Protocol of the Session on September 6, 2000

(Beifall bei der SPD und bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Nun ist der hamburgische Senat so vornehm und zurückhaltend und ordnet sich nicht ein in die Phalanx jener, die sagen: Bund, wenn das solch ein Windfallprofit ist, hätten wir auch ein paar Schulden, die wir gerne vorzeitig zurückzahlen würden. Beteiligt uns mal ein bißchen. Ich bin nicht so vornehm und meine,

(Beifall bei Susanne Uhl REGENBOGEN – für eine neue Linke)

daß es eigentlich auch eine Berechtigung gibt für uns zu sagen, an diesen unverhofften Einnahmen könnten wir betei

ligt werden. Natürlich müßten wir – genauso wie der Bund – dafür sorgen, daß das zur Schuldentilgung ausgegeben wird. Der Zusammenhang ist doch ganz simpel. Wenn diese Unternehmen diese Lizenzen erwerben, müssen sie dafür etwas bezahlen. Und das, was sie bezahlen, setzen sie steuermindernd von ihrem wirtschaftlichen Erfolg ab.An diesen Steuerminderungen sind wir nun in der Tat kräftig beteiligt. Da wäre es doch nicht unbillig zu sagen, lieber Bundesfinanzminister, tritt mal dem Gedanken näher, dann auch die Länder an diesen Segnungen zu beteiligen.

(Beifall bei der SPD und bei REGENBOGEN – für eine neue Linke)

Frau Senatorin, Sie haben den Stapel der Pläne dort hingelegt. In Wirklichkeit ist es aber so, daß Sie damit durch sind.Dieses Haus fängt aber erst richtig damit an.Dann haben wir bis kurz vor Weihnachten gut zu tun. Das werden wir auch in der gebotenen Gründlichkeit – wie jedes Jahr – machen.

Festhalten können wir, ohne daß ich jetzt auf die Einzelheiten eingehe, daß der Senat dem Parlament seinen Haushaltsplan-Entwurf 2001 und die Finanzplanung bis 2004 vorgelegt hat. Diese Planwerke sind bestechend präzise, detailstark in den Erläuterungen und auch da gut recherchiert, wo es in Prognosen einmündet. Die Zahlen dieses Plans sind dort überzeugend – und das ist aus unserer Sicht besonders wichtig –, wo Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt auf den öffentlichen Haushalt und auch die Institutionen in vielen gesellschaftlichen Bereichen angewiesen sind. Sie geben Verläßlichkeit, das ist wichtig. Die Planwerke sind ehrgeizig in der Fortsetzung und in dem Bemühen, das Konsolidierungswerk abzuschließen. Bei den Investitionen sind diese Pläne mutig und nicht ohne Risiko. Aber sie sind – und ich glaube, das ist besonders hervorzuheben – erfrischend aktiv und durchaus perspektivisch in dem Ansatz, Zukunft bewußt politisch zu gestalten. Ich glaube, dafür gebührt dem Senat schon einmal im Vorwege ein erstes Dankeschön.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Hajduk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Koalition hat sich vor knapp drei Jahren eine Meßlatte für die Haushalts- und Finanzpolitik dieser Stadt gelegt. Es ist immer hilfreich, wenn man sich eine Meßlatte legt.Manchmal ist es vielleicht nicht klug, weil man erwischt werden kann, aber eigentlich ist es doch ein Gebot der Politik gegenüber der Öffentlichkeit, daß man feststellen kann, ob das Ziel erreicht worden ist oder nicht.Das Ziel ist, einen Umschwung in der Finanzkrise bis hin zu einem ausgeglichenen Betriebshaushalt zu erreichen. Dieser Haushaltsplan-Entwurf für das Jahr 2001 ist der letzte in dieser Legislaturperiode und muß die erwähnte Meßlatte nehmen.

Ich möchte mir aber an dieser Stelle einen Rückblick erlauben, weil ich der Meinung bin, daß es sich lohnt, wenn man die Finanzsituation Hamburgs beurteilen will – und das vielleicht auch in anderen Politikfeldern, aber insbesondere in der Finanzpolitik –, sich auch einmal einen vierjährigen Prozeß anzugucken.Ich glaube, dann trifft man die Sache besser, als Sie sie, Herr Dr. Freytag, mit Einzelpunkten, Zitaten aus der einen Ecke und wieder aus der nicht zugehörigen anderen Ecke hier gebracht haben. Jedenfalls haben Sie die Entwicklung Hamburgs in Ihrer Rede

(Jan Ehlers SPD)

nicht abgebildet. Ich weiß nicht, ob das Ihr Ziel war, aber wenn man darüber reden will, muß man sich eine andere Grundlage geben.

(Dr. Michael Freytag CDU: Verschuldung ist abge- bildet worden, Zinszahlungen sind abgebildet wor- den, Investitionen sind abgebildet worden!)

Wenn wir jetzt über die Legislaturperiode reden, erinnern Sie sich vielleicht auch an das Jahr 1997. Jedenfalls waren Sie, ich glaube, ähnlich wie ich, dann neu in der Rolle, der haushaltspolitische Sprecher einer Fraktion zu sein. Wir von Rotgrün sind angetreten mit einer November-Steuerschätzung, die in demselben Jahr die Steuereinnahmen um 400 Millionen DM korrigiert hat, nach einer Mai-Steuerschätzung, die im gleichen Jahr die Steuereinnahme um 500 Millionen DM nach unten korrigieren mußte.Das heißt, der rotgrüne Senat ist damals angetreten mit einer Steuermindereinnahme von minus 900 Millionen DM in einem Jahr. Wenn ich das ins Verhältnis setzen will, was erreicht worden ist und welcher Prozeß in drei Jahren stattgefunden hat, dann weichen Sie der Tatsache vollständig aus, daß das Schließen der Lücke im Betriebshaushalt eine Kraftanstrengung ist.

Sie reden in der Theorie von einem wünschbaren Ziel, einen vollständig ausgeglichenen Haushalt zu haben. Sie erwähnen das Jahr 1977. Das kann man alles so dahingestellt sein lassen, aber es taugt nicht zu einer ernsthaften politischen Debatte hier im Raum, die dazu führen könnte, darüber zu streiten, wie man es im nächsten Jahr besser machen sollte.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Sie weichen aus, indem Sie ungenau sind und weil Sie Zeiträume benennen, die in Ihrem politischen Wirkungskreis schon lebensalterstechnisch wahrscheinlich nicht mehr liegen werden.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Das gilt für mich auch, wenn ich diese Maßstäbe anlegen würde.

(Dr. Michael Freytag CDU: 1 Milliarde DM mehr Steuereinnahmen hatten wir 1998!)

Die Steuerschätzung im November 1997, die man zur Grundlage einer Haushaltsdebatte macht, hat in dem Jahr zu dieser Absetzung geführt. Das können wir aber gerne noch einmal austauschen, wenn Sie meinen, mich da korrigieren zu müssen. Ich glaube das nicht.

Die Konsequenz, die damals aus dem Haushaltsplan von 1,6 Milliarden DM weniger gezogen wurde, war das Auflegen des langfristigen Konsolidierungsprogramms. Ich glaube, das war eine sehr richtige Konsequenz, auf vier Jahre Konsolidierungsziele zu setzen und sie nicht der Diskussion anheimzugeben, der Diskussion vielleicht schon, aber doch stramm an diesen Entscheidungen festzuhalten. Es wurden dann diese 300 Millionen DM pro Jahr eingespart.Nur diese Konsolidierungsanstrengungen, die durchgesetzt wurden, bringen uns jetzt in die Lage, festzustellen, daß es viel besser aussieht.

Wenn man genau hinschaut, muß man natürlich sehen, daß wir einen Haushalt von 18,7 Milliarden DM haben. Wir können 700 bis 800 Millionen DM kalkulieren, die wir in den Länderfinanzausgleich einzahlen. Dies abgezogen landen wir bei sogenannten bereinigten Betriebsausgaben von knapp 18 Milliarden DM. Wenn wir dann noch die Investitionen abziehen, sind die Betriebsausgaben bei 1,6 Milliar

den DM. Die Finanzsenatorin hat dargelegt, im Betriebshaushalt selbst haben wir damit eine Lücke von 378 Millionen DM.

Die GAL-Fraktion hat das Ziel des ausgeglichenen Betriebshaushaltes sehr ernst genommen, und man könnte sich fragen, ob wir das Ziel verfehlt haben. Ich glaube aber, das wäre an Bescheidenheit zuviel. Eine Bescheidenheit an falscher Stelle, denn wir konnten zur Kenntnis nehmen, daß der Betriebshaushalt bereits im Jahr 1999 ausgeglichen war. Auch darauf sind Sie, Herr Dr. Freytag, mit keinem Wort eingegangen. Ich finde, Sie sind nicht dazu da, die die Regierung tragenden Fraktionen zu loben, aber ich glaube, in solch einer Debatte gibt es neben dem Wunsch nach Wirkung auch eine Forderung nach Seriosität.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wenn man im Haushalt – und damit wende ich mich ausdrücklich an die gesamte CDU-Fraktion – eine lange und relativ ruhige Debatte führt, dann vermisse ich, daß Sie nicht aktuelle Zahlen zur Grundlage Ihrer Debatte machen.

(Dr. Michael Freytag CDU: Das sind aktuelle Zah- len!)

Ich kann das nicht verstehen. Sie sprechen von Personaleinsparungen in einer Größenordnung von 2700 Personen, die der Rechnungshof angegeben hat.Das wissen wir doch alle.Wir bekommen auch die Rechnungshofsberichte der Vorjahre. Wir bekommen aber auch die aktuellen und auch die aktuellen Haushaltspläne.

(Dr. Michael Freytag CDU: Deshalb stimmen auch die Versprechungen nicht, weil die Zahlen nicht stimmen!)

Sie verwenden in Ihrer Debatte zum Haushalt 2001 Größenordnungen von Personaleinsparungen, die gerade einmal 50 Prozent des Konsolidierungsprogramms abbilden, worüber wir heute reden. Ich finde es traurig, daß es aus Ihrer Fraktion keinen ernstzunehmenden Beitrag gibt, der die aktuellen Zahlen zugrunde legt.

(Dr. Michael Freytag CDU: Die persönlichen Belei- digungen lassen Sie bitte nach! Gehen Sie auf die Sache ein!)

Ich meine das nicht als Beleidigung.Es kann ja auch sein, daß Sie die alten Zahlen interessanter finden. Aber ich möchte, daß Sie wissen, daß es nicht die neuen Zahlen sind, mit denen Sie operieren. Ich möchte darauf eingehen können, wenn ich Ihnen zuhören und mir diese alten Zahlen hier anhören muß.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das ist kein Angriff auf Ihre Person, sondern auf Ihre Argumentation. Darauf lege ich Wert.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Dr.Michael Frey- tag CDU: Ich habe die aktuellen Zahlen genannt!)

Ich möchte einmal auf die positive Bewertung eingehen, warum ich denke, daß es zuviel an Bescheidenheit wäre, den Betriebshaushalt nicht als ausgeglichen zu betrachten. Das hängt damit zusammen, daß das Ausmaß der positiven Entwicklung in 1999, und wie es uns auch für 2000 angekündigt wird, nur eine Rücklage bildet, die die vorgezogene Steuerreform für 2001 ausgleichen läßt.

Nun könnte man sagen, weil das geklappt hat und das kann man – wie ich dem Finanzplan entnehme – einigermaßen nachvollziehen, da könnte man sich mit der Aussage, wir

(Anja Hajduk GAL)

haben die wichtigsten haushaltspolitischen Ziele der Koalition erreicht und damit ist es gut, für diese Legislatur etwas zurücklehnen. Das wäre natürlich verfehlt und auch ein schlechter Spaß, weil die Notwendigkeit der Rücklagenbildung zeigt, wie schnell bundespolitische Rahmenentscheidungen Einfluß auf unseren Haushalt nehmen. Deswegen gibt es auch weitere Ziele, über die die Finanzsenatorin schon Ausführungen gemacht hat, nämlich die weitere Rückführung der Neuverschuldung.

Bevor ich auf dieses neue Ziel eingehe, möchte ich noch zwei Dinge zu den Rahmenbedingungen sagen.Wir haben in Hamburg als Rahmenbedingung einen kräftigen wirtschaftlichen Aufschwung. Neben Bayern und Hessen ist Hamburg die Stadt, und zwar das einzige dritte Bundesland, das in den neunziger Jahren eine zweistellige Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts erreicht hat. Wir haben im Zuge dieser Wirtschaftsentwicklung – allerdings erst in den letzten Jahren – ein verbessertes Arbeitsplatzangebot bekommen, so daß mehr Menschen den Wiedereinstieg oder überhaupt den Einstieg in das Arbeitsleben schaffen. Dieser Rückgang der Arbeitslosenquote und die positive Wirtschaftsentwicklung sind Rahmenbedingungen, die natürlich auch ein gewisser Glücksfall für die Notwendigkeit einer Haushaltskonsolidierung sind, weil sinkende Arbeitslosigkeit und mehr Steuereinnahmen bei einer positiven Wirtschaftsentwicklung für unseren Haushalt schnell einen dreistelligen Millionenbetrag bringen.

Ich will noch eine weitere Rahmenbedingung erwähnen, weil sie vielleicht auch in den Wettstreit gehört. Das ist die rotgrüne Bundesregierung in Berlin. Meine Einschätzung dazu ist, daß sich die Unkenrufe vom letzten Jahr – da haben wir anläßlich der Haushaltseinbringung über das 30-Milliarden-DM-Sparpaket von Herrn Eichel gesprochen und über die Entscheidung der Bundesregierung im Dezember, die Steuerreform vorzuziehen –, der rotgrünen Regierung würden die Wähler weglaufen und diese Politik würde Hamburg schaden, nicht erfüllt haben. Ich habe schon vor einem Jahr gesagt, daß dieses Konsolidierungsprogramm von 30 Milliarden DM im großen und ganzen kein Verschiebebahnhof an die Länder war. Das war dort ein geringerer Anteil von 10 Prozent, der die Länder betraf. Ich gebe aber zu, daß die Entscheidung im Dezember, nach der wir auch im Jahr 2001 mit einer geringeren Steuereinnahme von bis zu 700 Millionen DM rechnen müssen, erst einmal zu viel Nachdenken und Schlucken geführt hat, weil man gar nicht wußte, ob wir das verkraften werden und ob sich die versprochenen und erhofften Einnahmesteigerungen durch die konjunkturelle Belebung wirklich durchsetzen würden.

Ich stelle aber heute insgesamt fest, daß wir tatsächlich eine Bundesregierung haben, die entscheidungsstark ist, und was die Reformkraft in der Haushalts- und Steuerpolitik anbetrifft, kann man nicht sagen, daß sie als Buhmann dastünde. Ich glaube, wer allen Ernstes die rotgrüne Bundesregierung mit ihrer Haushalts- und Steuerpolitik als Problemabwälzzone Hamburger Haushaltsprobleme bezeichnet – und das möglicherweise auch noch aus der Ecke der CDU –,

(Dr. Michael Freytag CDU: Unglaublich!)

der ist nicht glaubwürdig. Einerseits betreibt die Bundesregierung – dazu kann man kritisch stehen – eine Steuerentlastungspolitik, aber sie macht es so erfolgreich, und ich nenne es erfolgreich, weil sie nach einer Balance sucht zu dem, was mit stabilen Steuereinnahmen für öffentliche Gebietskörperschaften, nämlich auch Ländern, korrespon

diert. Deswegen sehen wir in Hamburg jetzt auch einen Haushaltsplan-Entwurf des Senats vor uns, der keineswegs die Konsolidierung als durch den Bund zerstört darstellen muß. Das ist wichtig, und das ist auch im Interesse der Stadt gut so.Ich glaube, daß auch die CDU – ich könnte mir vorstellen, daß es bei der anderen Opposition noch andere Stimmungen gibt – das eigentlich zugestehen müßte.

Man kann dazu sagen – und das wundert mich auch bei Ihnen, Herr Dr. Freytag –, daß ich die politische Linie in Ihrer Argumentation nicht erkenne. Ich möchte nämlich noch ergänzen, daß die schwarzen Steuerpläne – ich nenne sie einmal schwarz, weil sie von der CDU/CSU-Fraktion kamen – es vielleicht geschafft hätten, die Konsolidierung kaputtzumachen.Das muß man einmal deutlich sagen.Wir haben vor den Sommerferien eine Debatte um die Steuerreform gehabt.Deswegen ist es für mich wirklich schwierig, die politische Linie zu erkennen, weil Sie dort einerseits einer weitaus stärkeren Entlastung der Steuerreform das Wort geredet haben und sich gerade eben in Ihrer Rede bemüßigt sahen zu sagen, daß durch Einnahmeausfälle dem Hamburger Haushalt Schaden zugeführt wird durch Berlin. Das ist wirklich seltsam gedacht und nicht in den Zusammenhang gestellt, weil eine Steuerentscheidung, die in Berlin fällt, natürlich die Länder trifft, aber die Güte der Entscheidung können Sie nicht von Ihrem persönlichen Wohnort oder so von Ihrem Tätigkeitsort als Politiker abhängig machen.