Herr Staatsrat, können Sie beziffern, welche Haushaltsanteile vom Drogen- und Suchthaushalt 1999 nicht abgerufen wurden und im Jahre 2000 zur Verfügung stehen? Wie werden diese Gelder eingesetzt?
Ich kann Ihnen, Herr Abgeordneter Zamory, die Zahl der Reste von 1999 nicht nennen. Wenn ich mich recht erinnere, gab es dazu gerade eine Kleine Anfrage.Ich werde Ihnen das – unabhängig davon –, wenn Sie es wünschen, persönlich mitteilen.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 43 auf: Drucksache 16/4449: Bericht des Ausschusses für Europa und Städtepartnerschaften zur Drei-Städte-Partnerschaft.
[Bericht des Ausschusses für Europa und Städtepartnerschaften über die Drucksache 16/2877: Drei-Städte-Partnerschaft (CDU-Antrag) – Drucksache 16/4449 –]
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Antrag, über den wir heute abschließend beraten und abstimmen, geht – um den Gedanken von gestern aufzugreifen – sicherlich über das hinaus, was als Horizont „von hier bis zur Holztäfelung“ beschrieben wurde, sondern der Horizont aller reicht in diesem Fall bis in den Nahen Osten.
Es ist ein Antrag, den meine Fraktion im September des vergangenen Jahres eingebracht hat und der mit der israelischen und palästinensischen Seite lange Zeit sorgfältig und diskret vorbereitet war. Am Ende stand nicht nur die offizielle Zustimmung beider Seiten. Diese Zustimmung war verknüpft mit dem ausdrücklichen Verlangen einer israelisch-palästinensischen Kooperation innerhalb des geplanten Dreieckverhältnisses: Hamburg, eine Stadt in Palästina und eine Stadt in Israel.
Das war zu Zeiten Netanjahus mehr, als man hoffen konnte. Es ist ein Beleg dafür, daß über das Trennende und die Konflikte, die sich aus Flüchtlingen, dem Status von Jerusalem und aus der Geschichte ergeben, hinaus auf beiden Seiten, in Palästina und in Israel, der Wunsch besteht, in Frieden und Freundschaft zusammenleben zu wollen.
Wir haben inzwischen mit beiden Städten dieser Dreierverbindung – Gaza und Ashkelon – an Ort und Stelle Kontakt aufgenommen. Wer dort gewesen ist, das Interesse und die Befindlichkeit der Menschen sieht und wie die Bürgermeister der Städte Ashkelon und Gaza miteinander umgehen, merkt, daß diese beiden Bürgermeister schon den Frieden und die Freundschaft ihrer Städte im persönlichen Verhältnis vorweggenommen haben. Es war deutlich, daß die Bevölkerung und die politisch Verantwortlichen – die Bürgermeister der beiden Städte –, diese gemeinsame freundschaftliche Beziehung mit einer europäischen Stadt – in diesem Fall Hamburg – wünschen.
Am 16. September 1999 hatten die Sprecher aller Parteien dieses Hauses ihre Zustimmung zu diesem Plan erklärt. Das war nebenbei auch eine erneute Bestätigung der langen hamburgischen Tradition, die Fragen, die mit historischer Verantwortung zu tun haben, aus dem unnötigen Parteienstreit herauszuhalten.
Man kann natürlich sagen, daß dies schon ein dreiviertel Jahr her sei. Es hat tatsächlich lange gedauert, bis wir heute anschließend hier entscheiden. Auf der anderen Seite kann man sich darüber freuen, daß alle Fraktionen gemeinsam nach intensiven Beratungen in dem Ausschuß eine einheitliche Linie gefunden haben und sich das fortsetzt, was in der damaligen Debatte deutlich wurde, nämlich auf dem gemeinsamen Weg voranzuschreiten. Ich finde es gut, daß über die Tagespolitik hinaus die Fraktionen zueinander gefunden haben.
Das Vorhaben steht in einem aktuellen und in einem historischen Kontext. Vor fünf Jahren, im November 1995, hat Itzhak Rabin, kurz bevor er ermordet wurde, vor 200 000 Teilnehmern einer Friedensdemonstration gesagt:
„Ich bin 27 Jahre Soldat gewesen. Ich habe so lange gekämpft, wie der Frieden keine Chance hatte.Jetzt aber gibt es eine große Chance, und wir müssen sie ergreifen, denen zuliebe, die hier sind, und auch um jener vielen willen, die heute nicht gekommen sind.“
Ich glaube, trotz aller Rückschläge, Enttäuschungen, Verletzungen und Demütigungen gibt es die Chance, von der
Rabin gesprochen hat, immer noch. Wir wissen nicht, was aus den Verhandlungen von Camp David wird, aber wir hoffen mit allen, die dem Frieden näherkommen wollen. Hoffen allein reicht aber nicht. Denn was generell gilt, gilt auch hier: Europa darf im Interesse aller nicht alles den Vereinigten Staaten überlassen.
Wenn ich von der Verantwortung Europas spreche, meine ich auch die hamburgische und speziell die deutsche Verantwortung. Wir dürfen nicht übersehen, daß die einschneidenden Veränderungen im Nahen Osten nach dem Zweiten Weltkrieg – die Gründung von Israel, der Heimatverlust der Palästinenser – Zusammenhänge mit der deutschen Geschichte haben, Zusammenhänge, die uns auch eine besondere politische Verantwortung im Friedensprozeß im Nahen Osten auferlegen.
Es gibt die historische und die konkrete Verantwortung, die es nach den Verhandlungen von Camp David zu konkretisieren gilt. Es gibt auch die spezifischen Hamburger Hoffnungen, die unabhängig von der Historie und Weltpolitik sind, daß diese Verhandlungen auch eine große Chance bieten, mit einzugreifen und zu gestalten. Wenn der Friedensprozeß im Nahen Osten weitergeht und dort zwei Hafenstädte wie Gaza und Ashkelon wachsen und sich entwickeln, liegt es auch im Interesse der hamburgischen Wirtschaftspolitik, hier Pflöcke einzuschlagen.
Von daher gibt es historische und aktuelle Verpflichtungen sowie auch wirtschaftliche Interessen dieser Stadt, um diese Drei-Städte-Partnerschaft einzurichten. Außerdem gibt es das spezifische deutsche Interesse, unserer Verantwortung gerecht zu werden.
Wenn wir diese Chancen Schritt für Schritt nutzen und mit kleinen Projekten beginnen, die dann in eine Städtepartnerschaft münden, die keine Städtepartnerschaft zweiter oder dritter Klasse, sondern eine engagierte sein soll, dann können wir für die Menschen dort viel tun, ohne uns weltpolitisch aufzuspielen.
Diese Chance sollten wir nutzen, weil es den Menschen der drei Städte etwas bringt. Ich freue mich, daß wir nach den langen und intensiven Beratungen diese Gelegenheit wahrnehmen wollen. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ein deutsches Sprichwort lautet: Was lange währt, wird gut. Ich habe mir sagen lassen, daß es auch in der hebräischen und arabischen Sprache derartige Redewendungen gibt.Aus diesem Grund bildet das Sprichwort ein gutes Motto, die Arbeit im Ausschuß für Europa und Städtepartnerschaften zu charakterisieren.
Wir haben es uns nicht leichtgemacht, um den Antrag der CDU bezüglich einer Drei-Städte-Partnerschaft Hamburgs mit einer Stadt in Israel und Palästina zu beraten. Dies hat einige Zeit in Anspruch genommen; Herr von Beust hat schon darauf hingewiesen.
Nach sorgfältiger Prüfung aller Bedingungen und möglicher Einwände sind die Mitglieder von SPD, CDU und GAL im Ausschuß zu einem einstimmigen Votum gekommen: Sie befürworten eine projektgebundene Zusammenarbeit zwischen Hamburg, Gaza und Ashkelon mit der Perspektive auf eine Städtepartnerschaft dieser drei Städte.Unterstützt
wurde der Ausschuß bei seiner Entscheidungsfindung neben den Experten auch von Organisationen wie der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und dem Deutsch-Palästinensischen Frauenverein, die eine tatkräftige Mitarbeit an Projekten bereits zugesagt haben.
Für die SPD-Fraktion steht die projektgebundene Zusammenarbeit mit Ashkelon und Gaza deshalb auch im Mittelpunkt.Wir möchten mit einem Projekt beginnen.Da die Bürgermeister von Gaza und Ashkelon vorgeschlagen haben, an einem bereits laufenden Computerprojekt mitzuarbeiten, bitten wir den Senat zu prüfen, inwieweit Hamburg sich daran beteiligen könnte.
Es ist für die SPD-Fraktion aber durchaus auch denkbar, andere Projekte zu initiieren.Herr Dr.Holtkamp von der Berufsbildung Hamburg International hat in der Anhörung des Ausschusses darauf hingewiesen, daß Projekte im Bereich der Berufsbildung vor allem für palästinensische Jugendliche eine Berufs- und somit auch eine Lebensperspektive eröffnen.Wenn jemand eine gute Berufsausbildung hat, findet er auch Arbeit und ist weniger anfällig für fundamentalistische Ideen.
1998 gehörte ich zu der Bürgerschaftsdelegation, die Israel besuchte. Ich erinnere mich an die Worte des Vorsitzenden der palästinensischen Gewerkschaften, Herrn Saad – ich weiß nicht, ob er es jetzt noch ist –:Wenn ihr etwas tun wollt für Palästina, dann setzt euch für eine Berufsbildung ein.
Der Bevollmächtigte der Bundesrepublik Deutschland für die palästinensischen Autonomiegebiete, Herr Dr. Freitag, hat bei seiner Anhörung im Ausschuß zugesagt, daß das Vertretungsbüro in Ramallah uneingeschränkt jegliche Unterstützung bei der Auswahl und Durchführung von Projekten geben wird. Insofern kann Hamburg sicher sein, jederzeit kompetenten Rat zu erhalten.
Ob sich aus der projektgebundenen Zusammenarbeit später eine Städtepartnerschaft entwickeln wird, hängt nicht nur von Hamburg ab;Herr von Beust hat auch darauf schon hingewiesen.Es kommt vor allem darauf an, wie die beiden Städte Ashkelon und Gaza miteinander umgehen.Werden sie in der Lage sein, trotz der enormen Schwierigkeiten, die der Friedensprozeß im Nahen Osten gegenwärtig überwinden muß, gegenseitiges Verständnis und Vertrauen sowie die Bereitschaft zur Kooperation nicht nur bei einem Computerprojekt zu entwickeln?
Städtepartnerschaft bedeutet, daß Menschen einander begegnen und sich nicht voneinander abschotten. Hier müssen vor allem die beiden israelischen und palästinensischen Partner zeigen, daß es ihnen damit ernst ist. Eine mögliche Städtepartnerschaft sollte von der Zivilgesellschaft, von Bürgerinnen und Bürgern getragen werden, die regelmäßig Kontakte pflegen.
Natürlich trägt aus meiner Sicht auch das Parlament Verantwortung.Wir sollten nicht die Hände in den Schoß legen und den Senat auffordern, Projekte zu initiieren. Dem parteiübergreifenden Votum für Projekte und die Perspektive einer Städtepartnerschaft sollten auch Taten folgen. Ich könnte mir vorstellen, Herr von Beust, daß sich interessierte Parlamentarierinnen und Parlamentarier gemeinsam mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und dem Deutsch-Palästinensischen Frauenverein zu einer Projektgruppe zusammenschließen, die Ideen entwickelt und Sponsoren gewinnt, denn eine Partnerschaft kostet auch Geld. Darüber sollte sich das Parlament auch im klaren sein.
Professor Manfred Lahnstein, Bundesvorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, hat bei seiner Anhörung im Ausschuß beispielsweise empfohlen, Kontakte zur ZEIT- und Bertelsmann-Stiftung aufzunehmen.Diese sollte für eine inhaltliche und finanzielle Mitwirkung an gemeinsamen Projekten gewonnen werden.
Vor einigen Jahren habe ich in Paris die palästinensische Politikerin und Hochschullehrerin Hannan Ashravi erlebt. Sie hat dort gesagt:
„Auf dem Weg zum Frieden liegen viele Steine. Jeden einzelnen Stein muß man vorsichtig beiseite räumen. Dies muß man nicht wollen, sondern auch tun.“
In diesem Sinne bitte ich Sie, dem gemeinsamen Petitum von SPD, CDU und GAL zuzustimmen. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hamburg ist nicht Camp David, und an unserem heutigen Beschluß wird sich der Frieden in Palästina selbstverständlich nicht entscheiden.
Genau deswegen wählen die Bürgerschaft und damit auch der Senat, vielleicht auch bald Hamburg, den richtigen Weg. Der Weg, den wir gewählt haben, ist bescheiden. Er ist bis jetzt ziemlich gut durchdacht und weist in die Zukunft. Für den Anfang haben wir uns ein kleines Projekt ausgesucht. Wir haben versucht, Abstand von der Versöhnungsrhetorik zu gewinnen, aber auch keine falschen Versprechungen zu machen. Die Falle, die da lockt, ist, daß wir der reiche Onkel sind, der schuld hat, und als Versöhner und Friedensstifter auftreten wollen.
Die hohen Erwartungen, die eine offizielle Partnerschaft ohne Unterbau erweckt hätte, zeigt am Beispiel Gaza und Barcelona, wie schädlich dies sein kann. Diese offizielle Partnerschaft ist mit viel Tamtam eröffnet worden, und dann ist nichts mehr passiert. Genau das liegt nicht in unserem Interesse.