Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 6. Juli hat der Bundestag nach über einem Jahr Verhandlungen das Gesetz zur Zwangsarbeiterentschädigung verabschiedet.Wir alle konnten durch die Berichterstattungen in den Medien die endlosen und oftmals vertagten Verhandlungsrunden in Washington und Berlin mit verfolgen. Fast 16 Monate hat dieser Marathon gedauert. Otto Graf Lambsdorff hat damals oft gesagt, wir seien zum Erfolg verurteilt. Bei aller Freude über den Beschluß des Bundestages sind doch noch viele Fragen offen.
Die Bundesregierung und die Länder sind sich noch nicht einig darüber, wie die von staatlicher Seite zugesagten 5 Milliarden DM beziehungsweise effektiven 7,5 Milliarden DM, die durch die Steuerausfälle wegen der Absetz
barkeit von Zahlungen der deutschen Wirtschaft erwachsen, verteilt werden. Bisher sind 144 Hamburger Unternehmen der Stiftungsinitiative beigetreten. 135 Firmen von ihnen wollen genannt werden. Circa 30 Unternehmen sind über ihre Muttergesellschaften, die ihren Sitz außerhalb Hamburgs haben, an den Zahlungen beteiligt. Wir wissen, daß etwa 1,8 Milliarden DM zu den von der Wirtschaft bisher zugesagten 5 Milliarden DM fehlen. Wir können lange darüber diskutieren, warum das derzeit so ist, zum Beispiel, daß der Staat circa 1 Milliarde DM an Einzahlungen von Unternehmen, an denen er mehrheitlich beteiligt ist, einfach seinem Anteil zurechnet, ist sicherlich problematisch. Daß einzelne Unternehmen Zweifel an der Rechtssicherheit hegen, ist teilweise auch nachzuvollziehen.Die Stiftung wird aber erst durch die Feststellung des Deutschen Bundestages zur Auszahlung berechtigt und verpflichtet, wenn mit der Abweisung der in den USA anhängigen Klagen der Rechtsfrieden hergestellt ist.
Vernünftige Argumentationen gegen einen Beitritt zur Stiftungsinitiative können keinem so recht mehr gelingen. Die jetzige Situation ist sowohl für die Wirtschaft als auch für die Politik nicht zufriedenstellend. Wir halten aber den versuchten Weg der REGENBOGEN-Gruppe, massiven Druck des Staates auf die Unternehmen auszuüben, für einen ganz falschen Weg.Deshalb werden wir Ihren Antrag auch ablehnen. Dem Ziel, der Stiftungsinitiative zum Erfolg zu verhelfen, wirken Sie geradezu entgegen. Sollte Ihr Antrag in diesem Haus mehrheitsfähig sein – und das ist er Gott sei Dank nicht –, würden Sie durch Ihre Politik nicht einem einzigen ehemaligen Zwangsarbeiter die Entschädigung schneller auszahlen können,
weil Ihr Ansatz, denke ich, ein falscher ist. Sie wollen staatlichen Druck und öffentliches An-den-Pranger-Stellen statt Gespräch. Sie wollen Konfrontation statt Motivation. Mit diesem Politikverständnis gewinnen Sie kein einziges Unternehmen zusätzlich zur Stiftungsinitiative.
Wir halten deshalb die Initiative der Präsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft für wesentlich erfolgversprechender und – das lassen Sie mich hinzufügen – sympathischer. Die CDU-Fraktion unterstützt ausdrücklich Frau Dr. Stapelfeldt, ihr Engagement in dieser ganz wichtigen Angelegenheit. Durch die direkte Ansprache der Bürgerschaft werden wir weitere – dessen bin ich mir ganz sicher – Unternehmen für die Initiative gewinnen.
Meine Damen und Herren! Unternehmen, die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet wurden, sind der Stiftungsinitiative beigetreten. Gerade jüngere Unternehmer gehen mit gutem Beispiel voran. Für sie sind Gesamtverantwortung und Solidarität keine Fremdwörter. Die CDU-Fraktion dankt diesen Unternehmen und appelliert an die Firmen, die bisher noch beiseite stehen, im Interesse unseres Landes und unserer Stadt der Initiative beizutreten, vor allem aber im Interesse derjenigen, die seit Jahrzehnten bisher vergeblich warten mußten, damit die Bestandteile der Stiftungsnamen, nämlich Erinnerung, Verantwortung und Zukunft, für sie, ihre Mitarbeiter, für uns alle gelebte Begriffe werden. – Vielen Dank.
reits in der Aktuellen Stunde mit dem Thema beschäftigt. Damals waren es 121 Unternehmen aus Hamburg, die der Stiftungsinitiative beigetreten waren. Nach unseren Recherchen bei der Handelskammer sind bis zum heutigen Tage 154 Unternehmen der Stiftung beigetreten, wovon 144 genannt werden wollen.
Insgesamt ist es so, daß sich bundesweit bisher 3070 Unternehmen beteiligen und eine Summe von 3,2 Milliarden DM aufgebracht haben. Es fehlen also immer noch 1,8 Milliarden DM. Deswegen kann uns dieses Ergebnis weder auf Bundesebene noch in Hamburg zufriedenstellen.Deshalb ist es sinnvoll – und auch wir unterstützen ausdrücklich die Initiative der Bürgerschaftspräsidentin –, gemeinsam mit dem Präsidenten der Handelskammer in direkten persönlichen Gesprächen mehr Unternehmen und auch gerade die, die Zwangsarbeiter beschäftigt haben, dazu zu bewegen, dieser Stiftung beizutreten.
An den Senat richten wir den Appell, noch einmal deutlich zu sagen, wie er sich mit seinen eigenen Unternehmen HEW, Gaswerke, Wasserwerke an der Stiftung beteiligen will. Ich unterstütze ausdrücklich das, was Herr Kopitzsch gesagt hat, daß wir baldmöglichst erfahren möchten, wie die ehemaligen Zwangsarbeiter nach Hamburg eingeladen werden und wann sie das erste Mal hierherkommen.
Das Vorgehen der REGENBOGEN-Gruppe läßt den Verdacht zu, daß die Brandmarkung wichtiger ist als der Erfolg.
Deswegen halten wir diese Position zum jetzigen Zeitpunkt für ausdrücklich kontraproduktiv und setzen auf das Gespräch der Bürgerschaftspräsidentin mit der Handelskammer, mit den Unternehmen, werden aber sehr genau bilanzieren, wie erfolgreich das sein wird.
Vielleicht sollte ich mit dem Positiven anfangen, daß wir uns wenigstens alle einig sind, daß es an der Zeit ist, daß die Zwangsarbeiterinnen entschädigt werden. Das ist schon einmal etwas wert.
Ich fange einmal von hinten an mit den einzelnen Redebeiträgen. Kollege Zamory, Sie haben uns vorgeworfen, unser Interesse wäre Brandmarkung. Ich erinnere mich sehr gut, daß Sie derjenige waren, der vehement gefordert hat, man möge doch Tafeln an den Häusern derjenigen anbringen, wo jüdische Firmenbesitzer enteignet wurden.Uns geht es hier nicht um Brandmarkung, uns geht es darum, daß die Menschen, die unter der NS-Zeit leiden mußten, die zu Zwangsarbeit verpflichtet wurden, ihr Geld bekommen. Sie wissen genausogut wie ich, daß die fehlenden 1,8 Milliarden DM weiterhin dafür sorgen werden, daß es Verzögerungen bei den Auszahlungen gibt, und das darf nicht sein.
Herr Kopitzsch, Sie haben sehr interessante Aspekte benannt. Sie haben gesagt, daß es durchaus Aufgabe von vielen Institutionen, auch der Gesellschaft ist, daß man weiter an diesem Thema arbeitet, daß man Druck macht und daß Sie den Medien vertrauen, daß diese etwas ma
chen. Sie haben eine Institution völlig außen vor gelassen, die jetzt auch aktiv werden muß. Das ist die Bürgerschaft, und ich denke, die Bürgerschaft muß einen eigenständigen Beitrag bringen. Jetzt haben Sie gesagt, die Bürgerschaftspräsidentin, die Fraktionsvorsitzenden werden mit den Unternehmen verhandeln. Herr Kopitzsch, Sie haben am 1. September 1999 hier gestanden und gesagt, daß auch Sie der Meinung sind und daß auch Sie für die SPD-Fraktion zum Ausdruck bringen wollen, daß es jetzt schnell passieren muß, daß die Stiftung schnell kommen muß und daß Hamburg auch durch eigenes Verhalten dazu beitragen muß, daß das Geld kommt.Herr Kopitzsch, wenn ich Sie sonst auch schätze, aber nach einem Jahr dann noch einmal zu sagen, jetzt wird weiter verhandelt, das ist ein Widerspruch in sich und das kann ich nicht gutheißen.
Wir haben gesagt, daß wir diese Gespräche nicht torpedieren, denn die Gespräche über Bürgerschaft sollen auch laufen. Das ist auch ein weiteres Feld. Aber ich habe das Gefühl, daß die meisten, die hier argumentieren, so tun, als hätte die Bürgerschaft oder die Bürgerschaftspräsidentin eine Bringschuld, als sollten wir diesen Unternehmen irgendwie mühevoll oder vorsichtig entgegentreten, um zu sagen, liebe Unternehmen, es wäre schön, wenn ihr zahlt. Gleichzeitig sagen Sie alle, es gibt eine moralische Verpflichtung. Wie lange wollen Sie eigentlich noch warten? Die hatten 18 Monate und fünf Jahrzehnte Zeit, etwas zu machen.Ich kann das, ehrlich gesagt, nicht nachvollziehen.
Wenn Herr Schira sagt, wir wollten nur Konfrontation statt Kooperation, dann muß ich auch Sie fragen, Herr Schira, wie lange das gehen soll.
Ich gebe Ihnen einmal ein Beispiel, da Sie ja immer gerne nach Bayern gucken. Gehen wir doch mal nach München. Sie wissen vielleicht auch, daß Löwenbräu, Bierhersteller, sich lange Zeit geweigert hat, sich der Initiative anzuschließen, obwohl der bayerische Brau- und Brunnenverband dem beitreten wollte. Da hat einzig und allein die Diskussion im Stadtrat geholfen, daß man gesagt hat, wir werden nächstes Jahr keine Konzession für das Oktoberfest erteilen. Kaum wurde diese Frage aufgeworfen, ist Löwenbräu beigetreten, und das wird in Hamburg nicht anders sein. Man wird auch Druck machen müssen, sonst werden wir noch nächstes Jahr hier stehen und sagen, jetzt soll es aber mal schnell gehen. Das wollen wir auf keinen Fall. Es soll jetzt schnell gehen, und es soll auch bis zur Sommerpause endlich weitergehen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Man kann unterschiedlicher Meinung darüber sein, ob es notwendig ist, gegen die Firmen irgendwie vorzugehen und sie dazu zu bringen, der Initiative beizutreten. Aber man kann nicht argumentieren, daß das jetzt dringend notwendig ist, damit die Auszahlung des Geldes an die Zwangsarbeiter stattfinden kann. Die findet statt. Dafür ist das Gesetz beschlossen worden. Die Frage, wann das Geld von den Firmen reinkommt, ist davon getrennt zu betrachten. Es kann jetzt längst losgehen.
Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann lasse ich über den Antrag abstimmen. Wer möchte denselben annehmen? – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Dann ist der Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.
Ich rufe den Tagesordnungspunkt 31 auf: Drucksache 16/4454:Bericht des Wirtschaftsausschusses zum Zweiten Rundfunkänderungsgesetz.
[Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Drucksache 16/4291: Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung rundfunkrechtlicher Vorschriften (Zweites Rundfunkänderungsgesetz) (Senatsantrag) – Drucksache 16/4454 –]
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jede beziehungsweise jeder Abgeordnete hat zu dieser Sitzung ein relativ dickes Exemplar des Senats bekommen. Es sind alles Änderungen im Hamburger Mediengesetz. Viele werden wahrscheinlich nicht überall durchgeblickt haben, worum es genau geht.Wir haben aber im Wirtschaftsausschuß zwei Punkte ausgewählt, die von besonderem Interesse sind und auf die ich gerne eingehen möchte.
Der erste Punkt betrifft die Konzentration im Medienbereich. Der zweite Punkt betrifft den Zusatzantrag der GAL-Fraktion zum Thema Internet und Rundfunk.
Zum Konzentrationsprozedere in diesem Land ist kurz auszuholen, bevor wir auf die Hamburger Situation kommen. Schon seit Jahren versuchen die Gesetzgebung zum Rundfunkstaatsvertrag, aber auch die zuständigen Gremien in Landesmedienanstalten Mittel und Wege zu finden, um die zunehmende Konzentration im Medienbereich zu stoppen. Man muß heute feststellen, und das konnte man auch schon vor einem Jahr sagen, daß diese Bemühungen vollkommen gescheitert sind.Es gibt im elektronischen Medienbereich inzwischen zwei Senderfamilien. Das ist auf der einen Seite die RTL-Gruppe mit der Ufa und auf der anderen Seite die Kirch-Gruppe. Alle Konzentrationsrichtlinien, als Maßstab gelten 30 Prozent der Zuschauerquoten, werden zur Zeit unterlaufen. Man muß abwarten. Zur Zeit hat der Springer-Verlag angekündigt, sich von seinen SAT.1-Anteilen zu verabschieden und diese an Kirch zu übergeben. Das wird zur Zeit kartellamtlich und in den verschiedenen Gremien der Medienaufsicht geprüft.
Es ist aber zur Zeit nicht unbedingt sicher, daß das die 30 Prozent sicherstellt.Vor diesem Hintergrund müssen wir davon ausgehen, daß auch SAT.1 in die Kirch-Senderfamilie eingegliedert wird. Ich habe deswegen ein bißchen weiter ausgeholt, weil wir hier in Hamburg auch eigene Konzentrationsbestimmungen haben, und zwar mit die strengsten in diesem Land. Trotzdem haben sie uns nichts genützt, als Anfang des Jahres bekannt wurde, daß sich die bisherigen Gesellschafter von Hamburg 1 zurückziehen
möchten und ein neuer Investor gesucht wurde. Vielleicht haben das einige in den Zeitungen verfolgt, daß der Springer-Verlag am Anfang durchaus Interesse gehabt hat. Das hat sich dann aufgrund einer neuen Konzernpolitik verflüchtigt, die, wie auch das SAT.1-Beispiel zeigt, eher einen Rückzug aus dem elektronischen Bereich vorsieht als einen massiven Einstieg.