Protocol of the Session on July 13, 2000

Es stellt sich dann tatsächlich die Frage, wie wir damit umgehen, wenn Rundfunk im Internet demnächst eine solche Breitenwirkung hat über Kabel oder Satelliten. Vor diesem Hintergrund bleibt uns eine Debatte in der Medienpolitik nicht erspart; wir müssen sie führen. Und zwar so, daß wir dieses neue entstehende Medium, das wir unterstützen wollen, nicht kaputtmachen.Auf der anderen Seite müssen wir aber natürlich die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger, was die Rundfunkqualität betrifft, mit einbeziehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und vereinzelt bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann kommen wir zu den Abstimmungen.

Ich lasse zunächst über den GAL-Antrag abstimmen. Wer möchte diesen annehmen, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist der Antrag von der Bürgerschaft einstimmig so angenommen.

Wer möchte der Empfehlung des Wirtschaftsausschusses folgen und das Zweite Gesetz zur Änderung rundfunkrechtlicher Vorschriften beschließen, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Dann ist das so bei wenigen Enthaltungen erfolgt.

Das Gesetz bedarf einer zweiten Lesung. Stimmt der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zu? –

(Senator Dr. Thomas Mirow: Ja!)

Das ist der Fall.Gibt es Widerspruch aus dem Haus? – Das ist nicht der Fall. Wer will das in erster Lesung beschlossene Gesetz in zweiter Lesung beschließen, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Bei wiederum wenigen Enthaltungen ist das Gesetz mit großer Mehrheit damit auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.

Ich rufe dann gemeinsam die Tagesordnungspunkte 44 und 52 auf: Drucksachen 16/4456: Bericht des Kulturausschusses und 16/4410: Antrag der CDU über Privattheater.

[Bericht des Kulturausschusses über Privattheater (Selbstbefassungsangelegenheit) – Drucksache 16/4456 –]

[Antrag der Fraktion der CDU: Privattheater in Hamburg – Drucksache 16/4410 –]

Für den CDU-Antrag wünscht die SPD-Fraktion eine Überweisung an den Kulturausschuß. Vom wem wird das Wort begehrt? – Herr Klimke, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn einer Kulturdebatte mit einem literarischen Zitat beginnen, das vielleicht den Tenor dieser Debatte auf den Punkt bringt. Berthold Brecht hat gesagt:

„Theater ist einfältig, wenn es nicht vielfältig ist.“

Dieses Zitat trifft genau den Kern unseres Antrages. Wir wollen Vielfalt in den Theatern, besonders in den Privattheatern ermöglichen.

Der Politik – das wissen wir alle – sind zwar Grenzen gesetzt, wenn es um die Einflußnahme in den kulturellen und künstlerischen Bereich geht, doch die Rahmenbedingungen für die Privattheater können und müssen – das wissen wir wohl alle – verbessert werden.

Der Kulturausschuß hat in seinen letzten vier Sitzungen die Situation der Privattheater in Hamburg erörtert. Wir haben dazu Anhörverfahren durchgeführt. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Sowohl im künstlerischen, im kaufmännischen sowie auch teilweise im politischen Bereich sehen die Verantwortlichen die jetzige Wettbewerbssituation und auch die Perspektiven der Privattheater als schwierig an. Wie wollen wir diese in eine Zukunft führen?

In Hamburg gibt es 30 Privattheater, die über eine feste Spielstätte verfügen. Hiervon erhalten elf regelmäßig Zuschüsse. Seit 1992 – also seit fast zehn Jahren – ist der Empfängerkreis konstant geblieben; andere Bühnen wurden in die Förderung nicht aufgenommen.

Die Stärke der privat geführten Theater ist ihre Flexibilität, schnell auf Veränderungen zu reagieren und einfach einmal etwas Neues ausprobieren zu können. Genau diese Flexibilität wünschen sich auch die Theatermacher bei den Verantwortlichen im Parlament und im Senat, die ihnen ihre finanzielle Grundlage geben.

Die Privattheater empfinden die jetzige Förderung als zu statisch.Wir müssen uns vor diesem Hintergrund die Frage stellen, ob die Ist-Situation – die jetzige tatsächliche Förderung – wirklich angemessen ist und ob wir von seiten des Parlaments, der Betroffenen oder auch des Senats in die

sem Zusammenhang nicht mehr Alternativen erörtern sollten.

Hamburg betreibt im Moment weitgehend eine auf die staatlichen Theater fixierte Förderpolitik. Ich finde das persönlich – und ich glaube, auch dieses Haus – richtig, denn das Thalia Theater, das Schauspielhaus und die Staatsoper sind kulturelle Flaggschiffe unserer Stadt, was nicht zuletzt auch die Besucherergebnisse in dieser Saison zeigen. Sie und ebenso die kleinen Privattheater prägen das kulturelle Image von Hamburg.Darum ist es wichtig, die Privattheater in ein perspektivreiches Förderkonzept mit einzubeziehen und ihnen den Stellenwert zu geben, den sie für die Attraktivität unserer Stadt nach außen hin haben.

Wir haben im Kulturausschuß gemeinsam einvernehmlich eine Reihe von Punkten erörtert, die einen sichereren Weg in die Zukunft aufzeigen könnten. Ein Aspekt war, ob nicht zum Beispiel die individuellen Marketing- und werblichen Maßnahmen, die jedes Theater für sich allein durchführt, gebündelt werden könnten, um ihnen mehr Schubkraft zu geben und natürlich auch finanziell günstigere Situationen durch verbesserte Provisionen zu erreichen, die man beispielsweise im Anzeigengeschäft bekommt.

Eine Poolbildung wäre – ebenso wie im Marketingbereich – in der Werbung oder bei den Werkstätten denkbar. Hier gibt es ähnliche Partikulareinrichtungen, die durchaus globalisiert werden könnten, so daß davon alle profitieren könnten.

Ferner – das war ein weiterer Punkt – müssen wir eine Antwort darauf finden, wie sich die Tourismuszentrale besser und effektiver auch gerade für die Privattheater einsetzen könnte und wie ihre Zusammenarbeit mit den Bühnen verbessert werden kann.

Dreh- und Angelpunkt unserer Diskussionen in den Anhörungen war aber die finanzielle Förderung.Von den Verantwortlichen wird – im Gegensatz zu der institutionellen Förderung – vor allen Dingen die Projektförderung als ein Mittel gesehen, mehr Gerechtigkeit, Transparenz und Flexibilität in die Förderpraxis zu bringen. Denn bisher haben drei Theater Zugriff auf zwei Drittel der Mittel, die die Privattheater insgesamt erhalten.

Wir sind der Auffassung, daß die Einführung und Erhöhung der Projektmittel einen Weg aufzeichnen könnte, um einen gewissen Ausgleich bei dieser, ich will nicht sagen Ungerechtigkeit, aber bei dieser Ungleichheit zu erzielen.

(Dr. Ulrich Karpen CDU: Welches sind die drei Theater?)

Herr Professor Karpen, daß gerade Sie als einer der profilierten Theaterbesucher mir diese Frage stellen! Als eines der wesentlichsten Theater gehört zum Beispiel das ErnstDeutsch-Theater dazu, in dem wir uns auch schon oft gesehen haben. Über die anderen beiden reden wir nachher.

Es spricht eines dafür, einen gewissen Ausgleich in der Förderung zu erzielen. Es ist eine Tatsache, daß wir mit der momentanen Förderung wenig Risikobereitschaft bei den Privattheatern erzielen. Wer eben auf ein volles Haus angewiesen ist, wird sich sehr überlegen, ob er ein modernes, extravagantes Stück auf den Spielplan setzt, das trotz bester Kritiken beim Publikum eine Bauchlandung erzielen könnte.

Unserer Ansicht nach ist durch die Vergabe von Projektmitteln mehr Risikobereitschaft und damit ein noch farbigeres, vielgestaltigeres Theaterangebot in unserer Stadt

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt)

möglich.Hamburg hat es zum Beispiel im Vergleich zu Berlin zwar schon, aber es ist durchaus Nachholbedarf vorhanden. Man sollte sich nicht einseitig auf den bisherigen Lorbeeren ausruhen.

Wie könnte diese Projektförderung aussehen? Auch darüber haben wir diskutiert. Im Ausschuß stand die Höhe von 1 Million DM zur Diskussion. Um diese Projektförderung zu realisieren, gibt es – wie immer im Leben – mehrere Wege.

Erstens könnte man schlicht und einfach den Kulturetat um diesen Betrag erhöhen.Ich glaube, das ist aufgrund der gesamten Haushaltssituation eher problematisch.

Zweitens könnte man unter Beibehaltung des bisherigen Haushaltsansatzes einen Übergang von der institutionellen Förderung zu einer Basis- plus Projektförderung anstreben.

Dritter Weg: Durch Einsparungen in anderen Bereichen des Kulturhaushaltes könnte man Mittel freisetzen und diese in die Projektförderung geben.

Viertens: Das ist von jedem etwas, wäre aber möglicherweise der sinnvollste Ansatz.

Es stellen sich auch noch zusätzliche Fragen: Was soll mit den Projektmitteln geschehen? Wer soll darüber wachen? Die Senatorin, die sich im Ausschuß im übrigen grundsätzlich positiv für eine Projektförderung ausgesprochen hat, sprach von einer Jury, die diese Funktion übernehmen könnte. Wie soll die Jury bewerten? Soll sie nach Einschaltquoten wie beim Rundfunk und Fernsehen, also nach Besucherzahlen bewerten? Soll sie nach Klatschintensität bewerten? Soll man sie nach Kritiken in den Medien bewerten? Wie soll diese Bewertung stattfinden? Sicherlich sind das Fragen, über die man sprechen sollte und die aus unserer Sicht geklärt werden müssen, wenn man solche Mittel verteilen will. Dazu gibt es weitere kreative Ansätze und Überlegungen, die auch von den Theatermachern im Ausschuß angesprochen wurden. Das umfangreiche Protokoll gibt darüber Auskunft.

Es kommt darauf an – das ist aus unserer Sicht die zukünftige Aufgabe;im Bereich der Kulturpolitik vielleicht die Sommeraufgabe für den Senat –, zu überlegen, in welche Richtung man gehen könnte. Im September finden die turnusmäßigen Beratungen zum Haushalt 2000 auch im Kulturausschuß statt.Vielleicht könnte man dort schon einmal diskutieren, welche Ansätze und Umsetzungen es konkret für die Projektförderung geben könnte.

Man sollte sich – das ist unsere Grundauffassung – Neuem grundsätzlich nicht verschließen. Es gibt für diesen Weg im Bereich der Theater und im politischen Bereich viele Befürworter. Wir haben die Chance, einen Ausweg aus einer bislang statischen Zementierung der Fördermittel zu suchen und zu finden.

Unser Antrag, der Ihnen heute vorliegt und den Sie an den Kulturausschuß überweisen wollen, soll auch ein Versuch sein, ein bestimmtes Fazit und einen Schlußstrich unter die vier Anhörungen zu ziehen. Er soll die angesprochenen Punkte darstellen und vor allen Dingen eine Perspektive für die Zukunft der Privattheater in Hamburg aufzeigen.– Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Schilling.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kulturpolitik machen kultivierte Leute. Da soll es hin und wieder vorkommen, daß es interfraktionelle Anträge gibt. Dieser Möglichkeit gehen wir heute leider verlustig.Das ist schade, denn die CDU kommt hier einmal wieder mit einem Antrag, der ungedeckte Schecks beinhaltet. Dieser politische Handlungsansatz ist ein Schnellschuß.

Weil Sie von der CDU Ihren Antrag aber aus der im Rahmen der Selbstbefassung durchgeführten umfangreichen Anhörung ableiten, nötigen Sie uns auch noch dazu, Ihnen den Ausschußbericht zu einem Zeitpunkt zur Kenntnis zu geben, an dem wir noch keine abschließende Bewertung der vielseitigen Erfahrungen aus den Gesprächen mit den vielen Intendanten, Managern und Künstlern der Privattheater- und freien Theaterszene gemacht haben. Das ist schade angesichts der Gewissenhaftigkeit, mit der diese uns begegnet sind, und der Zeit, die wir uns dafür genommen haben. Es ist ein wenig Kasperltheater, denn sie haben viele Punkte aufgezeigt, die noch einer eingehenden Erörterung bedürfen.

In Hamburg gibt es derzeit über 30 privat betriebene Theater. Unter ihnen befinden sich mit den Hamburger Kammerspielen, dem Ohnsorg-Theater und dem ErnstDeutsch-Theater größere von überregionalem Rang. Herr Karpen, das sind auch die Theater, die gefördert werden. Es sind feste Bühnen und freie Theatergruppen, Sprechtheater, Musical und Kabarett, also kurz gesagt ist das ganze Spektrum des Theatergenres in privater Verantwortung in Hamburg vertreten.

Die Hansestadt fördert neben den bundesweit künstlerisch führenden Staatstheatern die Privattheater im laufenden Jahr mit über 10 Millionen DM. Diese Förderung wird im nächsten Jahr annähernd unverändert bleiben.In Deutschland ist das hiesige Privattheaterangebot allein mit dem in der Hauptstadt Berlin vergleichbar; hier werden sie jedoch nicht durch Bundeszuschüsse gefördert.

Die großen Hamburger Privattheater spielen auf soliden Brettern. Für einige braucht Vater Staat kaum einen Pfennig dazu zu bezahlen. Die Privattheater haben bei vergleichbarer Anzahl der Vorstellungen eine größere Platzauslastung als die Staatstheater; die Stetigkeit ihres wirtschaftlichen Erfolgs läßt sich an steigenden Abonnentenzahlen ablesen. So konnte das Ohnsorg-Theater seine Abonnenten auf 10 000 verdoppeln; die Komödie Winterhuder Fährhaus, bis vor kurzem von Rolf Mares geleitet – den ich heute an dieser Stelle vermisse –, kann auf 12 000 und das Ernst-Deutsch-Theater sogar auf 14 000 Abo-Kunden setzen. Erfreulicherweise ist es ihnen auch gelungen, mit vielen spezifischen Veranstaltungsformen wie LateNight-Shows, Foyerveranstaltungen und Matineen das Publikum deutlich zu verjüngen. Außerdem ist es den Privattheatern erfolgreich gelungen, in neue Trendbereiche, wie Veranstaltungen mit Event-Charakter, vorzustoßen. Dennoch ist es zutreffend, daß die wirtschaftliche Situation vor allem der kleinen Theater tatsächlich nicht einfach ist.