Protocol of the Session on July 12, 2000

Im übrigen hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 30 aufrufe, gebe ich sodann das Wahlergebnis zur Wahl eines Stellvertretenden Mitglieds der Kreditkommission bekannt.

Abgegebene Stimmen: 100. Alle abgegebenen Stimmen waren gültig. Es wurden 94 Ja-Stimmen, 2 Nein-Stimmen und 4 Stimmenthaltungen abgegeben. Damit ist Frau Birgit Müller gewählt.

Ich komme nunmehr zum Tagesordnungspunkt 30: Drucksache 16/4374: Bericht des Wirtschaftsausschusses zur weiteren Entwicklung der Hamburg Messe:

[Bericht des Wirtschaftsausschusses über die Drucksache 16/3610: Weitere Entwicklung der Hamburg Messe (Senatsantrag) – Drucksache 16/4374 –]

Hierzu ist Ihnen als Drucksache 16/4532 ein Antrag der Gruppe REGENBOGEN zugegangen.

[Antrag der Gruppe REGENBOGEN – für eine neue Linke: Weitere Entwicklung der Hamburg Messe – Drucksache 16/4532 –]

Wird das Wort gewünscht? – Das ist der Fall. Der Abgeordnete Ehlers bekommt es.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Senat beantragt, die Messe an dem bisherigen Standort innerhalb der Stadt weiterentwickeln zu dürfen.Das heißt, er beantragt beim Parlament eine Grundsatzentscheidung über den Standort. Die CDU hat die Zustimmung zur Weiterentwicklung der Messe an diesem Standort signalisiert, weil wir glauben, daß der Standort stadtentwicklungspolitisch richtig ist. Wir glauben ferner, daß die Zeitschiene eine andere Entscheidung, als es an dieser Stelle zu tun, gar nicht zuläßt, unabhängig von der Frage der wohl richtig erkannten Synergieefekte, die sich im Zusammenhang mit dem CCH darstellen.Wir halten diesen Standort nach wie vor für richtig.

Das Verfahren zur Realisierung weist allerdings erhebliche Mängel auf. Ohne Not hat der Senat, beziehungsweise haben die beiden Regierungsfraktionen, diese Gemeinsamkeit aufgekündigt. Mit der Ablehnung unseres Antrags im Ausschuß haben Sie Mißtrauen geschürt beziehungsweise Vorbehalte gegen das Verfahren und die Umsetzung dieses Senatsbeschlusses bestätigt.

Unser Antrag enthielt als selbstverständliche Voraussetzung für

(Präsidentin Dr. Dorothee Stapelfeldt übernimmt den Vorsitz.)

die Weiterentwicklung der Messe vier Komponenten. Davon waren zwei Voraussetzungen auf diesen Standort bezogen und zwei allgemeine.

Bevor man in eine endgültige Entscheidung eintritt, und zwar rechtzeitig zuvor, muß man folgende Gesichtspunkte klären: Erstens brauchen wir für diese Messe vorher ein Fi

nanzierungskonzept und zweitens ein Verkehrskonzept. Drittens bedarf es einer Sicherung des Standortes Schlachthof an dieser Stelle, und viertens benötigen wir eine Aussage zu der Frage, was man in das CCH investieren muß, das inzwischen in die Jahre gekommen ist, wenn man die Synergieefekte zwischen Messe und CCH vernünftig nutzen will.

Dieser Antrag ist im Ausschuß abgelehnt worden.Warum? Ein Grund könnte sein – nach dem Motto: Das haben wir immer so gemacht –, daß es ein CDU-Antrag ist, der deswegen nicht gut sein kann und abgelehnt wird. Die GAL, so hört man, soll dieses intensiv betrieben haben.

(Antje Möller GAL: Echt?)

Wir haben gedacht, die Zeit sei vorbei, Frau Möller. Daß ausgerechnet die GAL zu den sozusagen mittelalterlichen Argumenten und Strukturen greift, wonach das, was von der Opposition kommt, nicht gut sein kann, stimmt uns schon ein bißchen nachdenklich.

(Zuruf von Farid Müller GAL – Beifall bei Wolfgang Beuß und Jürgen Mehlfeldt, beide CDU)

Ja, ja, Herr Müller, die Menschen wollen heute Inhalte und kein Parteigezänk über Rechthaberei.Genau dieses haben Sie angezettelt, und zwar völlig ohne Not.Ich weiß, wie das intern gelaufen ist.

(Antje Möller GAL: Echt? – Dr.Martin Schmidt GAL: Erzählen Sie mal, was Sie wissen!)

Eine zweite Möglichkeit wäre, daß Sie diesen Antrag aus inhaltlichen Gründen abgelehnt haben.Das wäre allerdings fatal. Das heißt, daß Sie auf die Fragen und Probleme, die in diesem Antrag formuliert worden sind, keine Antworten haben wollen, und zwar auf Fragen, die vorher geklärt werden müssen, nicht heute, aber rechtzeitig, bevor eine endgültige Entscheidung fällt. Dieses haben Sie schlicht abgelehnt. Wer dieses ablehnt, bestätigt Verdächte von Menschen, ob sie berechtigt sein mögen oder nicht, weil er sich gegen ein transparentes Verfahren wehrt. Selbstverständlich muß vor der Planung berücksichtigt werden, wohin sie am Ende führt; das muß man zu Ende denken. Dieses haben wir verlangt und erwartet, und Sie haben sich dem verweigert.

Eine andere Möglichkeit wäre, daß der Senat die Antworten hat, aber sie nicht sagen will. Dieses würde bedeuten, daß der erste Verdacht der Existenzgefährdung des Schlachthofs richtig ist. Warum sollten Sie sonst einen Antrag ablehnen, der lautet: Wir wollen den Schlachthof an diesem Standort erhalten. Warum lehnen Sie es ab, wenn Sie nicht insgeheim seine Existenz an diesem Standort in Frage stellen?

Der Senat hat bezeichnenderweise den Standort in diesem Umfang an dieser Stelle auch nicht garantiert, sondern nur die Zahl der Arbeitsplätze. Das ist ein fundamentaler Unterschied. Er sagt nur: Wir garantieren die Zahl der Arbeitsplätze, aber nicht den Schlachthof in diesem Umfang und an dieser Stelle.

Das Verhalten des Senats im parlamentarischen Beratungsverfahren, im Wirtschaftsausschuß in Anwesenheit führender Schlachthofvertreter, und zwar dem Geschäftsführer und dem Aufsichtsratsvorsitzenden, zu erklären, man habe Einigkeit erzielt, um sich einen Tag später von ihnen einen Brief gefallen lassen zu müssen, in dem steht: Wir haben in dieser Ausschußsitzung zum ersten Mal gehört, daß wir mit ihnen angeblich Einigkeit hergestellt haben, ist schon ein dicker Hund

(Vizepräsident Berndt Röder)

(Dr. Martin Schmidt GAL: Vorsicht mit Hunden!)

und signalisiert, daß der Senat nicht ehrlich mit diesen Leuten umgeht.

(Beifall bei der CDU)

Weiterer Verdacht: Es gibt keine Lösung für den Pkw- und Lkw-Verkehr. Warum lehnt man sonst einen Antrag ab, in dem es heißt: Wir brauchen vorher ein Verkehrskonzept.

Der dritte Verdacht besteht darin, daß es keine Finanzierungsüberlegungen für das CCH gibt. Der Senat hat seine Vorstellungen zur Finanzierung der Messe insgesamt überhaupt nicht dargelegt; er sagt nur, daß es verschiedene Möglichkeiten gäbe. Das ist etwa so, als würde Ole von Beust sagen: Ich möchte ein Einfamilienhaus bauen, wie kann ich das machen? Die Antwort lautet: Du kannst im Lotto spielen, es bei der Bank finanzieren lassen, die Oma beerben oder warten, bis du es auf der Parkbank findest

(Dr. Martin Schmidt GAL: Oder du gehst zur Sprin- kenhof AG!)

oder ob es dir jemand schenkt.Diese Möglichkeiten gibt es, ohne ihm zu sagen, wie er es wirklich machen kann. Der Senat zählt auf, welche Möglichkeiten es gibt, eine Messe zu finanzieren, ohne uns zu sagen, wie er es im konkreten Fall und mit welchen Kosten tun will.Das ist aber vorher notwendig.

Meine Damen und Herren, die Messe ist ein wichtiges Investitionsvorhaben für diese Stadt. Es ist stadtentwicklungspolitisch unglaublich wichtig an dieser sensiblen Stelle der Stadt.Es sind Entscheidungen notwendig, die die Bedürfnisse der Wohnbevölkerung und die Arbeitsplatzsituation fundamental betreffen. Die CDU hätte das mitgetragen. Aber die Ablehnung der Selbstverständlichkeit unseres Antrags, sich nämlich vorher darüber klar zu werden, hat uns tief mißtrauisch gemacht. Die Sozialdemokraten haben offenbar auf Druck der GAL leichtfertig nachgegeben, und leichtfertig haben sich die Koalitionsfraktionen darauf verständigt, die Chance zur Gemeinsamkeit nicht zu nutzen. Damit haben sie das Vertrauen von Menschen an dieser Stelle der Stadt erheblich erschüttert. Dazu reichen wir nicht die Hand. Deswegen werden wir diesem Antrag heute nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Herr Professor Hajen.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Ehlers, Sie haben uns nur zwei Alternativen gelassen. Es gibt eine dritte, die Sie selbst ausgesprochen haben, daß man nämlich über Selbstverständlichkeiten in Beschlüssen der Bürgerschaft nicht mehr beschließen muß.Das, was der Senat selbst erklärt hat, was er tun will und was im Protokoll nachlesbar ist, sind genau die Punkte, die Sie eingefordert haben. Dazu gehört allerdings auch, Herr Ehlers, daß alle Dinge ihre Reihenfolge haben.

Worum es in diesem Fall erst einmal geht, ist eine Grundsatzentscheidung über den Standort.Dann muß man in der Tat prüfen und mit den Betroffenen in einer Interessenabwägung darüber diskutieren, wie das zu realisieren ist. Erst wenn man weiß, was man bauen will, kann man konkret sagen, was es kostet; das ist nun einmal die Reihenfolge. Ich hätte auch gern alles auf einmal, aber das geht nicht. Ihr Verhalten erinnert mich in etwa an diese wunderschöne

Geschichte von Saint-Exupéry „Der kleine Prinz“. Darin gibt es einen König, der sich schon deshalb immer für weise hält, weil er das fordert, was sowieso passiert. So verhalten Sie sich im Moment als Opposition. Weise ist es nicht, als Parlament bringt es uns nicht weiter.

Besser als der REGENBOGEN machen Sie es auch nicht. Denn das, was die REGENBOGEN-Gruppe in ihrem Antrag fordert, bedeutet, hinter einem fahrenden Zug herzulaufen, um noch irgendwie so zu tun, als sei man Lokomotivführer,

(Norbert Hackbusch REGENBOGEN – für eine neue Linke: Wer ist wohl wem hinterhergelaufen?)

und Illusionen darüber zu erwecken, was man tun sollte, kann oder muß.

Also, daß wir zum Beispiel als Parlament beschließen, der Individualverkehr solle nicht zunehmen, mit Verlaub, das kann kein Parlament dieser Welt.Wir können sehr viel dafür tun, daß der Individualverkehr so weit wie möglich gelenkt wird, damit er in dem betroffenen Viertel nicht zu noch größerer Belastung führt; aber das ist es dann auch.

Wir müssen jetzt die Entscheidung treffen, wie es uns der Antrag vorstellt, die Messe an diesem Standort zu erweitern. Die Lage in der Innenstadt ist unser Wettbewerbsvorteil, den wir stärken können und müssen, weil die Messe zu klein ist; es gibt zumindest drei Messen, die einen größeren Bedarf haben. Außerdem hat die Messe zum Teil den Charme der fünfziger Jahre, und deshalb muß man etwas zur Qualität tun.

Klar ist auch, daß das nicht völlig konfliktfrei geht, weil es eine betroffene Wohnbevölkerung und den Vieh- und Fleischmarkt gibt.Dazu noch einmal die Erklärung von dieser Stelle, wie es auch der Senat wiederholt in den Ausschußberatungen gesagt hat: Unser politisches Ziel und unser Wille ist es, daß die Arbeitsplätze auf dem Fleischgroßmarkt erhalten bleiben, weil sie uns außerordentlich wichtig sind, sowohl von der Zahl als auch von der Qualität. Es sind gewerbliche Arbeitsplätze,

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Gerade die brauchen wir!)

nicht gerade im Hochtechnologiebereich, aber in einem Bereich, der für die Versorgung der Stadt außerordentlich wichtig ist und bei dem wir feststellen müssen, daß sie uns am meisten fehlen

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Richtig!)

und es am schwierigsten ist, sie an anderer Stelle neu zu schaffen. Deswegen haben wir ein wirtschaftspolitisches Interesse, die Arbeitsplätze dort zu halten. Außerdem haben wir ein verkehrspolitisches Interesse, dieses herausragende Güterverteilzentrum, von dem eine Versorgungsfunktion für Hunderte von Gastronomen und Schlachtereien abhängt, hier zu erhalten. In der Summe spart das Verkehre, anders als wenn ein Gastronom oder Schlachter durch die halbe Stadt fahren müßte, um an unterschiedlichen Stellen seinen Bedarf zusammenzukaufen.

Gleichzeitig heißt das aber auch, daß es für die Wohnbevölkerung eine Belastung ist; darum kann man nicht herumreden. Derzeit findet mit den Betroffenen – dieser Prozeß ist jetzt in Gang gekommen – eine intensive Diskussion statt.

Am Wochenende hat es einen ersten Workshop zu den Verkehrsfragen gegeben. Es wurden Gutachten in Auftrag gegeben, die alle Flächen im Bereich der Messe auf den