Ansonsten glaube ich, daß Herr Merz mit der Ansage, daß die Ökosteuer bis Dezember abgeschafft werden muß, als Fraktionsvorsitzender in diesem Jahr seine zweite Niederlage in Sachen Steuerpolitik erleben wird. Das kann eigentlich nicht im Sinne der CDU sein. Weil Sie Ihre Linie verloren haben, sehe ich – das sagte ich schon – eine gewisse Dominanz des Herrn Stoiber. Das wird Sie bei der Bevölkerung auch nicht glaubwürdiger machen, weil man in der Politik eine Linie braucht, die eine längerfristige Wirkung vorsieht. Sonst ist die Glaubwürdigkeit Ihrer Partei nicht mehr gegeben.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Hajduk, ich möchte gern einen Gedanken von Ihnen aufnehmen.
Sie verwahren sich dagegen, daß Ihnen Politiker der Union Arroganz vorwerfen. Das Verhalten von Bundesministern bis hin zur Finanzsenatorin, die sich hier hinstellt und die Menschen zur Sparsamkeit auffordert, Fahrgemeinschaften zu bilden, selbst aber mit einer gepanzerten Dienstkarosse durch die Gegend fährt, ist arrogant und überheblich.
Es ist die alte Methode, Wasser zu predigen und Wein zu trinken. Daß Sie so empört aufschreien, ist verständlich.
Ich stelle mich aber hier nicht hin und belehre die Menschen, daß sie sich anders als ich verhalten sollen. Sie tun das aber und fordern die Menschen auf, zu sparen und Fahrgemeinschaften zu bilden. Die Grünen haben früher gesagt, daß sie – wenn sie Senatoren sind – als Beitrag zum Energiesparen ihren Dienst mit dem Fahrrad versehen. Aber zuerst haben Sie ein Auto gebucht. Das ist überheblich und unaufrichtig,
und das ist nicht in Ordnung. Wer selbst nicht mit gutem Beispiel vorangeht, sollte andere nicht ermahnen. Diese schlichte Lebensweisheit gilt auch für Sie.
Da reagieren Sie empfindlich, weil Sie ertappt worden sind; das kann ich menschlich verstehen, Frau Kollegin.
Darüber hinaus hat die Finanzsenatorin gesagt, daß nicht allein die Ökosteuer, die OPEC oder die Bundesregierung bei den Preisen eine Rolle spielen, sondern auch die ungünstige Situation des Euro. Frau Senatorin, ich habe noch die Worte des Bundeskanzlers von letzter Woche im Ohr: Er sehe es ganz gelassen, es wäre prima für die deutsche Wirtschaft und für den Export wunderbar; das sei nicht schlimm.Was ist denn nun? Hat der Kanzler keine Ahnung oder haben Sie diese Ahnung nicht, Frau Senatorin? Was ist die Wahrheit? So einfach kommen Sie nicht davon.
Wenn wir im Grundsatz sagen, die Besteuerung von Energieverbrauch sei vernünftig, um energiebewußtes Verhalten zu erreichen, und diese europaweit angewendet wird – darauf hat Herr Reinert zu Recht hingewiesen –, haben wir doch das Problem, daß die von Ihnen erlassene Ökosteuer in Wirklichkeit keine Ökosteuer ist, und zwar aus folgendem Grund:
Erstens werden nach Schätzungen zwischen 30 und 40 Prozent der Einnahmen der Ökosteuer eben nicht verwendet, um ökologische Projekte durchzuführen oder um Sozial- oder Rentenversicherung zu finanzieren, sondern sie landen als Haushaltsmittel im allgemeinen öffentlichen Topf. Das ist Etikettenschwindel, und darum glaubt man Ihnen nicht!
Als zweitens die Steuer eingeführt wurde, wurden die wahren Energienutzer – die Großindustrie, die viel Energie verbraucht – als erste von dieser Steuer befreit. Das heißt, die kleineren und mittleren Unternehmen müssen bluten und die großen werden befreit. Das hat auch nichts mit einer glaubwürdigen Energiepolitik zu tun.
Drittens:Wenn Sie schon von Ökologie reden und die Menschen einerseits dazu auffordern, nicht mehr mit dem Auto zu fahren, um weniger Benzin zu verbrauchen, andererseits der von Ihnen ins Amt gebrachte Herr Mehdorn aber Pläne vorlegt, mit denen 20 Prozent des Streckennetzes bei der Bahn eingespart werden sollen, dann frage ich Sie, was das mit Ökologie zu tun hat. Überhaupt nichts!
Sie nennen es Ökosteuer, kassieren in Wirklichkeit einen nicht unerheblichen Teil für den allgemeinen Topf ein, und darüber hinaus werden beim öffentlichen Personennahverkehr bis hin zur Bundesbahn Streckennetze stillgelegt oder schlecht behandelt.Das hat mit Ökologie nichts zu tun.Dieser Etikettenschwindel ist es, der Ihnen jetzt zu Recht um die Ohren fliegt.
(Norbert Hackbusch REGENBOGEN – für eine neue Linke: Ja, aber das gehört sich nicht! – Hei- terkeit bei der SPD und der GAL)
Herr Hackbusch, es freut mich, daß ich noch einmal den Tag erleben darf, an dem Sie mich über gute Sitten zu belehren versuchen.
Man kann nicht so wie Herr von Beust argumentieren, sondern man muß sich klarmachen, was auf dieser Welt passiert. Wir haben vor wenigen Wochen in den Zeitungen lesen können, daß am Nordpol das seit 50 Millionen Jahren ewige Eis heute zu Wasser geschmolzen ist.Dies ist ein eindeutiges Indiz dafür, daß die Veränderungen des Klimas bereits begonnen haben. Man muß also gegen die Klimakatastrophe ernsthaft etwas tun.
Sie müssen hier nicht dazwischenbrüllen. Das hilft nämlich nicht bei der Bewältigung der Klimakatastrophe.
Wir wissen auch, daß das zu Recht gegebene Versprechen der früheren Bundesregierung, bis zum 2005 25 Prozent der CO2-Emissionen zu reduzieren, gerade im Bereich des Verkehrs massiv konterkariert wird. Es wurden nicht etwa zwei Drittel – circa 16 Prozent – dieses Minderungszieles erreicht, sondern der Wert hat sich um 11 Prozent erhöht. Das darf man nicht einfach so hinnehmen.
Wir wissen auch – damit wurde auch in Ihrer Bonner Regierungszeit argumentiert –, daß die Kosten der Arbeit insbesondere durch die enorm gestiegenen Lohnnebenkosten ein Argument dafür gewesen sind, daß die Arbeitslosigkeit in Deutschland so hoch war. Das war über lange Jahre einvernehmlich der Grund, daß der Umweltverbrauch und die Emission von Klimaschadstoffen teurer gemacht und die Kosten der Arbeit gesenkt werden müssen.
Herr von Beust, ich habe einen Brief mitgebracht, den ich im August an Herrn Professor Salchow geschickt habe, weil ich von ihm das gleiche falsche Argument schon zweimal gehört habe, daß die Ökosteuer nicht voll und ganz zur Entlastung der Rentenkassen eingesetzt wird. In diesem Brief können Sie haarklein nachlesen, daß nachweisbar mehr Einnahmen durch die Ökosteuer zu veranschlagen sind, als für die Entlastung der Rentenkassen eingesetzt wird. Von daher ist es falsch, daß die Ökosteuer für diesen Zweck nicht verwendet würde. Bringen Sie daher nicht immer wieder dieses falsche Argument.
Man kann zu Recht so argumentieren wie Herr Hackbusch, indem man sagt, daß Ökosteuer nur Ökosteuer sein würde, wenn daraus Sonnenenergie gefördert würde.
Aber was wäre passiert, Herr Hackbusch, wenn wir mit den Einnahmen nur ökologische Ziele gefördert hätten? Dann hätte die heute angegriffene Ökosteuer keine zwei Wochen durchgehalten. Man braucht ein breites politisches Bündnis, um zu einer Umverteilung zu kommen, und zwar weg von den Lasten der Arbeit hin zu den Belastungen der Umweltressourcen.
Dafür braucht man ein politisches Bündnis, das nach meiner Überzeugung das eigentliche Geheimnis der Ökosteuer trägt und das auch dafür sorgen wird, daß sie auch das nächste Jahr noch leben wird.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr von Beust und Herr Reinert waren angesichts all dieser inhaltlichen Rückschritte, die Sie in der letzten Zeit gemacht haben, richtig atemlos geworden. Tatsächlich war die CDU im Bereich Ökosteuer, im Bereich Ökologie schon einmal viel weiter, auch hier im Haus. Das ist eine bittere Erkenntnis aus dem ersten Teil der Debatte.