Protocol of the Session on November 15, 2000

Ein Vorteil, den Wilhelmshaven vorweisen kann, ist der gegenüber Cuxhaven doppelt so große Flächenvorrat. Mit dem Jade-Weser-Port könnten dort in der maximalen Ausbaustufe 24 Liegeplätze mit einer Kaimauerlänge von 10,5 Kilometern geschaffen werden. Demgegenüber stünden in Cuxhaven „nur“ zehn Liegeplätze mit einer Kaimauerlänge von 4,4 Kilometern zur Verfügung.

Wir jonglieren hier immer mit Schiffskapazitäten von maximal 12 000 TEU.Wissen wir eigentlich, was dahintersteht? Lassen Sie mich dazu eine kurze Erläuterung geben.

Wenn ein Schiff mit 12 000 Standardcontainern, die hier die Bezugsgröße darstellen, beladen ist, bedeuten diese bei der Bahn eine Zuglänge von 75 Kilometern. Auf dem Lkw würden diese 12 000 Container die Straße mit fast 100 Kilometern komplett belegen.

Was die Beteiligung der Reeder angeht, so kann man es nicht als selbstverständlich hinnehmen, daß die Reeder ihren Kostenvorteil aus der Größendegression von bis zu 60 Dollar per TEU unbedingt an die Häfen weitergeben.Sie gehen mit den großen Schiffen schließlich auch ein Ausla

stungsrisiko ein.Höhere Inlandstransportkosten – wenn für die neu zu schaffende Infrastruktur gezahlt werden muß – und zusätzlich notwendige Feederdienste werden den Spielraum für die Reeder ohnehin einengen.

Andererseits wäre es unbillig, daß die öffentliche Hand investiert, die Reeder aber die Vorteile haben.So einfach, wie es die Studie darstellt, nämlich die Umschlagkosten für die Container zu erhöhen, ist dieses Thema nicht zu behandeln.

Der jetzt von den Auftraggebern Niedersachsen, Bremen und Hamburg gefundene Ansatz, dieses Gutachten durch eine gemeinsame Projektgruppe noch einmal zu prüfen und erst dann eine endgültige Bewertung vorzunehmen, ist korrekt und nachvollziehbar. Diese Projektgruppe wird ihre Ergebnisse bis zum 31. März nächsten Jahres vorlegen. Denn eine millionenschwere Fehlplanung können sich Niedersachsen, Bremen oder Hamburg nicht leisten.

Wir stimmen grundsätzlich der Notwendigkeit eines Tiefwasserhafens in der Deutschen Bucht zu. Deutschland als eine der führenden Exportnationen kann auf einen leistungsfähigen Tiefwasserhafen nicht verzichten. Dieser Hafen kann aber nur eine Ergänzung, jedoch kein Ersatz für Hamburg und Bremen sein.

Wir wissen, daß der erste Terminalplatz in Altenwerder im nächsten Jahr in Betrieb gehen wird. Damit wird in einem noch größeren Umfang die Weiterverarbeitung und Veredelung der im- und exportierten Waren in Hamburg vorgenommen.

Der Hafen in Hamburg ist als der zweitgrößte in Europa fest etabliert; er befindet sich auf Platz sieben in der Weltrangliste. Hier wird ein Rekordergebnis nach dem anderen erzielt. Die Elbvertiefung ist erfolgreich abgeschlossen.

Hamburg hat nicht nur den größten Hafen in Deutschland, sondern dieser Hafen hat auch die besten logistischen Voraussetzungen, es zu bleiben; er ist noch lange nicht an seine Grenzen gestoßen.

Mitnichten ist der Senat abgetaucht. Die kürzlich angedachte norddeutsche Kooperation und die jetzt vereinbarte Hafenkooperation zwischen Hamburg und Bremen wird von uns begrüßt. Damit wurde eine jahrhundertlange Feindschaft überwunden und ein Ende des Subventionswettlaufs eingeleitet.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das werden wir noch se- hen!)

Unseres Erachtens wird durch die Zusammenarbeit beziehungsweise die engere Kooperation zwischen der HHLA und der BLG die optimale Voraussetzung für die Entwicklung eines Tiefwasserhafens geschaffen.Denn dieses Projekt kann nur gemeinsam realisiert werden. Damit ist es möglich, unseren eigentlichen Wettbewerbern – darauf müssen wir uns doch konzentrieren – in Holland und Belgien entgegenzutreten.

(Norbert Hackbusch REGENBOGEN – für eine neue Linke: Aha!)

Dies ist eine historische Chance, die wir alle gemeinsam nutzen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Bühler.

(Heidemarie Scherweit-Müller SPD)

A C

B D

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ehlers, ich möchte drei Bemerkungen zu Ihrer Rede machen.

Zum einen ist es kein notwendiges Kriterium für gute Politik, wenn Sie mitbekommen, was passiert. Sie können sich darüber beklagen, daß Sie nicht merken, was hinter den Kulissen der Hafenpolitik gedreht wird.Das ist aber kein Kriterium dafür, daß nicht genug passiert.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das habe ich doch gar nicht gesagt!)

Doch, Sie haben gesagt, daß Sie nicht sehen würden, daß der Senat in geeigneter Weise handelt.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Aber Sie!)

Und weil Sie das nicht sehen, wäre das eine schlechte Politik. So einfach ist das nicht, Herr Ehlers. Wenn Sie das nicht mitkriegen, ist das Ihr Problem.

(Dr. Roland Salchow CDU: Herr Bühler weiß genau Bescheid darüber!)

Zweitens:In Ihrer Rede ist doch herausgekommen, daß Sie nicht in der Lage sind, die Entscheidungskriterien und -grundlagen für irgendeinen Standort konkret zu benennen und festzumachen. Sie lesen aus dem Kaffeesatz, sagen hier ein Wort zu Wilhelmshaven und dort eines zu Cuxhaven, wobei Ihnen Cuxhaven als Hamburger natürlich besser gefällt. Jeder, den Sie auf der Straße fragen, weiß das auch.

Ferner sprachen Sie darüber, daß Hamburg Anschluß halten, sich an die Spitze der Bewegung stellen und Initiativeund Gestaltungsführerschaft übernehmen müsse. Sie führen aber nicht ein Argument an, warum Hamburg dies tun soll, sondern Sie fordern das, weil es immer so war.Das ist ein bißchen langweilig.

Wenn Sie so genau wissen, wohin es gehen soll, warum schreiben Sie keinen Antrag? So wird das nichts mit Ihrer Hafenpolitik, Herr Ehlers.

Aus unserer Sicht zeigt die Debatte um den Tiefwasserhafen einige erfreuliche Aspekte.Es weht hier geradezu ein frischer Wind.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Aha! – Dr. Roland Sal- chow CDU: Sie sind ja Fachmann für Windkraft, nicht?)

Sie stellt nämlich die klassischen Glaubenssätze und die Praktiken der Hafenpolitik, die bisher galten – Frau Scherweit-Müller hat dies auch erwähnt –, gründlich in Frage.Sie lauteten bisher: Erstens: Im Hafen wird Infrastruktur öffentlich finanziert, auch wenn sie nur wenige nutzen. Zweitens: Im Wettbewerb ist jede Subvention recht.

Wenn sich die Regierungschefs der drei Länder Niedersachsen, Bremen und Hamburg auf eine wesentlich private Finanzierung der Infrastruktur als Eckpunkt für einen möglichen Tiefwasserhafen geeinigt haben, dann ist das aus unserer Sicht eine kleine Revolution.

(Vizepräsidentin Sonja Deuter übernimmt den Vor- sitz.)

Wenn darüber hinaus eine Kooperation zwischen Hamburg und Bremen vereinbart wird, zeigt sich endlich eine Chance, den dummen haushalts- und umweltschädlichen Subventionswettlauf zumindest zwischen den deutschen Seehäfen zu beenden, der von seiten der Grünen seit Jahren angemahnt wird.

(Beifall bei der GAL)

Qualitätswettbewerb statt Preiskampf ist eine alte grüne Forderung in der Hafenpolitik. Schon 1996 wies Alexander Porschke, damals noch Abgeordneter, zusammen mit Grünen aus den anderen Häfen der Nordrange auf die negativen Folgen des Subventionswettlaufs hin. Leere öffentliche Kassen in den betroffenen Städten, Flächenfraß durch viel zu niedrige Flächenmieten, Umwelt- und Sozialdumping. Im Frühjahr dieses Jahres wurden die Eckpunkte der Greenport-Campaign der Hafenstadt-Grünen erneut bekräftigt und die Forderung nach mehr Transparenz der Hafenfinanzierung der Europäischen Kommission vorgelegt.

Die hohen Kosten eines möglichen Tiefwasserhafens bewirken offensichtlich ein Umdenken. Hier soll nicht auf Kosten der Allgemeinheit ein roter Teppich für wenige einzelne Reeder, ein Hafen auf der grünen Wiese gebaut werden, sondern hier soll die Sinnhaftigkeit einer Investition vom Markt geprüft werden und die Investition klassischen Renditekriterien unterliegen.

Einen solchen Systemwechsel bei der Hafenfinanzierung begrüßen wir ausdrücklich. Begrüßen würden wir insbesondere eine schrittweise Ausweitung dieses Systemswechsels auf Investitionen in den bremischen und hamburgischen Häfen.Nicht zuletzt schafft die Kooperation zwischen Bremen und Hamburg einen Teil der Voraussetzungen für diesen Systemwechsel.

Was die Entscheidung um den Tiefwasserhafen selbst angeht, sehen wir vor allem große Fragezeichen. Dort unterscheiden wir uns nicht von Herrn Ehlers.Nur stellen wir uns nicht hin und sagen, es passiert nichts. Unverzichtbar ist der Tiefwasserhafen auf keinen Fall. Kommen die großen Schiffe nun oder nicht? Ist das Angebot eines Tiefwasserhafens vielleicht sogar die Voraussetzung für den Bau großer Schiffe und nicht umgekehrt? Ist es wirklich ökonomisch rational, die großen Schiffe zu bauen? Stimmen die Umschlagprognosen, stimmen die Kapazitätsprognosen? Welche Bedeutung haben die Hinterlandanbindungen etwa per Binnenschiff? Nichts davon ist aus unserer Sicht zum jetzigen Zeitpunkt befriedigend geklärt.

Wir unterstützen daher das gewählte Verfahren, bis zum 31. März 2001 zu einer gemeinsamen Klärung der drei Bundesländer in der Frage Tiefwasserhafen zu kommen. Wir unterstützen eine kritische und gründliche Prüfung der Gutachten.Dazu gibt es genügend Gründe.Herr Ehlers hat auch noch einmal welche dargelegt. Insbesondere begrüßen wir den effektiven Prüfstein einer privaten Finanzierung eines solchen Projektes. Eine strategische Umweltverträglichkeitsprüfung ist aus unserer Sicht eine weitere unverzichtbare Entscheidungsgrundlage. Eines ist klar: Leichtfertig darf eine solche Entscheidung nicht getroffen werden, die die Umwelt an der deutschen Nordseeküste aufs empfindliche schädigen wird. Der A3XX und das Mühlenberger Loch waren da im Vergleich eher eine Sandkiste.

Der Senat hat unsere volle Unterstützung für die gründliche Prüfung des Tiefwasserhafenkomplexes, für die gemeinsame Prüfung mit Niedersachsen und Bremen, für die Kooperation zwischen BLG und HHLA und die Koordination der Hafenpolitik. Insbesondere begrüßen wir aber den sich abzeichnenden Systemwechsel bei der Finanzierung von Infrastruktur in deutschen Häfen.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Das haben Sie zum fünf- ten Mal gesagt!)

Das läßt sich nicht oft genug sagen, Herr Ehlers.

Es gibt Hoffnung, daß sich in Hamburg wie in Bremen allmählich eine Hafenpolitik jenseits des Subventionswettlaufes durchsetzt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort erhält Herr Hackbusch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, daß es Hoffnung gibt, aber so richtig weit ist es mit der Politik in Hamburg noch nicht gekommen. Man ist sich darin einig, sich mit Bremen zu einigen und zu diskutieren, ob man gemeinsame Hafenpolitik macht. Deutschland versucht seit etlichen Jahren, eine europäische Gemeinschaft hinzubekommen, europäische Politik zu gestalten. Aber Hamburger Hafenpolitik bleibt immer noch in den deutschen Grenzen.Man ist ziemlich langsam, man freut sich immerhin schon darüber, daß man das gemeinsam bespricht, aber das ist natürlich noch viel zuwenig.