Protocol of the Session on September 20, 2000

(Rolf Kruse CDU: Das soll eine Karikatur sein!)

oder bessere Karikaturisten.

Auch wenn der Ärger der Bürgerinnen und Bürger aufgrund der steigenden Preise an den Zapfsäulen und die Sorgen über die höheren Heizölkosten nachvollziehbar sind, so liegt die Ursache für den Preisanstieg nicht bei der Ökosteuer. Die Gründe liegen bei den gestiegenen Rohölpreisen, beim schwachen Euro und dem steigenden Dollarkurs. Die Abschaffung oder die Aussetzung der nächsten Stufe der Ökosteuer hilft nichts. Es ist vielmehr zu befürchten, daß die Märkte solche Zugeständnisse für ihre Preispolitik nutzen und die gewonnenen Spielräume wieder mit höheren Preisen füllen.

Aufgabe des Staates ist es, eine verläßliche und berechenbare Steuer- und Wirtschaftspolitik zu betreiben, die über den Tag hinaus konzipiert ist. Der Staat darf seine Politik nicht an Marktschwankungen ausrichten. Seien wir doch ehrlich. Wir haben uns in den letzten Jahren an die niedrigen Benzin- und Heizölpreise gewöhnt. Im Vergleich zu den Nachbarländern liegen wir mit den derzeitigen Benzinpreisen eher im gemäßigten unteren Bereich.

(Bernd Reinert CDU)

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Zum Thema Wettbewerbsverzerrung, Herr Reinert: Hier muß man sehen, daß woanders die Benzinpreise sehr viel höher sind. Die Probleme liegen darin, daß beispielsweise in Luxemberg in einer verkehrsberuhigten Zone, in der kein Lkw fahren darf, viele Speditionsunternehmen angesiedelt sind.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Wo tanken die denn?)

Die tanken überall dort, wo sie unterwegs sind. Sie tanken in der Bundesrepublik Deutschland. Bei uns kostet das Benzin weniger als in den Benelux-Ländern, in Frankreich oder anderen europäischen Ländern.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Eben! In Luxemburg sind sie in zehn Minuten draußen!)

Insofern können Sie nicht von Wettbewerbsverzerrungen reden, aber damit haben Sie Probleme.

(Zuruf von Karl-Heinz Ehlers CDU)

Herr Ehlers, wenn Sie reden möchten, dann melden Sie sich.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Wir gehen doch immer noch recht verschwenderisch mit der wertvollen und teuer importierten Energie Erdöl um.Die Statistik der Neuzulassungen von Kraftfahrzeugen zeigt, daß es einen ungebrochenen Trend zu PS-starken Fahrzeugen gibt, obwohl doch jeder weiß, daß diese Pkws mehr Benzin verbrauchen als kleinere, langsamere Fahrzeuge. Aber wie sagte ein Kommentar so treffend: „Wer kauft schon einen Vier-Liter-Lupo, ein spritfressender Geländewagen macht doch viel mehr Spaß!“

(Petra Brinkmann SPD: Sehr richtig!)

Ich möchte noch einmal zu den Fakten kommen. Das Heizöl ist aufgrund der Ökosteuer um 4 Pfennige pro Liter teurer geworden.Seit Einführung der Ökosteuer am 1.April 1999 ist der Preis für leichtes Heizöl aber von circa 50 Pfennigen auf 1,05 DM pro Liter gestiegen; das bedeutet eine Steigerung von 55 Pfennigen oder 110 Prozent. Dieses macht doch klar, daß die Preise nicht wegen der 4 Pfennige für die Ökosteuer in die Höhe getrieben wurden, sondern aufgrund der von mir genannten anderen Faktoren. Außerdem sieht die Steuerreform eine weitere Erhöhung der Ökosteuer für leichtes Heizöl nicht vor;es bleibt bei den genannten 4 Pfennigen. Hier wird oft etwas Falsches gesagt.

Zum Benzin: Die Preise für Kraftfahrstoffe haben sich aufgrund der Ökosteuer um 12 Pfennige pro Liter erhöht. Lagen die Preise für den Liter Normalbenzin in 1999 noch bei circa 1,50 DM, liegen sie heute bei über 2 DM. Das sind 50 Pfennige mehr, und zwar nicht aufgrund der Ökosteuer, sondern wegen anderer Faktoren.

Was bewirkt die Ökosteuer? Die Ökosteuer wird zur Senkung der Lohnnebenkosten verwendet. Sie bringt eine Entlastung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Der Staat erzielt mit der Ökosteuer keine Einnahmen! Deswegen ist die Kampagne „Die drei von der Tankstelle“ falsch; die Ökosteuer hat das Ziel, den Faktor Arbeit billiger zu machen; die Einnahmen werden an die Rentenversicherung weitergegeben. Das ist der entscheidende Punkt.

Ohne die Ökosteuer wären die Rentenversicherungsbeiträge gestiegen, wie es zu Zeiten der Kohl-Regierung der Fall war. Das ist aber nicht hinnehmbar. Insofern betrachten Sie Ihre Gehaltsabrechnung: Die Rentenversicherungsbeiträge sind in 1999 von 20,4 auf 19,5 Prozent ge

sunken und liegen jetzt bei 19,3 Prozent.Das wäre ohne die Ökosteuer nicht möglich gewesen.

Zum Thema Arbeitsplätze: Hierüber wird viel geschrieben, ich möchte die Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung zitieren:

„Ein Verzicht auf die geplante weitere Anhebung der Ökosteuer würde fast eine halbe Million Arbeitsplätze kosten.“

Mittels der Ökosteuer, die die Lohnnebenkosten niedrig hält, entstehen laut dieser Studie bis zum Jahre 2005 jährlich rund 100 000 neue Arbeitsplätze. Die Ökosteuer gibt wichtige arbeitsmarktpolitische Impulse. Es ist falsch, die Ökosteuer und die Bundesregierung zum Sündenbock für alle Widrigkeiten des Energiemarktes zu machen.

(Ole von Beust CDU: Alle nicht!)

Eines dürfte in den letzten Monaten durch die steigenden Preise vor Augen geführt worden sein: Gefragt ist das Umdenken im Umgang mit den Ressourcen Rohöl und Gas. Jeder verbrannte Liter Öl ist verloren und wirkt sich negativ auf unsere Atmosphäre aus. Das Signal muß sein, Energie zu sparen, und zwar durch sparsame Fahrweise, Fahrgemeinschaften, das Umsteigen auf öffentliche Verkehrsmittel, durch die Entwicklung von Motoren mit weniger Benzinverbrauch und durch Wärmeschutzmaßnahmen in unseren Wohnungen.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Die Einführung der Ökosteuer, durch die die Arbeitskosten entlastet und der Ressourcenverbrauch belastet wird, ist eine sinnvolle und zukunftsweisende politische Entscheidung. Die Ökosteuer ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Klimaschutz und mehr Beschäftigung. Sie ist beizubehalten und weiter umzusetzen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Frau Hajduk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte im Rahmen dieser Debatte auf die CDU eingehen. Die gestartete Kampagne „Weg mit der K.-o.Steuer!“, die eine gewisse Bewertung verdient, hat das Ziel, bis zum Dezember die Ökosteuer abzuschaffen. Bitte nehmen Sie einmal dazu Stellung, was Sie damit erreichen wollen.

Wenn die Ökosteuer abgeschafft wird, dann sollte man sich fragen, warum wir sie überhaupt eingeführt haben.

(Barbara Ahrons CDU: Das fragen wir uns schon lange!)

Sie haben die Einführung zwar zunächst als notwendige Zukunftsaufgabe angesehen, aber sich jetzt davon verabschiedet.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Die Ökosteuer wird mit dem Ziel eingeführt, daß der Energieverbrauch verringert wird. Dies kann man damit erreichen, daß man eine gewisse Steuerpolitik macht. Diese Lenkung kann die Politik leisten. Die Politik kann nicht alles gestalten, aber sie hat die Verantwortung, in eine gewisse Richtung zu lenken.

Das Erdölzeitalter wird nicht ewig sein, sondern man kann sein Ende durchaus erkennen. Das wissen Sie auch.

(Senatorin Dr. Ingrid Nümann-Seidewinkel)

Herr Reinert, Sie sind schon in einem Teil Ihrer Argumentation darauf eingegangen, daß man sich mit diesem Problem auseinandersetzen muß. Dann können Sie nicht sagen: Weg mit der Ökosteuer, es müsse nur auf europäischer Ebene ein bißchen harmonisiert werden.

(Bernd Reinert CDU: Nicht ein bißchen, sondern viel!)

Sie müssen ein Konzept vorlegen, das einer zeitlichen Kontrolle der Politik unseres Landes unterliegt. Sie haben kein Konzept vorgelegt, mit dem Sie nahelegen, den Energieverbrauch zu verringern. Das entfällt, seitdem bei Ihnen Herr Schäuble nicht mehr das Sagen und sich Herr Stoiber durchgesetzt hat, so daß Frau Merkel schon jetzt aufgrund Ihrer Kehrtwende blamiert ist.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wenn Sie von europäischer Harmonisierung reden, dann werde ich mich nicht dagegenstellen. Sie haben aber die Gesetzgebung der europäischen Nachbarländer hinsichtlich der Wirkung der Ökosteuer völlig unzureichend dargestellt. Sie können doch nicht die noch viel teureren Benzinpreise von Frankreich und Großbritannien mit den unsrigen vergleichen und als Argument gegen die Ökosteuer anführen. Das ist schlicht und ergreifend falsch.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Richtig schrecklich ist, wenn die Ökologie gegen soziales Mitleid ausgespielt wird. Diese Komponente Ihrer Politik und die Kampagne, daß es den Rotgrünen angeblich mit einer gewissen Arroganz egal sei, wo dem Volk der Schuh drückt, ist infam.Sie müssen in Ihrer Argumentation ein wenig weiterdenken, welche sozialen Kosten auf die Gesellschaft zukommen, wenn keine steuernde Wirkung beim Energieverbrauch eingeführt wird. Wenn Sie ein Konzept haben, wie der Energieverbrauch verringert und dies anders als durch die Ökosteuer gemacht werden kann, dann höre ich Ihnen gern zu. Legen Sie dies hier und heute dar. Sie können nicht nur über die eine Seite reden und die Wirkung, die mit der Ökosteuer beabsichtigt ist, ignorieren, wobei ich jetzt das Thema Renten außen vor gelassen habe.

(Bernd Reinert CDU: Was machen Sie denn in der Rentenfinanzierung, wenn die Ökosteuer wirklich zieht?)

Mich interessiert nicht nur Ihre rentenfinanzierungs-, sondern auch die energiepolitische Argumentation.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Ich weiß nicht, ob Sie dazu eher sprachlos sind, weil Sie lieber den Weg auf der Straße suchen und das in Ihr politisches Programm schreiben wollen. Insofern würde ich mich freuen, wenn Sie hierauf noch einmal eingehen würden.

Ansonsten glaube ich, daß Herr Merz mit der Ansage, daß die Ökosteuer bis Dezember abgeschafft werden muß, als Fraktionsvorsitzender in diesem Jahr seine zweite Niederlage in Sachen Steuerpolitik erleben wird. Das kann eigentlich nicht im Sinne der CDU sein. Weil Sie Ihre Linie verloren haben, sehe ich – das sagte ich schon – eine gewisse Dominanz des Herrn Stoiber. Das wird Sie bei der Bevölkerung auch nicht glaubwürdiger machen, weil man in der Politik eine Linie braucht, die eine längerfristige Wirkung vorsieht. Sonst ist die Glaubwürdigkeit Ihrer Partei nicht mehr gegeben.