Protocol of the Session on September 20, 2000

(Dr.Martin Schmidt GAL: Genau, das haben Sie ge- stern abend getan, was?)

Darauf komme ich noch zu sprechen.

Da gibt es – das räume ich ohne weiteres ein – bei sehr vielen Autofahrern noch Nachholbedarf.

Damit Sie das verstehen: Es ist in erster Linie eine Bewußtseinsschärfung bei den Autofahrern. Ihre Aktion findet aber an einem Freitag statt.

(Barbara Duden SPD: Was ist daran so schlimm?)

Freitag ist bekanntlich der letzte durchgehende Arbeitstag der Woche. Über 90 Prozent der Hamburger sind Arbeitnehmer. Wenn Sie an diesem Tag Aktionen durchführen – Ihre sind nicht die einzigen;auch zahlreiche Schulen führen

noch Veranstaltungen durch –, dann sorgt dies für zusätzliche Staus und Verärgerungen bei den Autofahrern.Sie erzeugen damit alles andere als Bewußtseinsschärfung.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von Dr. Martin Schmidt GAL)

Dies ist, Herr Schmidt, der grundsätzliche Konstruktionsfehler Ihres autofreien Tages, nämlich die Wahl des letzten vollen Werktags in der Woche. Sie verärgern und provozieren damit die Autofahrer und sorgen dafür, daß dies kein autofreier, sondern ein ideologischer Kampftag gegen das Auto und die Autofahrer wird. Das ist das Problem.

(Oh-Rufe bei der SPD und der GAL und Beifall bei der CDU)

Es kommt doch darauf an, daß gerade den Menschen, die das Auto benutzen, die Herzen und das Bewußtsein für Probleme geöffnet werden, die das Auto natürlich bereitet. Sie erzeugen mit dem Freitag genau das Gegenteil.

(Glocke)

Lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

(Hartmut Engels: Ja, Herr Schmidt, ich riskiere es einmal, daß Sie eine Frage stellen wollen!)

Bitte, Herr Schmidt, Sie haben das Wort.

Herr Abgeordneter! Sie werfen uns ideologische Verblendung vor, daß wir den autofreien Tag an einem Freitag durchführen. Können Sie mir dann erklären, warum sich fast alle christlich-demokratisch regierten süddeutschen Großstädte am Freitag daran beteiligen?

(Dr. Holger Christier: Das ist ja unerhört, daß die Christdemokraten so gegen das Auto sind!)

Erstens: Ich komme auf die bestimmte ideologische Verblendung noch zu sprechen.

Zweitens: Ich bin Christ und habe nie behauptet, daß Christen absolut fehlerfrei sind.

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL)

Damit Sie diesen Konstruktionsfehler einsehen, möchte ich Ihnen als Lehrer

(Heiterkeit und Beifall bei der GAL und der CDU)

ein plastisches Beispiel nennen.

Ein Kind, das am Vormittag sein Bewußtsein durch eine Veranstaltung geschärft hat, kommt am Abend nach Hause und erzählt seinen Eltern: Stellt euch vor, wir haben eine tolle Veranstaltung erlebt, und der Unterricht fiel sogar aus. Die Eltern ärgern sich darüber, daß die Lehrer nicht viel gearbeitet haben; aber das ist ein Nebenaspekt. Die Eltern kommen genervt von der Arbeit nach Hause, nachdem sie im Stau gestanden haben, und erleben dann ihr fröhliches Kind.Gleichzeitig sind sie noch vom letzten Gang zur Tankstelle und damit über Ihre Ökosteuer genervt.

(Lachen und Oh-Rufe bei der SPD und der GAL – Dr. Holger Christier SPD: Meinen Sie das wirklich ernst?)

Was geht aus Ihrer Sicht in einem solchen Kind vor? Haben Sie bei dem Kind das Bewußtsein geschärft? Das Kind

(Barbara Duden SPD)

ist total verunsichert und irregeführt. Allein dieser Aspekt zeigt, daß sich daraus erhebliche Probleme – auch pädagogischer Art – ergeben.

(Beifall bei der CDU)

Im übrigen hinterlassen Veranstaltungen, bei denen die Kinder keinen Unterricht haben, bei mir immer einen faden pädagogischen Beigeschmack. Ich habe schon die Schulkinder vor Augen, die Wimpel in der Hand tragen und vom Unterricht befreit werden.

Es gibt aber auch noch einen anderen Aspekt: Die Kinder gehen auf die Straße zu den Veranstaltungen. Sie wollen das Bewußtsein schärfen, fordern Opfer von anderen, bringen selbst aber keine Opfer, denn sie sind keine Autofahrer.

(Heike Sudmann REGENBOGEN – für eine neue Linke: Bringen sie jeden Tag!)

Dies halte ich unter pädagogischen Gesichtspunkten für ein erhebliches Problem. Das ist bei sehr vielen Gruppen so.

Herr Schmidt, und jetzt komme ich zu Ihrer Ideologie. Hier zelebrieren viele Veranstalter auch ihre Ökoideologie. Das ist ebenfalls ein Problem, weil sie selbst häufig nicht die Betroffenen sind.

Ich bin nicht dagegen, daß das Bewußtsein geschärft wird. Aber ich stelle Ihnen auch die Frage: Warum haben Sie nicht ernsthaft erörtert, einen Sonn- oder Feiertag dafür zu nehmen?

Die Frage beantworten Sie mir bitte später.

(Dr. Holger Christier SPD: Das hat die EU ent- schieden!)

Hier hätte man – hierzu möchte ich auf mein vorgenanntes Beispiel der Familien hinweisen – eine Gemeinsamkeit der Autofahrer und der Nichtautofahrer erreichen können. Mit herabgesetzten Preisen oder einem Nulltarif vom HVV hätten die Menschen die bauliche Schönheit unserer Stadt, ihre Parks, Wälder, Gewässer und Sehenswürdigkeit im Hafen mit dem öffentlichen Nahverkehr, mit dem Rad oder zu Fuß, aber eben nicht mit dem Auto

(Barbara Duden SPD: Niedlich!)

betrachten können.Dann wären beide Gruppen bewußt gemeinsam für einen autofreien Tag eingetreten. Aber was machen Sie? Ohne nachzudenken, wird ein Freitag genommen, die Autofahrer müssen provoziert und geärgert werden. Das ist exakt der falsche Weg.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

So öffnet man nicht die Herzen für „Weniger Autos – behutsames Benutzen“. Das ist ein Grundfehler.

An dieser Stelle eine ernste Bemerkung an Umweltsenator Porschke.

(Barbara Duden SPD:Die anderen waren also nicht ernst gemeint?)

Sie haben sich als Mentor für den übermorgigen autofreien Tag hergegeben. In der Überschrift des „Hamburger Abendblatts“ steht am 16. September:

„Umweltsenator Porschke wirbt für den autofreien Tag am 22. September“.

(Beifall bei Dr. Hans-Peter de Lorent GAL)

In diesem Zusammenhang – hierüber werden Sie eventuell auch an der falschen Stelle klatschen – bezeichnete Herr Porschke die CDU-Kampagne gegen die Ökosteuer als

„unverantwortlich,“