnis der Verhandlungen –, ist die Ingewahrsamnahme von Personen, die zu ihrem Sachbearbeiter kommen und aufgrund welcher Umstände auch immer dort in der Behörde festgesetzt wurden. Diese Ingewahrsamnahme wird es nicht mehr geben.
Das politische Ziel der GAL war und bleibt auch für die Zukunft, den Interpretationsspielraum politischer Verabredungen, den sich die Ausländerbehörde immer wieder nimmt, einzuschränken. Dieses wird mit der Drucksache erreicht. Es wird öffentlich nachprüfbar sein. Ich kann an dieser Stelle einfach nur darum bitten, daß die öffentliche Debatte durchaus auch unter den Ärztinnen und Ärzten, genauso wie unter den Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, geführt wird.
Es muß doch gelingen, auf irgendeine Art und Weise – und vielleicht ist dieses ein Weg – die Lobby für die Flüchtlinge in dieser Stadt zu vergrößern. Wir können doch nur mit einer größeren Mehrheit und einer größeren Unterstützung außerhalb des Parlamentes und vielleicht dann auch innerhalb des Parlamentes Veränderungen für den Bereich der Flüchtlings- und Abschiebepolitik vor allem umsetzen und erreichen, wenn wir das nicht gegen die Menschen in der Stadt tun, sondern mit ihnen. Die Debatte um ein Einwanderungsgesetz, die Debatte um die Abschiebepraxis in fast allen Bundesländern ist zum Glück tatsächlich im Gange, und ich hoffe, daß sie nicht so schnell beendet werden wird und sie nicht allzu langfristig, sondern eher kurzfristig Veränderungen in der Abschiebepraxis bundesweit ergeben.
Was ist nun erreicht mit dieser Drucksache? Es ist eine öffentliche Debatte möglich, es ist eine tatsächliche Nachlesbarkeit von Verabredungen möglich, und ich glaube, daß es auch für die Innenbehörde etwas leichter sein wird, in ihren öffentlichen Reaktionen auf Kritik an ihrem Verhalten oder auch auf Lob – das kann sich ja auch mal dahin entwickeln – zu reagieren, indem sie selber auf eine öffentlich nachlesbare Drucksache eingehen kann.
Der Umgang mit Flüchtlingen und Migrantinnen in dieser Stadt – das habe ich, glaube ich, schon dreimal an dieser Stelle gesagt, das gilt aber weiterhin – ist und war das dünnste Eis dieser Koalition.Ich glaube, daß wir mit der Veröffentlichung dieser Antwort auf das Ersuchen der Bürgerschaft – das war ja ein gemeinsames Ersuchen von SPD und GAL – die Chance haben, für den Rest der Legislatur
periode uns nicht immer einig zu sein über das, was die Innenbehörde in Einzelfällen tut, aber ein Verfahren gefunden zu haben, um sich öffentlich darüber verständigen zu können. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der Tat, Sie haben recht, es hat etwas gedauert. Statt April ist es November geworden. Das ist auch sachgerecht, denn es geht um ein schwieriges und sensibles Thema, und vor allem geht es um Menschen in vielen Einzelfällen. Dann ist es gerechtfertigt, sich etwas Zeit zu lassen, gilt es doch, am Ende eines langen Verfahrensund Rechtsweges eine Maßnahme durchzusetzen, die die Betroffenen in der Regel nicht wollen und die sie als menschliche Härte empfinden. Konflikte und Probleme – auch politische Probleme – sind von daher vorprogrammiert.
Die Koalitionsvereinbarung ist zu dem Punkt häufig zitiert worden. Ich will das auch heute wieder machen, weil das Thema, über das wir reden, dort in den Eckpunkten beschrieben worden ist.
„Der Aufenthalt von ausreisepflichtigen Ausländerinnen und Ausländern, deren Verfahren auf der Basis des geltenden Rechts vollziehbar abgeschlossen ist, wird konsequent und zügig beendet.“
„Dabei werden die Situationen im Heimatland sowie berechtigte individuelle Gründe für einen begrenzten vorübergehenden Verbleib berücksichtigt, um eine Rückkehr in Sicherheit und unter Wahrung der Menschenwürde zu gewährleisten.“
Das Spannungsverhältnis ist offenkundig: Zügig und konsequent auf der einen Seite, aber Wahrung der Menschenwürde auf der anderen Seite. Das kann auch einmal ein Gegensatz sein, und doch muß jeder einzelne Fall entschieden werden.
Aus diesem Spannungsverhältnis erwachsen schließlich die Maßstäbe und die Wege für das, was rechtlich durchgesetzt werden muß. Daraus folgt zum Beispiel nicht, daß man sich an irgendwelchen Zielzahlen orientiert. Daraus folgt schon gar nicht, daß man sich an irgendwelchen populären Sprüchen orientiert, die mit dem Rechtsstaat nichts zu tun haben und Möglichkeiten suggerieren, die der Rechtsstaat nicht hat, teilweise nicht haben darf. Daraus folgt aber auch nicht, daß man wirklichkeitsfremden Forderungen nachgibt, wie etwa ein Bleiberecht für alle, eine Forderung, die so eigentlich nie erhoben wird, die sich aber gerne hinter der Kritik an Einzelfällen und Verfahrensregelungen versteckt. Auch das ist keine realistische Position. Und Illegale zu Legalen zu machen, geht natürlich auch nicht,
(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Selbst wenn die Angehörigen nachher Asyl beantragen?)