Erstens: Ich bin schon erstaunt darüber, daß Herr Senator Mirow auf die Idee kommt, die Elbvertiefung hier offen wieder ins Spiel zu bringen. Es gibt ein Versprechen der Stadt gegenüber, daß die letzte Elbvertiefung die letzte gewesen war. Nach meiner Meinung ist es auch von den Kosten her nicht zu akzeptieren, noch einmal einen solchen Schritt zu machen, zumal auch die ökologische Seite deutlich sagt, daß dort Grenzen erreicht worden sind. Wie weit soll das denn gehen? 15 Meter, 16 Meter? Ich halte das für völlig unmöglich. Ich denke, wir werden diese Diskussion kräftig führen müssen.
Zweitens: Die Perspektive ist von Herrn Ehlers durchaus richtig gesagt worden. Feederschiffe werden das entscheidende Moment sein. Wenn das auch die Perspektive für Hamburg ist, das heißt, der Hamburger Hafen wird dann auch durch relativ kleinere Schiffe gefüttert, wenn das die Perspektive ist, dann ist mir unklar, mit welcher hochgenervten Energie die Diskussion Cuxhaven oder Wilhelmshaven geführt wird. Wenn die Fütterung des Hamburger Hafens mit den Anlagen durch kleinere Feederschiffe geschieht, dann ist es egal, ob das Wilhelmshaven oder Cuxhaven ist. Das ist nicht der wichtige Punkt dabei, weil nämlich diese Zulieferung darüber möglich ist.Es besteht sogar eher die Gefahr, wenn Cuxhaven mit seiner guten Anbindung dieses Zentrum wird, daß dann Betriebe, die hier ver
edeln oder ähnliches machen, eher dorthin abwandern werden und den Schritt nach Wilhelmshaven viel weniger machen würden.Deshalb ist mir die aufgeregte Diskussion an diesem Punkt nicht klar. Es scheint mir hier weniger um die Interessen der Stadt zu gehen als um die Interessen der Hamburger Hafen- und Lagerhaus-AG, die hier so groß verteidigt werden. – Danke.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Hamburger Diskussion ist gerade nicht aufgeregt, sondern der Senat bereitet sich darauf vor, was er tut, falls der Fall eintritt, daß diese großen Schiffe gebaut werden. Ob die gebaut werden, ist mehr als zweifelhaft. Wir Ökonomen machen laufend Prognosen, aber wir fürchten uns eigentlich immer, Prognosen für die Zukunft zu treffen, weil da so viele Faktoren eine Rolle spielen, in erster Linie betriebswirtschaftliche. Zu dem Punkt hat der Senat auch eine klare Aussage gemacht, daß die Kosten für den Umschlag in einem Tiefwasserhafen – so er hier gebaut würde – aus den Erträgen privatwirtschaftlich erbracht werden müßten und nicht aus dem Staatshaushalt. Auch das wird alle Reeder aufhorchen lassen, weil es nicht nur die Kosten des gebrochenen Verkehrs sind, es sind nicht nur die Kosten, daß man Zeit verliert durch gebrochenen Verkehr, sondern man muß auch mit höheren Umschlagkosten als eine Randbedingung rechnen. Insofern haben hier Bremen und Hamburg auch gemeinsam gehandelt, was außerordentlich wichtig ist.
Wenn die Entscheidung kommt – wir reden nur über Verkehre zwischen Asien und Europa, Nordamerika scheidet, soweit ich das weiß, schon aus, weil das Küstenshelf so flach ist, daß diese ganz großen Schiffe dort nicht hinfahren können –, dann müssen wir doch auch in der Situation unter ökologischen Gesichtspunkten die Alternative, weitere Vertiefung der Elbe, abwägen, denn was das an gigantischem Landverzehr ist, an Problemen der Logistik im Hinterland, das ist hier doch deutlich gesagt worden, wie Schiffe mit 12 000 Containern abgefertigt werden sollen. Wenn das Ob zu entscheiden ist, dann gehören in der Tat alle Abwägungen auf den Tisch, und dazu gehört auch die Abwägung, ob es unter wirtschaftlichen, unter finanziellen und unter ökologischen Gesichtspunkten sinnvoll ist, die Elbe weiter zu vertiefen. Das haben wir heute nicht zu entscheiden, aber die Perspektive sollten wir uns offen lassen.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Herr Ehlers, ich habe Ihre letzte Aussage überprüfen lassen und bin einer Meinung mit der des Justitiars, Ihnen hiermit nachträglich einen Ordnungsruf zu erteilen.
Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, gebe ich die Ergebnisse der Wahlen der Deputierten der Behörde für Wissenschaft und Forschung bekannt. Hier waren alle Stimmzettel gültig. Frau Cornelia Schröder-Piller wurde mit 91 Ja-Stimmen, bei 6 Nein-Stimmen und
3 Enthaltungen gewählt, Herr Christian Ringler mit 84 JaStimmen, 11 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen.
Bei der Wahl der Mitglieder des Kontrollgremiums nach dem Gesetz zur Umsetzung von Artikel 13 Absatz 6 des Grundgesetzes ergingen unterschiedliche Ergebnisse. Dr.Holger Christier wurde mit 91 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung gewählt, Ingo Kleist mit 86 Ja-Stimmen, 4 Nein-Stimmen bei 4 Enthaltungen, Doris Mandel mit 90 Ja-Stimmen, 1 Nein-Stimme und 4 Enthaltungen, KarlHeinz Ehlers mit 71 Ja-Stimmen bei 16 Nein-Stimmen und 6 Enthaltungen, Professor Dr. Ulrich Karpen mit 74 JaStimmen bei 13 Nein-Stimmen und 5 Enthaltungen, Heino Vahldieck mit 91 Ja-Stimmen bei 2 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen und Frau Dr. Bettina Kähler mit 82 Ja-Stimmen bei 7 Nein-Stimmen und 6 Enthaltungen.
Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 54:Antrag der SPD zur Aufhebung der Kollektivhaftung der Ärzte beim Arzneiund Heilmittelbudget.
[Antrag der Fraktion der SPD: Aufhebung der Kollektivhaftung der Ärzte beim Arznei- und Heilmittelbudget – Drucksache 16/4994 –]
Die CDU-Fraktion beantragt, diese Drucksache an den Gesundheitsausschuß zu überweisen. Wer wünscht hierzu das Wort? – Das Wort erhält Frau Brinkmann.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielen aus diesem Hause, die in den letzten zwei, drei Jahren einmal zum Arzt mußten, ist es sicherlich passiert, daß der Arzt ihnen die notwendigen Medikamente, die sie gerne gehabt hätten, nicht verschreiben konnte oder wollte mit dem Hinweis, daß das Arzneimittelbudget bereits überschritten und es ihm deshalb nicht möglich sei.
Was daran Dichtung und was daran Wahrheit ist, haben wir in der letzten Bürgerschaftssitzung sehr ausführlich diskutiert. Herr Zamory hat dazu einen sehr guten informellen Beitrag abgegeben; darauf möchte ich heute nicht weiter eingehen.Mir ist heute ein anderes Thema im Rahmen des Arzneimittelbudgets wichtig.
Zunächst einmal ist ein Budget eigentlich nichts Besonderes, und heutzutage wird in vielen Bereichen mit dem Budget gearbeitet. Ein Budget ist ein Steuerungsinstrument, das zunächst eine Größenordnung festlegt, um den Umfang der benötigten Finanzmittel für eine ausreichende und gute medizinische Versorgung sicherzustellen. Das Wort Budget geht auch den Abgeordneten zur Zeit häufiger als sonst über die Lippen, weil wir uns in den Haushaltsberatungen befinden und auch wir uns mit Budgets beschäftigen.
Das Arzneimittelbudget für Hamburg beträgt etwa 900 Millionen DM für 1999; ich nenne diese Summe 900 Millionen DM noch einmal, weil es keine sehr kleine Summe ist. Die meisten Bundesländer haben das Arzneimittelbudget in den letzten Jahren eingehalten. Hamburg hat es leider immer wieder überschritten, 1999 um gut 10 Prozent.
Der Gesetzgeber hat jedoch Maßnahmen dafür vorgeschrieben, wenn das Budget überschritten wird. Es wurde festgelegt, daß bei Budgetüberschreitung alle niedergelassenen Ärzte 5 Prozent des gesamten Budgets als Haftungssumme spätestens zwei Jahre nach Ablauf dieses festgelegten Zeitraums zurückzahlen müssen. Das heißt konkret in unserem Fall: Für 1999 müssen die Hamburger niedergelassenen Ärzte etwa 44,5 Millionen DM zurück
Diese Rückerstattung ist die sogenannte Kollektivhaftung. Die Kollektivhaftung folgt zunächst dem Prinzip des Solidaritätsgedankens. Wir als SPD-Fraktion empfinden es allerdings als zutiefst ungerecht, daß alle Ärzte gleichermaßen herangezogen werden, und das will ich anhand von drei Punkten begründen.
Erstens: Jeder Arzt wird herangezogen, ganz gleich, ob er wirtschaftlich handelt, er muß zahlen, und das finden wir nicht gerecht.
Zweitens: Die Haftung ist auch als ein Anreizsystem zu betrachten.Dieses geht verloren, wenn alle Ärzte gleichmäßig herangezogen werden. Warum soll sich der einzelne noch um Einsparungen bemühen, wenn er genau weiß, er muß auch für denjenigen mit haften, der unüberlegt handelt.
Drittens: Es gibt eine Zahl von Ärzten, die gar keine Medikamente oder nur sehr wenige verschreiben. Ich denke dabei an die Röntgenologen oder Laborärzte.
Diese drei Punkte haben uns veranlaßt, diesen Antrag zu stellen. Aus unserer Sicht muß die Kollektivhaftung aufgehoben und durch die Individualhaftung ersetzt werden. Dabei ergibt sich allerdings ein Problem. Man muß, um eine Individualhaftung vornehmen zu können, transparente Zahlen haben. Daran hapert es aber leider noch.
Wir haben in der letzten Woche im Gesundheitsausschuß eine Anhörung von Mitgliedern der Kassenärztlichen Vereinigung und der Kassen gehabt. Dabei ist deutlich geworden, daß sich beide Parteien gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben, warum es nicht möglich ist, vernünftige Zahlen zeitnah an die Hand zu bekommen.
Unser Kollege Herr Dr. Petersen hat in den letzten Debatten beispielsweise dargestellt, daß es ihm in seiner Praxis möglich ist, jederzeit in etwa seinen Stand im Budget über den Bildschirm abzulesen und eventuelle Konsequenzen zu ziehen. Das sind Aussagen, die bei uns noch sehr umstritten sind, und auch die Anhörung in der letzten Woche hat uns noch nicht viel weiter gebracht. Die SPD setzt weiterhin auf Steuerungsinstrumente wie die Richtgröße, häufigere Verschreibung von Generika und letztlich auf die Positivliste, auf die wir immer noch warten.
Die Einhaltung der Medikamentenrichtlinien sichert nicht nur eine qualitative medizinische Behandlung, sondern trägt auch zu einem verantwortungsvollen Handeln bei. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Man reibt sich hier verwundert die Augen, denn mit Blick auf die heutige Tagesordnung wächst offenbar auch in den Bundesländern die Kritik an der rotgrünen Gesundheitspolitik. Wir sind jetzt bei dem Thema Kollektivhaftung, und die GAL hat für nachher noch das Thema Risikostrukturausgleich angemeldet.
Tatsächlich ist die Kollektivhaftung beim Arzneimittelbudget ein politischer Fehler der rotgrünen Bundesregierung, der trotz massiver Kritik von allen Seiten bis heute nicht behoben ist. Das Arzneimittelbudget wird auf dem Rücken der Ärzte und Patienten ausgetragen. Es ist nicht ausreichend für die Versorgung der Hamburger Region; 1999 waren es
Die Kollektivhaftung ist dabei eine Unmöglichkeit; Sie haben es völlig richtig gesagt.Der einzelne Arzt kann gar nicht steuern, er kann sich nicht gegen die Kollektivhaftung wehren. Es werden sogar Ärzte in die Haftung genommen, die gar keine Medikamente verschreiben. Es ist völlig klar, die Kollektivhaftung muß abgeschafft werden.
Frau Brinkmann, diese Forderung in der Bürgerschaft ist aber nicht neu. Ich habe den CDU-Antrag vom 2. März dieses Jahres vorliegen, in dem es heißt:
„Der Senat wird aufgefordert, über den Bundesrat initiativ zu werden, um das mit dem GVK-Solidaritätsstärkungsgesetz zum 1. Januar 1999 wieder eingeführte Prinzip der Kollektivhaftung bei Überschreitung des Arzneimittelbudgets abzuschaffen.“
„Die Bürgerschaft ersucht den Senat, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, daß die Kollektivhaftung der Ärzte bei Überschreitung des Arznei- und Heilmittelbudgets abgeschafft wird.“
Diesen Antrag, Frau Brinkmann, haben wir jedoch am 2. März eingebracht, und Sie haben ihn an den Gesundheitsausschuß überwiesen. Am 19. Juli haben Sie gesagt, Sie müßten dazu eine Anhörung veranlassen, die in der letzten Woche, am 7. November, stattgefunden hat. Ihr Antrag datiert vom 1. November. Ich halte das für eine Show und finde es parlamentarisch unanständig und frech, wenn unsere Anträge wieder nur einmal zum Schein überwiesen werden, um eine Abstimmung zu verhindern.
Das sind Tricksereien, um sich hier keine Blöße zu geben. Wir sind es schon gewohnt, daß Sie im Ausschuß ein Änderungsvotum einbringen, wenn Ihnen ein Antrag inhaltlich wohl paßt, Sie aber nicht zugeben können, daß er von der CDU ist. Daß Sie aber die Frechheit haben, wenn ein entsprechender Antrag im Ausschuß liegt, im parlamentarischen Verfahren sieben Tage vor einer Anhörung einen gleichlautenden Antrag einzubringen, den sie heute verabschieden wollen, empfinde ich das als eine Mißachtung unserer Arbeit.