Protocol of the Session on October 11, 2000

(Dr. Roland Salchow CDU: Lange Leitungen, die gibt es auch in Hamburg!)

ja, aber auch in Österreich, Herr Salchow! –, weiß man wieder, wie gut wir es haben; also wieder einmal: Luxus.

Die detaillierten Ausführungen des Senats zu den neuesten Entwicklungen finde ich sehr hilfreich. Betrachtet man das regionale Entwicklungskonzept dazu, stellt man fest, daß auch in diesem Bereich tatsächlich die Regionen um Hamburg herum immer weiter zusammenwachsen. Das alte Problem des Wasserholens aus der Lüneburger Heide halte ich inzwischen für relativ klein. Ich gehe immer noch davon aus, daß man, wenn auch nicht in den nächsten Jahren, längerfristig jedoch auf den Zugriff an dieser Stelle verzichten kann.

Gleichzeitig müssen wir uns aber darüber im klaren sein, daß es immer noch eine große Gefahr der sogenannten anthropogenen Verschmutzung des Grundwassers unserer Grundwasserleiter gibt.Hiermit hat Hamburg immer wieder zu kämpfen. Die Einrichtung von Wasserschutzgebieten ist ein erster großer Schritt dazu, aber gleichzeitig bedeutet es auch weiterhin den vorsichtigen sorgfältigen Umgang mit dem Grundwasser, dem Trinkwasser und auch mit dem Abwasser.Unsere industriellen Verschmutzungen in Hamburg konzentrieren sich auf bestimmte Stadtbereiche, und sie werden im Auge behalten werden müssen, aber das tut der Senat auch.

(Dr.Roland Salchow CDU: Aha! Was tut der Senat? Er behält im Auge!)

Ein bißchen bedauerlich finde ich die Tatsache, daß es schon seit vielen Jahren keine Brauch- und Regenwassernutzung gibt. Dieses Projekt war ein sehr erfolgreiches. Das Argument, daß nach 1200 Anschlüssen gesagt wurde, jetzt sei das System marktreif, kann ich akzeptieren, ich würde mir aber wünschen, daß das Thema immer mal wieder bewegt wird. Ich glaube, daß es noch Potentiale gibt, die hier in Hamburg noch nicht ausgeschöpft sind.

5 Prozent Leitungsverluste war und ist ein derart positiver Wert, daß er bei anderen Wasserwerken bezweifelt wird. Ich finde es sehr erfreulich, daß die Wasserwerke diesen Wert halten können. Er trägt mit zur Ressourcenschonung bei, und ich hoffe, daß das zukünftig auch so sein wird.

In England haben sich übrigens die Leitungsverluste – ich sage jetzt: durch die Privatisierung, das ist unfair, aber ich sage es trotzdem – ungefähr um 15 Prozent erhöht. Das ist zwar kein seriöses Argument, aber ich glaube, man muß es im Kopf behalten, wenn man sich mit dem Argument auseinandersetzt.

(Hartmut Engels CDU: Eher trotz Privatisierung!)

Eher trotz Privatisierung, so habe ich es gemeint, Herr Engels.

(Hartmut Engels CDU: Da schon!)

Daß wir solchen Investitionsstau haben, so viele Reparaturen nötig sind, die die Kommunen nicht mehr tragen können, ist aber das Argument, was sich vor allem positiv auf die Privatisierung bezieht. Ich halte das für schiere Werbung. Für Hamburg trifft das jedenfalls nicht zu, und ich stimme der Aussage von Frau Vogel zu, daß wir eine Privatisierung der Wasserwerke in Hamburg nicht wollen.

Auf die Liberalisierung – das ist vielleicht sehr allgemein – möchte ich noch einmal deutlich eingehen. Die Liberalisierung des Strommarkts kann man zur Zeit in ihren Effekten

(Hartmut Engels CDU)

sehr gut beobachten. Wir kommen inzwischen zu der Erkenntnis, daß die Hamburgischen Electricitäts-Werke zu klein geworden sind, um sich auf dem europäischen Strommarkt zu behaupten. Das ist eine Erkenntnis, die uns vor eineinhalb Jahren noch niemand abgenommen hätte. Das gleiche wird den kommunalen Wasserversorgern passieren. Wenn man jetzt bereits sieht, daß sich die Berliner Wasserversorger schon mit Privaten zusammengeschlossen haben, wird die Liberalisierung des Wassermarktes möglicherweise dazu führen, daß auch hier amerikanische, französische oder sonstige große Konzerne in unser Netz hineinkommen, um es einmal so zu formulieren. Es wird zu einer Monopolisierung kommen.Das kann für die lokale regionale Wasserversorgung nicht hilfreich sein; die Probleme des Vermischens von Wasser sind angesprochen worden.

Ein Aspekt ist mir noch wichtig. Wir haben allein aus der ökologischen Notwendigkeit heraus die Pflicht, sparsam mit Trinkwasser umzugehen. Das paßt mit einem unternehmerischen Konzept in der Regel nicht zusammen. Das ist schon im Energiebereich ein Problem und wird beim Wasser noch deutlicher. Sie alle wissen, daß das Einsparen von Trinkwasser und das dadurch reduzierte Abwasser jetzt schon bei der Stadtentwässerung durchaus immer mal zu technischen Problemen führt.Es muß zusätzlich gespült werden, das Abwasser muß „schwimmend“ gehalten werden. Das ist etwas, das ein Privatunternehmen sich zweimal überlegt, ob es vor allem diese Wassersparkampagnen über viele Jahre durchziehen und beispielsweise die Einführung von Wohnungswasserzählern auf sich nehmen will, um den Effekt eines stark reduzierten Trinkwasserverbrauchs in den Haushalten zu erreichen. Diesen Effekt brauchen wir aber, denn unser Wasser ist schließlich endlich.

Der hamburgische Senat ist mit dem, was er hier vorlegt, auf einem guten Weg. Wir werden alle abwarten müssen, was uns aus Berlin zur Liberalisierung erwartet. Ich gehe aber davon aus, daß die Solidarität – um dieses Wort einmal zu benutzen – mit den Hamburgischen Wasserwerken in diesem Hause so stark ist, daß wir uns vor einer Privatisierung retten können. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort bekommt Senator Porschke.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In Hamburg wird das Wasser sparsam verbraucht. Es ist sauber, kostengünstig, und ich bin sehr froh, daß Sie bei der Weichenstellung, die dazu geführt hat, mitziehen wollen und es dabei bleibt.

Es ist durchaus nicht selbstverständlich, diesen Zustand zu erhalten, und die Stadt treibt dafür einen relativ großen Aufwand. Das möchte ich an dem Beispiel der Wasserversorgung in Stellingen deutlich machen. Dort sind es nach wie vor die menschengemachten Verschmutzungen der Vergangenheit, die eine Bedrohung für die Wassergewinnung sind. Bis heute kommt eine Fahne von menschengemachten Schadstoffen in Richtung Wasserwerk und muß durch Abwehrbrunnen von der Wassererfassungsstelle ferngehalten werden.

An dieser Stelle muß ich Frau Möller widersprechen. Die Abwehrbrunnen, die wir betreiben, um das Wasser von der Wassergewinnung fernzuhalten, produzieren wiederum

Brauchwasser.Dieses Brauchwasser wird verwendet;darin schwimmt nämlich das Walroß Antje.

(Antje Möller GAL: Wunderbar! Vielen Dank!)

So gibt es auch eine kleine Brauchwassernutzung in Hamburg. Ich möchte aber deutlich machen, daß wir uns nach wie vor um die Sünden der Vergangenheit kümmern müssen, um die Wasserversorgung in Hamburg sauberzuhalten.

Die anthropogenen Belastungen, wie in Stellingen, sind das eine, aber die geogenen Belastungen, nämlich die Salzstöcke, die insbesondere in die unteren Braunkohlesande hineinragen, sind ebenfalls ein Problem. Wenn man die besonders gut geschützten Grundwasservorkommen in den unteren Grundwasserleitern zu stark fördert, versalzen sie. Das ist der Grund dafür, daß Wassersparen nach wie vor aktuell ist.

Herr Engels, mir ist allerdings an einer Sache gelegen. Sie haben den Wasserpreis von 2,67 DM angesprochen und dabei auf die Ökosteuer verwiesen. Ich kann Ihnen zusagen, daß wir die 2,67 DM im nächsten Jahr sicherlich halten können. Aber der Grundsatz, daß man versucht, den Wasserverbrauch zu reduzieren, und sich dabei ökonomischer Instrumente bedient, hat auch zu den Erfolgen von heute geführt.

(Dr. Roland Salchow CDU: Nicht, daß Sie damit die Renten sanieren wollen, Herr Porschke!)

Nein, das nicht, Herr Salchow. Mir ist es aber ernst.

Ein Schlüssel dazu, daß auch die Haushalte in ihrem Verbrauch zurückgegangen sind, ist die individuelle Abrechnung über die sogenannten Wohnungswasserzähler. Das ist der ökonomische Mechanismus. Wir werden bei der Grundwasserentnahme jetzt noch differenzierter vorgehen, indem wir die Entnahme aus den tiefen Grundwasserleitern mit einem höheren Wasserpfennig belegen als die von den höheren Grundwasserleitern, weil das sehr viel schwerer entsteht.

(Dr. Roland Salchow CDU: Das habe ich schon vor zehn Jahren gefordert, Herr Senator!)

Das finde ich schön. Dann sind wir auch da einer Meinung. Dann kann ich es kurz machen und sagen: Die Wasserversorgung ist in Hamburg in guten Händen, und so soll es bleiben.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Dr. Roland Sal- chow CDU: Sie behalten das im Auge, ja!)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann stelle ich fest, daß die Große Anfrage 16/4604 besprochen ist.

Ich rufe nunmehr erneut den Tagesordnungspunkt 30 auf, und zwar einvernehmlich mit den Fraktionen; bei diesem Tagesordnungspunkt war die Debatte eben entfallen.

[Senatsmitteilung: Ausgliederung von HafenCity und Speicherstadt aus der Freizone – Drucksache 16/4780 –]

Über den Überweisungsantrag ist jedoch noch abzustimmen, das haben wir vorhin nicht getan. Ich darf nunmehr fragen, wer der Überweisung der Drucksache an den Wirtschaftsausschuß seine Zustimmung geben möchte, und bitte um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieses einstimmig überwiesen.

(Antje Möller GAL)

Ich rufe sodann den Tagesordnungspunkt 52 auf, Drucksache 16/4568, Antrag der CDU-Fraktion zur stärkeren Anwendung des Jugendarrestes.

[Antrag der Fraktion der CDU: Stärkere Anwendung des Jugendarrestes – Drucksache 16/4568 –]

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das ist der Fall, der Abgeordnete Harlinghausen bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Jugendgerichtsgesetz kennt zwei jugendstrafrechtliche Sanktionen, die mit Freiheitsentzug verbunden sind, den Jugendarrest und die Jugendstrafe.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Da können Sie froh sein, daß Sie nicht mehr so jugendlich sind!)

Gut, daß Sie schon ein bißchen älter sind, Herr Dr. Schmidt!

Der Jugendarrest, auf den unser Antrag abhebt, gehört zu den erzieherischen Maßnahmen, die in Hamburg kaum zur Anwendung kommen.Während sein Anteil in anderen Bundesländern durchschnittlich bei 18,1 Prozent liegt, kommt er in Hamburg lediglich bei sieben von 100 Verurteilungen zur Anwendung.

(Dr. Martin Schmidt GAL: Das ist ja ein Ding!)

Dies verwundert vor allem deshalb, weil mit dieser Maßnahme in anderen Bundesländern beachtliche Erfolge erzielt werden. Auf der Palette der Sanktionen, die zur Ahndung von Straftaten zur Verfügung stehen, nimmt der Jugendarrest quasi eine Mittelstellung ein. Er macht dem Jugendlichen die Ernsthaftigkeit seines Vergehens deutlich, ohne ihn mit der schärfsten Form der Sanktionen, der Jugendstrafe, zu konfrontieren. Gleichwohl kann sich der Jugendliche ein Bild davon machen, welche Konsequenzen ein weiteres Fehlverhalten haben könnte.

Richtig eingesetzt kann der Arrest als eine erzieherische Maßnahme verstanden werden, die für den Jugendlichen – auch wenn er natürlich kein Allheilmittel ist – eine wertvolle Erfahrung sein kann. Es ist die „gelbe Karte“, eine letzte Chance, eine kriminelle Laufbahn doch noch abzubrechen. Insofern kann eine funktionierende Repression gleichzeitig als Prävention verstanden werden.

In diesem Zusammenhang sollte auch darauf hingewiesen werden, daß die jugendstrafliche Praxis unterschiedliche Formen des Jugendarrestes kennt. Er kann als Freizeitarrest verwendet werden, als Kurz- oder Dauerarrest. Freizeitarrest wird über bis zu zwei Freizeiten verhängt, wobei eine Freizeit von Sonnabendmorgen 8 Uhr bis Montagmorgen 7 Uhr reicht. Der Dauerarrest erstreckt sich über einen Zeitraum von einer bis zu vier Wochen.